Capote

 

USA 2005, 114 Min.

Regie: Bennett Miller

Dank seinem Roman "Frühstück bei Tiffany" ist Truman Capote ein gefeierter Star der amerikanischen Literaturszene - einen Umstand, den er auch sehr genießt. Auf der Suche nach seinem nächsten Projekt stößt er beim Durchblättern der Zeitung zufällig auf einen Artikel über einen Mord in Kansas: Dort wurde eine vierköpfige Familie kaltblütig hingerichtet. Capote beschließt, dass sein nächster Roman ein Sachbuch werden soll, welcher diese Tragödie dokumentarisch aufarbeitet. Als die beiden Mörder schließlich geschnappt werden, beginnt er zunehmend, mit Perry Smith, einem der beiden Täter, eine Art Freundschaft zu entwickeln. Als die beiden Täter zur Todesstrafe verurteilt werden, bemüht sich Capote um Aufschub, da er so viel wie möglich über die Morde erfahren will. Doch je länger und intensiver er sich seinen Recherchen widmet, desto mehr zieht ihn der Widerspruch zwischen der Liebe zu seiner Arbeit und der Liebe zu Perry Smith in den Abgrund...

Das beeindruckendste an diesem Film ist ohne jeden Zweifel Philip Seymour Hoffmann's Portrait der Figur. Die Körpersprache, die Fistelstimme, die gehobene Sprechweise - er verschmilzt förmlich mit Truman Capote, so dass man wirklich zu keiner Sekunde einen Schauspieler vor sich sieht. Eine beeindruckende Vorstellung, für die sich Hoffmann den Oscar wirklich hochverdient hat. Neben Hoffman’s Performance besticht der Film vor allem durch ein paar großartige Szenen und die interessante Thematik. So ist es erschreckend und faszinierend zugleich, mitzuverfolgen, wie Capote an diesem Buch zerbricht, wie ihn die ganze Situation langsam aber sicher aufzufressen scheint. Und als dann schließlich der Termin zur Vollstreckung des Todesurteils feststeht, kann man Capote’s Gefühle genau nachvollziehen - einerseits Erleichterung, da es nun endlich vorbei ist, andererseits aber natürlich Selbstverachtung und Schuld - hat man doch genau diese Entwicklung insgeheim herbeigesehnt, auch wenn es den Tod dieser zwei jungen Menschen bedeutet. Bei Truman Capote kommt natürlich noch erschwerend hinzu, dass er die Möglichkeit gehabt hätte, die Vollstreckung des Urteils noch weiter hinauszuzögern, ja vielleicht sogar eine Begnadigung zu erlangen. Doch er brauchte ein Ende für sein Buch, er brauchte sowohl für sein Werk als auch für sich selbst einen Abschluss dieses Kapitels - und so hat er nicht eingegriffen. Diese Erkenntnis wird noch einmal umso tragischer, da Perry Smith ihn genau zu durchschauen scheint und offenbar weiß, was Capote getan (oder eher: was er NICHT getan) hat - und ihm dafür verzeiht, ja er sogar richtiggehend Verständnis für ihn zu zeigen scheint. Eben dieser Moment ist eine der zuvor angesprochenen großartigen Szenen des Films - die darauf folgende, wirklich brutal wirkende Vollstreckung des Todesurteils eine weitere. Schade nur, dass es „Capote“ nie gelungen ist, mich zu berühren - obwohl es durchaus einige Szenen gab, die dazu das Potential gehabt hätten. Dies dürfte wohl insbesondere an der sprunghaften Erzählweise liegen - und ganz einfach daran, dass keine der Figuren wirklich zugänglich ist und als Sympathieträger dienen könnte.

Fazit: „Capote“ ist für mich weniger eines der momentan im Trend liegenden Biopics, sondern in erster Linie ein interessantes Schaubild über Schuld, und darüber, wie die Faszination mit einem Thema schließlich in Besessenheit umschlagen und einen zugrunde zurichten vermag...

Wertung:    (7/10)  

 

Verfasser: cornholio

 

Zurück zur Übersicht

Zur Hauptseite

 

Titelbild © 2005 Sony Pictures