The Guys

 

USA 2002, 85 Minuten

Regie Jim Simpson

Nach dem Attentat auf das World Trade Center wurden die Feuerwehrleute in den USA fast zu modernen Helden auserkoren. The Guys lässt es sich zwar auch nicht nehmen, den Mut dieser Männer zu loben, aber rückt dieses Bild in realistischere Maßstäbe. 

Nach einer wahren Geschichte. Nick (Anthony LaPaglia, Jack Malone in Without a Trace) ist der Leiter einer New Yorker Feuerwehrstelle, der beim Attentat auf das World Trade Center am 9.11.2001 8 seiner "Jungs" verloren hat und jetzt die Trauerreden halten soll. Da er nicht die passenden Worte findet, bittet er  die Journalistin Joan (Sigourney "Lt. Ripley" Weaver) ihm als "Ghostwriterin" Hilfestellung zu leisten. Schnell entwickelt sich aus dem Gespräch für die Trauerreden etwas Tieferes. In dem er sich mit den Verlusten befassen muss, schafft Nick einen ersten Schritt das Geschehene zu begreifen und  Joan kann endlich etwas gegen das Gefühl der Hilf- und Nutzlosigkeit unternehmen. 

The Guys ist die Verfilmung von Jim Simpsons erfolgreichem New Yorker Theaterstück und diese Herkunft sieht man ihm leider etwas zu deutlich an. Über 80% der Laufzeit sind ein karges 2 Personen-Stück, das dank zweier großartig aufgelegter Protagonisten zwar die meiste Zeit durchaus zu fesseln vermag, aber dem in der Mitte doch kurzzeitig die Luft ausgeht. Hier hätten ein paar Rückblenden das Geschehen enorm auflockern und die Spannung anziehen können. Ein Kammerspiel kann auch auf Zelluloid sehr intensiv oder mörderisch spannend sein…man denke nur an Misery, aber man kann ein Theaterstück einfach nicht 1:1 übernehmen. Vor allem, da The Guys anders als man vermuten könnte nicht im geringsten übertriebene Heldenverehrung (das könnten ihm höchstens beinharte Antiamerikaner vorwerfen) oder reißerischen Seelenstriptease betreibt sondern eine sehr nüchtern erzählt und subtil gespielte Aufarbeitung dieses New Yorker Traumas ist. Die Personen von denen Nick erzählt sind keine strahlenden Supermänner…ja teilweise fällt ihm auf Anhieb kaum Bemerkenswerteres ein, als das der Betreffende sich gern in der Küche aufgehalten hat oder ein sehr stiller Mensch war. Das trägt auf der einen Seite enorm zur Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit bei, aber spätestens beim 3-ten Namen nimmt die Aufmerksamkeit des Zuschauers doch langsam ab. Ab und an ein kleiner Schnipsel bildlich dargestellter Erinnerung um das Tempo zu variieren…ja vielleicht auch um der Person ein Gesicht zu geben, hätte The Guys wie erwähnt sehr gut getan. Die eingestreuten kurzen Episoden, die Sigourney Weaver in der U-Bahn oder vor einer Feuerwehrwache zeigen, sind willkommen, aber etwas zu wenig. Im Grunde sollte dies nicht nötig sein, da diese Traueraufarbeitung ein universelles Thema ist, das keinerlei pathetischer Gesten bedarf, aber selbst ein so brisantes Thema trägt sich nicht von alleine. 

Zu den Darstellern: Sigourney Weaver dürfte für die meisten Zuschauer im Hinterkopf immer noch die taffe Alienkillerin oder Ghostbusters-Freundin sein…hier kann sie mal wieder beweisen, das sie auch die leiseren Töne aus dem Eff-Eff beherrscht und  in so einer Charakterrolle mühelos glänzen kann. Ihr Gegenpart Anthony LaPaglia (älterer Bruder vom Seven Days Hauptdarsteller Jonathan LaPaglia) war für mich lange Zeit einer dieser Schauspieler, deren Gesicht man aus Nebenrollen in größeren Filmen (z.B. Der Klient) oder größeren Rollen in B- Movies und Independent Filmen ( z.B. Bloody Mary, Salton Sea, Summer of Sam) kennt, aber denen man keinen Namen zuordnen kann und die auch während des Sehens nicht bemerkenswert auffallen. Fans der Serie Frasier dürften ihn allenfalls als den ungehobelten Simon Moon in Erinnerung haben. Bei mir konnte er sich jedenfalls erst letztes Jahr in den Vordergrund spielen. Die in den USA bei Fans und Kritikern äußerst populäre Krimi(thriller)serie Without a Trace  konnte sich nicht nur wegen hervorragender Drehbücher sondern vor allem auch dank LaPaglias kongenialer Darstellung des vielschichtigen Hauptcharakters von den anderen Bruckheimer Erfolgsserien CSI, CSI Miami und Cold Case abheben. Mit enormem Charisma ausgestattet und trotzdem sehr zurückhaltend in seinem Spiel konnte er dort eine der interessantesten Figuren der Seriengeschichte mit Leben erfüllen und wurde dafür Anfang des Jahres mit dem Golden Globe geehrt. In The Guys liefert er eine weitere Glanzleistung ab. Obwohl seine Figur angesichts der Ereignisse anfangs noch sehr gefasst ist, schafft er es jederzeit unter den offensichtlich erkennbaren Emotionen noch die Versteckten durchschimmern zu lassen und sorgt auch dafür, das die Trauerrede zum Ende nicht in billigen Pathos abgleitet. Einziger großer Wermutstropfen ist hier leider die deutsche Synchronisation. Gerade als jemand, der die deutsche Synchronarbeit grundsätzlich sehr positiv sieht, ärgert es mich jedes Mal extrem, wenn ein Darsteller nicht seine gewohnte Stimme erhält. Umso schlimmer, dass der Ersatz hier nicht nur ungewohnt und unpassend wirkt …der Sprecher besitzt meiner Meinung nach grundsätzlich nicht die Fähigkeit einer Figur glaubhaft seine (wenig eindrucksvolle) Stimme zu leihen. 

Fazit: Ein Kammerspiel lebt von der Leistung seiner Hauptdarsteller und der Chemie, die zwischen ihnen herrscht. The Guys hat das Glück, das man in diesem Punkt ins Schwarze getroffen hat….darstellerisch hätte der Film kaum besser werden können. Das er es trotz dieses Pfundes, der bewegenden Hintergründe und den überwiegend starken Dialogen nicht schafft, sich nachhaltig in Erinnerung zu bringen, liegt vor allem an der zu zurückhaltenden und biederen Inszenierung. Da mein Eindruck durch die schwache deutsche Synchronisation, aber erheblich getrübt wurde, fällt es mir schwer eine gerechte Note zu finden. Trotz der nicht weg zu diskutierenden Längen konnte The Guys mich stellenweise durchaus beeindrucken und kann deshalb Filmfans, die ruhigeren Charakterstücken aufgeschlossen sind noch vorbehaltlos empfohlen werden.  Eins darf man aber genau so wenig wie von einer Michael Moore Doku erwarten: Objektivität und eine Betrachtung der Gründe warum es zu diesem Attentat kam. The Guys beschäftigt sich nur mit dem Leiden der Opfer, der Wut der Hinterbliebenen und der Verunsicherung der New Yorker. Insofern sollte man den Film am besten als eine einerseits sehr persönliche, aber auch universelle Vergangenheitsbewältigung auffassen.  Obwohl ich keinesfalls Freund der Bush Politik und der Cowboymentalität vieler US-Amerikaner bin, finde ich einige Kritiken, die den Film wegen selbstgerechter Wut und angeblicher Pauschalverurteilung des Islam (das muss dann anscheinend in der deutschen Fassung fehlen, denn ich konnte dafür keine Ansätze finden) zerreißen fast schon unverschämt. Egal welche komplexen Hintergründe es für das Attentat gibt, kann dies keine Rechtfertigung für diesen Massenmord liefern und darf deshalb in einem Film, der sich mit den Opfern befasst getrost vernachlässigt werden.

Wertung:  (7/10)

Verfasser: evildead

 

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