Unterwegs nach Cold Mountain

(Cold Mountain)

USA 2003, 152 Min.

Regie: Anthony Minghella

Irgendwie ist "Cold Mountain" eine sehr deprimierende Filmerfahrung. Nicht wegen der Handlung bzw. den Geschehnissen an sich, sondern weil der Film streckenweise eine Klasse und eine Genialität zu Tage bringt, welche die leider nicht minder zahlreichen schwachen, langweiligen und belanglosen Szenen sowie das Bedienen zahlreicher abgenutzter Genreklischees noch viel schmerzhafter erscheinen lassen, als sie auch so schon sind... 

Der Bürgerkrieg nähert sich bereits langsam aber sicher dem Ende, als der konföderierte Soldat W.P. Inman (Jude Law) bei einem Einsatz verletzt wird. Im Lazarett erhält er einen Brief von seiner Geliebten Ada (Nicole Kidman), in dem sie ihn darum bittet, wieder nach Hause zurückzukehren. Da er nach den zahlreichen Schlachten, dem Töten und den zahlreichen verlorenen Freunden ohnehin keine große Lust mehr verspürt, in den Krieg zu ziehen, beschließt er, zu desertieren und sich auf den Heimweg zu machen. Unterwegs nach Cold Mountain begegnet er nicht nur einigen skurrilen und traurigen Gestalten, sondern begibt sich auch in große Gefahr, denn die skrupellose Homeguard macht Jagd auf alle, die sich dem Krieg zu entziehen versuchen. Währenddessen muss sich seine Geliebte Ada in Cold Mountain allein herumschlagen, was ihr aufgrund der fehlenden Erfahrung in der Landwirtschaft alles andere als gut gelingt... bis schließlich eines Tages Ruby (Renée Zellweger) vor der Tür steht. Diese hilft ihr, die Farm wieder auf Vordermann zu bringen, und schließlich entwickelt sich zwischen den beiden doch sehr unterschiedlichen Frauen eine innige Freundschaft. Doch auch in Cold Mountain hinterlässt die Schreckensherrschaft der Homeguard ihre Spuren...

"Cold Mountain" zeigt sehr deutlich, dass ein positiver Eindruck aus den ersten Minuten eines Films noch kein Garant dafür sind, dass einem der Rest ähnlich gut gefallen wird. Denn eigentlich konnte mich der Film bereist in den ersten Szenen für sich gewinnen. Vor allem die Schlacht während des Bürgerkrieges, die auf erschreckende Weise die Brutalität des Krieges aufzeigt, ist außerordentlich gut gelungen, und vermag es wirklich, zu beeindrucken. Danach beginnt sich das Blatt leider langsam zu wenden. Zuerst muss der Zuschauer eine ordentliche Portion an Rückblenden ertragen, die oftmals leider recht belanglos wirken, und alles in allem eher langweilig sind und das Tempo des Films doch ordentlich bremsen. Hier offenbart sich auch schon einer der größten Fehler des Films: Die Liebe zwischen Ada und Inman will sich dem Zuschauer in den zahlreichen Rückblenden einfach nicht erschließen, sie ist nicht nachvollziehbar. 

Dies mag zu einem Großteil daran liegen, dass die Chemie zwischen den Hauptdarstellern einfach nicht so recht stimmt. Es ist nicht so, dass Law oder Kidman schlecht schauspielern würden, beide liefern eine solide bis gute (wenn auch nicht überragende) Leistung ab, nur... in ihren gemeinsamen Szenen fehlt einfach das gewisse Etwas, dass dem Betrachter das Gefühl geben würde, dass die beiden Figuren etwas füreinander empfinden. Nun wäre dies allein kein Beinbruch... es ist ja gut möglich, dass die beiden einfach erst, als er in den Krieg zog und sie voneinander getrennt waren, erkannt haben, wie viel ihnen der jeweils andere bedeutet. Nur muss man sich unter diesem Gesichtspunkt die Frage stellen, ob es nicht überhaupt besser gewesen wäre, diese Rückblenden wegzulassen (oder zumindest drastisch zu kürzen), da sie den Film wie gesagt doch ordentlich aufhalten, und mit ihrem Ziel, der Beziehung zwischen diesen beiden Menschen mehr Tiefe zu verleihen, kläglich scheitern. Die Szenen vor der Schlacht haben es mir eigentlich ohnehin schon deutlich gemacht, wie viel Inman für Ada empfindet, Ada's Briefe an ihn ebenfalls. Und dann kommen die Rückblenden und man fragt sich, woher diese Gefühle eigentlich kommen... in den Rückblenden ist davon jedenfalls nichts zu sehen...

Als sich Inman schließlich entschließt, zu desertieren, gewinnt der Film langsam wieder an Fahrt. Der Teil seiner Irrfahrt nach Hause, in dem Inman Bekanntschaft mit mehreren eher skurrilen Typen macht und mit einigen sowohl erschreckenden als auch komisch anmutenden Ereignissen fertig werden muss, erinnert irgendwie an das Coen-Werk "O Brother, where art thou", und kann großteils überzeugen. Die Einschränkung "großteils" deutet es schon an: Auch an diesem Teil des Films gibt es dann doch leider das eine oder andere auszusetzen. Neben ein paar (wenn auch wirklich relativ kleinen) Längen ist hier vor allem der Handlungsstrang rund um die alte Dame zu nennen, der irgendwie sehr belanglos erscheint und dem Zuschauer nicht wirklich etwas zu bieten hat. Auch einige Kleinigkeiten (Achtung, kleine Spoiler) wie z.B. der Verrat, der den Zuschauer leider nicht wirklich berührt, vor allem aber Inman's völlig bescheuerten Fluchtplan nach seiner Gefangennahme durch die Homeguard, und die Tatsache, dass er diesen dann tatsächlich auch noch als einziger überlebt, (Spoiler Ende) sind nicht wirklich gelungen. Doch auch hier zeigt sie das Dilemma des Films deutlich, denn bei all diesen schwächeren Aspekten gibt es eben auch Großartiges wie die rücksichtslose Verfolgung durch die Homeguard, die kurze Szene mit der Sklavenfamilie im Maisfeld und insbesondere die Handlung rund um Natalie Portman als Mutter und Witwe - bewegend, berührend und beeindruckend. Hier zeigt Portman mal wieder ihre Schauspielkunst, die entsprechenden Szenen sind eine  absolute Bereicherung für den Film...

Parallel dazu erzählt man uns die Geschichte von Ada in Cold Mountain, und neben dem auch hier gelungenen Aspekt mit der Homeguard, der für einige wirklich erschreckend-beeindruckende Szenen sorgt, ist es vor allem Renée Zellweger zu verdanken, dass dieser Teil des Films trotz einiger Längen ebenfalls insgesamt einen recht guten Eindruck hinterlässt. Als "Landei" Ruby liefert sie wirklich eine beeindruckende Performance (aufgrund derer man unbedingt die Originalfassung in Betracht ziehen sollte, da durch die Synchronisation hier einiges vom Flair verloren geht), und sorgt für die nötige Portion Humor. Die Oscar-Nominierung ist absolut gerechtfertigt, und auch den Sieg hätte sie sich mit dieser Leistung durchaus verdient. 

Was den ganzen Film hindurch beeindrucken kann, ist die herrliche Kameraführung (die Oscar-Nominierung hat sich Cold Mountain wirklich verdient). Doch die zugegebenermaßen wunderschönen Bilder können leider auch nichts an der Tatsache ändern, dass "Cold Mountain" ganz einfach zu viele Längen aufweist, um den Zuschauer richtig packen zu können. Während einige Szenen absolut großartig sind, wirken andere völlig unnötig, sinn- und belanglos. Auch balanciert der Film teilweise haarscharf am Rande des unerträglichen Kitsch, und vor allem gegen Ende des Films überschreitet er diese Grenze auch des öfteren. Überhaupt vermag das Ende nicht so recht zu überzeugen: (Achtung, Spoiler!) So ist der Showdown nicht wirklich gelungen, und vor allem, dass Ada nach nur einmaligem Beischlaf mit ihrem Inman schwanger ist und somit nach dessen Heldentod ein Kind von ihm bekommt, ist ja wohl allerärgstes Klischee. (Spoiler Ende) Schade, mit derartigen Plotkonstruktionen begibt man sich auf das Niveau einer 08/15-Produkion. Und eigentlich wollte "Cold Mountain" ja so viel mehr sein... was aber eben leider nur stellenweise gelingt.

Fazit: "Cold Mountain" ist das, was man im Englischen als "mixed bag" bezeichnet, was angesichts einiger wirklich großartiger, beeindruckender und bewegender Szenen sehr schade ist. Im Großen und Ganzen kann man zusammenfassen: Alles, was direkt mit dem Bürgerkrieg zusammenhängt, ist gelungen, während die eigentliche Liebesgeschichte leider nicht überzeugen kann. Vor allem sind es aber die zahlreichen, teilweise arg belanglos erscheinenden und insgesamt viel zu lang gewordenen Rückblenden, die den Gesamteindruck sehr trüben. Auch eine etwas straffere Handlung hätte wahrlich nicht schaden können, denn so haben sich doch einige Längen eingeschlichen. Und so ergibt sich das Paradoxon, dass der Film mich zwar alles in allem enttäuscht hat, ich aber aufgrund der Aspekte, die wirklich rundum gelungen sind, trotzdem jeden Fan von Kriegsdramen empfehlen würde, mal einen Blick zu riskieren... 

Wertung:     (6/10)             

 

Verfasser: cornholio

 

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