Die Anfaenge der
Astrologie verlieren sich in grauer Vorzeit, aus der uns
keine schriftlichen Aufzeichungen ueberliefert sind.
Deshalb laesst sich nicht mit Sicherheit sagen, wo ihre
Wiege stand.
Vermutlich entwickelte sie sich in Mesopotamien, dem Land
zwischen Euphrat und Tigris (dem heutigen Irak), wo sich
nach Sesshaftwerden des Menschen einer der fruehen
jungsteinzeitlichen Hochkulturen ausbildete. Im 4.
vorchristlichen Jahrtausend, als die Sumerer im
suedlichen Mesopotamien siedelten, stand sie jedenfalls
bereits in voller Bluete.
Ueber die Moeglichkeit einer gegenseitigen Beeinflussung
der junsgsteinzeitlichen Kultukreise wissen wir nichts,
aber es steht fest, dass in allen fruehen
Hochkultukreisen die Himmelsbeobachtung eine wichtige
Rolle spielte. Sie lag in der Hand einer privilegierten
Kaste, meistens Priester.
Zu ihren Aufgaben gehoerte es, aufgrund der
Gestirnsbewegungen die guenstigen Zeiten beispielsweise
fuer Aussaat und Ernte zu ermitteln. Aus in langen
Zeitraeumen gewonnener Erfahrung entwickelte sich daraus
ein System von Vorhersagen, die nicht mehr nur das
Gedeihen von Frucht und Vieh oder die Gefahr von Duerren
und Ueberschwemmungen, sondern auch das Wohl und Wehe des
Volkes und besonders des Herrscherhauses betrafen. 
Solche
aus Himmelsbeobachtungen abgeleitete Aussagen waren im 3.
vor- christlichen Jahrtausend nicht nur in Mesopotamien,
sondern vermutlich auch in China und Aegypten ueblich.
Schriftliche Beweise dafuer haben wir allerdings erst aus
dem 7. Jahrhundert v. Chr. Aus dieser Zeit stammt die
"Biblothek" des assyrischen Koenigs
Assurbanibal (688 - 626 v. Chr.), eine Sammlung von
Tontafeln mit Texten in Keilschrift,
darunter fast 70 Tafeln mit etwa 1000 Vorhersagen
aufgrund von Himmelserscheinungen.
Bereits vorher etwa im 6. Jahrhundert v. Chr. hatte die
mesopotamische Astrologie in Persien, Indien und
Griechenland Eingang gefunden.
Seit dem 5.
Jahrhundert standen die Himmelskundigen Griechenlands und
Mesopotamiens in engen Beziehnungen.
Aus dieser Zeit stammt die noch heute uebliche
Unterteilung des Tierkreises in zwoelf gleich grosse, je
30 Grad umfassende Abschnitte, die Tierkreiszeichen.
Griechische aerzte begannen, fuer Diagnose und Theraphie
den Erfahrungsschatz der Astrologie heranzuziehen;
griechische Philosophieschulen wie die Pythagoreer und
Stoiker uebernahmen das astrologische Weltbild der
Chaldaeer und entwickelten es weiter. Ihre hoechste
Blueter erreichte die Astrologie in hellenetischer Zeit:
Sie war die Grundlage eines umfassenden Weltbildes von
einmaliger Geschlossenheit.
In der Zeit des
Hellenisumus ging man dazu ueber, Astrologenschulen
einzurichten; die erste von der wir wissen, gruendete um
270 v. Chr. der aus Babylon stammende Bel-Priester
Berossos auf der griechischen Insel Kos.
Die beruehmteste
Schule der Antike aber entstand in Alexandria, das immer
mehr zum Zentrum nicht nur der Astrologie, sondern der
gesamten hellenetischen Gelersamkeit wurde.
Dort wurde im 2. nachchristlichen Jahrhundert eines der
wichtigste astrologischen Werke aller Zeiten verfasst,
die "Tetrabiblos" des Ptolomaeus, jenes grossen
Gelehrten, nach dem das anderhalb Jahrtausend gueltige
geozentrische (ptolomaeische) Weltbild benannt wurde.
Ptolomaeus fasste
- im Gegensatz zu vielen Vorgaengern und Zeitgenossen -
die Astrologie weder als Astralmythik noch als
Hilfsmittel spekulativer Wahrsagerei auf; vielmehr besass
er die Einstellung des kritischen Gelerten, denn er war
ja nicht nur Astrologe, sondern einer der bedeutensten
Astronomen und Naturwissenschaftler der Antike.
Ptolomaeus war
zwar davon ueberzeugt, dass von den Planeten und von
Fixsternkonstellationen Einfluesse auf das Menschenleben
und auf irdische Vorgaenge allgemein ausgehen, doch diese
Einfluesse schrieb er nicht irgendwelchen
Schicksalswaltungen astraler Gottheiten oder astraler
Intelligenzen zu.
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Zwar erkannte er dem Kosmos eine
grosse Wirkung zu, aber nicht im Sinn eines zwingenden
Determinismus (einer unausweichbaren Vorherbestimmung
allen Geschehens).
Nach
seiner Auffassung wirkt sich der Einfluss des Kosmos je
nach Volk, Klima und Erdort auf die Menschen
unterschiedlich aus; die Gestirne zwingen nicht, sondern
sie geben dem irdischen Leben nur "Anstoesse"
die es, dem Lauf des Lebens entsprechend, immer wieder zu
einem Ereignis formt. Erst im 13. Jahrhundert wurden
serioese astrologiesche Studien zunaechst in Byzanz und
dann auch im Abendland wieder aufgenommen.
An vielen der seit dem 12. Jahrhundert gegruendeten
Universitaeten richtete man Lehrstuehle fuer Astrologie
ein, so in Paris, Padua, Bolognia, Florenz und Oxford.
Im
Zeitalter der Renaissance zaehlten nicht nur fast alle
weltbildlichen, sondern auch hohe Kirchen- fuersten und
sogar Paepste zu den ueberzeugten Anhaengern der
Astrologie.
Noch im 17. Jahrhundert erfreute sich die Astrologie
grosser Beliebtheit. In dieser Zeit schuf der Italiener
Placidus de Titis eine moderne Horoskoptechnik, die
weitgehend noch heute angewandt wird.
Der Niedergang der Astrologie setzte im 18. Jahrhundert
mit der rationalen Aufklaerung ein, die alles ablehnte,
was nicht streng verstandesmaessig und experimentell
nachweisbar war.

Man
setzte Astrologie mit Alchemie Okkultismus und Magie
gleich und bemuehte sich sie unglaubwuerdig und
laecherlich zu machen.
Ganz gelang das allerdings nicht. Einige der groessten
Geister jener Zeit, unter ihnen Johann Wolfgang Goethe,
pflegten astrologisches Gedankengut. So stellte Goethe
seiner unter dem Titel "Dichtung und Wahrheit"
veroeffentlichten Autobiographie sein Geburtshoroskop
voran, und in vielen seiner Werke, nicht zuletzt in
zahlreichen Gedichten, finden sich deutliche
astrologische Bezuege, die erkennen lassen, dass
astrologisches Wissen in den gebildeten Kreisen seiner
Zeit mit Sicherheit noch sehr verbreitet war.
Mit den neu aufkommenden exakten Naturwissenschaften
jedoch nahm die mit deren strengen Grundsaetzen, aber
auch mit dem sich ausbreitenden materiellen
Fortschrittsglaube damals unvereinbare Astrologie ihr
Ende und durfte nicht mehr an den Universitaeten gelehrt
werden.
Der letzte Lehrstuhl fuer Astrologie an einer deutschen
Universitaet (Wuerzburg) wurde 1817 aufgehoben. Nur in
Grossbritannien setzten sich auch weiterhin angesehene
Gelehrte fuer die verfemte Astrologie ein und arbeiteten
an einer Erneuerung ihrer Grundlagen.
Beachtung und Anerkennung ueber die Grenzen des Landes hinaus
fand an der Schwelle zum 20. Jahrhundert erst Alan Leo
(1860 - 1917) mit seinen in vielen Sprachen uebersetzten
Schriften, die den bedeutsamsten Anstoss fuer eine
Neubelebung der Astrologie zunaechst in den Niederlanden
und in Frankreich und auch in Deutschland gaben.
Neue Entdeckungen und Erkenntnisse der Biologie, der
Genetik, der Astrophysik und der Psychologie warfen ein
neues Licht auf uralte Aussagen der Astrologie, gaben
diesem in Jahrtausenden gesammelten Erfahrungswissen der
Menschheit
neues Gewicht.
Heute kann man die Astrologie nicht
mehr in Bausch und Bogen verwerfen. Man mag zu ihr
stehen, wie man will - sie verdient es gewiss, dass man
sich ernsthaft mit ihr auseinandersetzt.

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