Happy Feet
USA
2006, 109 Min.
Regie: George Miller
Selbst
bei jemandem wie mir, der sich vorab ausführlich über Filme informiert, sich
die Trailer etc. ansieht kann es vorkommen, dass man von einem Film nicht nur
negativ, sondern eben auch mal positiv überrascht wird. So geschehen bei
"Happy Feet": Sahen die Trailer und TV-Spots nach einem bis zur
Schmerzgrenze verniedlichten Animationsfilm aus, konnte mir das Endergebnis
wirklich gut gefallen.
Memphis und Norma Jean sind die besten Sänger der Kaiserpinguine. Um so schockierter sind sie als sie erkennen müssen, dass ihr Sohn gesanglich völlig unbegabt ist - stattdessen hüpft er die ganze Zeit so seltsam mit seinen Füßen herum. Für die beiden Eltern eine Katastrophe, ist doch die gesangliche Qualität DAS Kriterium für die Partnerwahl. Eben deshalb hat es Mumble in der Pinguingemeinschaft schon in seiner Kindheit nicht leicht - seine gesanglichen Qualitäten und sein Stepptanz werden von allen belächelt, und er wird zunehmend zum Außenseiter. Ein schicksalhaftes Zusammentreffen mit einer Gruppe von Adlern setzt ihm zudem den Floh von feindlichen Aliens ins Ohr - eine Idee, mit der er zusätzlich aneckt. Nach dem Abschluss der Pinguinakademie geht Mumble den Ältesten mit seinen verrückten Ideen und seiner rebellischen Einstellung zunehmend gegen den Strich. Schließlich wird er für die abnehmende Fischmenge im Ozean verantwortlich gemacht und verbannt. Daraufhin macht er sich gemeinsam mit seinen neuen Freunden, einer Gruppe junger Goldschopfpinguine, auf, um das Rätsel hinter den mysteriösen fischplündernden Aliens zu erfahren und etwas gegen sie zu unternehmen...
"Happy
Feet" ist eigentlich in so ziemlich allen Belangen der
3d-Animationsfilm-Konkurrenz des Jahres 2006 überlegen - so richtig deutlich
wird das aber insbesondere bei der Animation. Das beginnt schon beim Bildformat:
Wo sich die Konkurrenz mit den gewöhnlichen 16:9-Format zufrieden gibt, wurde
Happy Feet im epischen Cinemascope-Format animiert und inszeniert - schon allein
das verleiht dem Film einen ganz eigenen Reiz. Doch damit nicht genug, auch die
Qualität der Animation an sich ist einfach nur atemberaubend. "Happy Feet"
sieht einfach nur wunderschön aus, und liefert viele beeindruckende Bilder, die
sich teilweise sogar das Prädikat "photorealistisch" verdienen.
Definitiv die aktuelle Referenz im Genre und eine echte Augenweide (was sich
allein schon daran zeigt dass ich mich diesmal ausnahmsweise nicht an die
übliche "1 Bild alle 2 Absätze"-Regel halten konnte). Doch
"Happy Feet" überzeugt nicht nur mit Oberflächlichkeiten wie der
Optik, sondern auch bei den "inneren Werten". So besitzt er - im
Vergleich zu vielen anderen Animationsfilmen der letzten Jahre - sogar eine
richtige, herzergreifende Story, die sich im wesentlichen auf zwei Themen
konzentriert. Der deutlich gewöhnlichere Aspekt der Handlung ist die bereits
aus den Trailern und den diversen Inhaltsangaben hinlänglich bekannte Außenseiterthematik.
Hier betritt "Happy Feet" zwar kaum Neuland, trotzdem kann ich mich über
eine zu mehr Toleranz aufrufende Handlung nicht beschweren - vor allem auch da
der letzte (Animations-)Film mit ähnlicher Aussage nun doch schon ein Weilchen
her ist und "Happy Feet" das Kunststück schafft, mit seiner Message
die Zielgruppe zu erreichen ohne sie ihr mit dem Holzhammer einzuprügeln.
Sicher, einige Entwicklungen (wie die Verbannung) wirkten etwas übertrieben,
und der Vater-Sohn-Konflikt könnte klischeehafter nicht sein, aber insgesamt überwiegen
die positiven Aspekte doch deutlich.
Angenehm
überrascht war ich jedoch als ich schließlich bemerken musste, dass - entgegen
meiner Erwartungen - die Außenseiterhandlung bzw. die Liebesgeschichte nicht
das einzige war worum es bei "Happy Feet" geht. Denn mit zunehmender
Laufzeit drängt sich mehr und mehr eine waschechte Öko-Thematik in den
Vordergrund. Auch hier erfindet "Happy Feet" das Rad zwar nicht neu,
doch ähnlich wie bei der Toleranz-Message ist festzuhalten, dass die Zeit der
großen Öko-Filme spätestens seit den frühen 90ern vorbei war. Insofern ist
die hier präsentierte Öko-Message zwar nicht neu, aber im Kontext seiner Zeit
ist "Happy Feet" hier definitiv als Vorreiter zu sehen. Zumal hier mit
der Überfischung eine Thematik angesprochen wird die bisher - zumindest in
Filmen - kaum Beachtung fand. Die Handlung rund um Mumble's Kampf gegen die
"Aliens", welche die Fischgründe der Pinguine zunehmend plündern ist
schließlich auch die Quelle eines der großen Clous des Films: Als Mumble
gefangen genommen und in den Zoo gesteckt wird, werden alle Szenen mit Menschen
als Realaufnahmen präsentiert, während die Pinguin- bzw. Tierwelt natürlich
auch weiterhin animiert bleibt. Eine originelle Idee, die zudem sehr überzeugend
umgesetzt wurde, da selbst Szenen die Realaufnahmen mit Animationen kombinieren
wie aus einem Guss wirken - was sicher teilweise der bereits angesprochenen fast
photorealistischen Qualität der Animation zu verdanken ist.
Neben
der Animation und der Handlung zählen vor allem die originellen Figuren und der
abwechslungsreiche Humor zu den großen Stärken des Films - wobei sich beides
mehr auf die Goldschopfpinguine mit mexikanischem Akzent bezieht als auf die
Hauptfiguren. Vor allem die Viererbande rund um Lombardo sorgt für viele
Lacher, wie auch Anführer Ramon. Im direkten Vergleich zu "Flutsch und
weg" zeigt sich hier auch wieder, wie wichtig eine Synchronisation ist, die
vor allem auf möglichst hohe Qualität wert legt und wo das Können der
Sprecher wichtiger ist, als irgendwelche Pseudopromis zu verpflichten. Die
Synchronisation von "Happy Feet" ist jedenfalls vorbildlich - allein
wie Rick Kavanian Mumble's Kosenamen "Flauschi" ausspricht ist einfach
nur köstlich. Doch nicht nur die gelungene Synchro sorgt für ein Hörvergnügen
erster klasse, sondern auch der Soundtrack von John Powell (der bereits Shrek
und Ice Age 2 vertonte) sowie - wie es bei einem Film der sich um singende
Pinguine dreht ja nicht anders zu erwarten war - die zahlreichen Lieder und
Gesangseinlagen. Besonders köstlich fand ich dabei Robin Williams
hochdramatisch vorgetragene Version von "My Way" - auf spanisch! Das
absolute musikalische Highlight war für mich jedoch der von Brittany Murphy
geträllerte, gänsehauterzeugende Queen-Hit "Somebody to Love".
Schade, dass ich in meinem Jahresrückblick nicht die beste "Feel
Good"-Szene für 2006 küre, aber wenn ich es täte, hätte die besagte
Szene jedenfalls - mit riesengroßem Vorsprung - gewonnen, zauberte sie mir doch
von der ersten bis zur letzten Sekunde ein rießengroßes Lächeln auf die
Lippen.
Fazit: "Happy Feet" konnte mich durch den gelungenen Humor, die originellen und sympathischen Figuren, die mitreißende Story, die angenehm sorgfältige und vorbildhafte Synchronisation und vor allem die (im Cinemascope-Format!) auf die Leinwand gezauberte Bilderpracht - die was die Qualität der Animation und die Inszenierung betrifft neue Maßstäbe im Genre setzt - wirklich überzeugen. Ebenfalls nicht vergessen werden darf die für einen Animationsfilm angenehm gehaltvolle Handlung, die oftmals rührend, aber nie kitschig daherkommt und nicht nur mit einer, sondern gleich zwei "Moralen von der Geschicht'" aufwarten kann - die jedoch in eine unterhaltsame Geschichte eingebettet wurden. Und ein Film, bei dem mit “Somebody to Love” nicht einfach nur ein Queen-Song, sondern eines meiner absoluten Lieblingslieder prominent vertreten ist, hat bei mir ohnehin einen Stein im Brett . Für mich ganz klar der beste Animationsfilm des Jahres 2006!
Wertung: (8/10)
Verfasser: cornholio
Veröffentlicht am 08.01.2007
Titelbild und Filmausschnitte © 2006 Warner