ERIS QUOD SUM
du wirst sein, was ich bin


Die Fertigstellung der Aufbahrungshalle von Brunn am Gebirge bei Wien

Architekt: HELMUT SAUTNER
Maler: HERWIG ZENS

15 Minuten - 2001


1998 ging der Auftrag eine neue Aufbahrungshalle zu errichtenan den in Mödling ansässigen
Architekten Helmut Sautner.
Im Mai 2000 war der Bau abgeschlossen und nahm in seinem Rohzustand den Betrieb auf.


Innerhalb der Architektur gibt es spätestens seit der Efindung des Bahnhofes den Unterschied zwischen Verweil- und Durcheilarchitektur. Architektur, deren Bestimmung die Bewahrung, das Verweilen, das Ruhen ist - oder Architektur, die nur für einen relativ kurzen Zeitraum Schutz und Organisation sein soll. Spätestens in den Stadtbahnstationen Otto Wagners auf dem Karlsplatz wurde dieses Prinzip exemplarisch gezeigt und architektonisch gelöst.

WAS IST NUN EINE AUFBAHRUNGSHALLE?

Diese steht in ihrer Funktion genau an der Schnittstelle dieser beiden Funktionen, und als solche hat Architekt HELMUT SAUTNER das Problem auch gelöst. Zwei sich ineinander verschlingende Spiralansätze umkreisen einen Raum, wo der Tote in seinem Sarg ruhend das zentrale Element darstellt. über ihn erhebt sich ein Turm, der nach oben geöffnet ist. Einerseits statisch in der Mitte der Trauergemeinde ruhend, liegt er doch auf einem Wagen, der ihn zu seiner letzten Ruhestätte bringen wird.

DAS LICHT UND DIE BEWEGUNG

Der Trauergast geht symbolisch unter die Erde, die ihn in der Halle, welche gleichsam in den Boden versenkt ist, umgibt. Ein Lichtkranz unter dem Dach gewährt ihm jedoch den Ausblick auf den Himmel. Der Tote selbst ruht faktisch unter einem Lichtturm. Beim Eintritt ist die Spirale linkswendig (in sich gehend), beim Ausgangöffnet sich die Spirale rechtswendig.

DIE FARBE

Von Anfang an hatte Architekt SAUTNER für seine Raumwirkung starke Farbigkeit eingeplant. Dazu wandte er sich wieder an den Maler HERWIG ZENS, mit dem er schon viele Pilgerfahrten auf den Heiligen Berg Athos unternommen hatte, wo sich die beiden immer wieder über das Thema Farbe und Tod unterhielten.

Gemeinsam hatten die beiden schon eine "Generalprobe" für dieses Problem durchgeführt, indem sie das Büro des Arnold Schoenberg-Chores gestalteten.

ZENS greift die SAUTNERISCHE Grundidee der Verweilarchitektur auf und setzt sie in ein sehr strenges Farbsystem um.
Aus dem Hell des Lebens kommend, verdüstert sich die Farbigkeit auf der rechten Seite immer mehr, bis sie in einer fast schwarzen Zone versinkt. Gedanklich geht es dann auf der linken Wand weiter, wo in die angeschlagenen düsteren, gebrochenen Töne von oben (in der Verbindung mit der Fensterzone) immer mehr Licht eindringt und wie ein Paukenschlag hinter dem Altarbereich in einem nahezu weißen Teil mündet. Dort befindet sich auch das gro§e Omega als Zeichen gleich einer Pforte, die man schlu§endlich durchschreiten muß, um zu einer Wesenheit nach dem Tode zu gelangen. In ihr taucht dann die Idee sich immer wieder erneuernden Lebens auf.

Die Grundidee soll allen Konfessionen entsprechen und ist nicht auf das Christentum allein festgelegt. So ist ja auch das Kreuz, das der in Brunn lebende Künstler THEO BRAUN schuf, in Form eines jederzeit entfernbaren Vortragskreuz gestaltet.

Neben dem fast abstrakten Omega gibt es noch einen weiteren Schriftzug:

ERIS QUOD SUM
du wirst sein, was ich bin

Eine Wahrheit, die ebenfalls unumstößlich ist und zweimal (einmal im Eingangsbereich und das zweite Mal als erinnernde Verabschiedung für alle Trauergäste) angebracht ist.

Der Spruch stammt von einem römischen Grabstein, wie sie ja in der südlichen Thermenregion rund um Brunn am Gebirge häufig gefunden wurden.

<<