Verschollen
Immer noch habe ich gemischte Gefühle, wenn ich an
diesen Film denke. Ich vermute, ich hatte aufgrund der überschwenglichen
Kritiken wohl einfach schon zu hohe Erwartungen. Nicht falsch verstehen,
„Verschollen“ ist kein schlechter Film, aber er hat eben auch seine
Fehler...
Beginnen wir, wie es ja so üblich ist,
beim Anfang: Die ersten 30 Minuten sind eine einzige Werbesendung für die
ach-so-gute Firma Fed-ex, und zeigt, wie zuverlässig und pünktlich die Pakete
ankommen etc. Der Film zeigt hier Chuck Noland (Tom Hanks) als fiesen
Eintreiber, der dafür zu Sorgen hat das seine Mitarbeiter auch wirklich ihr
Bestes geben und das Zeitlimit um jeden Preis eingehalten wird. Er ist einer von
diesen Leuten die man sich wirklich NICHT als Chef wünscht.
Zwar sieht
man hier das Chuck ein echter Workaholic ist und ihm seine Firma wirklich am
Herzen liegt, doch verabsäumt es der Film uns sein persönliches Leben, welches
er aufgrund seines Berufes weitgehend zurücksteckt, zu zeigen. Dies macht es
schwer seinen Verlust nachzuvollziehen, wenn er schließlich auf der Insel
strandet...
Gut ok, dieser Fehler ist nicht so schlimm, immerhin wollte man
Chuck’s Leben ja so zeigen wie es war: von seiner Arbeit bestimmt. Leider ist
es der 2. Teil des Films, gerade das Herzstück auf der Insel selbst, der den
Film so... mittelmäßig erscheinen lässt. Ja,
Hanks Performance ist nicht schlecht, jedoch kann ich mich der Meinung vieler,
es würde sich dabei um eine oscarreife Vorstellung handeln, nun wirklich nicht
anschließen. Ich meine, den langsam verrückter werdenden, verzweifelten Mann
auf einer einsamen Insel zu spielen... ich weiß nicht, ich glaube es gibt
wirklich schwierigere Aufgaben für einen Schauspieler, z.B. Rollen in die man
sich wirklich HINEINVERSETZEN muss, wo der gespielte Charakter der echten Persönlichkeit
größtenteils widerspricht. Dies ist hier nicht der Fall, denn ich denke, so
wie Chuck hätten wohl die meisten reagiert.
Der größte Fehler des 2. Teils ist aber, das uns zwar sehr viel von
den ersten Wochen auf der Insel gezeigt wird (und das ist GUT so), aber danach
machen wir auf einmal einen Sprung um 4 Jahre... 4 JAHRE!!! Es wäre viel besser
gewesen, uns langsam die Veränderungen, die er mit der Zeit auf der Insel
zwangsweise durchmacht, zu zeigen, seine immer tiefer werdende Freundschaft zu
„Wilson“. Denn aufgrund dieses großen zeitlichen Sprungs ist es für den
Zuseher schwer, sich in Chuck zur Zeit seiner Flucht hineinzuversetzen, seine
Gefühle für Wilson zu verstehen etc. Die Zeit, die wir ihn auf dieser Insel
gesehen haben, waren einfach zu KURZ, um das Nachvollziehen zu können...
Das ist auch das Problem mit einer der (zumindest angedachten) „berührendsten“
Szene des Films, nämlich als Hanks sich von Wilson trennen muß. Mal abgesehen
davon das ich es irgendwie sonderbar finde, das der Ball in eine andere Richtung
treibt als das Floß (aber ok, ich bin kein Experte für sowas), ist auch hier
der Verlust für Noland für den Zuseher nicht nachvollziehbar, Außerdem war
diese Szene meiner Meinung nach von Hanks ein wenig ZU übertrieben gespielt
(aber das kann auch am Synchronsprecher gelegen haben).
Auch
der 3. Teil des Filmes ist leider wieder viel zu kurz geraten. Zu zeigen, wie
jemand, der 4 Jahre auf einer einsamen Insel gelebt hat, langsam wieder in sein
Leben zurückfindet, an das er eigentlich schon gar nicht mehr geglaubt hatte,
auch dafür hätte es nun mal mehr Zeit gebraucht als 30 Minuten. Leider hat uns
der 1. Teil auch die besondere freundschaftliche Beziehung zwischen Chuck und
seinem besten Freund nicht ausreichend aufgezeigt, auch das wäre für diesen
letzten Teil überaus wichtig gewesen.
Etwas, das mich ebenfalls ein wenig gestört hat, war die Taschenuhr.
Ich meine, es war einfach so voraussehbar, das er mit ihr zurückkehren würde,
es MUSSTE ja so kommen. Schon „schlimm“ genug, das er es geschafft hat, sie
nach dem Flugzeugabsturz bei sich zu behalten, aber dann auch noch nach dieser
wilden Floßfahrt... es war nicht nur viel zu voraussehbar, 08/15 und kitschig,
es war noch dazu unrealistisch und hat diesem Film schon mal mindestens einen
Stern gekostet.
Fazit: Die ohnehin schon 143 Filmminuten waren trotzdem noch viel zu wenig, um diese Thematik ausreichend abzuhandeln. ALLE 3 Akte dieses Filmes hätten noch viel mehr Zeit gebraucht (eine ¼-1/2 Stunde pro Teil MINDESTENS), dann hätte dieser Film sein Ziel, ein echtes Schmuckstück der Filmgeschichte zu werden, erreichen können. So bietet er leider "nur" nette Unterhaltung.
Wertung: (6/10)
Verfasser: cornholio
Titelbild und Filmausschnitt © 2000 20th Century Fox and Dreamworks L.L.C.