Bernhard Lang

Über Hermetica VI 'Sisyphos-Fragmente'

Basierend auf einem Konzept von Kristine Tornquist sind diese Stücke als Auseinandersetzung mit dem Sisyphos-Mythos entstanden, der hier als Allegorie zum wiederholten Bemühen verstanden wird, eine sozial balancierte Friedensgesellschaft herzustellen, die dann in einer hoffnungslosen Zyklizität wieder in den Kriegszustand verfällt.

Zunächst bezog ich mich auf eine Textkompilation von Kriegsberichten aus  mehreren Jahrhunderten, erkannte aber doch sehr bald, daß hier das Unsingbare ausgesprochen wurde;

ich beschränkte mich deshalb auf das originale Homer-Fragment :

Auch den Sisyphos sah ich, von schrecklicher Mühe gefoltert,
Einen schweren Marmor mit großer Gewalt fortheben.
Angestemmt, arbeitet' er stark mit Händen und Füßen,
Ihn von der Au aufwälzend zum Berge. Doch glaubt' er ihn jetzo
Auf den Gipfel zu drehn, da mit einmal stürzte die Last um;
Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische Marmor.
Und von vorn arbeitet' er, angestemmt, daß der Angstschweiß
Seinen Gliedern entfloß und Staub sein Antlitz umwölkte.

Sisyphos-Text Original

Dieser Text wird siebenmal komponiert und gesungen, also als Wiederholung auf mehreren strukturellen Ebenen:

  1. Als Wiederholung im Text: Sisyphos wiederholtes Scheitern
  2. Als Strukturprinzip der Komposition: differente Loops
  3. Als Wiederholung des Texts: sieben Vertonungen des Gleichen, in etwa gleicher Länge
  4. Als Teil der Serie der Hermetica-Kompositionen für Chor.

Bernhard Lang, Wien, 270915