Million Dollar Baby

USA 2004, 137 Min.

Regie: Clint Eastwood

Ich muss gestehen, dass ich mich wirklich gefragt habe, was "Million Dollar Baby" bei den Nominierten zum besten Film des Jahres macht - klingt die Inhaltsangabe rund um eine aufstrebende Boxerin doch sehr nach einem 08/15-Sportlerdrama. Nun, allen die ähnlich denken sollten kann ich nur dringend empfehlen: Schaut ihn euch an und seht selbst...

Maggie Fitzgeralds (Hilary Swank) großer Traum ist es, Profi-Boxerin zu werden. Mit allen Mitteln versucht sie den Trainer Frankie Dunn (Clint Eastwood) davon zu überzeugen, sie unter seine Fittiche zu nehmen und sie zum Titel zu führen. Doch dieser lehnt es kategorisch ab, eine Frau zu trainieren, außerdem sei sie mit ihren 30 Jahren ohnehin schon zu alt. Nichtsdestotrotz besorgt sich Maggie eine Halbjahreskarte für das Fitnessstudio in dem auch Frankie seine Schützlinge trainiert. Der Inhaber des Studios, Eddie Dupris (Morgan Freeman) ist sobald von ihrer Hartnäckigkeit und Einsatzbereitschaft beeindruckt und zeigt ihr ein paar Tipps. Als schließlich Frankie's bestes Pferd im Stall zu einem anderen Manager wechselt und sich unter dessen Führung den Titel holt, beginnt dieser seine Meinung bezüglich Maggie zu überdenken und willigt schließlich ein, sie zu trainieren. Maggie erweist sich als äußerst fähige Boxerin und ist in ihren ersten Probekämpfen den Gegnerinnen haushoch überlegen. Nach einigen weiteren Kämpfen ist es schließlich soweit, und Maggie steht ihr erster Titelkampf bevor... 

Um meine Meinung zu diesem Film abzugeben, werde ich leider wieder in Spoiler-Territorium vordringen müssen. Allen, die diesen Film noch nicht gesehen haben, empfehle ich dringend, bis zu diesem Punkt in meinem Review vorzuspringen. Damit aber auch wirklich niemand aus Versehen über den großen Clou in "Million Dollar Baby" stolpern kann, habe ich zur Sicherheit auch im Spoiler-Absatz wichtige Passagen schwarz eingefärbt.

Wenn man so wie ich unvorbereitet in diesen Film geht und nur ein weiteres Sportlerdrama nach dem Standardschema erwartet, dann wird man von der Wendung ca. eine halbe Stunde vor Ende des Films so kalt erwischt wie ein Boxer, der die harte Rechte seines Gegners nicht kommen sieht und im wahrten Sinne des Wortes umgehauen wird. Zwar hat mir der Film auch bis zu diesem Zeitpunkt schon gut gefallen, doch wenn man nicht am Ende die höchst umstrittene Thematik der Sterbehilfe angesprochen hätte, wäre "Million Dollar Baby" für mich "nur" auf einer Stufe mit dem Rest der Oscar-Kandidaten... denn dann hätte einfach aufgrund der bis dahin doch etwas klischee- und formelhaften Handlung der letzte Tick gefehlt. So jedoch würzt Eastwood seine nächste Regiearbeit mit einer höchst unerwarteten Wendung... denn nun mal ehrlich, dass gerade der ansonsten als eher konservativ geltende Eastwood diese Problematik aufgreift, damit hätte doch wohl nun wirklich niemand gerechnet, und ist ein sehr mutiger Schritt, ist doch das Thema "Sterbehilfe" in den USA mindestens so umstritten wie Abtreibungen. Kein Wunder also, dass sich einige konservative Amis angesichts dieses "Verrats" von Eastwood auf den Schlips getreten fühlten - vor allem, da Eastwood nicht nur die Thematik an sich anschneidet, sondern in diesem Film sogar noch ein äußerst unterstützendes und positives Statement abgibt, in dem er die eigentliche Tat richtiggehend als Erlösung darstellt. Und das, obwohl im Film nur wenige Minuten später ein Priester dem verzweifelten Dunn klar macht, dass er nicht einmal daran denken darf, Maggie diesen letzten Wunsch zu erfüllen. Dass er es dann doch tut und dies auf höchst berührende, ja fast sympathische Weise inszeniert wurde, kommt fast einer Kriegserklärung gegenüber der Kirche und einigen konservativen Bewegungen gleich... Mir hat jedenfalls diese Message sehr gut gefallen, auch wenn ich selbst mir nicht 100%ig sicher bin, wie ich zu diesem Thema stehe.

Doch auch von der überraschenden Wendung und der damit einhergehenden Message abgesehen hat der Film viel zu bieten. Ganz besonders sticht dabei die wirklich sensationelle Performance von Hillary Swank hervor, für die sie sich wirklich einen weiteren Oscar verdient hätte. Bereits ihre Verwandlung zu dieser verbitterten und zielstrebigen, ja teilweise sogar verbisseneren jungen Frau, die unbedingt Profi-Boxerin werden will, ist wirklich beachtlich, wird aber sogar noch von ihrer Darstellung am Ende des Films übertroffen - was wohl vor allem am starken Kontrast liegt. Zuerst so energiegeladen und durchaus lebensfreudig, und danach... (aber halt, ich bin ja im spoilerfreien Bereich des Reviews ). Wie es sich für eine gute Schauspielerin und eine oscar-würdige Performance gehört, vergisst man den Film über völlig, hier eine Darstellerin bei der Arbeit zu betrachten, sie verschmelzt völlig mit ihrer Rolle und liefert in jeder Sekunde eine phantastische, da so authentische und glaubhafte, Leistung ab. Nicht ganz nachvollziehen kann ich hingegen das Lob, mit dem Freeman für seine Rolle in "Million Dollar Baby" überhäuft wird. Zwar hat auch er eine gute und ansprechende Performance abgeliefert, wirklich überragend fand ich seine Leistung jedoch nicht. Gleiches gilt für Eastwood. "Frankie Dunn" ist zwar ohne jeden Zweifel die bisher beste Leistung seiner bisherigen Schauspielkarriere, doch von der Szene in der Kirche mal abgesehen wandelt er eigentlich die ganze Zeit mit dem gleichen Gesichtsausdruck durch den Film - von Mimik ist da nicht viel zu bemerken. Dazu fand ich ihn noch just in der Szene in der Kirche nicht unbedingt 100%ig überzeugend. Nichtsdestotrotz ist ihm die Rolle des Rauhbeins mit weichem Kern natürlich auf dem Leib geschneidert, und seine Performance ist in keinem Augenblick richtig schlecht, so dass es dem Film schaden würde. Aber ich frage mich einfach, was ein Schauspielgott wie DeNiro oder Pacino aus dieser Rolle herausholen hätte können. 

Uneingeschränktes Lob gebührt Clint Eastwood jedoch für seine musikalische Untermalung des Films. Sehr ruhig, ja fast minimalistisch führt er durch den Film, wobei er einzelnen Musikinstrumenten (wie einem Klavier) den Vorzug vor einem groß angelegten Orchester gibt. Von packend-energiegeladen in den Boxkämpfen, bis traurig-melanchloisch am Ende des Films, unterstützt die Musik die Emotionen der jeweiligen Szene perfekt, ohne zu viel Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken. Ein Soundtrack, den man sich gut und gerne auch einfach mal so zum entspannen in den CD-Spieler legen kann. Ähnlich unauffällig: Die Inszenierung, wobei mir diese schon fast einen Tick zu brav und gewöhnlich war. Wo ein Scorsese mit schönen Bildern, langen Einstellungen etc. beeindrucken kann, war die Inszenierung von "Million Dollar Baby" zwar durchaus stilvoll und angenehm ruhig, aber leider auch etwas durchschnittlich. Hier hätte Eastwood also meines Erachtens doch etwas mehr herausholen können - wenn man auch klar sagen muss, dass sich gerade in den ruhigeren Szenen der minimalistische Regiestil absolut auszahlt, da Eastwood es dadurch vermeidet, in übertrieben tränendrückenden Kitsch zu verfallen. 

Neben der bereits hochgelobten Haupthandlung konnten mir auch die zahlreichen Nebenhandlungen gefallen, wie z.B. im Dunn's Tochter, die all seine Briefe ungeöffnet zurückschicken lässt. Ebenfalls toll fand ich die Story um "Danger", der einfach ein lieber Loser ist, den nur die unerfüllbare Hoffnung am Leben hält, da er sonst nichts hat, woran er sich erfreuen könnte. Auch Freeman's Charakter wurde dadurch, wie er auf diesen Kerl reagiert und trotz allem zu ihm hält und ihn unterstützt, aufgewertet und noch einen Tick sympathischer gemacht. Ebenfalls sehr berührend und teilweise richtiggehend erschütternd fand ich die Geschichte rund um Maggie's Familie, die sich mit ihrem Lebensstil überhaupt nicht anfreunden können und sie als das schwarze Schaf der Familie zu betrachten scheinen. Ganz egal was Maggie tut und wie erfolgreich sie ist, sie scheint es insbesondere ihrer Mutter einfach nicht recht machen zu können. Um so grausamer wirkt dann die Reaktion der Familie nach Maggie's großen Kampf. Man empfindet für diese Menschen einfach nur mehr Verachtung und ist froh, als Maggie sich durchsetzt und sie wegschickt. Überhaupt ist es wohl eine der größten Stärken des Films, dass es Eastwood zu jedem Zeitpunkt gelingt, genau jene Emotionen beim Zuschauer zu wecken, die er wohl auch wecken wollte, egal ob Hass, Verachtung, Hoffnung, Anspannung oder auch Trauer und Verzweiflung. Komplettiert wird dieses durchaus anspruchsvolle und höchst empfehlenswerte Werk dann schließlich durch ein unheimlich berührendes und perfektes Ende...

Fazit: Von jenen Filmen, die am 27. Februar ins Rennen um den Oscar für den besten Film gehen, ist "Million Dollar Baby" für mich eindeutig der beste. Ein sehr bewegender, mitreißender und emotionaler Film, bei dem die Boxgeschichte eigentlich nur als Metapher für Leben, Träume, Hoffnung und Verzweiflung steht, getragen von einer überragenden Leistung der Hauptdarstellerin, sehr realistischen und echt wirkenden Figuren und einer interessanten und berührenden Handlung. Und auch wenn ich dem Film noch die Höchstwertung und damit den Titel "Meisterwerk" vorenthalte, schließe ich nicht aus, dass sich der Film diesen Status spätestens beim nächsten Ansehen erwerben wird. Review-Center-Prädikat: Absolut empfehlenswert...

Wertung:    (9/10)             

 

Verfasser: cornholio

 

Zurück zur Übersicht

Weitere Infos zum Film

Zur Hauptseite

 

Titelbild und Filmausschnitte © 2004 Warner Bros.