Miami Vice

 

USA 2006, 126 Min.

Regie: Michael Mann

Spätestens seit "Collateral" zählt Michael Mann zum illustren Kreis jener Regisseure, von denen ich einen neuen Film möglichst bald und unbedingt im Kino sehen muss. Und auch wenn seine Neuauflage der 80er-Kultserie nicht ganz an seine Thrillermeisterwerke "Collateral" und "Heat" heranreicht, so hat mich Mann auch diesmal wieder nicht enttäuscht...

Sonny Crockett (Colin Farrell) und Ricardo Tubbs (Jamie Foxx) sind gerade dabei, einen Verbrecher hochgehen zu lassen, da werden sie bei ihrem Einsatz von einem ihrer Informanten unterbrochen. Reumütig gesteht er ihnen, dass er von einer Mafiabande erpresst wurde und deshalb verraten hat, dass es sich beim in Kürze stattfindenden Waffendeal um eine Falle der Polizei handelt. Sonny und Ricardo versuchen noch, die Ermittler rechtzeitig zu warnen - doch sie kommen zu spät. Nun ist die Fährte zu Montoya, einem der großen Mafiabosse, wieder verloren. Doch Crockett und Tubbs überreden ihren Chef dazu, sie die Undercover-Mission wieder aufnehmen zu lassen, und lassen sich in Montoya's Organisation als Waffenschieber einschleusen. Damit beginnt ein gefährliches Katz und Maus-Spiel zwischen Montoya und den Polizisten, dass Crockett und Tubbs schon bald an ihre Grenzen führt...

Bevor ich mit meinem Review beginne halte ich es für wichtig die folgenden 2 Tatsachen festzuhalten - damit ihr wisst, wie ich an den Film herangegangen bin und so meine Meinung besser einschätzen könnt. 1. Zwar habe ich natürlich schon oft von der Serie „Miami Vice“ gehört, sie jedoch nie wirklich verfolgt und war keinesfalls ein Fan - soll heißen, im Gegensatz zu vielen anderen bin ich völlig unbelastet in den Film gegangen. 2. Ich bin ein großer Fan von Michael Mann, insbesondere natürlich seines Inszenierungsstils. „Heat“ und „Collateral“ zählen für mich zu den besten Thrillern aller Zeiten und wurden beide mit einer Wertung von 10/10 bedacht. Mir liegt also seine Inszenierung und auch seine Herangehensweise an Filme bzw. die Handlung sehr. Wenn ihr großer Fan von Miami Vice seid bzw. ward und mit den bisherigen Mann-Filmen nicht viel anfangen konntet, könnte und wird sich eure Meinung wohl deutlich von meiner unterscheiden. Denn wie man es von Mann ja mittlerweile gewohnt ist, liefert er nicht einfach einen müden Abklatsch der Serie ab, sondern verleiht der Kinofassung von „Miami Vice“ einen ganz eigenen Ton und Stil - was insbesondere Fans der Serie vor den Kopf stoßen könnte. Insofern halte ich es besonders wichtig, mit den richtigen Erwartungen in den Film zu gehen - nicht nur, was die Neuinterpretation der Serie betrifft, sondern auch Mann's Inszenierung generell. 

Wie jeder der schon mal einen Film von ihm gesehen hat weiß, ist Mann zwar ein Meister im Inszenieren von Actionszenen, setzt diese jedoch erstaunlich sparsam ein. Im Mittelpunkt seiner Filme stehen immer die Figuren - und Miami Vice bildet hier keine Ausnahme. Ähnlich wie in "Heat" nimmt sich Mann auch hier sehr viel Zeit, damit wir die Figuren und ihre Motive näher kennen lernen. Vor allem die recht ausgedehnte Love Story wird viele Action-Adrenalinjunkies wohl vergrämen - aber für die ist "Miami Vice" ohnehin nicht gemacht. Ich halte jedenfalls sowohl die Charakterszenen als auch die Liebesgeschichte für ungemein wichtig, und möchte keine Sekunde davon missen. Denn erst dadurch, dass man so viel Zeit mit den Figuren verbringt und sie näher kennenlernt, wachsen sie einem ans Herz, weshalb man dann am Ende, wenn Mann die Spannungsschraube ordentlich anzieht, auch wirklich mit ihnen mitfiebert. Denn jetzt sind wir uns doch mal ehrlich: Bei 95 % der Filmen geht es uns am Arsch vorbei, ob unscheinbare Figur A oder uninteressante Klischeeschablone B den Löffel abgeben. Bei Manns Filmen passiert so etwas nicht - da fühlt man im Idealfall sogar mit, wenn's den Bösewicht erwischt. Zudem traut man Mann im Gegensatz zu vielen seiner Regiekollegen einfach alles zu; ja selbst, dass er eine der Hauptfiguren opfern könnte. Eben dadurch, und natürlich dank der großartigen Inszenierung, sind alle Actionszenen auch wirklich nervenzerreißend spannend. Dass die Dosis dieser spannenden Szenen dem einen oder anderen zu gering sein wird, ist eine andere Sache. Mich hat's nicht gestört und vermute sogar, mit den zusätzlichen Szenen (die ja vom Filmverleih leider rausgeschnitten wurden) könnte "Miami Vice" sogar noch auf Heat und Collateral-Niveau kommen - doch das kann wohl erst eine allfällige "Extended"-DVD-Veröffentlichung zeigen. 

Muss ich über die Inszenierung überhaupt noch ein Wort verlieren? Wie von Mann gewohnt befindet sich diese auf höchstem Niveau. Die Geschichte von Miami Vice wird in teils wundervollen, teils wundervoll düsteren Bildern erzählt, und kann immer wieder mit kleineren Innovationen aufwarten - sei es, wie die Kamera Sonny und Ricardo's Wagen verfolgt, oder das Stürmen des Wohnwagens. Mit dem Showdown am Ende setzt(e - denn Alfonso Cuaron hat's in "Children of Men" sogar noch eine Spur beeindruckender gemacht) Mann zudem wieder mal Maßstäbe für das Action- und/oder Thrillerkino: Wenn ein Kameramann von Schütze zu Schütze eilt, wird man unweigerlich an die eingebetteten Journalisten im Irak erinnert. Einfach nur großartig. Doch die Actionszenen sind nicht nur extrem spannend und beeindruckend inszeniert, sondern - ebenfalls typisch Mann - schonungslos brutal. Dies liegt wohl u.a. auch am harten Sound der Pistolenschüsse: Selten bis nie haben diese fieser geklungen als hier. Sehr gelungen auch der Score, der sich zwar weitestgehend im Hintergrund hält, aber immer dann, wenn es sein muss, genau für die richtige Stimmung sorgt. Vor allem das immer wieder eingesetzte Main Theme - so einfach es eigentlich auch ist - hat mir sehr gut gefallen. Auch das Casting ist in meinen Augen über jeden Zweifel erhaben. Colin Farrell und Jamie Foxx können vor allem in ihren gemeinsamen Szenen voll und ganz überzeugen, und auch die Nebenrollen sind mit einigen guten Schauspielern und bekannten Gesichtern (aber eben keinen "Stars") besetzt, wie Naomie Harris, Barry Shabaka Henley und John Hawkes. Richtige Schwächen gibt es eigentlich keine. Der Mittelteil hätte zwar meines Erachtens noch eine weitere Actionszene vertragen können, um die zu diesem Zeitpunkt von der Lovestory dominierten Handlung ein wenig aufzulockern, doch das sind wirklich schon Erbsenzählereien...

Fazit: Zugegeben, an seine Genremeisterwerke "Heat" und "Collateral" konnte Michael Mann  mit "Miami Vice" nicht ganz anschließen - trotzdem ist ihm ein toller Thriller gelungen, der großes Kino bietet. Während die Inszenierung über jeden Zweifel erhaben ist, dürfte aber die sehr charakterbezogene Handlung wohl insbesondere im Mittelteil für einige etwas zu langsam voranschreiten. Und Fans der Serie müssen sich vor der Sichtung des Films darüber bewusst sein, dass sie es hier weniger mit einem Remake als mit einer fast vollständigen Neuinterpretation zu tun haben, die sich insbesondere in Stil und Ton stark vom Vorbild unterscheidet. Falls man die Erwartungshaltung dahingehend anpasst, sollte einem gelungenen Thrillerabend aber eigentlich nichts mehr im Weg stehen...

Wertung:    (8/10)             

 

Verfasser: cornholio

 

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