Allein unter Nachbarn

(La Comunidad)

 

Spanien 2001, 105 Minuten

Regie: Alex de la Iglesia

Regisseur Alex de la Iglesia konnte sich bereits mit Accion Mutante, Perdita Durango und El Dia de la Bestia unter Trashfans und Liebhabern des schwarzen Humors einen gewissen Namen erarbeiten. Mit Allein unter Nachbarn konnte er diesmal auch eine größere Zielgruppe ansprechen sowie achtbares Kritikerlob einfahren. Mir ging es hingegen ähnlich wie bei Accion und Perdita…geniale Ansätze sind vorhanden, aber mit zunehmender Dauer wird auch dieser Film wieder sehr ermüdend. 

Die alternde Maklerin Julia findet bei einer ihrer Führungen so viel Gefallen an einer Wohnung, das sie entgegen der Vorschriften mit ihrem Mann eine Nacht dort verbringt. Am nächsten Morgen muss die Feuerwehr wegen eines Wasserschadens in die Wohnung direkt über der besagten eindringen. Der dortige Mieter ist offensichtlich verstorben und lebte in einer wahren Müllkippe…zufällig findet Julia eine Karte, die ihr den Weg zu einem Schatz weist. Der Verstorbene hatte eine hohe Millionensumme im Toto gewonnen und diese aus Angst vor den raffgierigen Nachbarn in seiner Wohnung vergraben und keinen Schritt mehr vor die Tür gesetzt. Mit der Karte ist es für Julia ein Leichtes das Geld zu finden…nur die Beute aus dem Haus zu schaffen, scheint angesichts der gleichermaßen aufmerksamen wie merkwürdigen Nachbarn zur unmöglichen Mission zu werden. 

Eigentlich ist es seltsam, dass mich dieser Film nicht sonderlich begeistern konnte. Eine pechschwarze Story mit Charakteren von denen einer egoistischer und hintertriebener als der Andere ist. Dazu gallige Dialog und ein Finale das ebenso blutig wie zynisch ist... trotzdem war einer meiner ersten Gedanken nach dem Abspann: Das war das erste und das letzte Mal, das ich den Film gesehen habe.

Die Hauptgründe: Es kann positiv sein, wenn ein Film ohne echte Helden auskommt doch sollte zumindest eine der Hauptfiguren interessant oder zumindest ansatzweise sympathisch sein. In Allein unter Nachbarn gibt es aber nur 3 Kategorien von Charakteren: uninteressant, nervig, unsympathisch bis abstoßend. Mit den Auswirkungen von Geldgier einfacher Menschen beschäftigten sich schon viele andere Filme…. z.B. Sam Raimi´s "Ein einfacher Plan". Auch dort gibt es keine klassischen Helden und aus einer falschen Entscheidung entwickelt sich ein wahres Chaos, das letztlich nur Leichen und Verlierer hinterlässt. Aber es gab in Billy Bob Thorntons Figur einen der interessantesten und undurchschaubarsten Charaktere der Filmgeschichte. Bill Paxton´s Figur ist so unscheinbar und realistisch, das man sich leicht mit ihr identifizieren kann, da er zumindest anfangs so handelt, wie man es für sich wohl nicht ganz ausschließen kann.

Nun ja... ich schweife zu weit ab... der Punkt ist: Allein unter Nachbarn ist nicht nur in der Story etwas zu grotesk sondern überzeichnet seine Figuren wie in einem billigen Horrorcomic. Das geht vielleicht in einer Kurzgeschichte gut und hätte eine nette Episode für Geschichten aus der Gruft geliefert, aber bei 105 Minuten Spielzeit verliert auch die bizarrste Idee ihren Reiz, wenn das einzige Interesse an den Personen darin besteht zu hoffen, das keiner von Ihnen das Ende überlebt. So werden aus realen 105 Minuten, gefühlte 150 und selbst der originelle Showdown konnte daran nichts mehr ändern. Das der Film trotzdem seine Fans hat und weiterhin finden wird, ist aber nicht überraschend, denn es gibt einige erinnerungswürdige Szenen, die für manch Einen die Schwächen übertünchen dürften. Vor allem der dickliche Star Wars Fan im Darth Vader Kostüm, der zugleich noch die erträglichste Figur in diesem Gruselkabinett ist, hat einige nette Auftritte ….die Szene als er sein *Lichtschwert* beim bespannen der unter der Dusche stehenden Nachbarin ausfährt, ist fast schon zu gut für Allein unter Nachbarn.

Neben dem Preis für die beste Star Wars Parodie des Jahres 2001 verleihe ich außerdem die goldene Merkel aufgrund besonderer Verdienste im Versammeln von Gesichtselfmetern. 

Fazit: Wer Jean Pierre Jeunet´s Delikatessen oder die anderen de la Iglesia Werke mochte, wird vermutlich auch an Allein unter Nachbarn großen Spaß haben. Freunde des makabren Humors und aufgeschlossene Filmfans allgemein bekommen immerhin noch einen durchwachsenen Stoff zu sehen, der dank einiger Lichtblicke keine Zeitverschwendung darstellt. Zumindest einmal gesehen haben sollte man diese spanische Variante von Polanski´s Mieter schon.

Wertung:    (6/10)

Verfasser: evildead

 

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Titelbild und Filmausschnitt © 2001 e-m-s Entertainment