House of
Flying Daggers
China 2004, 120 Minuten
Regie: Zhang Yimou
Nach
den weltweiten kommerziellen und künstlerischen Erfolgen von Ang Lees Tiger and
Dragon sowie Zhang Yimous letztem Werk Hero schickt die Volksrepublik China mit
House of Flying Daggers einen weiteren aussichtsreichen Kandidaten in den Kampf
um Oscarehren und internationale Kassenerfolge. Letzterer blieb in den USA und
Europa leider deutlich hinter seinen Vorgängern zurück, aber außer Südkoreas
Megahit Taegukgi dürfte es keinen ernsthaften Konkurrenten bei den wichtigen
Preisverleihungen geben. Da ich nicht unbedingt Fan von klassischen Martial Arts
Epen bin, hatte ich mich bei House of Flying Daggers auf opulent bebilderte
Langeweile eingestellt, aber ich wurde äußert positiv überrascht.
Die
Gesetzeshüter Leo (Andy Lau) und Jin (Takeshi Kaneshiro) erfahren, das die neue
Tänzerin im örtlichen Edelbordell Mitglied im Haus der fliegenden Dolche,
einer stetig wachsenden Rebellengruppe sein soll. Die blinde Schönheit Mei
(Zhang Ziyi) könnte sogar die Tochter des kurz zuvor verstorbenen Anführers
der Rebellen sein. Anstatt sie sofort bei der Regierung abzuliefern, schmieden
die Beiden einen Plan, der ihnen eine weit höhere Belohnung sichern soll. Jin
rettet Mei aus ihrer Zelle und gibt vor sich den Flying Daggers anschließen zu
wollen um so das Versteck der Gruppe zu entdecken. Doch natürlich gestaltet
sich dieser Plan nicht so einfach wie gewünscht. Bald muss Jin feststellen,
dass sie nicht nur zum Schein von Leo und seinen Soldaten angegriffen sondern
auch von Regierungstruppen verfolgt werden.
Man könnte die Handlung auch in weniger Worten treffender zusammenfassen: Liebe, Ehre, Verrat, Eifersucht und Tod! Im Gegensatz zum verschachtelten "Hero" erzählt "House of flying Daggers" eine zumindest auf den ersten Blick eher einfache und geradlinige Geschichte der großen Gefühle. Doch gerade das stellt sich als einer der großen Pluspunkte heraus. Schon "Hero" konnte einige unglaubliche Kampfszenen und Bild-/ Farbkompositionen bieten und wusste mit seiner komplexen Erzählweise zu gefallen. Dieses so erfolgreiche Vorbild hatte mich aber mit seinen (zumindest für meinen Geschmack) überlangen Flugeinlagen und etwas ziellosen bis undramatischen Zweikämpfen nur selten fesseln können. Das Geflecht der verschiedenen Wahrheiten war zweifelsohne interessant zu betrachten, aber letztlich bremsten diese ständig neuen Sichtweisen auch erheblich das Erzähltempo und verhinderten das Aufkommen echter Hochspannung oder ein mitfühlen mit den Charakteren. So war Hero für mich nicht viel mehr als ein aufwendig und einfallsreich arrangiertes optisches Feuerwerk, das sehr nett zu betrachten ist, aber nur bedingt zu begeistern vermag und kaum Nachwirkung erzielt.
Flying
Daggers hingegen konnte mich bis auf einen winzigen Durchhänger vorm Showdown
durchgehend fesseln und sogar in zahlreichen Szenen wahrhaftig zum Staunen
bringen. In vielen der positiven Reviews zu diesem Film wird man Phrasen finden
wie: Pure Kinomagie, traumhaft schöne Bilder und atemberaubend choreographierte
Kampfszenen… doch in diesem Fall sind das keine Phrasen.
Der Kampf im Bambuswald oder der blutige Showdown in weiter
Schneelandschaft kann wohl nur beinharte Gegner von asiatischer Filmkunst oder
Zyniker, die Herr der Ringe als seelenlose Effektorgie abtun, kalt lassen. Jeder
andere Filmliebhaber sollte dabei vor dem Regisseur im Geiste auf die Knie
sinken wie es Mike Meyers als Wayne vor einem seiner Rockgötter getan hätte.
Szenen wie diese sind es, die dafür sorgen, dass die Zuschauer auch noch in die
Kinos strömen würden, selbst wenn die Internettauschbörsen einen Film in
Minutenschnelle frei Haus liefern. Dafür ist die heimische Flimmerkiste zu
klein…dafür wurden die großen Leinwände gemacht…das ist zeitloses ..großes
Kino. Ok…ja….packt die Backsteine wieder ein... der Rezensent weiß, dass es
jetzt zu pathetisch wurde *gg*. Nur ist es in der heutigen von einfalls- und
herzlosen Fortsetzungen und Remakes dominierten Filmlandschaft so verdammt
selten geworden, das es ein Film schafft mir etwas Einzigartiges zu präsentieren
und dauerhaft Bilder im Gedächtnis hinterlässt. Da
sei ein kurzes Versinken in Lobhudelei gestattet. Nur noch kurz dies: Wer das Glück
hat, das die Dolche in seinem örtlichen Kino fliegen, sollte diese Chance
nutzen. Wie bei Herr der Ringe kann man es nur dort mit voller Wirkung erleben.
Das
House of flying Daggers so gut funktioniert, wäre ohne eine starke Besetzung
der 3 Hauptfiguren nicht möglich gewesen. Da hätten wir auf der einen Seite
Takeshi Kaneshiro als scheinbar sorglosen Schönling und Lebemann, auf der
anderen Seite Andy Lau als scheinbar berechnender und obrigkeitshöriger
Gegenpart und in der Mitte Zhang Ziyi als zerbrechlich erscheinendes, den Beschützerinstinkt
weckendes Objekt der Begierden. Ich wiederhole das Wort scheinbar,
um subtil wie ein Elefantenfuß im Ameisenarsch darauf hinzuweisen, das die
Geschichte dann doch nicht so einfach gestrickt ist wie es in der ersten Hälfte
den Anschein macht. Das Darstellertrio versteht es großartig dem Zuschauer die
Entwicklungen ihrer Figuren glaubhaft zu vermitteln. Der vielbeschäftigte
Hongkong Superstar Andy Lau (Infernal Affairs, Running out of Time) konnte mich
allerdings noch deutlicher überzeugen als Kaneshiro, den ich vorher nur aus dem
unterhaltsamen Sci-Fi Trash "Returner" kannte. Dies führte bei mir zu
einem minimalen Eintreten des Koyotenfaktors und stellt neben einer nur
angedeuteten großen Schlacht praktisch den einzigen kleinen Schwachpunkt dar.
Wie nicht anders zu erwarten, stehen aber Beide im Schatten von Zhang Ziyi. Nun
mag das eine sehr subjektive Betrachtung sein und unsachlich klingen, aber mit
ihren anmutigen, ballettreifen Bewegungen trägt diese zierliche Schönheit
einen nicht geringen Teil zum Zauber dieses Films bei. Man denke nur an ihren
*Tanz* beim Echospiel oder die erotische (fernab von pubertär verschwitzten
Enterprise-Einlagen )
Szene am See. Wenn US-Darstellerinnen, die in Musicals passabel tanzen und
selber singen praktisch einen Blankoscheck für eine Oscarnominierung erhalten,
dürfte an Zhang Ziyi eigentlich kein Weg vorbeiführen, denn auch mimisch
agiert sie auf höchstem Niveau.
House of flying Daggers war für einen Nicht-US Film
ausgesprochen teuer…etwas was man in den Kostümen und allgemein der Ausstattung
auch deutlich erkennt. Die Computereffekte sind allerdings nicht unbedingt auf
dem neuesten Stand der Technik und man erkennt so das ein oder andere Mal wie
z.B. die unnatürliche Flugbahn der Dolche zu Stande kam. Im Gegensatz zu
CGI-Spektakeln wie "Van Helsing" wirkt es in diesem Fall aber nicht
billig oder zerstört gar die Illusion…es passt irgendwie zum altmodischen
Charme und verstärkt eher noch den Eindruck hier ein liebenswert naives
Meisterwerk zu sehen, wie es das kalkulierende Hollywoodkino heute nur noch in
wenigen Ausnahmefällen wie der Herr der Ringe Trilogie zu Stande bekommt.
Wertung: (9/10)
Verfasser: evildead
Titelbild und Filmausschnitte © 2004 Constantin Film