The Dark Knight

USA 2008, 141 Min.

Regie: Christopher Nolan

Verbittert bekämpft Batman die Kriminalität in Gotham City, und langsam aber sicher scheint seine Arbeit Früchte zu tragen: Mit einem großen Coup gelang es, die meisten Anführer des organisierten Verbrechens zu schnappen. Die wenigen verbliebenen wenden sich in ihrer Verzweiflung an einen scheinbar verrückten: Den Joker. Dieser hat eine ganz einfache Lösung für ihr Problem parat: Tötet Batman! Er verlangt vom dunklen Ritter, seine wahre Identität zu offenbaren - tut er das nicht, werden Tag für Tag Menschen sterben. Bruce Wayne ist hin- und hergerissen zwischen seiner Bestimmung und dem Schicksal der Bewohner Gothams. Doch die Drohung des Jokers ist nur der erste Teil eines fiesen Plans, der Gotham City ins Chaos stürzen soll...

Am Donnerstag startete bei uns – mit mehrwöchiger Verspätung – nun endlich der nach "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels" wohl meisterwartete und zudem erfolgreichste Film des Jahres: "The Dark Knight". In den USA ist die Batman-Fortsetzung mittlerweile auf Platz zwei der erfolgreichsten Filme aller Zeiten geklettert – lediglich Titanic wird für ihn wohl unerreichbar bleiben. Dabei ließ er allerdings solch illustre Vertreter wie die "Herr der Ringe"-Trilogie, die Potter-Filme und auch "Star Wars" hinter sich zurück. Wie viel von diesem Erfolg auf den tragischen Tod von Heath Ledger Anfang des Jahres zurückzuführen ist, lässt sich natürlich schwer einschätzen, klar ist aber, dass dadurch der Hype rund um "The Dark Knight" bisher nur selten erlebte Ausmaße annahm. Im Gegensatz zum eher künstlichen Hype bei "Cloverfield" ging die Begeisterung diesmal auch an mir nicht spurlos vorbei, weshalb ich es mir nicht nehmen ließ, mir den Film gleich am ersten Tag des offiziellen Filmstarts – in der Originalfassung und mit meinem in New York erstandenen Joker-Shirt gekleidet – anzusehen. Und ganz egal, auf was man den Erfolg des Films zurückzuführen will: Er ist auf jeden Fall hochverdient.

"The Dark Knight" ist nicht einfach nur die bisher beste Comicverfilmung, er hebt das komplette Genre auf ein neues, bisher ungeahntes Niveau. Er ist kein anspruchsloser, typischer Sommerblockbuster, sondern bietet eine groß angelegte, epische Geschichte mit hoher Komplexität und einigem Subtext. Er zeigt auf, wie manchmal ein einziger Mann ausreicht, um die Welt ins Chaos zu stürzen – oder sie zu retten. Er stellt die Frage, wie weit man im Kampf für das Gute gehen darf, und zieht dabei einige interessante Parallelen zum Kampf gegen den Terror. So wird im weiteren Verlauf des Films ein Gerät eingeführt, mit dem es Batman möglich ist, alle Mobiltelefone Gothams abzuhören. Doch ist es legitim, ein solches Mittel einzusetzen und die Privatsphäre aller Bewohner derart zu verletzen, nur um den Joker aufzuhalten? Wie viele Todesopfer lässt man für die "gute Sache" zu, wie viele sind vertretbar, ehe Batman keine andere Wahl bleibt, als seine wahre Identität zu offenbaren und damit der Forderung eines Wahnsinnigen nachzugeben? Auch die Rolle von Batman wird kritisch hinterfragt: Ist er denn wirklich ein Held? Ist er für das Auftauchen des Jokers – und damit auch für dessen Taten – nicht mitverantwortlich? Wie lange kann sich ein Mann allein gegen die Dunkelheit stellen, ohne zu verzweifeln? Und was ist der Preis dafür, um siegreich aus diesem Kampf hervorzugehen?

Diese und noch viele weitere interessante Fragen werden in "The Dark Knight" aufgeworfen, womit er über deutlich mehr Substanz und Tiefgang verfügt als die restliche Blockbusterkonkurrenz. Zudem haben sich die Nolan-Brüder offensichtlich mit der Frage auseinandergesetzt, welche Auswirkungen das Auftreten einer solchen Figur in der realen Welt denn haben würde oder könnte – und sind auf einige originelle Ideen gestoßen, die man so in anderen Comicfilmen noch nicht gesehen hat, wie z.B. die Batman-Nachahmer. Diese Wendung ist so logisch, dass man sich fragt, warum man sich noch in keinem anderen Superheldenfilm damit auseinandergesetzt hat (mit Ausnahme von "Die Unglaublichen", wo es mit dem Fanboy von Mr. Incredible zumindest gestreift wurde). Um dem Anspruch auf Realismus noch deutlicher gerecht zu werden, wurde Gotham diesmal auch nicht künstlich erschaffen (wie es bei "Batman Begins" noch geschah – in einem Flugzeughangar!), sondern der Film zur Gänze in Chicago gedreht. Dies ist allerdings ein zweischneidiges Schwert: Einerseits wirkt Gotham damit noch realistischer, andererseits schießt man hierbei vielleicht sogar schon übers Ziel hinaus. Denn Gotham war schon immer mehr eine Analogie auf Großstädte denn eine realistische Abbildung einer solchen. Und in einer derart realen Umgebung fällt es auch entsprechend schwerer, die Idee eines herumfliegenden Fledermausmannes zu akzeptieren, als in einer künstlicheren Umgebung.

Auch wenn der Film "The Dark Knight" heißen mag, so steht doch eindeutig eine ganz andere Figur im Mittelpunkt: Der Joker. Christopher Nolan macht hier alle Versprechungen aus dem Ende von "Batman Begins" (Stichwort Visitenkarte) wahr und präsentiert Batman's Nemesis genau so, wie es schon Tim Burton 1989 hätte tun sollen: als einen Wahnsinnigen, der nach Chaos, Anarchie und Zerstörung strebt – und damit gegen all das steht, wofür sich Batman einsetzt. Er ist die Antithese zum dunklen Ritter. Ihm gelüstet es nicht nach Macht, Geld oder anderen weltlichen Dingen... so wie es auch im Film erwähnt wird will er einfach nur "die Welt brennen sehen". Der Joker versteht sich als das Yang zu Batmans Ying, wie ein ganz natürlicher Gegenpol, ein Ausgleich für dessen Eintreten für das Gute. Wie eine Naturgewalt bricht er über Gotham herein und säht Angst, Terror und Verzweiflung. Wie die besten Bösewichte ist er eine unaufhaltbare Kraft, mit der man nicht verhandeln oder sie durch Worte zur Vernunft bringen kann. Zudem ist er ein glänzender Verführer und Manipulierer, der mit seinen Worten fast jeden dazu bringt genau das zu tun was er von ihm will. Und er ist absolut unberechenbar: Man ist sich nie sicher, was er als nächstes tun wird – diese Unsicherheit trägt viel zur beängstigenden Wirkung der Figur bei. Zugleich bringt er einem aber auch immer wieder zum Lachen – und gleichzeitig ist man erschreckt und beschämt über diese Reaktion, ist doch an ihm oder an seinen Taten eigentlich nichts amüsant. Kurz und gut: besser kann man den Joker gar nicht auf die Leinwand bringen.

Einen enormen Anteil daran hat natürlich Heath Ledger. Um seine Performance entsprechend zu würdigen, fehlen mir ehrlich gesagt die Worte. Ich könnte mir den Duden schnappen, nach allen möglichen Superlativen suchen... und selbst damit seiner Leistung noch nicht gerecht werden. Er ist nicht einfach nur so gut wie es die Trailer vermuten ließen, er ist sogar noch besser. Von seiner genialen Einführung an – ein origineller und unvergesslicher Moment, der schon für sich allein genommen in die Annalen der Filmgeschichte eingehen wird – dominiert er den Film, und zieht unweigerlich wie ein Magnet sämtliche Aufmerksamkeit des Zuschauers auf sich. Ich konnte meine Augen jedenfalls keine Sekunde, in der er auf der Leinwand zu sehen war von ihm abwenden, und bilde mir sogar ein, zu blinzeln aufgehört zu haben. Dies ist mit Abstand eine der besten schauspielerischen Leistungen – egal ob für einen Bösewicht oder eine andere Figur – die je auf Film gebannt wurde. Damit bietet "The Dark Knight" allen Fans des viel zu früh verstorbenen Heath Ledger zumindest den Trost, dass er sich mit dieser Rolle unsterblich gemacht hat. Sein Joker (der Jack Nicholson dermaßen an die Wand spielt dass sich dieser eigentlich vor Scham für immer aus dem Filmgeschäft zurückziehen müsste) steht auf einer Stufe mit den besten Bösewichten der Filmgeschichte, und braucht sich vor keinem von ihnen, ganz egal ob sie nun Hannibal, Darth Vader oder sonst wie heißen, verstecken.

Heath Ledger verschwindet richtiggehend hinter der Maske des Jokers – was nicht nur an der Schminke liegt. Seine Mimik, seine Gestik, seine Aussprache, kleine aber wirkungsvolle Details wie das Lecken der Lippen... alles wirkt so voller Energie, so spontan und doch irgendwie auch sehr gezielt und bewusst eingesetzt. Man merkt jedenfalls, dass sich Ledger sehr lange und wirklich intensiv mit der Rolle auseinandergesetzt und viel darüber nachgedacht hat, wie er sie anlegt, um schließlich eine solche Perfektion zu erreichen. Angesichts dieser überragenden Performance ist zu hoffen, dass nicht seine bisherigen, ebenfalls sehr guten Leistungen in Vergessenheit geraten und man sich an Heath Ledger fortan nur mehr als den Joker erinnert –wundern würde es mich allerdings nicht. Doch der Joker wird nicht nur grandios dargestellt, er ist eben auch großartig geschrieben. So sehr man Ledger also – völlig zu recht – für seine eindringliche Performance loben muss, so darf man auch nicht gänzlich auf die beiden Drehbuchautoren Christopher und Jonathan Nolan vergessen, denen es endlich gelungen ist, den wohl größten Comicschurken auf würdige Art und Weise auf die Kinoleinwand zu bringen. Nicht als relativ normaler Gangsterboss mit einem etwas schrägen Sinn für Humor – so wie in der TV-Serie und im 1. Batman-Film – sondern als Agent von Chaos und Zerstörung, der sich von nichts und niemandem von seinem Ziel abbringen lässt.

Der Nachteil daran, wenn ein einzelnes Element bzw. eine Figur alles andere derart überschattet, ist natürlich, dass dafür andere Elemente und Figuren in den Hintergrund gedrängt werden. Dies gilt insbesondere für Harvey Dent, dem zwar ebenfalls viele Szenen gewidmet sind, den man aber insbesondere nach seiner Verwandlung noch etwas hätte ausbauen sollen (mehr dazu dann im Spoilerteil des Reviews). Der titelspendende dunkle Ritter ist überhaupt von den drei zentralen Figuren jene, der am wenigsten Aufmerksamkeit geschenkt wird. Trotzdem ist auch seine Figur diesmal viel komplexer als im Vorgänger, vor allem wenn er versucht, seine Vorstellung als Retter Gothams mit der teils harten Realität – nämlich dem Tod von Menschen – in Einklang zu bringen. Und so darf Bruce Wayne diesmal einige Selbstzweifel erkennen lassen, die der Figur mehr Profil und Tiefe verleihen. Weniger überzeugen konnte mich allerdings die Dreiecksgeschichte zwischen Bruce, Harvey und Rachel. Im Vergleich zu den vielen originellen und beeindruckenden Elementen wirkt diese sehr klischeehaft und 08/15. Es mag für einige wenige Szenen erforderlich gewesen sein, und dafür, Bruce Wayne ernsthaft darüber nachdenken zu lassen das Cape an den Nagel zu hängen, aber von allen im Film behandelten Thematiken und Handlungssträngen konnte mich diese Dreiecksbeziehung am wenigsten überzeugen.

Was die schauspielerischen Leistungen betrifft, stellt Heath Ledger zwar alle anderen klar in den Schatten, nichtsdestotrotz liefern auch sie durch die Bank sehr gute Performances ab. Christian Bale überzeugt als diesmal deutlich nachdenklicherer Bruce Wayne, der mit seiner Nemesis teilweise gar überfordert zu sein scheint. Lediglich seine Batman-Stimme war mir wieder einmal zu verkrampft verstellt und nicht wirklich überzeugend. Michael Caine bekommt diesmal deutlich mehr zu tun als noch im Vorgänger, und darf noch mehr Herzlichkeit und Wärme im Umgang mit Bruce Wayne zeigen. Zudem haben seine Szenen diesmal auch deutlich mehr Gewicht und einen größeren Bezug zum Rest der Handlung; insbesondere seiner Geschichte aus der Vergangenheit kommt eine zentrale Bedeutung zu. Aaron Eckhart stellt den Verfall seiner Figur glänzend dar – an seiner Performance liegt es jedenfalls nicht, dass mich die spätere Wandlung nicht 100%ig überzeugt hat. Gary Oldman ist als Gordon de facto wieder einmal nicht zu erkennen. Wie Heath Ledger geht er völlig in seiner Rolle auf und erweckt diesen Helden Gothams zum Leben. Auch seine Figur ist diesmal deutlich interessanter als im Vorgänger, befindet sich Gordon doch mit sich selbst und seinen Idealen im Zwiespalt. Und Maggie Gyllenhaal... auch sie macht ihre Sache gut, wird allerdings in ihrer Rolle nicht wirklich gefordert. Jedenfalls war da nichts, dass ich nicht auch Katie Holmes zugetraut hätte...

Das Herzstück des Films ist der Mittelteil. Alles ab dem Attentat auf den Bürgermeister bis hin zu Dents Verwandlung ist ungemein dramatisch, spannend und packend. In dieser knappen Stunde erreicht "The Dark Knight" eine Intensität, an die kein anderer Film den ich bisher in diesem Jahr gesehen habe herankommt. Leider gelingt dies jedoch auch "The Dark Knight" sowohl davor als auch danach nicht mehr – auch wenn alles weiterhin auf hohem Niveau bleibt. Grund hierfür ist die eine oder andere weniger gelungene Nebenhandlung (wie die bereits angesprochene Dreiecksbeziehung), die entweder zu wenig ausgereift ist, oder aber zu viel Zeit in Anspruch nimmt. "The Dark Knight" ist immer dann am besten, wenn der Joker im Mittelpunkt steht. Schwenkt man für längere Zeit von ihm weg, verliert der Film schnell an Fokus und an Dynamik. Rückwirkend betrachtet fällt hier vor allem der Abstecher nach Hong Kong im ersten Drittel des Films unangenehm auf. Beim ersten Sehen ist es zwar spannend und interessant genug, um den Unterhaltungswert soweit aufrecht zu erhalten, aber ich bin mir sicher, dass der entsprechende Teil beim mehrmaligen Sehen des Films als störender Umweg empfunden werden wird, der uns unnötig lange von der zentralen Figur und von der eigentlichen Thematik des Films fern- und ihn unnötig aufhält. Gegen Ende hin störte mich dann hauptsächlich die eine oder andere Wendung – worauf ich später im Spoilerbereich des Reviews noch etwas genauer eingehen werde.

Christopher Nolans Inszenierung machte auf mich einen etwas unausgewogenen Eindruck. Mal legt er sehr viel Wert auf Farbgebung und Komposition, und gibt seinen Bildern ein sehr künstlerisches Aussehen, dann strebt er wieder nach Realismus und scheint nur das natürliche Licht zu verwenden. Dadurch entsteht ein etwas inkonsequenter Look – insbesondere zwischen den Tag- und Nachtszenen. Nichtsdestotrotz liefert er auch diesmal wieder viele großartige Bilder, beeindruckende Einstellungen und optisch denkwürdige Momente. Besonders gut gefiel mir auch, dass er im Gegensatz zu vielen anderen Regisseuren die Action nicht komplett verwackelt sondern vergleichsweise ruhige Kameraeinstellungen wählt, so dass man dem Geschehen auf der Leinwand zumeist problemlos folgen kann. Zudem fällt positiv auf, dass er bei der Action weitestgehend auf CGI verzichtet und sich auch hier bemüht, alles so realistisch und echt die möglich aussehen zu lassen, was ihm zumeist auch gelingt. Was mir leider teilweise negativ aufgefallen ist, war der Schnitt. So gibt es doch einige Momente, wo der Szenenübergang sehr plötzlich kam und der Erzählfluss dadurch erheblich gestört wurde. Wohlgemerkt, dies war kein dauerhaftes Problem und trat nur bei einzelnen Szenen auf, die doch etwas abgehackt wirkten und noch die eine oder andere Sekunde vertragen hätten, ehe man zum nächsten Schauplatz wechselt. Erwähnenswert erscheint es mir aber dennoch...

Was mir wiederum sehr gut gefallen konnte, war Nolans Ansatz, bei einigen Szenen ganz bewusst auf jedweden Soundtrack zu verzichten – vermutlich auch hier, um den Realismus dieser Momente zu verstärken. Vor allem während der Verfolgungsjagd, die wohl jeder andere Regisseur mit einem peitschenden Soundtrack hinterlegt hätte, ist mir dies aufgefallen, und empfand ich diese Entscheidung als sehr interessant und originell. Der Soundtrack an sich hat mich allerdings leider wieder einmal nicht vom Hocker gerissen. Während er sehr atmosphärisch geraten ist und insbesondere die Szenen mit dem Joker dank einiger unharmonischen Töne perfekt unterstützt, da sie zur Unruhe die man in diesen Momenten verspürt noch zusätzlich beitragen, so fehlte es mir doch wieder an einprägsamen musikalischen Themen. Vor allem das Batman-Theme ist immer noch genau so unscheinbar wie beim Vorgänger, und lässt es an Wiedererkennungswert vermissen. Ich habe jetzt in kurzen Abständen hintereinander "Batman Begins" und "The Dark Knight" gesehen, könnte euch aber auf Teufel komm raus nicht das Batman-Thema summen – und das, obwohl ich sonst sehr sensibel auf Soundtracks bin. Jedenfalls kommen James Newton Howard und Hans Zimmer meines Erachtens auch bei ihrer zweiten Zusammenarbeit nicht einmal ansatzweise an Tim Burtons geniale Kompositionen heran.

Ein weiterer Kritikpunkt war für mich, dass Batman den ganzen Film über von Wayne Industries aus operiert. Dementsprechend bekommt man weder Wayne Manor noch den Batcave jemals zu Gesicht, was "The Dark Knight" meines Erachtens schon etwas an Atmosphäre beraubt hat. Ich weiß nicht, irgendwie hatte mir hier doch etwas gefehlt. Der Film leidet zudem darunter, dass er die beste Actionszene bereits ca. zur Mitte präsentiert, nämlich die Verfolgungsjagd. Alles was danach folgt, insbesondere der Showdown, kommt an diese packende Sequenz leider bei weitem nicht mehr heran. Zudem konnte mir dort die Sonar-Sicht (wenn ihr den Film gesehen habt werdet ihr verstehen was ich meine) nicht im geringsten gefallen. Sie war eine reine optische Spielerei, ein unnötiges Gimmick, das sich auch überhaupt nicht mit dem sonst so angestrebten Realismus in Einklang bringen lässt. Das war irgendwie viel zu übertrieben und wollte nicht wirklich zum Rest des Films passen. Dies war dann auch schon alles, was ich zum Film sagen kann, ohne ins Spoilerterritorium vorzudringen. Insbesondere um mich mit den meines Erachtens weniger gelungenen Elementen des Endes widmen zu können, muss ich einfach auf wesentliche Entwicklungen eingehen. Ich empfehle daher allen, die den Film noch nicht gesehen haben, 1.) zum Fazit zu springen, 2.) dies schleunigst nachzuholen und 3.) euch erst danach den Rest meines Reviews durchzulesen!

Zuerst möchte ich noch ein paar positive Aspekte der Handlung näher beleuchten. Während ich einige Nebenhandlungen als etwas störend empfand, so konnte mir jene rund um den Mitarbeiter von Wayne Industries, der herumspioniert und schließlich hinter das Geheimnis seines Chefs kommt, sehr gut gefallen. Es sind diese originellen Einfälle, die den Film trotz seiner phantastischen Elemente stärker in der Realität verankern. Auch den roten Hering rund um Gordon's angeblichen Tod fand ich gelungen. In meinem Kino wurde unmittelbar darauf die Pause gebracht, und ich muss zugeben, Nolan & Co. ist es wirklich gelungen mich zu täuschen: Ich bin ihnen völlig auf den Leim gegangen, und habe tatsächlich geglaubt, sie hätten soeben eine der beliebtesten Figuren aus den Comics gekillt, noch ehe diese ihre eigentliche Bestimmung erfüllt und Commissioner geworden ist. In der Pause hatte ich sogar noch darüber sinniert, wie clever man den Trailer zusammengeschnitten haben muss, um den Eindruck zu erwecken, Gordon wäre später wenn der Joker in der Zelle sitzt noch am Leben. Ja, ich gebe zu, es war einfältig und naiv von mir, auf diesen Trick hineinzufallen – aber dass ich es Tat ist ein beeindruckendes Zeugnis darüber, dass ich Christopher Nolan so ziemlich alles zugetraut hatte – was auch ein wesentlicher Grund war, warum mir der Film so gut gefiel. Denn außer Batman schien keine einzige Figur sicher zu sein.

Die Szenen mit dem Joker im Gefängnis sind wohl die besten des gesamten Films – egal, ob er den Wächter so lange traktiert bis er ihn angreift, oder kurz zuvor Batman seinen finsteren Plan offenbart: Entweder Harvey Dent oder Rachel Dawes werden sterben, und Batman muss sich entscheiden, wen er retten will. Eine Szene, die frappant an eine ganz ähnliche aus "Batman Forever" erinnert, mit dem Unterschied, dass man es diesmal auch wirklich durchzieht. Wo es mich bei Joel Schumachers Film unheimlich gestört hat als der dunkle Ritter dann schließlich beide rettete, begeht Nolan keinen ähnlichen Betrug am Zuschauer: Wenn der Joker sagt, dass einer der beiden sterben wird, dann kommt es auch genau so. Und auch wenn die Spannung in dieser Szene darunter leidet, dass man genau weiß, dass Dent überleben wird und es somit Rachel erwischen muss (wobei mir ohnehin schon seit "Batman Begins" klar war, dass die gute Rachel eigentlich nur dafür da ist, damit sie der Joker dann im 2. Film umbringen kann), so war sie trotzdem sehr emotional und hochdramatisch. Außerdem war es dann als es passierte trotz allem ein richtiger Schock, da es so plötzlich und ohne Vorwarnung passierte. Wirklich brutal. Zusätzlich aufgewertet wird diese Wendung dadurch, dass all dies eigentlich nur ein Plan des Jokers war, um nur eine Rumpfbesetzung im Polizeirevier zu hinterlassen und so dank eines "Telefonanrufs" mit einem Schlag alle zu töten und wieder frei zu kommen.

Soweit zu den positiven Aspekten, kommen wir nun zu jenen Wendungen in der Handlung, die mir die letzten 30 Minuten doch ein wenig verdorben haben. Zuerst einmal sei Harvey Dent's Wandlung zu erwähnen, die mir einerseits zu schnell und andererseits zu extrem vonstatten ging. Zwar hat Harvey bereits zuvor bei jener Szene, als er – noch vor seiner grauenhaften Transformation – fast einen Gehilfen des Jokers gekillt hätte, ansatzweise seine dunkle Seite gezeigt. Und auch wie er einerseits viele Entscheidungen dem Schicksal überlässt, und andererseits diesem in bestimmten Momenten auch nachhilft, konnte mir gefallen. Ich konnte problemlos nachvollziehen, dass Harvey nach diesem schweren Schicksalsschlag über die Schwelle gestoßen wird und nun als erbarmungsloser Rächer auftritt, der sich gegen Verbrecher und korrupte Cops wendet. Aber dass er es auf einmal auf Gordon bzw. auf seine Familie abgesehen hat, war mir zu extrem und nicht verständlich. Ja, schon klar, Gordon hat mit den korrupten Polizisten wissentlich zusammengearbeitet, zudem war auch er es der bei Rachel zu spät eingetroffen ist. Das ist mir alles bewusst, und doch konnte ich einfach nicht nachvollziehen, weshalb Harvey Dent auf ihn einen so großen Hass empfand. Zudem musste ihm doch bewusst sein, dass er damit nur jener Person, die für sein grauenhaftes Schicksal erst verantwortlich ist, direkt in die Hände spielt. Tut mir leid, das war für mich einfach zu viel des Guten...

Generell wurde dieser Bösewicht in einem etwas überfrachteten Film fast verschwendet. Vor allem dass Nolan Two-Face am Ende ins Nirvana schickt – so wichtig das auch für eine von ihm gewünschte Wendung (dazu gleich) gewesen sein mag – erschien mir als Verschwendung. Meines Erachtens hätte diese Figur noch einiges an Potential geboten, welches in "The Dark Knight" nicht ausgeschöpft wurde. Und ich könnte mir vorstellen, nach Heath Ledgers unerwartetem Tod wünscht sich auch ein Teil von Christopher Nolan, es genau anders herum gehandhabt zu haben. Wobei ich gestehen muss: dass der Joker überlebt hat, fand ich sehr gut. Als er das Hochhaus hinunterfiel befürchtete ich schon, man würde hier den gleichen Fehler begehen wie beim ersten Batman-Film. Stattdessen wurde er dann doch noch von Batman gerettet. Der Joker ist der Erzfeind des dunklen Ritters, und auch wenn er die zentrale Figur des Films war und diesen dominiert hat, und man sicher nicht – im Vergleich zu Two-Face – von verschwendetem Potential hätte sprechen können, wäre er am Ende gestorben, aber... eine solche Nemesis darf man einfach meines Erachtens nicht in einem einzigen Film abhandeln. Jetzt stellt sich nur die Frage, wie es in der wohl unvermeidbaren Fortsetzung weitergehen kann: Soll man den Joker, nachdem man sich hier ganz bewusst die Möglichkeit offen gelassen hätte, ihn zurückzubringen, nun nach Ledgers Tod doch nicht wieder auftauchen lassen, oder soll man die Rolle neu besetzen? Mit beiden Alternativen werde ich ehrlich gesagt nicht so recht warm...

Der zweite große Kritikpunkt ist die Handlung auf den Booten. Es tut mir leid, schimpft mich einen Zyniker, aber... ich bin davon überzeugt, wenn so etwas im echten Leben passieren würde, hätte eines der beiden Boote keine 5 Minuten überstanden. Ich gehe sogar soweit zu behaupten, wäre ich in dieser Situation gewesen hätte es keine Minute gedauert ehe ich den Knopf gedrückt und das Schiff mit den Verbrechern (und ein paar Gesetzeshütern) in die Luft gejagt hätte – was auch immer das jetzt über mich aussagt. Es erscheint mir einfach nicht realistisch und vor allem auch nicht zum Rest des Films passend. Immerhin hatten die Leute zuvor kein Problem, den Kopf des Verräters bei Wayne Industries zu fordern, und einer unternahm ja sogar einen Mordversuch, der von Bruce Wayne in letzter Sekunde vereitelt wurde. Und nun sollen auf einmal alle Leute auf dem Schiff geläutert sein? Sogar die Verbrecher? Obwohl sie davon ausgehen müssen, dass wenn sie die anderen nicht ausschalten, beide Boote zerstört werden? Und sie damit de facto einen völlig sinnlosen Tod sterben? Zugegeben, mir gefiel zwar der ungläubige Ausdruck auf dem Gesicht des Jokers als er erkannte, dass beide Schiffe doch tatsächlich sein Ultimatum verstreichen ließen, trotzdem erschien mir das einfach nicht realistisch. Und wenn man bedenkt, wie sehr sich Nolan den ganzen Film über um Realismus bemüht, so stößt mir das schon sehr negativ auf.

Last but not least: Dass man Batman für den Tod von Dent und der Cops verantwortlich machen muss, damit dessen böse Taten nicht an die Öffentlichkeit kommen, war mir viel zu konstruiert und überhaupt nicht verständlich. Ich meine, auf der anderen Seite Gothams hängt ein Psychopath der bereits zahlreiche Tote auf seinem Konto hat von einem Hochhaus herunter. Warum nicht ihm die paar Morde von Two-Face auch noch in die Schuhe schieben? Zumal Batman ja so besessen davon zu sein scheint, den Joker ja nicht gewinnen zu lassen. Aber wenn Batman von nun an als Verbrecher gejagt und von der Polizei verfolgt wird, ist dass nicht genau so ein Sieg für ihn? Wird das nicht Batmans Fähigkeiten das Verbrechen in Gotham City einzudämmen drastisch einschränken? Tut mir leid, aber... das war mir einfach zu verkrampft auf jenes Ende getrimmt, das Nolan für diesen Film unbedingt wollte: nämlich den von allen verfolgten, einsamen dunklen Ritter, der seinen eigenen Ruf dafür opfert, um Harvey Dent's Ruf zu bewahren und damit auch die Hoffnung im Herzen der Bewohner Gothams zu retten. Eine noble Geste und grundsätzlich ein genialer, düsterer Abschluss eines tollen Films – nur kommt es halt nicht nur auf das Ziel an, sondern auch auf den Weg dorthin. Und der war mir in diesem Fall einfach zu konstruiert und nicht nachvollziehbar. Weshalb ich leider auch am Ende nicht im geringsten mit dem dunklen Ritter mitfühlen konnte...

Fazit: "The Dark Knight" macht unheimlich viel richtig und hat zahlreiche großartige Momente zu bieten, die alles überbieten, was man dieses Jahr im Kino bisher sehen durfte. Sein größter Segen ist aber zugleich sein größter Fluch: Denn aufgrund dieser großartigen Szenen fallen jene Dinge, die nicht ganz so gelungen sind, um so deutlicher auf. Insbesondere gegen Ende des Films schleichen sich ein paar Schwächen ein, und auch der Anfang ist mit dem Abstecher nach Hong Kong etwas unfokussiert. Dafür ist der Mittelteil des Films einfach nur genial und begeistert mit einer großartigen Szene nach der anderen. "The Dark Knight" ist immer dann am besten, wenn der Joker im Mittelpunkt steht. Heath Ledger dominiert diesen Film mit seiner diabolischen und unglaublich intensiven Darstellung, und lässt alle anderen Figuren – leider auch Harvey Dent – zu vergleichsweise unwichtigen Nebencharakteren verkommen. Trotz aller Schwächen kann ich es drei Tage nachdem ich ihn zum ersten Mal gesehen habe gar nicht mehr erwarten, ihn mir morgen noch einmal (auf deutsch) anzuschauen. Das allein sagt schon viel über die Anziehungskraft des Films aus. "The Dark Knight" begeistert, verzaubert, erschreckt, unterhält, beunruhigt, schockiert und fasziniert zugleich, und bietet – nicht zuletzt dank Heath Ledgers grandioser Performance – ein unvergleichliches und unvergessliches Filmerlebnis, dass sich Kinofans nicht entgehen lassen dürfen...

Wertung:   (9/10)

 

Verfasser: cornholio

Veröffentlicht am 11.09.2008

 

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