Shaun of the Dead
GB 2004, 99
Minuten
Regie: Edgar
Wright
Normalerweise
verwende ich bei meinen Kritiken den deutschen Titel als Überschrift, aber in
diesem Fall kann ich das einfach nicht übers Herz bringen. "Ein Zombie
kommt selten allein" klingt zu sehr nach einem Film in dem Bud Spencer und
Terence Hill ein Comeback versuchen und der fortan wegen seines peinlichen
Witzes und erlesener Langweiligkeit in den Videotheken ein Dasein als Türstopper
fristen muss. Auch wenn mich Shaun of the Dead nicht restlos begeistern konnte,
hat die mit klassisch britischem Humor gespickte Romantic-Zombie-Comedy diesen
vorzeitigen Hirnerguss eines deutschen Texters bei weitem nicht verdient.
Tagsüber
ist Shaun stellvertretender Geschäftsführer (zumindest an diesem Tag…und da
Ash krank ist) im Elektronladen Foree Electronics. Seine
Freizeit verbringt er bevorzugt mit seinem nichtsnutzigen Kumpel Ed vorm TV, mit
Videospielen oder im nahegelegenen Pub Winchester. Dieser Rhythmus wird
durchbrochen als er eine Restaurantreservierung
vergisst und seine Freundin Liz daraufhin wie üblich ins Winchester
einladen will. Für Liz ist das der Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringt
und sie gibt ihm den Laufpass. Doch der wahre Horror soll erst noch kommen.
Durch mysteriöse Umstände (möglicherweise eine über London explodierte
Raumsonde) erwachen die Toten wieder zum leben. Wird ein Lebender von ihnen
gebissen, stirbt er und erwacht wenig später ebenfalls als Zom... halt dieses
Wort darf in diesem Film nicht genannt werden... als lebender Toter. Zusammen
mit Ed macht sich Shaun auf Mutter und Freundin einzusammeln und sich im
sichersten Ort zu verschanzen den er kennt... dem Winchester.
Während
des derzeitigen Horror Revivals wurde auch das gute alte Zombie-Genre wieder in
die Kinos gespült. Nach dem finanziell und künstlerisch erfolgreichen Remake
des wohl größten Horrorklassikers aller Zeiten Dawn of the Dead war es nur
eine Frage der Zeit bis sich eine Parodie dieses Themas annehmen würde. Überraschenderweise
aber nicht in Form eines sinnlosen Gagfeuerwerks a la Scary Movie, das das Genre
nur hemmungslos verarscht. Shaun of the Dead ist eine liebenswerte und
detailverliebte Hommage von Fans für Fans (aber durchaus auch für Nichtfans ).
Der Handlungsablauf entspricht trotz satirischer Überspitzung in vielen Punkten
einem echten Zombiefilm und lässt besonders gegen Ende sogar Spannung
aufkommen. Das Einzigartige an Shaun of the Dead sind die Charaktere und
Dialoge, die direkt einer englischen Comedyserie entsprungen sind. Diese Aussage
ist nicht bildlich von mir gemeint. Die Macher und Hauptdarsteller von Shaun of
the Dead sind auch die Köpfe der britischen Comedyserie Spaced. In der Episode 1x03
ART versuchten sie sich erstmals an einer Zombieparodie…scheinbar mit
soviel Spaß und positiver Rückmeldung, dass man sich jetzt entschloß, das
ganze doch auf der großen Leinwand in Spielfilmlänge
zu präsentieren. Ein voller Erfolg. In Großbritannien konnte er sich
wochenlang an der Spitze der Kinocharts halten und selbst in den USA ein
respektables Ergebnis erzielen.
In
der Einleitung erwähnte ich, das er mich nicht restlos begeistern konnte…wie
so oft lag das aber an einer falschen Erwartungshaltung. Ich hatte u.A. aufgrund
des Trailers respektlose Gags im Minutentakt und eine Handlung, die einen direkt
ins Geschehen wirft, erwartet. Stattdessen wirkt der Film bis Shauns erster
Konfrontation mit einem Zombie ca. in der 25-ten Minute wie eine britische
Beziehungskomödie a la Fever Pitch oder auch Coupling. Mit einem etwas
infantilen und verantwortungslosen Protagonisten, der in den Tag hineinlebt,
merkwürdige Gespräche ( z.B. ob und warum Hunde nicht nach oben schauen können)
mit seinem ungehobelten Mitbewohner führt oder Krach mit seiner Freundin hat.
Bis dahin spielt sich der Zombieaspekt nur am Rande ab. Zwar werden immer wieder
kurz TV-Nachrichten über merkwürdige Ereignisse gezeigt, Insidergags (wie das
Restaurant Fulci`s in Anlehnung an den italienischen Splattergott Lucio Fulci,
Foree Electronics nach einem der Hauptdarsteller im Dawn Original oder das
Cunningham Haus nach dem Freitag, der 13 Erfinder) eingeflochten und Shaun sieht
sogar schon den ein oder anderen Zombie, aber ganz in der Tradition von Romeros
gesellschaftskritischer Dead-Trilogie fallen die in der heutigen Gesellschaft
kaum auf. Diese Anfangsphase ist keineswegs schlecht…ganz im Gegenteil, aber
mit den falschen Erwartungen könnte es sich etwas ziehen. Ich bin mir aber
zumindest sicher, das Shaun of the Dead mir beim zweiten Sehen noch bedeutend
besser gefallen wird.
Neben Simon Pegg, der den Shaun so
glaubhaft spielt, das man ihm abnimmt, das er auch im realen Leben so agiert,
kann der Film bis in die Nebenrollen mit glaubwürdigen und witzigen Charakteren
bzw. Darstellern aufwarten. In erster Linie natürlich Shauns Freund Ed, der
eindeutig die besten Sprüche von sich geben darf. Ich will hier nicht die
besten Gags spoilern, aber einen muss ich doch erwähnen, da er genreunkundigen
Zuschauern wahrscheinlich sowieso nicht auffallen würde. Shaun ruft bei seiner
Mutter Barbara an um sich zu erkundigen, ob bei ihr alles in Ordung ist und erfährt,
das ihr Ehemann (Shauns gehasster Stiefvater, genial gespielt von Bill Nighy,
dem versifften Rockstar aus Love Actually) von einem Zombie gebissen wurde. Da
brüllt Ed aus dem Hintergrund: *We`re coming to get you, Barbara!* …eine köstliche
Anspielung auf die Eröffnungszene von Night of the living Dead* als die
weibliche Hauptfigur Barbara von ihrem Bruder auf dem Friedhof aufgezogen wird.
Wenn
ich den Film jetzt beim schreiben Revue passieren lasse, ist es mir fast unverständlich
das ich während des Sehens nicht begeisterter war. Neben zahlreichen spritzigen
Dialogen, gewitzten Anspielungen oder auch mal herrlichem Slapstick (eine Szene
zu Queen Musik ist absolut kultverdächtig) ist der Film auch in Sachen
Inszenierung auf dem neuesten Stand. In diesem Punkt ähnelt er also durchaus
Bullys Kinoausflügen, der bewiesen hat, das auch Parodien gut aussehen dürfen…
zum Glück nur in diesem.
Da es sich hier um einen Zombiefilm handelt, will ich auch noch
kurz auf einen Aspekt eingehen, der für Fans vielleicht nicht ganz unwesentlich
ist: Splatter. Ja, es gibt Kopfschüsse, Bisse und sogar eine stilechte
Ausweidung hat man sich genehmigt. Durchaus nicht zimperlich also…aber doch in
keinster Weise schockierend oder in der Detailfreudigkeit mancher
Funsplatterstreifen.
Fazit: The Trend is your Friend würde Wurst-Uli Hoeness wohl sagen. In diesem Fall bezogen auf den Trend, das in den letzten Jahren nach den für Horrorfilmen so eintönigen und viel zu glatten 90-ern endlich wieder Genrekost in den Kinos landet, die sich vor den Klassikern nicht verstecken braucht. Shaun of the Dead ist eine kultverdächtige Zombiekomödie, die zwar nicht ganz an Return of the living Dead heranreicht, aber durchwegs hohe Qualität und nicht zuletzt erfrischende Originalität aufweist. Danke, ...bitte mehr davon… aber nicht in Form eines US-Remakes mit Ben Stiller oder Matthew Perry als Shaun und Jack Black als Ed. Vorerst 8/10 mit Tendenz zur 9.
Wertung:
(8/10)
Verfasser: evildead
Titelbild und Filmausschnitt © 2004 UIP