Jarhead - Willkommen im Dreck
(Jarhead)
USA 2005, 123 Min.
Regie: Sam Mendes
Einer langjährigen Tradition seiner Familie folgend, meldet sich Anthony Swofford (Jake Gyllenhaal) freiwillig zum Dienst bei den Marines, um die USA im Golfkrieg zu unterstützen. Gemeinsam mit zwei Freunden wird er der Einheit von Sergeant Sykes (Jamie Foxx) zugeteilt, die an der Operation Desert Shield beteiligt ist. Wochenlang warten die Marines auf einen großen Einsatz, immer die Angst einer plötzlichen Giftgasattacke oder eines Überraschungsangriffs im Nacken - ein gefährlicher Mix aus Anspannung und Langeweile, der die Soldaten zunehmend zermürbt...
Bei einem Film wie Jarhead (immerhin ab 16 - und das völlig zu recht)
erwartet man eigentlich nicht, beim Kinobesuch von 3 vorpubertären, unreifen
Halbstarken gestört zu werden - im vorliegenden Fall ist mir dies jedoch leider
passiert. So ziemlich alles fanden sie wahnsinnig komisch und haben sich ewig
einen abgelacht bei den verschiedensten Szenen - seitdem bin ich der festen
Ansicht, man sollte den Jugendschutz in einen ERWACHSENENSCHUTZ umwandeln und
bei Filmen auch die notwendige geistige Reife in die Altersfreigabe einfließen
lassen. Wie durch ein Wunder ist es "Jarhead" jedoch gelungen, diese
vollkommen unangebrachte Idiotenattacke bei mir unbeschadet zu überstehen - was
wohl auch einfach mit seiner Klasse zu tun hat. Ich hatte von diesem
Anti-Kriegsfilm einiges erwartet und wurde auch nicht enttäuscht. Wie auch
schon in "American Beauty", würzt Mendes seinen Film mit einer
ordentlichen Portion schwarzen Humors und Zynismus, und wirft einen entlarvenden
Blick auf das Seelenleben der Soldaten im Golfkrieg. Schonungslos zeigt er alle
Seiten des Soldatenlebens, sowohl die ständige Angst und ständige
Bereitschaft, als auch die Langeweile, den Frust und die Einsamkeit - letztere
insbesondere dann, wenn die zahlreichen Freundinnen der GI's ihnen nacheinander
den Rücken kehren. Verzweifelt versucht man sich mit wilden Späßen und
reichlich Alkohol bei Laune zu halten - immer im Hinterkopf behaltend, dass das
nächste Glas auch schon das letzte sein könnte. Unterstützt wird Mendes dabei
nicht nur von einem großartigen Kameramann, der teils grauen- und teils
wundervolle Bilder auf die Leinwand zaubert, sondern auch von der superben
Schauspielerriege. Neben Jake Gyllenhaal, der seinen Ruf als einer der
vielversprechendsten Jungschauspieler wieder einmal einzementiert, überzeugen
vor allem Peter Sarsgaard, Chris Cooper und Jamie Foxx. Das vielleicht
beeindruckendste an "Jarhead" waren für mich jedoch seine
entlarvenden Qualitäten. Es ist verhältnismäßig leicht zu sagen, Krieg sei
dreckig, brutal, macht wahnsinnig und bringt die schlechtesten Seiten des
Menschen zum Vorschein. Dies ist natürlich richtig, doch die traurige Wahrheit,
die wir uns sonst nicht eingestehen wollen, ist, dass den Krieg irgendwie auch
eine seltsame Faszination umgibt. "Jarhead" zwingt einen dazu, diese
faszinierenden Qualitäten nicht nur zu erkennen und zu akzeptieren, sondern sie
sogar anzunehmen - wenn man z.b. fast mit den beiden Kerlen mittrauert, wenn
ihnen ihr Abschuss verdorben wird. Man ist sich völlig darüber im klaren, dass
das Drücken des Abzugs bedeutet, dass ein menschliches Lebewesen stirbt, und
trotzdem ertappt man sich irgendwie dabei, es ihnen - nach all den Strapazen und
dem langen Warten - zu gönnen.
Fazit: Antikriegsfilme, welche dem Zuschauer die Schrecken des Krieges vermitteln, gibt es viele. Doch "Jarhead" vermittelt zugleich die Faszination, und ist eben deshalb deutlich unter die Haut gehender, schockierender, wichtiger und einfach besser als viele Genrevertreter zuvor.
Wertung: (9/10)
Verfasser: cornholio
Veröffentlicht am: 08.01.2006
Titelbild © 2006 UIP