Donnie Darko

 

USA 2001, 108 min.

Regie: Richard Kelly

Im Jahr 2003 hatte ich das Vergnügen einige hervorragende Filme sehen zu dürfen… die Meisten davon liefen entweder ohne großen Erfolg nur in wenigen Kinos wie z.B. City of God, Punch Drunk Love, Spirited Away und 25 Stunden oder wanderten sogar  gleich direkt auf DVD wie z.B. Equilibrium und Cypher. Mit Donnie Darko landete nun eine weitere Filmperle ohne Umwege in den deutschen Videotheken. Kein Wunder, das man beim Blick auf das Kinojahresprogramm den Eindruck gewinnt das dort nur noch Sequels, Prequels, Remakes oder formelhafte Blockbuster erfolgreich laufen können(Ausnahmen wie Herr der Ringe, Identität oder Kill Bill bestätigen die Regel).  

Gerade als nachts eine Flugzeugturbine wie aus heiterem Himmel in sein Haus… sogar direkt in sein Zimmer stürzt, steht Donnie Darko glücklicherweise auf dem nahen Golfplatz. Sein neuer unsichtbarer *Freund* Frank, der stets ein unheimliches Hasenkostüm trägt, hatte ihm etwas Wichtiges zu sagen: In 28 Tagen, 6 Stunden, 42 Minuten und 12 Sekunden…ist das Ende der Welt gekommen. 

Mehr als diese mit Absicht kurz gehaltene Inhaltsangabe sollte man vor dem ersten Sehen nicht über den Film wissen. Auch wenn ich in meiner Kritik nur über die Genialität dieses Streifens schwärmen werde und keinerlei Spoilergefahr besteht, würde ich raten erst nachdem man Donnie Darko gesehen hat weiter zu lesen. Noch vor wenigen Tagen.. nachdem ich in kurzen Abständen Jacob´s Ladder und Deathwatch gesehen hatte, befürchtete ich nie wieder von einem Film überrascht werden zu können. Durch unzählige Kurzgeschichten, Serien wie Outer Limits oder Mysteryfilme hat man eigentlich schon alle Twisted Endings in irgendeiner Variation gesehen und selbst bei den trotzdem hervorragenden Cypher, Identität, The Others oder eben Jacob´s Ladder war das Ende spätestens zur Hälfte des Films vorhersehbar. Die besonders verwirrenden Filme von David Lynch möchte ich nicht zu dieser Kategorie zählen…, denn bei aller Achtung vor Lynchs Genie…im Grunde macht er es sich einfach. Einen Film wie Lost Highway kann man natürlich nicht vor Ablauf entschlüsseln, da es im Grunde keine befriedigende Lösung gibt und schon gar keine allgemeingültige. Dadurch braucht er sich auch kaum Sorgen machen, ob jedes Storydetail zum anderen passt und sich am Ende ein lückenloses Puzzle zusammensetzen lässt. Es sind einfache filmgewordene Visionen, die nicht unbedingt einen Sinn ergeben. 

Nun gut wieder zum eigentlichen Thema…Richard Kelly hat es mit Donnie Darko geschafft die faszinierende, (alp-) traumhafte Atmosphäre Lynchs mit der spannenden und befriedigerenden Puzzlearbeit innovativer Thriller wie Sixth Sense oder Memento zu vereinen. Es gibt am Ende einen gewaltigen Aha Effekt ….doch gerade wenn man denkt das einem nach und nach wahre Kronleuchter aufgehen, bricht einem plötzlich ein Stück aus der schön zusammengereimten Theorie wieder weg. Jedenfalls war es bei mir so…und was hilft? Film wieder auf Anfang und den zweiten Durchgang starten…diesmal einzelne knifflige Passagen mehrfach betrachten und zwischen den Zeilen lesen. Auch hier hat man zwischendurch wieder ständig das Gefühl den Zauberwürfel endlich in die richtige Position gebracht zu haben…aber *natürlich* sind am Ende noch mehr grüne Kuben auf der gelben Fläche übrig geblieben. Ok, wenn man schon selbst zu blöd ist es restlos zu begreifen, dann halt im Internet nach ein paar schlauen verspoilerten Reviews gesucht…doch vergeblich…den großen Clou konnte wie ich auch zwar fast jeder für sich knacken (und das sorgt letztendlich auch dafür das Donnie Darko entgegen eines nur fast gelösten Rubikwürfels nicht den Drang auslöst etwas gegen die Wand zu schmettern), aber es gibt immer noch so viele Details, die im Grunde nicht mit den restlichen Theorien in Einklang zu bringen sind. Etwas mehr Licht ins Dunkel sollen die Audiokommentare des Regisseurs bringen und deshalb werde ich mir auch zu 99 % die Kauf DVD zulegen sobald sie in Deutschland erscheint. Neben der Tatsache, das ich ihn 2-mal hintereinander sah, ist das das größte Lob was ich einem Film aussprechen kann…im Grunde interessiert mich Bonusmaterial nämlich nicht mehr als ein neuer Film mit Josh Hartnett und meine DVD Sammlung passt demzufolge ohne Probleme in eine Stofftasche. Aber bei diesem Film sind die Deleted Scenes und der Kommentar ausnahmsweise mal eine den Aufpreis rechtfertigende Dreingabe. Eine weitere positive Ausnahme bildet die offizielle Webseite ( http://www.donniedarko.com/ ) , die absolut unverzichtbar ist, wenn man die Gedanken des Regisseurs wirklich nachvollziehen will.

Was bietet der Film außer das er einen noch lange nach dem Sehen beschäftigt und es schafft, das ihn wohl jeder kurz danach erneut sehen muss? Von der ersten Szene wird man von der Atmosphäre gefangen genommen und zwar so,  das man im Gegensatz zu anderen Mysteryfilmen nicht die halbe Zeit damit verschwendet über das mögliche Ende nachzudenken. Es ist nicht nur einfach der Zustand der Verwirrung ….das große Fragezeichen was das Geschehen so fesselnd macht…dieser Film überzeugt genau so als Charakterstudie eines verwirrten Teenagers und seiner Familie, als Gesellschaftskritik, als Sci Fi…ja sogar ein bisschen als Lovestory. Darüber hinaus hat er es sogar geschafft viele überraschend witzige und skurrile Dialoge und Situationen einzubauen…ohne die düstere Atmosphäre damit zu schädigen. So wird hier z.B. darüber schwadroniert was die Schlümpfe wohl mit Schlumpfine getrieben haben. *Moment, das kenn ich doch?* Wird der geneigte Zuschauer von hirngewichsten Debilkomödien jetzt sagen …das gab's doch schon bei Harte Jungs. Ja, aber seltsamerweise wirkt es hier nicht peinlich und dumm. 

Einen nicht unwesentlichen Anteil an der Stimmung und Atmosphäre hat der mit Sorgfalt gewählte Soundtrack, der mit einigen unverbrauchten Perlen des 80-er Pop gespickt ist. Besonders das zum Finale ertönende Mad World hier in einer wunderschönen Coverversion von Gary Jules sorgt dafür das aus der Auflösung wirklich eine Gänsehautszene der obersten Güteklasse wird… und da der Song Ohrwurmqualitäten hat, bleiben einem auch die dazugehörigen Szenen stets im Gedächtnis. Vergleichbar beeindruckend und bewegend wie die Schlussszene aus 25 Stunden. Überhaupt muss man Richard Kelly nicht nur wegen der Story sondern auch wegen seiner Inszenierung loben, die in den gefühlvollen Momenten mit Zurückhaltung überzeugt, aber auch immer wieder dezent Regietricks wie z.B. fließende Wechsel von Raffer zu Zeitlupe einsetzt. Vor allem ist es unglaublich wie edel der Film trotz seines 5 Millionen $ Minibudgets aussieht. Zuletzt noch zu den Darstellern…was soll ich groß sagen…. hochtalentierte Jungdarsteller wie Jake Gyllenhaal als Donnie oder die für nachdenkliche Rollen prädestinierte Jena Malone (Lost Heaven, Haus am Meer) als seine Freundin begeistern genau so wie es die etablierten Mimen Drew Barrymoore, Patrick Swayze und Noah Wyle (Dr. Carter aus E.R.) in ungewöhnlichen Nebenrollen schaffen. 

Fazit: Es gibt nicht viele Filme, die zugleich faszinierend, spannend, witzig, unheimlich und intelligent sind… Donnie Darko zählt zu dieser Minderheit. Jedem Fan von ungewöhnlicher Filmkost, der Innovationen schätzt und sich auch gerne noch nachdem der Abspann gelaufen ist mit dem Geschehen beschäftigt, kann ich nur raten…nein befehlen ;) sich diesen Film so schnell wie möglich anzusehen. Wer sich dagegen nur berieseln lassen will oder ruhige Filme ohne vordergründige Action generell als langweilig empfindet, sollte vielleicht einen Bogen darum machen. Ich kann es zwar nicht nachvollziehen, aber auf jede 10-te Jubelarie kommt auch eine Stimme, dass man den  Film nur im Schnelldurchlauf ertragen kann. Bei mir hat Donnie Darko auf jeden Fall Einzug unter die All Time Top 20 gehalten und gehört zu den raren Beispielen in denen ein gehypter Film meine riesigen Erwartungen noch übertreffen konnte. Bleibt abschließend zu hoffen, das dem Film bei seiner Wiederaufführung als Directors Cut  in den USA diesmal auch ein finanzieller Erfolg beschert wird und Richard Kelly sich nicht als One Hit Wonder entpuppt sondern sein Talent für vertrackte Stories, Charakterbeobachtung und eigenwillige Inszenierung bald erneut unter Beweis stellen kann. 

Wertung:    (10/10)

 Ausgezeichnet mit dem review-center Award für außergewöhnliche Leistungen in Film- und Fernsehen

 

Verfasser: evildead

 

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