The Jacket

 

USA 2005, 103 Min.

Regie: John Maybury

Achtung! „The Jacket“ ist ein Film, den man so unvorbereitet wie möglich sehen sollte. Ich rate daher allen, sich weder die Inhaltsangabe noch meine Kritik durchzulesen und stattdessen direkt zum Fazit zu springen!

Wenn man bedenkt, dass ich diesen Film bereits in meiner Kinovorschau 2005 (!) erwähnt hatte, hat es ziemlich lange gedauert, bis ich ihn endlich sehen konnte. Schuld daran hat die in den letzten Jahren in Mode gekommene Unart der Filmindustrie, finanzielle Flops hierzulande erst gar nicht ins Kino zu bringen, sondern gleich (oftmals mit ordentlicher Verspätung) auf DVD zu veröffentlichen. Diese Praxis hat allerdings auch einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Über solche Filme wird zumeist recht wenig bekannt, was es dem Filmfan erlaubt, möglichst unvorbereitet in den Film zu gehen - und gerade bei „The Jacket“ hat sich dies wieder einmal als ungemein wertvoll erwiesen..

Schwer verwundet kehrt Jack Starks (Adrian Brody) aus dem Golfkrieg zurück. Als er eines schicksalhaften Nachmittags, nachdem er soeben einer jungen Familie bei einer Autopanne geholfen hat, zu einem Irren ins Auto steigt, der kurz darauf einen Cop ermordet, gerät er in Mordverdacht. Das Gericht hält ihn für schuldig, und aufgrund seiner Amnesie wird er in eine Nervenheilanstalt überwiesen. Dort unterzieht ihm der verantwortliche Arzt, Dr. Thomas Becker (Kris Kristofferson), einer Radikal-Therapie: mit Medikamenten vollgepumpt und in einer Zwangsjacke steckend wird er für mehrere Stunden in eine kleine Kammer eingesperrt, die ungefähr den Kammern in Leichenschauhäusern entspricht. Bei seiner ersten Behandlung dreht Jack fast durch, doch plötzlich findet er sich in der Zukunft wieder - und macht just die Bekanntschaft jener Frau (Keira Knightley), der er einst an jenem Nachmittag geholfen hat, als sie noch ein kleines Mädchen war. Von ihr erfährt er auch schon bald, dass er in der Gegenwart nur mehr wenige Tage zu leben hat. Nun setzt er alles daran, mehr über die Hintergründe seines Todes zu erfahren, um diesen möglichst zu verhindern...

Ich hatte an „The Jacket“ ja durchaus einige Erwartungen - und schon allein der wirklich geniale Einstieg hat mich gleich einmal optimistisch gestimmt, dass der Film diese auch würde erfüllen können: Bilder von einem Gefecht im 1. Irak-Krieg, untermalt mit dieser beruhigenden, klassischen Musik - eine wirklich geniale Komposition, welche mit dem Schock am Ende der Szene (mit dem Angriff des Jungen) die Schrecken des Krieges verdeutlicht. Womit wir schon bei einer der Stärken des Films wären: Die Inszenierung. Diese fällt neben der Anfangssequenz insbesondere in den darauffolgenden Szenen in der Kammer positiv auf, als sich verschiedenste Bilder auf Adrian Brody’s Augen spiegeln. Wirklich sehr gut gemacht. Doch auch abseits solcher Spielereien weiß die Inszenierung zu gefallen - John Maybury findet immer wieder interessante Bilder, die er seinen Zusehern präsentiert. Nicht weniger gelungen ist der Soundtrack von Brian Eno, der die jeweilige Stimmung des Films perfekt einfängt und verstärkt. Auch die Schauspieler überzeugen auf der ganzen Linie, und geben (insbesondere angesichts des doch eher B-Charakters des Films - auch wenn er von Soderbergh und Clooney mitproduziert wurde) bemerkenswerte Performances ab - wobei insbesondere Adrian Brody in der Hauptrolle hervorsticht, doch auch Keira Knightley, Kris Kristofferson und Daniel Craig können in ihren Rollen absolut überzeugen...

Der Herzstück von „The Jacket“ ist aber, wie es bei solchen Filmen ja oft der Fall ist, die Handlung. Diese wirkt wie eine originelle und faszinierende Mischung aus "Donnie Darko", "Butterfly Effect" und der SF-Miniserie „5ive Days to Midnight“ (die demnächst auf Pro 7 ausgestrahlt werden soll). Anfangs sieht es so aus, als würde er seinen eigenen Tod zu verhindern suchen. Doch mit der Zeit merkt er, dass es um etwas anderes geht, dass er die Möglichkeit hat, das Leben eines Mädchens noch einmal zu retten bzw. zum Besseren zu wenden. So lautet zumindest die eindeutigste Interpretation, die davon ausgeht, dass Jack wirklich durch die Zeit reist. Nur... ganz so offensichtlich wie es scheinen mag, ist das gar nicht. Der Film deutet teilweise sehr stark an, dass Jack wirklich verrückt sein könnte und all das, was er in der Kammer erlebt, ja vielleicht sogar alles was er in der Anstalt erlebt nur eine Halluzination ist. So werden der iranische Junge, der Jack erschießt, und Babak, vom gleichen Schauspieler gespielt - gleiches gilt für deren Mütter. Zufall? Hier haben wir also wieder mal einen Film, der dazu einlädt, sich Gedanken darüber zu machen und eine eigene Interpretation zu finden. Ist Jack vielleicht doch schon während des Golfkrieges gestorben? War es doch er, der den Cop ermordet hat? Was war Halluzination, und was Wirklichkeit? Auf all diese Fragen gibt der Film keine Antwort - und das ist auch gut so.

Fazit: Schon allein wenn man nur die offensichtlichere Interpretation heranzieht, ist dieser Film sehr gelungen und faszinierend. Doch je mehr man darüber nachdenkt, desto mehr beginnt diese zu bröckeln und man beginnt, über alternative Interpretationen nachzudenken - und dann wird es erst so richtig interessant. Doch auch ohne diese zusätzliche Ebene ist „The Jacket“ ein höchst gelungener und faszinierender SF-Film, den man sich als Fan des Genres einfach nicht entgehen lassen darf....

Wertung:    (9/10)

 

Verfasser: cornholio

 

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Titelbild und Filmausschnitt © 2005 Universal Pictures