X-Men - Der letzte Widerstand

(X-Men: The Last Stand)

 

USA 2006, 104 Min.

Regie: Brett Ratner

Während die Vorfreude auf diesen Film in einigen Internet-Foren spätestens nach dem wirklich guten Trailer sehr groß war, blieb ich auch weiterhin skeptisch. Tatsache ist, so ziemlich alles was ich über die Produktion wusste, vom gedrängten Drehplan über die Wahl des Regisseurs bis hin zu Spoilern der Handlung, machten mich nicht gerade zuversichtlich, dass wir hier einen würdigen Nachfolger oder gar einen großartigen Blockbuster erleben würden. Nun, vielleicht liegt es ja an meinen zurückhaltenden Erwartungen, aber alles in allem hat mich "X-Men - Der letzte Widerstand" durchaus positiv überrascht...

Die Mutanten beginnen sich gerade so langsam in den Rest der Menschheit zu integrieren, da sorgt eine Meldung für aufsehen: Offenbar ist es einer Firma gelungen, ein "Heilmittel" für die Mutation zu entwickeln - somit steht es nun allen Mutanten offen, ein normales Leben zu führen, so sie dies wollen. Magneto (Ian McKellen) sieht darin jedoch nur den ersten Schritt und erwartet, dass die Regierung die Mutanten schon bald dazu zwingen wird, das Heilmittel einzunehmen. Spätestens als bei einem Einsatz einem seiner Gefolgsleute das Gegenmittel verabreicht wird ist ihm klar, dass nun der Tag gekommen ist, an dem sich die Mutanten gegen die Menschheit erheben müssen, um überleben zu können. Die X-Men rund um Charles X. Xavier (Patrick Stewart) sehen das naturgemäß anders, wenn auch sie ebenfalls dem Heilmittel eher skeptisch gegenüberstehen. Doch gerade als sich die X-Men darauf vorbereiten, Magneto's Pläne zu vereiteln, kommt noch ein ganz anderes Problem auf sie zu: Jean Grey ist als Dark Phoenix auferstanden, und bringt mit ihren unkontrollierten Kräften nicht nur sich selbst und die X-Men, sondern die gesamten Menschheit in Gefahr...

Damit ihr mich jetzt aufgrund der Einleitung nicht falsch versteht: Mir hat X-Men 3 besser gefallen als ich das erwartet hätte, doch das ändert natürlich auch nichts daran, dass er vieles falsch macht und leider einige Schwächen aufweist, die insbesondere aufgrund des vorhandenen Potentials wirklich schade sind und den Film schlechter machen als er hätte sein können. Der vielgescholtene Ratner ist zwar sicher nicht ganz unschuldig daran, dass X-Men 3 insgesamt doch hinter den Erwartungen und auch dem vorhandenen Potential zurückbleibt, doch ob er wirklich die Hauptschuld daran trägt, da bin ich mir nicht so sicher. Zwar regen sich viele über Ratners uneigenständige Inszenierung auf, ich finde allerdings, dass es im Falle der X-Men nicht so sehr stört dass er über keinen eigenen Stil verfügt, da er sehr konsequent und erfolgreich Singer kopiert - was der erstrebenswerten stilistischen Ähnlichkeit mit den Vorgängern natürlich nur zuträglich ist. 

Die Probleme von X-Men 3 sind meines Erachtens mehr auf den kurzen Zeitplan und das Skript bzw. die generelle Ausrichtung des Films zurückzuführen. X-Men hätte eine langlebige, großartige Filmreihe sein können, stattdessen werden viel zu viele interessante Entwicklungen im 3. zusammengefasst und verbraten. Er wirkt einfach zu gepresst, zu intensiv, zu gehetzt, da man so viel unterbringen musste. Darunter leidet dann im Endeffekt die Dramaturgie. Letzteres ist dann allerdings durchaus ein Aspekt, den Ratner zumindest mitzuverantworten hat. Dass die Produzenten die im Vorgänger begonnenen Handlungsstränge hier unbedingt beenden und dann mit dem Gegenmittel noch unbedingt  eine weitere Handlung einbauen wollten, dafür kann er nichts. Für die angesichts der Fülle an Handlung zu geringen Laufzeit ist er aber sehr wohl (mit-)verantwortlich. Denn auch wenn es meines Erachtens besser gewesen wäre, die Handlungen aus X-Men 3 auf mindestens 2 Filme zu verteilen, bereits 30 Minuten mehr hätten dabei geholfen, den Film deutlich besser zu machen - hätte er doch dann deutlich weniger gehetzt gewirkt, und die zahlreichen interessanten Wendungen hätten mehr Zeit gehabt, um beim Zuschauer eine Wirkung zu erzielen. Außerdem schadet es dem Film ungemein, dass Ratner wirklich nur das absolut Notwendigste zeigt und sich keine Zeit nimmt, um die Hintergründe von Figuren und/oder Entwicklungen zu zeigen. Auch Charaktermomente sucht man vergeblich. Während dies bei den bereits bekannten Figuren noch nicht so sehr ins Gewicht fällt, ist es insbesondere für die neu hinzugekommenen Charaktere fatal - erfährt man doch so gut wie gar nichts über sie. Dadurch fehlt es dem Film, bei aller Spannung und bei allem Unterhaltungswert, einfach an der nötigen Tiefe - die insbesondere angesichts der sehr interessanten Handlungen rund um Dark Phoenix und auch das Heilmittel eigentlich Pflicht gewesen wäre.

Ebenfalls störend ist die deutlich erhöhte Screentime von Storm. Es wird einfach deutlich, dass man dies nicht aufgrund den Erfordernissen der Story gemacht hat, sondern um die ohnehin am absteigenden Ast befindlichen Katzenlady zu befriedigen - und so hat man die Story fast krampfhaft dazu ausgerichtet, Storm deutlicher in den Mittelpunkt zu rücken. Die Action beim Showdown fand ich persönlich etwas zu übertrieben, außerdem hat mich gestört, dass sich wieder mal alle X-Men in Einzelkämpfen herumplagen und kaum zusammenarbeiten (wie sie es am Ende vom 1. Teil noch getan haben). Damit haben wir die Kritik an "X-Men 3" aber endlich mal abgeschlossen und können uns den positiven Aspekten zuwenden. Die Handlung ist, selbst in ihrer suboptimalen, dicht gedrängten Form, vermutlich die größte Stärke des Films - vor allem natürlich aufgrund ihrer Dramatik und einiger interessanter Fragen und Entwicklungen. 

Um genauer darauf einzugehen, muss ich leider in Spoiler-Territorium eintauchen - also seid gewarnt! (Achtung, Spoiler!) Hier ist unter anderem der unspektakuläre Abgang von Cyclops positiv hervorzuheben. Nun mal ehrlich, der Typ war ja schon in den ersten beiden Teilen völlig unnötig (ja sogar noch unnötiger als Storm). Generell ist es mal angenehm einen Film zu betrachten der sich nicht scheut, gleich mehrere der Hauptcharaktere über den Jordan zu schicken. Der wohl am besten inszenierte Tod war jener von Charles X. Xavier - wie die Zeit stehen zu bleiben scheint während er sein mentales Gefecht mit Jean Grey bzw. Dark Phoenix bestreitet, das war wirklich genial gemacht. Das beste an Jean Grey's Ableben war dann schließlich, dass ich nach dem Tod von 2 X-Men nicht mehr mit einem weiteren Opfer gerechnet hätte - insofern kam dies wirklich überraschend. Das große Problem an allen diesen 3 Szenen war jedoch, dass mich keiner der Tode berühren konnte, was angesichts der Tatsache dass wir mittlerweile doch schon ungefähr 5 Stunden mit den Figuren verbracht haben schon eine Schande ist. (Spoiler Ende).  Doch zurück zu den positiven Aspekten: Optisch ist vor allem der Showdown ein Genuss, noch besser gefallen hat mir jedoch die visuelle Umsetzung von Dark Phoenix - hier haben die Designer bzw. MakeUp- und Spezialeffekteleute wirklich großartige Arbeit geleistet. Jedenfalls gehören die Szenen mit Jean Grey zu den visuell beeindruckendsten und auch einprägsamsten. Und so sehr "X-Men 3" auch hinter seinem Potential zurückbleibt, gab es nichtsdestotrotz einige wirklich geniale Szenen, die es problemlos mit den besten Momenten aus den beiden Vorgängern aufnehmen können. Und das Ende (unbedingt bis nach dem Abspann sitzen bleiben!) deutet schließlich an, dass dieser Abschluss der Trilogie vielleicht doch nicht ganz so endgültig sein könnte, wie es zuvor den Anschein hatte...

Fazit: Wie schon bei "Roter Drache" so hetzt Brett Ratner auch hier wieder durch den Film, und gibt damit vielen Szenen zu wenig Zeit, um beim Zuschauer eine Wirkung zu erzielen. Auch beschränkt er sich bei der Erzählung dieser Geschichte auf das Wesentlichste und liefert keine Hintergründe zu den Ereignissen oder den handelnden Figuren. Charaktermomente sucht man leider ebenfalls vergeblich - sofern sie nicht für die Handlung des Films absolut unabdingbar sind. Dies sorgt nicht nur dafür, dass es "X-Men 3" insbesondere im Vergleich zu den Vorgängern an Tiefgang mangelt, es schadet zudem der Dramaturgie. Dass der Film trotzdem noch unterhaltsam und spannend bleibt, verdankt er der vor allem einigen grandiosen Szenen, der tollen visuellen Umsetzung von Dark Phoenix und der Handlung, die auch wenn sie aufgrund der schnellen Erzählweise hinter ihrem Potential zurück bleibt, trotzdem mit vielen interessanten und auch schockierenden Wendungen gespickt ist. Und so ist es Ratner schließlich, vor allem aufgrund des Drehbuchs, doch noch gelungen, eine würdige Fortsetzung auf die Beine zu stellen - wenn auch anzunehmen ist, dass Brian Singer aus dem vorhandenen Potential den bisher besten Film der X-Men-Reihe, wenn nicht gar einen der besten Comic-Filme aller Zeiten, herausgeholt hätte...

Wertung:    (7/10)             

 

Verfasser: cornholio

 

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Titelbild und Filmausschnitte © 2006 20th Century Fox