Lost in Translation
USA 2003, 102
Minuten
Regie: Sofia
Coppola
Zu diesem Film sind 2 Reviews vorhanden:
Zum Review von evildead (Wertung: )
Zum Review von cornholio (Wertung: )
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Selten
war der Begriff Kritikerliebling so angebracht wie bei Lost in Translation. Kaum
eine Preisverleihung 2003 in der er nicht zumindest nominiert war. Sogar auf
ihren ersten Oscar darf sich Regisseurin Sofia Coppola noch Hoffnungen machen.
Ob es sich hier nur um einen Hype handelt oder wahrhaftig ein Meisterwerk
vorliegt..?
Lost
in Translation ist eine Geschichte über 2 an sich grundverschiedene Menschen,
die in der surrealen und fremden Atmosphären eines japanischen Hotels einen
Seelenverwandten finden. Der alternde Schauspieler Bob Harris, weilt im Land des
Lächelns um Werbespots für Produkte zu drehen von denen er noch nie etwas hörte.
Allein dadurch könnte ein Ex-Star schon ins Grübeln kommen, wenn er sich mit
solchen Auftritten herumplagen muss, anstatt auf der Leinwand oder der Theaterbühne
zu stehen. Aber Bobs normales Leben ist ebenso geprägt von Sinnlosigkeit und
Einsamkeit…durch seine ständigen Reisen ist seine Frau ihm vollkommen
entfremdet und die einzigen Dialoge mit ihr beziehen sich auf solch
lebenswichtige Sachen wie die Farbe der Tapeten. Die junge und frisch
verheiratete Charlotte, die ihren Mann bei einer Fotoproduktion begleitet,
hingegen ist noch nicht verbittert…sie sucht vielmehr nach einem Sinn und grübelt
darüber was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Eher zufällig entwickelt sich
zwischen Bob und Charlotte eine enge Freundschaft. 2 Menschen, die sich auf
Anhieb und ohne viele Worte verstehen, schnell mehr als Freundschaft für
einander empfinden, sich gegenseitig Halt geben…. und an sich gut zusammen
passen würden. Aber beide wissen, das diese schwelende Romanze von Anfang an
zum scheitern verurteilt ist.
Lost in Translation war wieder ein Film, der in mir sehr zwiespältige Gefühle weckte. Einerseits kann ich den Lobeshymnen in einigen Punkten durchaus zustimmen. Bill Murrays Leistung ist wirklich über jeden Zweifel erhaben. Er schafft es perfekt eine Balance zwischen leisem Zynismus und schleichender Depression (meinetwegen auch Midlife Crisis) glaubhaft darzustellen…umso bemerkenswerter, wenn man ihn vor allem aus seinen lauten, zwar witzigen aber alles andere als subtilen Komödien der 80-er kennt. Ein bisschen erinnert mich seine Darbietung an die Komödienauftritte von Jack Nicholson in denen dieser es allein durch seine Präsenz und sein Spiel schafft einen nicht unbedingt außergewöhnlichen Stoff zu etwas Besonderem zu machen. Mit einem weniger überzeugenden Darsteller wäre dieser Film höchstwahrscheinlich weitgehend unbeachtet geblieben. Scarlett Johansson spielt zwar auf ähnlich hohem Niveau, was aber aufgrund der undankbareren, weil schon oft gesehenen Rolle weniger beeindrucken kann.
Die Inszenierung ist angenehm unspektakulär
und zurückhaltend. Nie auf einen plumpen Lacher oder einen melodramatischen
Moment aus…aber vielleicht gerade aufgrund dieser Zurückhaltung und der aus
der Entfernung beobachtenden Rolle der Kamera bekommt man keinen echten Zugang
zu den Figuren. Man kann nicht mit ihnen mitleiden oder hoffen, dass alles zu
einem guten Ende kommt. Es plätschert halt alles vor sich hin…realistisch?
...vielleicht…schön anzusehen?...Sicher! aber genau so sicher bleibt einem
diese Story nicht über Jahre im Gedächtnis haften. In diesen Punkten fühlte
ich mich sehr an *the Royal Tenenbaums* erinnert, der einen ähnlich zwiespältigen
Eindruck bei mir hinterließ.
Wertung: (8/10)
Verfasser: evildead
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Grundsätzlich stehe ich Tragikomödien, aufgrund meiner schlechten Erfahrungen mit diesem Genre, eher skeptisch gegenüber. Allzu oft kommt es vor, dass der Film weder tragisch noch komisch genug ist, um mich wirklich unterhalten zu können und mich zu überzeugen. Interessanterweise trifft diese Kritik teilweise auch auf "Lost in Translation" zu. Um so erstaunlicher, dass er mir trotzdem sehr gut gefallen hat...
Wie in der Einleitung schon angesprochen, ist "Lost in Translation" ein sehr ruhiger Streifen, soll heißen: Er hat weder viel Humor noch ein großes Drama zu bieten. Diese vermeintliche Schwäche bedeutet jedoch auch, dass es der Film vermeidet, in prallen Klamauk oder übertriebene Melodramatik zu verfallen, und somit sehr realistisch bleibt. Man hat eigentlich keine Sekunde das Gefühl, hier einen Film und somit Schauspieler bei der Arbeit zu betrachten, und eben dadurch, dass das Geschehen und die Figuren so realistisch geworden sind, kann man mit den Charakteren mitfühlen und sich in sie hineinversetzen. Dies ist wohl einerseits der Verdienst des Drehbuches und von Regisseurin Sophia Coppola, ist aber andererseits natürlich auch den grandiosen Darstellern zu verdanken. Bill Murray vermag als Schauspieler am absteigenden Ast, dessen Verlorenheit ihn an den Rand einer Depression führt, wirklich zu überzeugen.
Doch so toll Murray's Performance auch ist, die außergewöhnlichere, bemerkenswertere und denkwürdigere Leistung des Films erbringt seine Kollegin Scarlett Johannson. Es ist richtig, dass ihre Rolle nicht gerade die Neueste in der Geschichte des Films ist, dennoch drückt sie der schon so oft gesehenen Figur durch ihre Performance ihren persönlichen Stempel auf. Ihre Leistung wirkt wohl nur deshalb so unscheinbar, da sie so gelungen ist. Sie bringt eine derartige Subtilität, eine Leichtigkeit und vor allem Natürlichkeit in die Rolle ein, die wirklich hervorsticht... dass es dafür keine Oscar-Nominierung gab, ist wahrlich ein Hohn.
Was mir an "Lost in Translation" so besonders gut gefallen hat, ist, dass das fremde Umfeld der japanischen Großstadt nicht der eigentliche Grund für die Verlorenheit ist, die unsere beiden Protagonisten empfinden, sondern ihnen ihre eigene Verlorenheit nur deutlicher vor Augen führt. Charlotte steht noch ziemlich am Beginn ihres Lebens, und weiß einfach nicht, was sie mit diesem anfangen soll. Bob wiederum beginnt zu erkennen, dass er sich den letzten Jahren seines Lebens nähert, und ertappt sich dabei, wie er auf dieses zurückblickt, wie er über seine aktuelle Lebenssituation und über mögliche Zukunftsperspektiven nachdenkt, und dabei erkennen muss, dass er damit nicht unbedingt glücklich ist. Das Gefühl der Isolation wird also nicht von ihrem ungewohnten Umfeld ausgelöst, sondern nur verstärkt, und eben dadurch erkennen sie erst, wie verloren sie sich in ihrem Leben fühlen. Die fremde Umgebung Tokios ist also, obwohl sie das Gefühl der Isolation der beiden verstärkt, nicht per se etwas schlechtes, sondern hat eigentlich eine heilende Wirkung. Denn dadurch, dass die beiden ihre Verlorenheit erkennen und in dieser zueinander finden, setzt eine Art Heilungsprozess ein, und die beiden können nach dieser gemeinsam verbrachten Woche ihr Leben wieder weiterleben...
Bei allem Lob für die hervorragenden schauspielerischen Leistungen und die ruhige und stilvolle Inszenierung muss jedoch auch klar gesagt werden, dass "Lost in Translation" wahrlich nicht das absolute Meisterwerk ist, für dass es teilweise hingestellt wird. So muss man doch anmerken, dass der tragischere Teil des Films deutlich besser gelungen ist als die komödiantischen Aspekte, denn leider gab es für mich kaum einen Gag, der richtig gezündet hat. Der absoluter Tiefpunkt in dieser Hinsicht war wohl der Besuch der "Zieh an meinem Strumpf"-Dame. Merke: "Skurril" muss nicht unbedingt zugleich auch "komisch" bedeuten, im Gegenteil, vorliegende Szene wirkte leider ziemlich witzlos und dumm. Die 2. größte Schwäche des Films sind die Klischees, die zwar recht selten vertreten sind, aufgrund des ansonsten vorherrschenden Realismus aber dafür leider gleich um so störender auffallen. So kann ich mittlerweile beim besten Willen keine "beim Betrügen erwischt werden"-Szene mehr sehen, und auch wenn die betreffende Szene in LiT nicht 100%ig in diese Kategorie fällt (sind doch Bob und Charlotte nicht direkt ein Paar), reicht es für mich, um den Film doch ein wenig abzuwerten. Nun mal ehrlich, war das WIRKLICH nötig? Da musste unbedingt noch kurz vor dem Ende des Films zwanghaft ein Konflikt zwischen den beiden Protagonisten herbeigeführt werden, und zu unserem Leidwesen ist den Machern da nichts besseres eingefallen als dieser 08/15-Schmäh. Da mag die Behandlung dieses Fehltrittes noch so sehr von der Herangehensweise in Standardproduktionen abweichen, sich auf dieses Stilmittel zu berufen, zeugt nicht gerade von großem Einfallsreichtum.
Auch beim Ende verschont man uns nicht mit dem typischsten der "tragische Liebesgeschichte"-Klischees: Zuerst ein eher formeller Abschied, dann überkommen Bob auf einmal die Gefühle, er rennt ihr quasi in letzter Sekunde nach, und sie gönnen sich eine etwas innigere Verabschiedung. Allerdings, so sehr ich Klischees auch nicht ausstehen kann, muss ich Fairerweise klar stellen, dass ein solches Ende wohl auch noch nie so gelungen, so stilvoll und realistisch in Szene gesetzt wurde wie hier. Und so bleibt einem die Frage, warum sich die beiden nicht gleich auf diese Art und Weise verabschieden konnten und man uns unbedingt noch mit dieser 08/15-Nummer bedenken musste, eigentlich nicht wirklich negativ in Erinnerung. Dafür ist das bittersüße Ende zu passend und wundervoll...
Fazit: "Lost in Translation" ist ein Film, zu dem einem zuallererst das Prädikat "Schön" einfällt. Es ist ein wundervoller, ruhiger, stilvoller und stiller Streifen, der es dennoch schafft, den Zuschauer zu begeistern - eine Kombination, die heutzutage leider nur mehr sehr selten gelingt. Doch bei aller Freude über diesen Film... perfekt ist er wahrlich nicht, denn teilweise haben sich doch ein paar Längen eingeschlichen, der Humor bleibt etwas auf der Strecke, und auch das eine oder andere Klischee konnte sich Coppola leider nicht verkneifen. Im Hinblick auf die Oscarverleihung kann ich nur meinen Vorredner zitieren: "Ein Film auf den man wohlwollend zurückblicken kann, aber kein Film der es verdient einem epochalen Meisterwerk wie Herr der Ringe einen Oscar wegzuschnappen." Besser könnte ich es auch nicht ausdrücken...
Wertung: (8/10)
Verfasser: cornholio
Titelbild und Filmausschnitt © 2003 Constantin Film