My Sassy Girl
(Yeopgijeogin
geunyeo)
Südkorea 2001, 137 Minuten (Directors Cut), 122 (Kinoversion)
Regie: Kwak
Jae-Young
Das
aus Asien gute Horror-, Action- oder Martial Arts-Filme kommen, ist seit längerem
bekannt, aber das ich einmal eine derart wunderbare Komödie aus dem fernen
Osten zu Gesicht bekommen würde, hätte ich nicht für möglich gehalten.
Abseits von albernem Jackie Chan Humor und im Grunde abseits von jeglichen
Vergleichen zeigt dieser südkoreanische Film das Liebeskomödien weder kitschig
noch pubertär geschmacklos sein müssen. Ein US-Remake ist wie so oft in
Planung…erscheint mir aber gerade in diesem Fall überflüssig wie….wie
…Ben Afflecks Existenz auf Erden…, denn im Gegensatz zu vielen anderen
asiatischen Filmen, die vor allem im darstellerischen Bereich oft verbesserungswürdig
scheinen, ist My Sassy Girl ein Film wie man ihn kaum hätte besser machen können.
Als
der Student Gyeon Woo eines Abends eine ebenso schöne wie betrunkene Unbekannte
vor einer heranfahrenden U-Bahn rettet, hätte er sich nicht träumen lassen
welch turbulente Züge sein Leben von nun an annehmen sollte. Zuerst landet er
wegen einem Missverständnis im Gefängnis und am nächsten Tag erklärt das Mädchen
(den Namen erfährt der Zuschauer nicht) sich zu seiner Freundin... platonisch
natürlich. Obwohl sich diese Freundschaft als sehr anstrengend herausstellt
(sie hat die Angewohnheit ungefragt jedem und jederzeit ihre Meinung ins Gesicht
zu sagen und schreckt auch vor körperlicher Gewalt nicht zurück …die
Fausthiebe, die der Hauptdarsteller einstecken muss, sind ungezählt), fasst
Gyeon Woo, der die unter der rauen Art verborgene tiefe Traurigkeit des Mädchens
erkennt, den Entschluss ihr aus dem seelischen Tal zu helfen und empfindet bald
mehr als bloße Freundschaft.
Neben
den 137 äußerst unterhaltsamen Minuten hat mir My Sassy Girl vor allem eins
gebracht…die Erkenntnis, das man in Punkto Filmgeschmack ab und zu über
seinen eigenen Schatten springen und auch auf den ersten Blick subjektiv
uninteressante Genres nicht kategorisch ablehnen sollte. Das ich mir diesen Film trotz meiner Vorurteile gegenüber
asiatischen Komödien überhaupt ansah, war purer Zufall. Bei der Suche nach
einem Filmtitel eines Fantasyfilms stach mir die sehr hohe Durchschnittsnote von
My Sassy Girl ins Auge und die begeisterten Kritiken taten ihr Übriges. Wie
schon in der Einleitung bemerkt habe ich es nicht bereut…genau genommen hat
mich sogar seit Donnie Darko kein Film so durchgängig verzaubern und begeistern
können. Er hat neben der in Worte fassbaren Vorzüge einfach noch dieses
gewisse Etwas, das dafür sorgt, das man von einem Film von der ersten bis zur
letzten Minute begeistert ist..pure Kinomagie.
Ich
möchte aber auch keine unerfüllbar hohen Erwartungen wecken…das ist
natürlich ein sehr subjektiver Eindruck…wahrscheinlich muss man in der
richtigen Stimmung dafür sein. Emotionslos betrachtet, bleibt es aber trotzdem
ein filmisches Juwel. Im Grunde
eher ruhig erzählt gibt es auch haufenweise brüllend komische
Momente..besonders, wenn das Mädchen sich mal wieder eine neue Demütigung für
den armen Studenten erdacht hat, weiß man nicht, ob man Mitleid empfinden oder
schadenfroh lachen soll…na ja..im Grunde wird wohl außer Bill Clinton jeder
lachen. Das Besondere ist aber das treffliche Gespür für die Balance zwischen
humorvollen und bewegenden Momenten..oft ist er beides zu gleich. Niemals
kitschig, platt oder zu dick aufgetragen. Stets mit verrückten Ideen und
Entwicklungen, die meist fern von der eingefahrenen Vorhersehbarkeit der
US-Pendants sind…doch selbst, wenn man mal auf Bewährtes zurückgreift, wirkt
es bei My Sassy Girl frech und unverbraucht. Für eine Komödie, die sich zudem
bedingungslos auf seine 2 Hauptdarsteller konzentriert, mutet die Länge von
weit über 2 Stunden auf den ersten Blick etwas abschreckend an. Zu oft hat man
erlebt, das selbst die witzigste Idee nach 70-80 Minuten ausgereizt ist. Dieser
Film aber hat genug Ideen und Wendungen für 3 Filme. Was sich auch in den hin
und wieder eingestreuten kurzen filmischen Versionen der Drehbücher des Mädchens
niederschlägt in der sie als Terminatrix oder Schwertkämpferin zu überzeugen
weiß.
Überhaupt
das Mädchen…ohne die bezaubernde Jeon Ji-Hyun (die mir vorher vollkommen unbekannt
war) hätte My Sassy Girl niemals so überzeugen können… ihre Leistung war
die größte Überraschung für mich. Sowohl in den überdrehten, manchmal am
Rande zum albernen Comedyszenen als auch in den ruhigen Momenten geht sie in
ihrer Rolle auf und erfüllt sie glaubhaft mit Leben…eine wohltuende
Abwechslung zu manch anderen Darstellerinnen, die nicht viel mehr als gut
aussehen können. Ein weiterer
Grund warum ein US Remake zum scheitern verurteilt sein dürfte. Auch der
Darsteller von Gyeon Woo - Cha Tae-Hyun scheint wie für diese Rolle gemacht und
vermittelt glaubhaft die Hilf und Sprachlosigkeit des bis dato ohnehin ziellosen
Studenten im Wirbelsturm der Ereignisse.
Fazit: In My Sassy Girl finden sich zwar Versatzstücke aus einigen Genres, aber so wild zusammengemischt, das es etwas völlig Einzigartiges ergibt. Jegliche Vergleiche wären unpassend...aber der durchgeknallte Humor und das dominante Verhalten des Mädchens erinnerte mich teilweise an Golden Boy (eine der wenigen…oder eher die einzige Anime Serie, die ich kenne ). Es gibt ein paar Punkte, die für sich gesehen vielleicht negativ anzumerken wären (für den Stoff eigentlich zu lang, hier und da albern, teilweise sind die Gedankengänge des Drehbuchautors für den Zuschauer nicht ersichtlich, sehr episodenhaft und somit im Mittelteil ein merkwürdiger Sinn für Dramaturgie), aber dieses Unberechenbare..die Weigerung sich irgendwelchen bewährten Konventionen zu beugen, macht zugleich auch einen großen Reiz des Films aus. Unverbraucht und originell in Story, frisch und frech in Dialog und Witz, optisch ansprechend inszeniert und mit einem Soundtrack, der ebenso ist wie die Achterbahn der Gefühle in diesem Film…von anrührend bis überdreht ist alles dabei. Eine der größten Überraschungen seit Punch Drunk Love. 9/10 …die Höchstnote gibt es erst, wenn er mir beim zweiten Sehen noch genau so gut gefällt.
Wertung: (9/10)
Verfasser: evildead
Titelbild und Filmausschnitt © 2001 Star Max