Linux vs Windows 95/98

Nachdem auch ich, der aus dem DOS/Windows-Lager kommt, mich seit einigen Monaten näher mit Linux beschäftige, möchte ich hier meine ersten Eindrücke vermitteln, was die Vor- und Nachteile beider Systeme betrifft.
Eines vorweg: Mir ist klar, daß jedes Windows für jeden PC-Neueinsteiger 100mal besser ist. Ich gehe davon aus, daß Linux eher von erfahrenen PC-Usern (ich meine jetzt nicht Freaks...) benutzt wird. Auch halte ich die MS-Seite eher kurz, da diese für 95% wohl die bekanntere ist.
Die Seite, die in einem Punkt meiner Meinung nach besser ist, bekommt einen grünen Hintergrund, die schlechtere einen roten. Diese Einschätzung ist absolut subjektiv, basiert auf eigenen Erfahrungen und soll keine allgemeine Beurteilung darstellen. Sie soll nicht darstellen, wie ich über Linux denke, sondern wie ich tatsächlich damit zurechtgekommen bin.

Linux
Windows 95/98
Kosten
Prinzipiell 0 (null), man kann Linux "gratis" aus dem Netz herunterladen. Sinnvoller ist eine Linux-Distribution auf CD-ROM, die ca. ATS 200 - 700 kostet (DM 30-100). Windows 98: ca. ATS 3000 / DM 400 für die Vollversion, die Hälfte fürs Update
Installation
Wenn man halbwegs versierter PC-Benutzer ist, kann man Linux problemlos neben ein bestehendes Windows-System installieren. Es läuft aber bei weitem nicht so viel automatisch ab, wie bei MS. Deswegen kommt es anderseits auch zu weniger rätselhaften Hängern, die auf mangelhaft konfigurierte Hardware zurückzuführen sind.
Allerdings kann auch Linux ohne Vorwarnung ordentlich hängen, ohne eine verwertbare Fehlermeldung von sich zu geben (so geschehen bei mir...merke: keine Festplatten-"Löcher" in EIDE-Systemen). Dann helfen aber der Hersteller-Support (von der Distribution, z.B. S.u.S.E.) und die Profis in diversen Linux-Newsgroups schnell weiter.
Wenn die Hardware mitspielt, d.h. wenn keine "außergewöhnliche" (oder was MS darunter versteht) Konfiguration vorliegt, ist die Installation in zwei Stunden abgeschlossen. Wenn nicht, kann es in einen Alptraum ausarten, da kaum Einfluß auf den Installationsprozeß genommen werden kann und Windows alles automatisch erkennt bzw. zu erkennen versucht.
Einrichtung
Kompliziert, da nicht so zentral wie bei Windows. Es müssen unzählige Dokumente gelesen werden, um die richtigen Init-Skripte usw. zu finden. Generell muß bei Linux viel mit der Shell (entspricht dem guten alten DOS-Prompt) gearbeitet werden, die aber unglaublich flexibel und leistungsfähig ist.
Die Einrichtung der Grafikkarte (d.h. des X-Servers) ist kompliziert.
Relativ einfach, da im Wesentlichen in der "Systemsteuerung" zusammengefaßt. Aber wie bei der Installation: wenn es Probleme gibt, dann ordentlich. Da allen Grafikkarten Windows-Treiber beigelegt sind, kommt es dabei kaum zu Problemen.
Oberfläche
Unter Linux gibt es keine einheitliche Oberfläche, sondern eine Vielzahl verschiedener Shells und Windowmanager. Das aktuelle KDE (K Desktop Environment) ist stark an Windows 95/98 angelehnt, aber auch etwas behäbig.
Allerdings ist Linux allgemein viel besser programmierbar bzw. "automatisierbar" und läßt sich besser anpassen.
Die Windows 95-Oberfläche liegt mir gut, der Active Desktop von Windows 98 ist meiner Meinung nach ein Ressourcenfresser und unnötig. Durch Schriften-Antialiasing und Truetypefonts ist die Darstellung sehr gut, besser als unter Linux.
Software (allgemein)
Für Linux gibt es Unmengen an hochqualitativer, frei verfügbarer Software. Die aktuelle S.u.S.E.-Distribution hat fünf CDs, voll mit Software. Hinzu kommt, daß normalerweise der Quellcode verfügbar ist. Auch für Windows gibt es Unmengen an Freeware und Shareware, es ist aber bei weitem nicht so viel frei verfügbar wie bei Linux. Auch auf der Windows-CD sind kaum Anwendungen drauf.
Software (Office)
Nachdem der Quasi-Standard MS Office aus naheliegenden Gründen nicht für Linux verfügbar ist und es auch so bald nicht sein wird, ist für Textverarbeitung usw. immer noch Windows erste Wahl. Allerdings gibt es etwa mit StarOffice hochkarätige Alternativen für Linux. Auch wenn die Produkte der MS-Office-Reihe (v.a. WinWord) nicht gerade für Geschwindigkeit und Stabilität bekannt sind, kommt man kaum ohne sie aus. Deswegen liegt Windows in diesem Punkt klar vor Linux.
Software (Internet, Usenet)
Auch wenn Netscape inzwischen für Linux erhältlich ist (allerdings bei mir dauernd abstürzt), habe ich mich mit Linux in dieser Hinsicht noch nicht anfreunden können. Auch die textbasierten Newsreader (z.B. tin) ziehen mich nicht gerade an, auch wenn sie für das Textmedium Usenet völlig ausreichen. Die Modeminstallation ist etwas komplizierter als unter Windows. Mit Netscape 4 und dem Free Agent bin ich eigentlich rundum zufrieden, zumal die Darstellung von Netscape/Win qualitativ besser ist als von Netscape/Linux (IMO).
Software (Entwicklung, Programmierung)
Abgesehen davon, daß ein exzellenter C/C++-Compiler ins OS integriert ist, eignet sich Linux wegen seiner Absturzsicherheit hervorragend zum "herumbasteln". Auch kann man zum Nulltarif mit Bibliotheken / Interfaces experimentieren, ohne einen kommerziellen Compiler zu benötigen (z.B. 3Dfx Glide, OpenGL, qt). Bei Windows 95 ist nicht einmal ein Äquivalent zu den DOS-Batchfiles vorhanden, bei Win 98 wenigstens eine Skriptsprache, die sich allerdings erst bewähren muß. Compiler sind kaum frei erhältlich. Außerdem sind Totalabstürze an der Tagesordnung.
Spiele
Kommerzielle Spiele sind praktisch nicht-existent (die Spiele von id Software ausgenommen). Als Spielesystem kommt Linux für mich daher nicht in Frage. Zum Entwickeln von Spielen dagegen schon (z.B. mit Mesa, einer freien OpenGL-Version). Praktisch jedes Spiel läuft unter Windows 95/98. Auch laufen die meisten Spiele inzwischen erstaunlich stabil bzw. nach dem Motto "ganz oder gar nicht".
Kompatibilität
Linux kann praktisch alle Dateisysteme lesen und schreiben, darunter auch VFat von Windows. Auch gibt es Windows-Emulatoren unter Linux. Windows ignoriert großzügig den Rest der Welt und beschränkt sich auf das eigene Dateisystem. Linux-Platten werden erst gar nicht erkannt, der Datenaustausch kann also nur von der Linux-Seite aus erfolgen.
Stabilität
Vielleicht das größte Plus von Linux, das im Vergleich zu Windows geradezu unerhört stabil läuft. Mir ist Linux noch nie komplett zusammengebrochen, Windows mindestens 1x pro Tag. Wenn bei Linux ein Programm abstürzt, reißt es nicht das ganze System mit. Kein Kommentar! Neulich habe ich irrtümlich die Systemsteuerung gleich nach dem Booten doppelt gestartet - so schnell hat sich Windows 95 noch nie verabschiedet.
Win98 soll in dieser Hinsicht etwas besser sein - aber die blauen "Sudden Screens of Death" gehören wohl einfach dazu.
Sicherheit
Klarer Vorteil für Linux. Soferne man nicht als Administrator (root) eingeloggt ist, kann man Linux eigentlich nicht "zerstören" - alle Programme und Systemdateien sind geschützt. Katastrophal, v.a. wenn ein Computer frei zugänglich ist. Jeder, der Zugang zum System hat, kann Windows durch wenige Tastendrücke eliminieren, falls nicht der ganze Computer per Paßwort geschützt ist.

Fazit: beide Systeme haben ihre Stärken und Schwächen. Leistungsfähiger ist Linux, zugänglicher Windows. Da sich Windows 95/98 und Linux prächtig nebeneinander vertragen, verwende ich eben beide.


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