Die Insel

(The Island)

USA 2005, 136 Min.

Regie: Michael Bay

Der neueste Film von Regisseur Michael Bay wurde eher gemischt aufgenommen. Während sich die ansonsten bei seinen Filmen so unnachgiebigen Kritiker erstaunlich wohlwollend gezeigt haben, ist ihm das Publikum bei seiner Mischung aus (ernstem) SF-Film und Bay-typischer Actionkost fern geblieben. Da stellt sich die Frage: Ist dem Durchschnitts-Ami (oder Bay-Fan) der Besuch auf der „Insel“ schon zu anspruchsvoll, oder ist die Mischung tatsächlich nicht gelungen?

Nach einer verheerenden Kontamination ist die Erde nicht mehr bewohnbar. Nur wenige Menschen haben die Katastrophe überstanden, und leben nun in einem in sich geschlossenen Habitat. Es herrschen strikte Regeln, und der Alltag wird von Monotonie dominiert. Einziger Lichtblick ist die Lotterie, die dem glücklichen Gewinner die Umsiedelung auf die Insel, das letzte bewohnbare Naturgebiet der Erde, verspricht. Doch Lincoln Six Echo (Ewan McGregor) ist mit dem Leben im Komplex nicht zufrieden. Er wird von Alpträumen geplagt und stellt sich Fragen über den Komplex (z.B. wohin bestimmte Leitungen führen) und dessen Bewohner. Eines Tages führt ihn die Neugier in einen abgeschiedenen Bereich, wo er eine Leiter entdeckt - die ihn direkt in eine Art Krankenhaus führt, wo er schließlich die schreckliche Wahrheit entdeckt: Es gibt keine Insel. Anstatt dem versprochenen Paradies winken dem Gewinner der sichere Tod. Schockiert und verzweifelt kehrt Lincoln Six Echo in den Komplex zurück - hat doch seine gute Freundin Jordan Two Delta (Scarlett Johansson) erst am Tag zuvor in der Lotterie gewonnen, weshalb ihr nun ein ähnlich düsteres Schicksal droht. Gemeinsam gelingt den beiden die Flucht - und völlig erstaunt müssen sie erkennen, dass der Schwindel noch viel größer ist als bis dahin angenommen...

Eigentlich bin ich ja nicht der größte Fan des Filmkritikers Roger Ebert, in seinem Review zu "The Island" hat er es jedoch auf den Punkt gebracht: Der Film teilt sich quasi in 2 Hälften, einer beängstigenden SF-Zukunftsvision und dem eher oberflächlich-gewöhnlichen Action-Teil. Beide Teile für sich genommen funktionieren soweit recht gut... doch funktionieren sie auch GEMEINSAM? Ich muss gestehen, dass ich durchaus skeptisch war, was diese Frage betrifft - und in der Tat dürfte die Mischung nicht nach jedermanns Geschmack sein. Viel eher ist zu vermuten, dass je nach persönlichen Vorlieben dem einen der "anspruchsvollere" SF-Teil und dem anderen der Action-Teil besser gefallen wird. Ich für meinen Teil kann jedoch diese alles entscheidende Frage nur mit einem klaren "Ja" beantworten - tatsächlich fand ich diese Mischung sogar höchst interessant. Denn, ich habe es schon oft gesagt, und ich erwähne es immer wieder gern: So sehr mir auch wirklich vollkommen sinnfreie Action-Blockbuster gefallen können, die besten Filme sind immer noch jene, die bei all ihrem Unterhaltungswert auch mit zumindest einem Hauch Anspruch gewürzt sind. 

Auch "Die Insel" bestätigt dies meines Erachtens wieder recht eindrucksvoll - denn ohne die interessante, zugrundeliegende SF-Idee wäre dies auch nur ein weiterer durchschnittlicher Actionfilm geworden. Stattdessen wirft "Die Insel" durchaus einige interessante Fragen auf, jedoch - und das ist der Punkt an dem sich die Geister scheiden werden - ohne sich sonderlich lang mit ihnen zu beschäftigen. Man stellt diese Fragen in den Raum, und überlässt es dann dem Zuschauer, sich (nach dem Ende des Films) näher mit ihnen auseinander zu setzen, so er denn will. Denn trotz aller ansatzweise vorhandener ernsterer Thematik muss es natürlich auch noch genug Zeit für massig Action geben - und auch mit den Charakteren muss man sich ein wenig beschäftigen, damit sich der Zuschauer mit ihnen identifizieren kann. Somit stellt sich die Frage, ob die Thematik nicht eventuell doch in einem "ernsten" SF-Film besser aufgehoben gewesen wäre - was jedoch auch nichts an der Tatsache ändert, dass "Die Insel" durch diese Prise Anspruch auf jeden Fall aufgewertet wird.

Interessanterweise lag es für mich im Endeffekt nicht an dieser eigentümlichen Mischung, dass mich "Die Insel" nicht 100%ig begeistern konnte - sondern an der Action. Gerade bei Michael Bay, der sich in den letzten Jahren den Ruf als einer der besten Actionregisseure Hollywoods verdienen konnte (durchaus umstritten zwar, aber nichtsdestotrotz), hätte ich dies nun wirklich nicht erwartet. Leider jedoch hat bei "Die Insel" eine Schwäche um sich gegriffen, in sich in letzter Zeit bei Actionfilmen aus Hollywood wie eine Seuche verbreitet: Die unübersichtliche Action. Es gibt schnelle Szenenwechsel, eine verwackelte Kamera, man zoomt möglichst nah ans geschehen ran... um die Hektik und vermutlich auch die Intensität einer Actionszene zu erhöhen - was bei mir jedoch genau den gegenteiligen Effekt hat, da ich der Action dann ab einem gewissen Punkt einfach nicht mehr folgen kann. Und wenn man der Action nicht mehr folgen kann, schaltet man irgendwann ab, fühlt sich nicht involviert, kann nicht mitfühlen... und beginnt sich irgendwann mal (wenn die Szene etwas länger geht) zu langweilen. 

Versteht mich nicht falsch - dieser Stil ist selbst bei Bay-Filmen nichts ungewöhnliches, er hat seine Actionfilme immer wieder mit dieser Art Action gewürzt - jedoch hat er die entsprechenden Szenen auch immer mit ruhigen Kamerafahrten, Zeitlupensequenzen und weiten Einstellungen versehen, die nicht nur schön anzusehen waren, sondern wesentlich dazu beigetragen haben, dass die Übersichtlichkeit nicht verloren ging. Diesmal jedoch war die Action fast durchgängig so hektisch inszeniert, ohne diese ruhigeren, auflockernden Elemente. Exemplarisch sei hier die "Rückkehr der Jedi-Ritter Speederbike Gedächtnis-Szene" genannt: Diese hat wirklich mal etwas neues geboten (im Gegensatz zur Highwayverfolgungsjagd, in der sich Bay doch den Vorwurf gefallen lassen muss, bei sich selbst kopiert zu haben) und hätte das Potential gehabt, den Zuschauer zu packen und zu begeistern. Stattdessen hat Bay meines Erachtens all dieses Potential durch den viel zu hektisch-unübersichtlichen Stil zum Fenster rausgeworfen. Schade drum!

Dass mir der Film trotz der meines Erachtens wenig gelungenen Actionsequenzen noch recht gut gefallen konnte, liegt wie angesprochen insbesondere an der Story. Nicht nur die dahinterliegende Idee weiß zu gefallen und wirft einige interessante Fragen auf, auch die Handlung an sich, und wie sie sich entwickelt, ist wirklich gelungen. Schade nur, dass die Trailer von der Story des Films bereits so viel verraten musste. So wurde dort nicht nur vorweggenommen, was es mit der Insel und ihren Bewohnern auf sich hat (und das hätte WIRKLICH eine tolle Wendung werden können, wenn sie einen völlig unvorbereitet erwischt hätte - auch hier gilt wieder: Schade drum!), sondern auch einige weitere interessante Entwicklungen (wie das Zusammentreffen von Lincoln Six Echo mit seinem Alter Ego) die ebenfalls überraschen und begeistern hätten können, wurden verraten. Ja selbst das ENDE, so unglaublich es auch klingen mag, gab es schon im Trailer zu sehen. Was sich die Produzenten dabei gedacht haben, wird wohl für immer ihr Geheimnis bleiben - jedoch ist es unter diesem Gesichtspunkt noch einmal deutlich beachtlicher, dass mir der Film recht gut gefallen hat. Einen großen Anteil daran dürften auch die Schauspieler gehabt haben. Anstatt auf Starpower zu setzen, hat Michael Bay wirklich die besten SCHAUSPIELER für seine Rollen gecastet - was paradoxerweise zwar ein Grund für das magere Einspielergebnis sein dürfte, dem Film jedoch sicher geholfen hat. Denn egal ob Ewan McGregor, Scarlett Johansson, Sean Bean, Steve Buscemi oder Djimon Hounsou - sie alle füllen ihre Figuren mit Leben und tragen viel zur Glaubwürdigkeit der Story bei. 

Auch die Effekte können uneingeschränkt überzeugen. Michael Bay ist es mit Hilfe der Trickspezialisten von ILM gelungen, das Chicago von heute wie das L.A. von morgen aussehen zu lassen. Futuristische Autos bevölkern die Straße, Magnetbahnen schweben zwischen den Häuserschluchten der Stadt - zu schade nur, dass man diese imposanten Bilder aufgrund des schnellen Schnittes nicht wirklich würdigen kann. Auch erscheint die Welt von "The Island" schon fast wieder einen Hauch ZU futuristisch, wenn man bedenkt, dass der Film nur etwa 15 Jahre in der Zukunft spielt. Generell ist die Vision der Zukunft meines Erachtens weniger gut gelungen als in vergleichbaren Filmen, wie z.B. Minority Report. Die im Film portraitierte Welt des Jahres 2019 wirkt einfach vergleichsweise weniger gut durchdacht und nicht so "realistisch". Auch fällt auf, dass man sich bei einigen Aspekten von einigen Science Fiction-Filmen der letzten Jahre (wie z.B. Matrix, oder auch dem bereits angesprochenen "Minority Report") hat inspirieren lassen. Nichtsdestotrotz gibt es jedoch auch ein paar interessante (originelle) Ideen zu bestaunen, wie z.B. die MSN Search-Zelle oder auch die generelle Konzeption der (Achtung, Spoiler!) menschlichen Ersatzteillager (Spoiler Ende). Trotzdem, wie den gesamten Film über hatte ich auch bei diesem Aspekt das Gefühl, dass einiges an Potential verschwendet wurde...

Fazit: Ist "Die Insel" ein guter Film? Ja, meines Erachtens schon. Leider muss ich jedoch auch die Frage "Hätte er besser sein können?" mit einem klaren "Ja" beantworten. Während mir die eigentliche Idee hinter der Story wirklich gut gefallen konnte, und ich dieses Fünkchen Anspruch durchaus wohlwollend zur Kenntnis genommen habe, war es interessanterweise gerade die Action, die mich enttäuscht hat. Und dass im Trailer quasi die gesamte Handlung des Films verraten wurde, ist auch eine Schande, hätte dieser Film doch wirklich das Potential dazu besessen, den Zuschauer mit einigen Wendungen ordentlich zu überraschen. Ein derart mageres Einspielergebnis, wie "The Island" es momentan in den USA zu verzeichnen hat, hat sich der Film aber nichtsdestotrotz auch wieder nicht verdient. Daher kann eigentlich abschließend nur festgehalten werden: Die spinnen die Amis. Denn auch wenn "The Island" sicher alles andere als perfekt ist, besser als so einige erfolgreichere Blockbuster dieses Kinosommers (die "Fantastischen (?) Vier" kommen da z.B. in den Sinn) ist er allemal... 

Wertung:   (7/10)

 

Verfasser: cornholio

 

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Titelbild und Filmausschnitte © 2005 Paramount Pictures