Das tödliche Wespennest

(Nid de Guêpes)

 

Frankreich 2002, 103 Minuten

Regie: Florent Emilio Siri

Mit den aufwendigen Thrillern "Pakt der Wölfe" und "Die purpurnen Flüsse" haben die Franzosen in den letzten Jahren erstaunlicherweise bewiesen, dass sie doch mehr können als Frösche fressen, dummen Klamauk (z.B. die Besucher, Taxi) und seelenlose Action (Taxi) produzieren oder schlicht Unmassen Celluloids für hochnäsige Sex-Dramen zu verschwenden. Fast noch erstaunlicher, dass auch diese Hommage an John Carpenters Kultklassiker Assault on Precinct 13 durchaus zu überzeugen weiß. 

Eine kleine Truppe Kleinkrimineller will am französischen Unabhängigkeitstag den großen Clou landen und aus einer abgelegenen Lagerhalle  palettenweise Notebooks entwenden. Die Operation gelingt wie geplant doch leider will es das Schicksal das zur selben Zeit der  Anführer eines albanischen Menschenhandelringes per Gefangenentransport zum europäischen Gerichtshof in Straßburg eskortiert wird. Natürlich können das seine zahlreichen Gefolgsleute nicht einfach tatenlos mit ansehen. Der Transport wird überfallen und nur mit viel Glück können sich ein paar Überlebende  des Sondereinsatzkommandos (mit dem Gefangenen) in einem Panzerfahrzeug bis zu der Lagerhalle durchschlagen…die gesichtslose und schwer bewaffnete Meute dicht auf den Fersen. Schnell erkennen die beiden gegensätzlichen Parteien in der Lagerhalle, dass ihnen  nur wenn sie zusammen arbeiten wenigstens eine minimale Überlebenschance bleibt. Es gibt kein Entkommen und keine Möglichkeit Verstärkung zu rufen...

Assault zählt unter nicht wenigen Fans als John Carpenter´s bestes Werk. Noch vor den allseits bekannten Klassikern wie z.B. Halloween, Das Ding aus einer anderen Welt, the Fog oder die Klapperschlange und das meiner Meinung nach auch vollkommen zu Recht. Nicht zuletzt dank des genialen Scores (kurze Hörprobe, Track 7+8 http://musiclineservice.saturn.de/de/product/738572036324 ) besitzt der Film (der sich nebenbei bemerkt selbst beim Westernklassiker Rio Bravo bediente) eine extrem beklemmende Atmosphäre und bietet pausenlos Höchstspannung. Eine bemerkens- und erinnerungswürdige musikalische Untermalung kann das tödliche Wespennest nicht bieten. Ebenso wenig kann die Lagerhalle aufgrund ihrer vergleichsweise größeren Ausmaße mit dem klaustrophobisch engen Polizeirevier in Assault mithalten…von der trostlosen Endzeitstimmung des Klassikers ist hier erst rechts nichts mehr vorhanden. 

Was sorgt also dafür, dass auch dieser kleine französische Reißer zu unterhalten weiß und nicht als misslungene Variante betrachtet werden muss? Nun zum einen kann man es nicht verurteilen das Story und Setting verändert wurden, da es so mehr als ein reines Remake ist und zum anderen wirkt der Film auf diese Weise realistischer und zeitgemäßer. Ehrlicherweise muss man sogar sagen das er einen großen Vorteil gegenüber Assault besitzt: die Darsteller sind insgesamt besser gewählt. Vor allem Nadia Farès (die Haupdarstellerin aus die purpurnen Flüsse) als taffe Anführerin der Special Forces versteht es ihrem grob skizzierten Charakter Gesicht zu verleihen…selbst Samy Naceri, der für seine Taxi-Schandtaten eigentlich lebenslanges Schauspielverbot verdient hätte, erweist sich hier als gelungene Wahl. Von Anisia Uzeyman, deren Charakter in etwa den Gegenpart zu Farres Figur bildet, aber durch ihr Spiel verletzlicher wirkt, wird man höchstwahrscheinlich und hoffentlich noch mehr hören. 

Mal vom großen Vorbild losgelöst betracht, bietet Nid de Guepes nach einer etwas wirren und langatmigen Einführung fast pausenlos Spannung + Action und versteht es den Zuschauer trotz weniger Dialogzeilen als in Rambo III mit den Helden wieder Willen in ihrer hoffnungslosen Situation mitfiebern zu lassen. Die Auflösung der Belagerung ist leider wieder nur eine zu hektische und unübersichtliche Variante des Assault-Endes, aber es ist wenigstens kurz und schmerzlos. 

Fazit: Für Fans von Assault on Precinct 13 ist dieser Film absolute Pflicht…allein schon wegen der filmischen Zitate (z.B. erinnern die gesichtslosen Gegner auch hier in ihrer zielstrebigen Art, die keinerlei Rücksicht auf eigene Verluste nimmt, fast schon an Zombies mit der Wuseligkeit von Ratten; es gibt wieder einen Fluchtversuch durch die Kanalisation und strategische Leichenentsorgung ). Mindestens so gut wie die meisten von Carpenter´s späteren eigenen Kopien des Themas (z.B. Fürsten der Dunkelheit) hat mir diese Neuinterpretation auch gefallen. Wer Assault noch nicht kennt, dem sollte die Leihgebühr erst Recht nicht zu schade sein…und wenn es nur ist um sich Appetit für das Original zu holen. Kurzum …kein Meilenstein, aber zumindest ein für die heutige Zeit erfreulich humorloser und schnörkelloser Actionstreifen.

 

Wertung:    (7/10)

 

Verfasser: evildead

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Titelbild und Filmausschnitte © 2002 Tobis Entertainment