Departed - Unter Feinden
(The Departed)
USA 2006, 151 Min.
Regie: Martin Scorsese
Martin Scorsese zählt zu den großen Regie-Altmeistern Hollywoods, und das zu recht - wie er nach den zwar guten, aber nicht überragenden „Gangs of New York“ und „Aviator“ mit „Departed - Unter Feinden“ auch endlich wieder unter Beweis stellen konnte.
Nach seinem erfolgreichen Abschluss an der Polizeiakademie und einem raschen Aufstieg innerhalb der Polizei Colin Sullivan (Matt Damon) in eine Sondereinheit der Polizei versetzt, die sich auf die Bekämpfung des organisierten Verbrechens in Boston konzentriert. Ihr Hauptziel ist der Mafiaboss Frank Costello (Jack Nicholson), der die Unterwelt der Stadt nun schon seit Jahrzehnten kontrolliert. Zugleich wird ein anderer Polizist für eine ähnliche Aufgabe rekrutiert: Der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Billy Costigan (Leonardo DiCaprio) soll sich undercover in Costello's Organisation einschleichen, um der Polizei Insiderinformationen aus erster Hand zu liefern. Ein gefährlicher Auftrag, der dadurch zusätzliche Brisanz erhält, dass Colin Sullivan wiederum ein Spitzel Costello's ist. Als die beiden vom jeweiligen Verräter in den eigenen Reihen erfahren, beginnt ein gefährliches Katz- und Mausspiel um Leben und Tod..."Infernal Affairs" gehört wohl zu den
bekanntesten und beliebtesten koreanischen Filmen, der selbst von vielen
Skeptikern des asiatischen Kinos - so auch von mir - als sehr guter Film
Thriller geschätzt wird. Dementsprechend skeptisch wurde die Nachricht
aufgenommen, dass Martin Scorsese ein Remake des Stoffes drehen würde - fragten
sich doch einige, was man denn an "Infernal Affairs" noch besser
machen könnte. Nun, mir persönlich sind zu dieser Frage schon einige Aspekte
eingefallen, in denen ich Potential sah, und zu meiner Freude wurden diese von
Scorsese auch aufgegriffen und genutzt. Denn das Einzige, dass man dem großartigen
koreanischen Thriller vorwerfen könnte ist die fehlende Einleitung und die
mangelnde Konzentration auf die Figuren. Genau an diesem Punkt setzt Scorsese's
Remake an. Während man beim koreanischen Original relativ unvorbereitet in die
Handlung geworfen wurde, stellt Scorsese die Figuren erst mal ausgiebig vor -
und konzentriert sich dabei vor allem auf Gangsterboss Costello und seinen
Schützling Sullivan. Wir erfahren, wie sie sich kennen gelernt haben, und
lernen Costello sodann aus rücksichtslosen und brutalen Mafiaboss kennen, der
bei seinen Feinden keine Gnade kennt. Eben dies macht die späteren Szenen, als
sich Billy Costigan in seine Organisation einschleicht gleich deutlich
spannender und interessanter. Apropos Costigan: auch auf ihn wird natürlich
nicht vergessen, wenn man auch seine Vorgeschichte erst ein wenig später (beim
Anwerbungsgespräch für die Undercover-Mission) näher beleuchtet. Jedenfalls
ist dies ein wesentlicher Aspekt, in dem "Departed - unter Feinden"
der koreanischen Vorlage haushoch überlegen ist.
Neben diesen drei Hauptcharakteren gibt es noch eine Fülle an Nebenfiguren, die dem Film zusätzliches Leben einhauchen: Der aufrechte Leiter der Sonderkommission, dargestellt von Martin Sheen, der ewig fluchende und schimpfende Dignam, oder auch Ellerby, der die Jagd auf Costello im Polizeirevier leitet - sie alle tragen ihren Teil dazu bei um die Handlung noch spannender und interessanter zu machen, und werden von ihren jeweiligen Schauspielern perfekt verkörpert. Dies gilt natürlich auch für die Hauptfiguren. Während Matt Damon - wohl vor allem aufgrund seiner Rolle - weniger beeindrucken kann, überrascht vor allem Leonardo diCaprio in der wohl ersten Rolle seines Lebens, in der er es geschafft hat sein Milchbubi-Image erfolgreich hinter sich zu lassen und einen harten (erwachsenen!) Kerl glaubwürdig darzustellen. Das absolute schauspielerische Highlight des Films ist jedoch Jack Nicholson in einer Paraderolle, die ihm auf dem Leib geschrieben scheint. Er spielt Castello mit genau der richtigen Mischung aus understatement und overacting und schafft mit seinem sehr abwechslungsreichen Stil einen bedrohlichen, schrägen und unverwechselbaren Charakter - und einen der interessantesten Bösewichte der Filmgeschichte. Es würde mich wirklich sehr überraschen, wenn der MTV Movie Award für den "Best Villain" (den er wohl schon in der Tasche hat) der einzige Preis wäre, den Nicholson für diese Leistung verliehen bekommt.
Nach
dem relativ gemächlichen Start nehmen Spannung und Tempo kontinuierlich zu. In
jeder Sekunde des Films ist man sich der Gefahr bewusst in der Costigan schwebt
- einen besonders großen Sprung macht die Spannung aber dann, als beiden Maulwürfen
bewusst wird dass ein jeweiliges Gegenstück in "ihrer" Organisation
arbeitet, und man versucht, sich gegenseitig auf die Schliche zu kommen. Dieses
Katz- und Mausspiel ist das Herzstück des Films und sorgt für viele spannende
Szenen, wie z.B. als Costigan seinen Gegenpart Sullivan nach dessen Treffen mit
Costello im Kino verfolgt, oder die Szene auf dem Hochhaus als sich Costigan mit
seinem Boss Queenan trifft, oder auch der geniale Coup rund um den Umschlag.
Neben diesen eher actiongeladenen Szenen gibt es jedoch auch solche, in denen
die Spannung deutlich subtiler, aber nicht weniger wirkungsvoll ist, wie z.B.
als Costello offen Costigan verdächtigt, der Verräter in seinen Reihen zu
sein. Daneben sorgen vor allem viele überraschende und schockierende Wendungen
dafür, die Spannung ordentlich anzukurbeln, da man sich dadurch bei jeder Figur
nicht sicher sein kann, dass diese das Ende des Films auch überleben wird.
Apropos Ende des Films... dieses warten mit 2 wirklich hammerharten und sehr
überraschenden Wendungen auf. Besonders schockiert war ich von jener Szene, (Achtung,
Spoiler!) als Costigan gleich nachdem sich die
Aufzugtüren öffneten von Costello's 2. Spitzel in den Reihen der Polizei
eiskalt und ohne Vorwarnung erschossen wurde. (Spoiler Ende) Eine
wirklich üble Wendung, die noch dazu gewohnt hart, schonungslos und brutal
inszeniert wurde. Doch auch das Ende des Films hatte es in sich: (Achtung,
Spoiler!) Sullivan wird in seiner Wohnung von Dignam
überrascht, und stellt sich fast apathisch seinem Schicksal. Einige waren von
dieser Szene sehr irritiert - vor allem mit Sullivan's "Ok" konnten
die wenigsten etwas anfangen. Für mich war sein Verhalten in diesem Moment aber
nachvollziehbar und verständlich: Er hat alles verloren dass ihm etwas bedeutet
hat - Costello, der wie ein Vater für ihn war, und auch seine Freundin - und
wird andererseits von Schuldgefühlen geplagt. Er weiß einfach, dass er das,
was jetzt gleich kommen wird, verdient hat - und schließt seinen Frieden mit
sich und der Welt (Spoiler Ende). Ein sehr passendes Ende für die
Figur und den Film...
Fazit: Martin Scorsese's Remake ist dem koreanischen Original in vielen Belangen überlegen. So räumt er den Figuren deutlich mehr Zeit ein um sich zu entfalten, was das Geschehen noch einmal deutlich interessanter macht. Generell fand ich "Departed" deutlich packender und spannender als das Original. Auch für sich allein betrachtet gelingt es "Unter Feinden" absolut zu überzeugen. Die Inszenierung ist wieder mal äußerst stilvoll und auf dem für Scorsese gewohnt hohen Niveau, und auch die schauspielerischen Leistungen können absolut überzeugen - wobei vor allem Jack Nicholson hervorsticht. Ein spannendes und packendes Katz- und Mausspiel, gewürzt mit vielen großartigen Szenen und schockierenden Wendungen - und für jeden Fan von knallharten, aber nichtsdestotrotz anspruchsvollen Thrillern ein absolutes Muss.
Wertung: (9/10)
Verfasser: cornholio
Veröffentlicht am 08.01.2007
Titelbild und Filmausschnitte © 2006 Warner