Fantastic Four
USA
2005, 106 Min.
Regie: Tim Story
Nach den durchaus gemischten Kritiken haben sich sowohl FF- als auch normale Kino-Fans die Frage gestellt: Sind die "Fantastic Four" nun phantastisch, oder eine filmische Katastrophe? Heute kann ich euch auf diese Frage endlich eine definitive Antwort geben, die da lautet: Weder noch...
In Kürze wird ein kosmischer Sturm unser Sonnensystem durchstreifen, von dem sich der Wissenschaftler Reed Richards (Ioan Gruffudd) Erkenntnisse zur Bekämpfung verschiedenster Krankheiten erhofft (aber haltet euch bloß nicht mit der Frage des Warum und Wieso auf). Da er selber so gut wie pleite ist, wendet er sich gemeinsam mit seinem Freund und Piloten Ben Grimm (Michael Chiklis) an seinen ehemaligen Studienkollegen und millionenschweren Unternehmer Victor von Doom (Julian McMahon), der ihm die Reise finanzieren und zugleich die zur Erforschung des Sturms ausreichend ausgerüstete Raumstation zur Verfügung stellen soll. Überraschenderweise willigt Doom sogar ein, jedoch nicht um Reed einen Gefallen zu tun oder gar wegen der von ihm verfolgten heeren Ziele, vielmehr will er Sue Storm (Jessica Alba) auf der Station einen Heiratsantrag machen. Leider macht ihm die kosmische Wolke da einen Strich durch die Rechnung, erreicht diese die Raumstation doch viel früher als erwartet - und zu früh, als dass sich ihre Bewohner noch rechtzeitig in Sicherheit hätten bringen können. Zurück auf der Erde müssen die Astronauten schon bald Veränderungen feststellen: Johnny Storm (Chris Evans) kann auf einmal Feuer kontrollieren und sich sogar komplett in eine menschliche Fackel verwandeln, seine Schwester Sue wird unsichtbar, Reed kann seinen Körper plötzlich in jede erdenkliche Form bringen, und auch Doom ist von den Auswirkungen des Sturms nicht verschont geblieben: Seine Haut bröckelt zunehmends ab und offenbart darunter eine unzerstörbare metallische Legierung. Am tragischsten hat es indes Ben Grimm erwischt, der zum zwar ungemein starken, aber aus Stein und Fels bestehenden "Ding" mutiert. Während Johnny Storm seine Fähigkeiten und die damit einhergehende Berühmtheit genießt, versucht Reed verzweifelt, die Mutation wieder rückgängig zu machen... insbesondere um dem armen Ben Grimm zu helfen, der wegen der Veränderungen sogar von seiner Frau verlassen wurde. Doch als sich ihr alter Freund Dr. Doom als größenwahnsinniger Superschurke offenbart, erkennen die 4 Superhelden, dass sie ihn nur gemeinsam stoppen können...
Irgendwie hat mich "Fantastic Four", auch schon vor der Veröffentlichung, sehr an "Catwoman" erinnert. Nicht nur, dass es sich bei beiden um Comicverfilmungen handelt, beide Filme wurden bereits im Vorfeld sowohl von Kritikern als auch Fans äußerst argwöhnisch betrachtet und bekamen fast durchwegs höchst negative Publicity. Auch das Endergebnis ist sehr ähnlich: Beide Filme sind nicht so schlecht, wie sie oft gemacht werden, aber auch weit davon entfernt, mit den tollen Verfilmungen der letzten Jahre mitzuhalten. Dies dürfte wohl vor allem an einer weiteren, entscheidenden Gemeinsamkeit der beiden Filme liegen: Sie sind rein auf Unterhaltung zugeschnitten, und mit maximal einer winzigen Prise Anspruch und Tiefgang gewürzt (zumindest die "Fantastischen Vier", von "Catwoman" kann man ja nicht mal DAS behaupten). Daher ziehen die Fantastic Four, im Vergleich zu den großen Comicverfilmungen der letzten Jahre wie Spiderman, Hulk und/oder Batman Begins, die sehr viel wert auf eine anspruchsvollere Darstellung gelegt haben, einfach klar den Kürzeren, und wirken gar wie ein Relikt aus alten, weniger glücklichen Tagen von Comicverfilmungen, in der die entsprechenden Filme so flach waren wie das Papier, auf dem die bebilderte Vorlage gedruckt wurde.
Doch ein anspruchsloser Film, ja selbst einer mit so viel verschwendetem/ungenutztem Potential, muss noch nicht schlecht sein, und eben das trifft teilweise durchaus auch auf die "Fantastic Four" zu: Er unterhält - zumindest die meiste Zeit. Nach ca. einer Stunde gab es zwar mal einen Durchhänger, nämlich als die Macher versucht haben, etwas ernstere Töne anzuschlagen (und damit auf gar FANTASTISCHE Art und Weise scheitern), als sich die fantastischen Vier langsam entzweien, doch davon abgesehen ist diese FF-Verfilmung eigentlich recht nett anzusehen. Die etwas mehr als 100 Filmminuten sind mit unzähligen - zumeist auch gelungenen - Gags gewürzt, für die mehrheitlich Chris Evans als Johnny Storm zuständig ist. Er ist der einzige der 4-köpfigen Superhelden-Truppe, der sein neues Ich und die damit einhergehende Aufmerksamkeit und Bewunderung richtiggehend genießt und teilweise sogar ausnutzt. Viele seiner Witze richten sich dabei an Ben Grimm, und ein Großteil des Humors des Films ergibt sich aus deren Hassliebe. Wie es sich für einen echten Blockbuster gehört, ist auch die Action durchaus anständig inszeniert, wenngleich auch nicht sonderlich atemberaubend. Keine Szene bietet wirklich etwas neues oder noch nie zuvor gesehenes und/oder kann so richtiggehend begeistern, dennoch ist die Action ganz ordentlich und die entsprechenden Szenen durchaus unterhaltsam. Vor allem der Showdown weiß zu gefallen - was vor allem am gelungenen Zusammenspiel der 4 Superhelden und ihrer jeweiligen individuellen Kräfte liegt.
Doch natürlich gibt es an "Fantastic Four", selbst wenn man ihn als das nimmt was er ist, nämlich reine Popcorn-Unterhaltung, auch einige Dinge zu kritisieren. Der zuvor angesprochene Durchhänger z.B. hat zumindest mir doch für eine bei einem Blockbuster-Film deutlich zu ausgeprägte Dosis Langeweile gesorgt... 15 Minuten weniger hätten dem Film also alles in allem gut getan. Jessica Alba - was immer man von ihr als optischer Aufputz denken mag, oder von der Tatsache, dass Sue Storm im Comic immer die Mutter der Truppe war, und die Figur hier zur (heißen) jungen Schwester degradiert wird - sticht im Ensemble als zu unrealistisch jung hervor. Zu keinem Zeitpunkt nimmt man ihr ab, sie hätte das Studium zur gleichen Zeit wie Reed absolviert, und wäre nun die Chefin der Gentechnik-Abteilung. Victor von Doom wirkt, so wie er hier präsentiert wird, wie ein Abklatsch von Norman Osborn (reicher, erfolgsverwöhnter Geschäftsmann wird von seinen Kollegen ausgebootet, und rächt sich mit Hilfe seiner neu gewonnenen Kräfte - und dass er am Ende wie der grüne Kobold eine Maske trägt, hilft nicht gerade dabei die Ähnlichkeiten zu verdrängen). Während der Großteil der Effekte gut gelungen ist, wirken Reed's "Dehnübungen" dermaßen unrealistisch und stechen als wirklich schlechte Effektarbeit hervor, dass es teilweise richtiggehend peinlich ist. Die Romanze zwischen Reed und Sue wirkt stellenweise unheimlich verkrampft, und Ian Gruffords farblose Darstellung, ohne den geringsten Charme oder Elan, gehört generell zu den größten Schwachpunkten des Films.
Auch Tim Story's Inszenierung muss alles in allem eher unter den Schwachstellen des Films eingeordnet werden - hat diese doch leider nicht das Geringste zu bieten, um den Film aufzuwerten. Keine tollen Bilder, interessante Einstellungen - gar nichts. Cinematographisch wirken die FF unheimlich billig. Generell fehlt es den Bildern (wie auch dem Film) an Tiefe, es sieht so aus, als hätte man für jede Szene wirklich nur das absolut nötigste gebaut und gezeigt (im Gegensatz zu "Der Herr der Ringe", wo die ganzen sorgfältig produzierten Requisiten im Hintergrund, auch wenn sie nur Sekunden zu sehen waren, dem Film bzw. den Bildern ein "reicheres" Aussehen beschert haben). Einige Dialoge sind wirklich der allerletzte Mist und sollten sogar locker die schlechtesten Zeilen der Star Wars-Prequels schlagen, die von einigen Kinogeher so vehement kritisiert wurden. Vor allem diese ständigen Anspielungen auf den späteren "Zustand" der FF vor/während der Mission fand ich mega-peinlich (so fühlt sich Ben Grimm z.B. solide, Sue Storm fühlt sich unbeachtet, Johnny Storm ist ein Hitzkopf etc.). Auch was das "pacing" betrifft, offenbart die Leinwand-Version der 4 Comichelden so ihre Probleme. So fehlt es dem Film vor allem an einem: An Energie. Die Handlung trottet eher langsam von sich hin, man springt von Szene zu Szene, ohne richtigen Plan, wohin sich die Handlung eigentlich entwickelt, ohne Spannungsmoment, ohne richtig INVOLVIERT zu sein und mitzufiebern. Es fehlt einfach das Vorwärtsmomentum. Und last but not least - einige Szenen wirkten von anderen Filmen geklaut, oder zumindest SEHR STARK inspiriert, wie z.b. Titanic (bei der entsprechenden Szene gegen Ende des Films hätte es mich echt nicht gewundert, wenn Celine Dion's "My heart will go on" ertönt wäre) und dem 1. Indiana Jones-Film "Jäger des verlorenen Schatzes".
Einige Befürchtungen bezüglich der Verfilmung haben sich indes als unbegründet herausgestellt. Zwar bin ich an und für sich kein CGI-Fan, doch als ich gehört habe, man wolle das "Ding" mittels eines Ganzkörper-Anzugs verwirklichen, war ich zutiefst besorgt und äußerst skeptisch. Tatsächlich ist das "Ding" jedoch einer der größten Pluspunkt des Films, und das liegt nicht nur an Chicklis toller Performance (und seiner guten Chemie mit Chris Evans), sondern auch am Anzug. Es wirkt einfach realistischer, echter... und wurde demnach insgesamt wirklich sehr gut gelöst. Julian McMahon's Performance fand ich an und für sich auch recht gelungen, wenn auch teilweise etwas klischeehaft. Außerdem unterscheidet sich seine Darstellung von Dr. Doom kaum von seinen bekannten TV-Rollen aus Charmed und Nip/Tuck, was Mimik bzw. generell die Performance betrifft. Was mich ebenfalls sehr gestört hat, war dass man leider nicht Julian McMahon's aus dem TV mittlerweile altbekannte Standard-Synchronstimme Thorsten Michaelis (den ich als Synchronsprecher generell sehr schätze) verpflichtet hat, was mich den ganzen Film über unheimlich irritiert hat. Bei Chiklis konnte ich's ja verstehen - Die Stimme des Voyager-Bengels Harry Kim mag man, sofern man beide Augen (oder wohl eher Ohren) zudrückt, noch als Chicklis Vic Mackey (aus "The Shield") akzeptieren können, doch als Ben Grimm und in weiterer Folge "The Thing" - keine Chance. Aber Julian McMahon hat seine Stimme nun schon jahrelang in seinen diversen TV-Sendungen, man ist die Stimme so gewöhnt, dass es einfach stört - und alles in allem denke ich, Torsten Michaelis hätte eine deutlich bessere Leistung abgeliefert und den Film somit nochmal ordentlich aufwerten können.
Das Hauptproblem des Films ist allerdings das bereits angesprochene ungenutzte Potential. Irgendwo ganz tief drinnen steckt in diesem Material ein großartiger Film. "Fantastic Four" hätten meines Erachtens wirklich mit Spiderman, X-Men und Co. gleichziehen können - wenn man doch den allzu leicht-lockeren Ton etwas heruntergeschraubt und sich darauf konzentriert hätte, die dramatisch-tragischeren Elemente auch tatsächlich dramatisch-tragisch darzustellen, einen Gegenpol zum Abenteuer-Aspekt (über den die FF natürlich AUCH verfügen sollten, da es unbestreitbar eine wichtige Zutat der Comics war und ist - aber eben NICHT NUR) zu finden. Leider ist dies jedoch nicht geschehen. Es gibt zwar ein paar ernstere Szenen (alle betreffen "The Thing"), doch diese wirken fast wie Störfaktoren und vor allen Dingen, sie kommen gegen die luftig-lockeren Elemente nicht an. Selbst in angedacht ernsteren Szenen fehlt oftmals der nötige Ernst, fehlt es an der richtigen Inszenierung, der Darstellung der Figuren. Es ist ungefähr so, als würde man 60 Minuten einem witzigen Clown zusehen, ständig lachen, und dann wenn der Clown traurig ist soll man auf einmal heulen - es klappt einfach nicht, der Kontrast ist einerseits zu stark und andererseits, so seltsam das auch klingen mag, zu schwach... da es selbst in diesen Szenen an der nötigen Ernsthaftigkeit fehlt. An dieser gewissen "Tiefgründigkeit", welche Spiderman, Hulk, Batman Begins, ja teilweise sogar X-Men, ausgezeichnet hat. Die Macher bemühen sich redlich, etwas ähnliches einzufügen und die Thing-Storyline möglichst zu würdigen, doch es gelingt nicht. Zu keiner Zeit habe ich mit dem Ding wirklich mitgefühlt - und das, obwohl seine Geschichte in diesem Film durchaus Anlass dazu gegeben hätte. Demnach ist dies meines Erachtens dem Regisseur zuzuschreiben, dem es einfach nicht gelungen ist, die ernsteren Elemente würdig und gelungen umzusetzen. Exemplarisch hierfür sei die Szene genannt, in der das Ding auf einer Brücke hockt. Es hätte eine emotional wirklich berührende Szene sein können, doch anstatt sich auf einen ernsteren Ansatz einzulassen, ließen die Macher lieber Ben Grimm von einer Taube vollscheißen, und auch die Szene danach mit dem potentiellen Selbstmörder, die sehr dramatisch hätte wirken können, wirkt durch die Inszenierung und die Musik mehr amüsant-fröhlich als sonst was.
Und so bleibt abschließend folgendes festzustellen: So sehr es dem Film auch gelingt, zu unterhalten, so sehr der Abenteuer-Aspekt auch gelungen sein mag - man hat während jeder Sekunde das Gefühl, dass die "Fantastic Four" so viel mehr hätten sein können. Doch der Film konzentriert sich zu sehr auf luftig-lockere Unterhaltung, Gags und Spaß, und scheitert bei dem Versuch, einen entsprechenden tragischeren Kontrast zu liefern. Da mögen einige Dinge, wie die Beziehung zwischen Ben Grimm und Johnny Storm noch so gelungen umgesetzt worden sein - hier wurde Potential verschwendet, und während dies dem "normalen", FF-unkundigen Kinobesucher nicht stören, ja sogar eventuell gar nicht auffallen wird, dürfte eben dieser Aspekt den ersten Ausflug der Fantastischen Vier auf die Kinoleinwand für alle Fans (und man sollte meinen, genau für diese ist eine solche Verfilmung vornehmlich gedacht) eine enttäuschend-deprimierende Erfahrung werden. "Fantastic Four" ist sicher kein schlechter Film, und mag im Großen und Ganzen auch jenes Ziel erreichen, das er sich gesetzt hat (nämlich, den Zuschauer zu unterhalten - und selbst da gibt es einige Schwachpunkte, die eben dies zum Teil verhindern), doch dass man einen gar so anspruchslosen Ansatz verfolgen und sich gar so sehr auf reine Unterhaltung ohne den geringsten (gelungen-ernsthaften) Hauch von Tiefgang konzentrieren musste, trübt den Gesamteindruck (zumindest für mich) schon gewaltig. Denn wenn uns diesjährige Blockbuster wie "Batman Begins", "Star Wars Episode III: Die Rache der Sith" oder "Krieg der Welten" eins gezeigt haben, dann dass ein Film nicht hohl und anspruchslos sein muss, um zu unterhalten...
Fazit: Irgendwo in diesem Film steckt eine großartige, anspruchsvolle Comicverfilmung, die es mit den Genregrößen aufnehmen kann. Leider jedoch wurden diese Elemente derart verwässert, dass sie kaum mehr auffallen, und nur mehr mit gutem Willen zu erkennen sind. Regisseur Tim Story wiederum versagt bei der Aufgabe, zumindest durch seine Inszenierung dem Film etwas außergewöhnliches zu verleihen, und liefert von der ersten bis zur letzten Minute ein Standardprodukt ab, ohne beeindruckende Bilder, tolle Kameraeinstellungen oder sonstige Ideen, welche die Inszenierung aus dem üblichen Einheitsbrei hervorstechen lassen würde. Und so wirkt seine Regiearbeit, wie leider der gesamte Film, uninspiriert, wie ein Schatten der Fantastischen Vier, die hätten sein können. Dass der Film trotz alledem noch unterhaltsam ist, verdankt er insbesondere der Leistung von Michael Chicklis, der netten Beziehung zwischen dem Ding und der Fackel, und den immer wieder (wenn auch nur leicht und selten) durchblitzenden Fünkchen an verbliebener Originalität, Ernsthaftigkeit und gelungener Ideen. Und so ist "Fantastic Four" zwar die meiste Zeit recht kurzweilig, aber eben leider auch alles andere als fantastisch...
Wertung: (5/10)
Verfasser: cornholio
Titelbild und Filmausschnitte © 2005 20th Century Fox