Replay - Das zweite Spiel

(Replay)

Veröffentlichung: 2004 (1986), 391 Seiten

Autor: Ken Grimwood

Verlag: Heyne

Jeff Winston telefoniert gerade mit seiner Frau, als ihm ein plötzlicher Schmerz in seiner Brust die Luft abschneidet: Er erleidet einen Herzinfarkt und stirbt. Kurz darauf wacht er in seiner Collegewohnung auf. Nachdem er die ersten Anfälle an Desorientierung und Unglauben hinter sich gebracht hat, beginnt er langsam zu verstehen, was passiert ist: Anstatt sich einfach aus dem Leben zu verabschieden hat ihn sein Tod in seine eigene Vergangenheit zurückgebracht. Er ist jetzt wieder 17, und fast sein ganzes Leben liegt noch vor ihm - er kann es nun von neuem durchleben. Mit dem Wissen um seine Zukunft setzt er alles daran, Glück und Zufriedenheit zu erlangen - was ihm jedoch auch in seinem 2. Leben nicht für lange Zeit gelingt. Nachdem ihn - genau am selben Tag wie in seinem 1. Leben - erneut ein Herzinfarkt dahingerafft hat, erkennt er, dass diese Wiederholung kein einmaliges, sondern ein wiederkehrendes Phänomen ist. Und so durchlebt Jeff Winston sein eigenes Leben immer wieder aufs neue, und setzt alles daran, endlich glücklich zu werden...

In unserer heutigen Zeit ist die Idee, sein Leben (oder Ausschnitte davon) wieder und wieder zu durchleben, nichts Ungewöhliches mehr - nicht zuletzt, seitdem sich auch viele Filme wie „Und täglich grüßt das Murmeltier“, „12:01“ und „Butterfly Effect“ diesem Thema angenommen haben. Als Ken Grimwood diesen lang gehegten Traum 1986 zum allerersten Mal auf Papier bannte, war „Replay“ jedoch sehr wohl eine Innovation des Genres. Zeitreisen gab es zwar schon seit H.G. Wells Roman „Die Zeitmaschine“, nicht jedoch das Konzept, nicht mit dem Körper durch die Zeit zu reisen, sondern „nur“ mit dem Geist, und damit die Gelegenheit zu erhalten, Teile des eigenen Lebens neu zu (er)leben. Was Replay von einem üblichen SF-Roman noch zusätzlich unterscheidet, ist die Tatsache dass er sich kaum den wissenschaftlichen Aspekten des Phänomens widmet. Anstatt verkrampft zu versuchen, die Reise durch die Zeit mit irgendwelchen pseudowissenschaftlichen Theorien zu erklären, bleibt dieses Phänomen ein Mysterium. Stattdessen konzentriert er sich ganz auf die Auswirkungen, welche dieses Erlebnis auf die „Wiederholer“, insbesondere natürlich Jeff Winston, hat. Zu Beginn regieren vor allem Orientierungslosigkeit und Erstaunen, doch mit der Zeit gelingt es ihm nicht nur, das seltsame Ereignis des Zurückspringens zu akzeptieren, er findet auch wieder in sein altes Leben hinein - und erkennt dieses eigenartige Phänomen schon bald als Chance an, ein besseres Leben zu führen, wobei er jedoch immer wieder Rückschläge einstecken muss. Sein Wissen rund um wichtige Sportereignisse verhelfen ihm zwar zu schnellem Reichtum, doch seine Beziehung zu Sharla wird ihm schon bald zu oberflächlich, und als er versucht, die Liebe seines Lebens wieder für sich zu gewinnen, zeigt diese am reichen, großkotzigen Angeber der er durch seine veränderte Lebenssituation geworden ist, kein Interesse. Und gerade als er durch seine Tochter Gretchen wieder neues Glück gefunden hat, und obwohl er sämtliche Vorkehrungen trifft, rafft ihn genau zur gleichen Zeit wie in seinem ersten Leben wieder ein Herzinfarkt dahin. 

Der Verlust seiner Tochter führt dazu, dass er, vor allem zu Beginn seines 2. Replays, ein äußerst oberflächliches Leben führt, ohne sich lange mit einer anderen Person einzulassen. Worin läge denn darin auch der Sinn, wenn er doch genau weiß, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt die betreffende Person ohnehin wieder verloren wäre? Erst nach einem Beinahe-Flugzeugabsturz (und der Tatsache dass er sich nicht sicher war ob er auch bei einem frühzeitigen Tod wieder zurückkehren würde) lernt er das Leben wieder zu schätzen - lebt jedoch von dahin als Einsiedler. Erst ein völlig neuer Film der zu einem Riesenhit wird lässt ihn wieder aufwachen, hat er doch in seinen bisherigen Leben von „Starsea“ noch nie etwas gehört - und schon gar nicht, dass ein gewisser Steven Spielberg dabei Regie geführt hätte. Und so erkennt er, dass er nicht der einzige „Wiederholer“ ist, und lernt Pamela Phillips kennen, welche dem gleichen mysteriösen Phänomen unterworfen ist. Die Aussicht, jemanden kennen und lieben zu lernen, der nicht durch die nächste Wiederholung wieder verloren ist, lässt ihn neue Hoffnung für eine rundum glückliche Zukunft schöpfen - die sich jedoch schon bald zerschlägt. In der ersten Wiederholung wachsen die beide dadurch auseinander, dass sie von einem 3. Wiederholer erfahren, der offenbar verrückt ist und das ganze für ein Produkt von Außerirdischen hält, welche er mit grausamen Morden zu besänftigen versucht. Die Tatsache, dass er bei jedem Replay wieder und wieder tötet, nimmt Pamela sehr mit. Die beiden ziehen sich daraufhin aus der Gesellschaft zurück, und auch wenn die beiden schöne Monate und Jahre gemeinsam verbringen, so haben sie am Ende trotzdem das Gefühl, diese Wiederholung, dieses Leben verschwendet zu haben - und beschließen, es beim nächsten Mal besser zu machen.

Die Tatsache, dass sie mit jeder Wiederholung später in ihr früheres Ich springen (und sich somit die Dauer des Replays laufend reduziert) beginnt die beiden zunehmend zu beunruhigen, und sie beschließen, an die Öffentlichkeit zu treten. Doch dadurch machen sie alles nur noch schlimmer, und das nicht nur für sich. Die beauftragten Wissenschaftler können weder für das Phänomen an sich noch für die Verkürzung eine Erklärung finden, zugleich verlangt die amerikanische Regierung Informationen über zukünftige Ereignisse, die zu einer zunehmenden Entdemokratisierung der Vereinigten Staaten führen. Gegen Ende ihrer Wiederholung werden die Geheimdienste nicht nur deshalb ungeduldig und verstimmt, da die Zeitlinie mittlerweile so durcheinandergeraten ist dass die beiden kaum mehr zuverlässige Vorhersagen treffen können - eine Frustration die dadurch noch zusätzlich genährt wird, dass viele nie an das Phänomen des Wiederholens geglaubt haben und daher nicht einsehen wollen, warum die beiden plötzlich keine Voraussagen mehr treffen können oder wollen - und als die beiden erneut sterben lassen sie eine Welt zurück, die am Rande des 3. Weltkriegs steht. Auch in seiner letzten längeren Wiederholung findet er mit seiner Frau Linda zwar kurzfristig Glück, doch die Aussicht auf die wenigen Jahre die sie noch gemeinsam haben (und seine Weigerung, ein Kind zu zeugen) trüben selbst diese Beziehung. Grausam dann, als Jeff Winston von Tod zu Tod springt und diesen immer wieder erleben muss - bis das Phänomen auf so unerklärliche Weise wieder aufhört, wie es angefangen hat, und Winston wieder in sein altes, erstes Leben zurückkehrt. Unklar bleibt, wie es daraufhin weitergeht - auch wenn wir die Vergangenheit mit den Figuren oft durchlebt haben, diese "neue" Zukunft bleibt uns, wie auch den Protagonisten, verborgen. 

Fazit: So faszinierend diese Reise durch verschiedene Leben auch geraten ist, mit gerade mal 400 Seiten ist der Roman deutlich zu kurz um mehr als nur kurze Ausschnitte aus jedem Leben zu beleuchten. Und obwohl wir mit Jeff Winston mehrere Replays durchleben bleibt er uns doch irgendwie fremd, da Ken Grimwood selten Ausflüge in die Gedankenwelt seiner Figuren unternimmt. Diese beiden Gründe führen zu einer Distanz zwischen den Figuren und dem Leser, weshalb man trotz ihrer teils schrecklichen Schicksale nie so recht mit ihnen mitfühlt. Das ist aber auch schon der einzige Kritikpunkt, der bei „Replay“ negativ auffällt, während vor allem die innovative und faszinierende Grundidee sowie die interessante Entwicklung der Handlung gänzlich überzeugen können. 

Wertung:  (7/10)

Verfasser: cornholio

Veröffentlicht am: 12.09.2006

 

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