Tatsächlich Liebe
(Love Actually)
GB 2003, 135
Minuten
Regie: Richard
Curtis
Da
es sich hier um zahlreiche lose miteinander verknüpfte Episoden handelt, werde
ich die Inhaltsangabe wage halten. Im Grunde läuft alles sowieso auf den Titel
hinaus…besser hätte hier eigentlich noch Love is all around gepasst. Der Film
versucht möglichst viele Liebesfilmklischees abzuhandeln…mal mehr… mal
weniger realistisch. Als da wären z.B.:
Der
frischgebackene britische Premierminister (Hugh Grant) verliebt sich auf den
ersten Blick in eine Angestellte (Martine McCutcheon). Seine Schwester (Emma
Thompson) wiederum muss fürchten, das ihr Ehemann (Alan Rickmann) eine Affäre
mit der balzenden Sekretärin (Heike Makatsch) eingeht. Ein gerade zum Witwer
gewordener (Stief-)Vater (Liam Neeson) hilft seinem kleinen Sohn bei der
Eroberung seines ersten Schwarms. Eine Frischvermählte (Keira Knightley) muss
erkennen, das der beste Freund ihres Mannes ihr nicht aus Eifersucht aus dem Weg
geht sondern, weil er unsterblich in sie verliebt ist.
MOMENT…PAUSE …AUSZEIT…! Hat mal jemand 'nen
Eimer? Ich glaub ich muss fürchterlich brechen…so viel Zuckerguss hab ich tatsächlich
überstanden?…und wieso sind hier alle irgendwie frisch vermählt,
verwitwet… what ever???.. hmm.. naja
es ist halb so schlimm wie es sich im Nachhinein anhört. Außerdem gab es dann
auch noch ein paar ungewöhnlichere Handlungen. Zwei Pornofilm -Lichtdoubles
lernen sich in den verfänglichsten Positionen näher kennen….auf verbale
Weise versteht sich. Ein junger Brite, der sich einen Korb nach dem anderen
abholt, fliegt nach Amerika, weil er glaubt, das die dortige weibliche Bevölkerung
allein durch seine Nationalität beeindruckt ist….und tatsächlich ist er
schon wenige Minuten nach seiner Ankunft von 3 Traumfrauen (unter ihnen Elisha
Cuthbert) umzingelt, die ihm eine Unterkunft zur Nacht anbieten. Dummerweise
haben sie nur ein Bett…und sind Nacktschläferinnen. ;)
So etwas wie den roten Faden bildet die Story um den abgewrackten und versifften
Rockstar Billy Mack (Bill Nighy) , der zur Weihnachtszeit einen letzten
Comebackversuch mit einer Coverversion von Love is all around versucht. Zwar ist
diese Version unterirdisch, aber weil Mack in seinen skandalträchtigen
Interviews keinen Hehl daraus macht, hat der Song trotzdem Chancen, die
in England so bedeutsame Weihnachts-Nummer 1 in den Verkaufscharts zu werden.
Das diese Inhaltsangabe jetzt doch für
meine sonstigen Gewohnheiten sehr lang geworden ist…obwohl ich mich kurz
halten wollte und auf einiges gar nicht eingegangen bin, zeigt einerseits wie
vollgepackt mit Themen der Film ist….andererseits sollte aber auch klar
werden, das selbst bei der für eine Komödie stattlichen Zeit von über 2
Stunden vieles nur an der Oberfläche bleiben kann. Vielleicht wäre es ratsamer
gewesen zumindest eine Storyline außen vor zu lassen…und ich wüsste auch
welche. Recht überflüssig empfand ich die Geschichte um Colin Firth, der sich
in seine portugiesische Haushälterin verliebt, obwohl sie sich nicht verständigen
können, da sie nur ihre Landessprache beherrscht. Das Gute an den vielen Themen
ist aber wiederum, das auch solch weniger amüsante Nebenhandlungen dem
Gesamtwerk nicht schaden können, da es immer nur Minuten dauert bis wieder in
eine andere Perspektive gewechselt wird. Das Tempo bleibt auf diese Weise hoch
und es kommt nie Langeweile auf…wie es bei einer leichten Komödie sein
sollte. Selbst Anflüge von zu grobem Kitsch (besonders Teile vom Ende) und
einige zu aufgesetzte Comedy-Szenen, die wie für Trailer gemacht sind und das
Kinopublikum zum johlen bringen sollen (z.B. Hugh Grants Tanz... obwohl …der
war sogar witzig), bleiben so verzeihlich.
Die größten Stärken des Films sind aus meiner Sicht:
- die erstklassige Besetzungsriege aus der Alan Rickmann und Emma Thompson als Charakterdarsteller, Martine McCutcheon als frisches unverbrauchtes Gesicht und ganz besonders Bill Nighy (er spielt seine Figur wie einen Keith Richards, der bei den Stones rausgeflogen ist ) positiv hervorstechen. Anzumerken bleibt aber das Hugh Grant in Komödien im Grunde immer den selben Charakter spielt…egal ob als Anwalt, Produzent oder hier Premierminister. Heike Makatsch fällt zumindest in der deutschen Fassung negativ auf, weil es merkwürdig klingt, wenn eine Figur nicht synchronisiert wurde…bzw. sich selbst synchronisiert hat. Das kann man aber natürlich weder ihr noch dem Film ankreiden.
- Die Gaststars wie Billy Bob Thornton als Macht- und notgeiler US-Präsident oder Rowan Atkinson als langsamster Verkäufer der Welt geben dem Stoff den letzten Pfiff.
- der bunt gemischte Soundtrack, der ähnlich
wie der Film selbst, zwar nicht immer perfekt (und manchmal sogar zu präsent)
ist, aber insgesamt doch sehr gut
gewählt wurde und zum Charme von Tatsächlich Liebe einen großen Teil
beisteuert.
Fazit: Tatsächlich Liebe könnten den Zuschauern gefallen, denen britische Liebeskomödien wie Notting Hill oder 4 Hochzeiten und ein Todesfall letztendlich zu kitschig und langatmig waren, aber durchaus ein Herz für britischen Humor und die skurrilen Nebencharaktere wie z.B. Rhys Ifans oder Rowan Atkinson in diesen Filmen haben. Für echte Fans des Genres könnte Tatsächlich Liebe sogar ein Meisterwerk sein, das gleichzeitig alle Vorzüge vereint und nebenbei aufgrund der ironischen Momente auch als Abgesang funktioniert. Umso überraschender, das der Erfolg sich in Grenzen hielt….oder vielleicht auch nicht überraschend? Ich stell mal die gewagte und todesmutige These auf, das er für das (psst: ..weibliche)Hauptklientel zu wenig auf die Tränendrüse gedrückt hat. Dazu kommt noch als Haupthindernis, das er in den USA wegen einiger freizügiger Szenen ein R-Rating erhielt. Mich persönlich hat der Streifen jedenfalls gut unterhalten …auch wenn ich schon nach einem Tag bei manchen Storylines nicht mehr weiß wie sie ausgegangen sind.
Wertung: (8/10)
Verfasser: evildead
Titelbild und Filmausschnitte © 2003 Universal