Master and Commander - Bis ans Ende der Welt

(Master and Commander: The Far Side of the World)

USA 2003, 138 Min.

Regie: Peter Weir

Bei "Master and Commander" rächt es sich, dass ich die Romanvorlage von Patrick O'Brien nicht kenne. So kann ich nämlich leider nicht beurteilen, ob die teilweise arg substanzlose und nicht wirklich überzeugende Handlung Peter Weir's und John Collee's Script zuzuschreiben ist, oder ob sie nur die Schwächen des Romans übernommen haben...

Jack Aubrey (Russell Crowe), Kapitän des britischen Kriegsschiffs "HMS Surprise", hat den Auftrag erhalten, den Stolz der französischen Flotte, die Acheron, zu zerstören, oder noch besser, zu erobern. Ein erstes Zusammentreffen der beiden Schiffe geht für Aubrey und seine Crew aber alles andere als gut aus, lediglich der dichte Nebel, in den er sich zurückziehen kann, verhindert eine völlige Niederlage. Die Acheron ist schneller, verfügt über einen besser gepanzerten Rumpf, hat doppelt so viele Kanonen... alles in allem keine rosige Ausgangslage für "Lucky" Jack. Nachdem man durch List und Tücke ein weiteres mal knapp entkommen ist und eine Verfolgungsjagd im Sturm die Surprise fast vernichtet hätte, drängt ihn sein Freund Stephen Maturin (Paul Bettany), der Bordarzt, aufzugeben und nach Hause zurückzukehren. Doch Aubrey ist nicht daran gewöhnt, zu verlieren, und so kommt es vor der Insel Galapagos schließlich zum alles entscheidenden Kampf...

Achtung, es befinden sich ein paar Spoiler in diesem Review. Nichts weltbewegendes zwar, wer es aber ablehnt, auch nur die kleinste Kleinigkeit über die Handlung eines Films zu erfahren, bevor er ihn gesehen hat, sollte in diesem Fall eventuell lieber bis zu dieser Stelle vorspringen...

Man kann an "Master und Commander" viel kritisieren, aber der Einstieg ist wirklich phantastisch gelungen. Ein paar Texteinblendungen klären den Zuschauer über die wichtigsten Hintergründe zum Geschehen auf und sorgen so dafür, dass man mit der Geschichte soweit vertraut ist. Die ersten Bilder der Surprise im Nebel sorgen sogleich für ein Gefühl der Anspannung. Danach folgt sogleich das absolute Highlight des Films: Der Kampf der beiden Schiffe im dicken Nebel: Spannend, perfekt inszeniert, absolut packend und wirklich phänomenal. Wenn der Rest des Films auch nur halbwegs die Klasse dieser ersten Minuten erreichen würde...

Nachdem sich die Surprise schwer geschlagen in den Nebel zurückziehen konnte, lässt es Weir ein bisschen langsamer angehen. Er stellt uns die Charaktere vor, gibt weitere Hintergrundinformationen über den Krieg etc. Da das ganze einerseits sehr interessant und gut inszeniert, und andererseits auch wohl dosiert ist, weiß auch dieser Teil zu gefallen. Vor allem die Geschichte rund um den kleinen Junge, der bei dem Angriff seinen rechten Arm verloren hat, ist wirklich berührend und sehr gut gelungen. Doch nachdem Aubrey im Kampf der beiden Schiffe nach einem (wirklich gelungenen) Geniestreich schließlich das erste Mal die Oberhand gewinnt, verliert der Film leider langsam aber sicher den Wind aus den Segeln. Zuerst muss man mit Ansehen, wie Aubrey im "Captain Ahab"-Modus das Schiff in einen Sturm führt, völlig besessen von dem Gedanken, die Acheron zu stellen, und ohne auch nur einen Gedanken an die Sicherheit seiner Crew zu verschwenden. So kommt es schließlich auch, wie es kommen muss: Er mutet seinem Schiff einfach zu viel zu, man verliert den Hauptmast, das über Bord gegangene Besatzungsmitglied muss zurückgelassen werden... und langsam aber sicher beginnt der Zuschauer, seine Sympathie für Aubrey zu verlieren. Nicht wegen der Entscheidung, das Crewmitglied zu opfern und dafür sein Schiff und seine restliche Besatzung zu retten, sondern weil er nicht schon viel früher aufgegeben hat. Man kann seine Besessenheit einfach nicht nachvollziehen, weshalb er wie ein rücksichtsloser Ehrgeizler wirkt, der es einfach nicht ertragen kann, zu verlieren...

Der Nächste, der sich ziemlich irrational verhält, ist der Doktor. Da verspricht ihm der gute Jack, er könne Flora und Fauna der Galapagos-Insel studieren, und dann hält der Captain sein Versprechen nicht ein, bloß weil er einen Hinweis auf die Acheron erhält! Na wo sind wir denn! Die Wissenschaft muss ja wohl wichtiger sein, als solch ein läppischer Krieg! Ernsthaft: Wenn der gute Aubrey auch ein bisschen besessen sein mag von der Idee, die Acheron zu besiegen, so ändert das nichts an seinem Auftrag. Auch ist es ja nicht so, dass die Insel von einem Tag auf den nächsten wieder verschwinden würde, sich hier also für die Wissenschaft eine einmalige Chance ergeben würde. Warum der gute Stephen hier gar so emotional reagiert, ist für den Zuschauer nicht wirklich nachvollziehbar. 

Doch es kommt noch viel schlimmer: Als die Surprise auf der Jagd nach dem französischen Schiff eine Flaute erwischt, und tagelang auf See gestrandet ist, lässt Aubrey endgültig den rücksichtslosen Tyrannen heraushängen. Jede kleinste Insubordination wird hart bestraft (z.B. durch öffentliches Auspeitschen), ein Sinken der Arbeitsmoral nicht geduldet. Auch dies führt wieder zu Konflikten zwischen ihm und dem Arzt, und diesmal ist der Grund für den Streit sehr wohl nachvollziehbar. Tatsache ist, dass Aubrey in dieser halben Stunde, die noch dazu aufgrund der eher gemächlichen Inszenierung quälend langsam vergeht, jedwede Sympathie bei mir verloren hat. Daran konnte auch die plötzliche Läuterung, als der gute Doc versehentlich von einem Besatzungsmitglied angeschossen wird (man mag sich gar nicht vorstellen was mit dem armen Kerl passiert, wenn man schon für einfaches Anrempeln 12 Peitschenhiebe kassiert), nichts mehr retten. Denn leider kam mir dieser Stimmungswechsel viel zu plötzlich und war deshalb für mich nicht nachzuvollziehen. Dadurch konnte er bei mir durch seine Bereitschaft, wieder nach Galapagos zurückzukehren um eine Operation auf festem Boden zu ermöglichen, keine Sympathie mehr zurückgewinnen. 

Nachdem Stephen wieder gesundet ist und seinen Forscherdrang nachgebend auf der anderen Seite der Insel zufällig die "Acheron" erspäht (eine der vielen Unzulänglichkeiten des Drehbuchs), gewinnt der Film langsam wieder an Fahrt. Aubrey arbeitet einen Plan aus, um den Gegner zu überlisten, und schließlich kommt es zum Kampf. Die Schlacht kann durch die brutal-schonungslose Inszenierung durchaus beeindrucken, doch leider verhindert der hektische Schnitt, dass man mitbekommt was eigentlich geschieht und somit mit dem Charakteren auch mitfiebern kann. Alles in allem war also auch diese letzte Schlacht nicht das Highlight, dass ich mir erhofft hatte...

Was gibt es insgesamt zum Film zu sagen? Nun, Russell Crowe liefert eine überraschend zwiespältige Performance ab, die man von ihm so nicht gewohnt ist. In bestimmten Szenen kann er voll und ganz überzeugen, während er an anderer Stelle wiederum wie ein absoluter Laiendarsteller agiert. Eine solch durchwachsene und alles in allem durchschnittliche Performance ist man von ihm eigentlich nicht gewohnt. Dafür kann Paul Bettany mit einer  wieder einmal beeindruckenden Leistung um so mehr überzeugen. Der Rest der Besatzung weiß zu gefallen, ohne sonderlich aufzufallen. Lediglich die Leistung von Max Pirkis (lt. IMDB seine erste Filmrolle!) vermag hervorzustechen. Die Ausstattung ist phänomenal, vor allem die Schiffe können begeistern. Die Effekte sind großartig, hier zeigt WETA den Jungs von ILM wieder mal die Zähne. Die Musik ist relativ unauffällig, die Inszenierung von Peter Weir ist aufgrund der zahlreichen Längen doch ein bisschen durchwachsen. Das größte Problem von "Master and Commander" ist aber zweifelsohne die wenig überzeugende Story. Alles in allem ein Film, der zwar nicht Schiffbruch erleidet, der seine Segel jedoch nur auf Halbmast präsentiert...

Fazit: Abschließend ist festzuhalten, dass die schauspielerischen Leistungen, die Ausstattung, die Effekte und die gute Kameraarbeit von Russell Boyd mehr zu überzeugen wissen als Weir's manchmal etwas holprige und stellenweise lahme Inszenierung sowie die teilweise doch etwas arg substanzlose Handlung. Ein Film, der leider nicht hält, was die großartigen ersten Minuten versprechen...

Wertung:    (6/10)             

 

Verfasser: cornholio

 

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Titelbild und Filmausschnitte © 2003 20th Century Fox