Stark

(The Dark Half)

 

Veröffentlichung: 2001 (1989), 514 Seiten

Autor: Stephen King

Verlag: Ullstein

Thad Beaumont ist ein anerkannter Schriftsteller, für die wirklich erfolgreichen und lukrativen Romane sorgt aber sein Alter ego George Stark. Doch nach Beendigung des 3. Stark-Romans beschließt der Autor, sein Pseudonym öffentlich zu Grabe zu tragen. Ca. eine Woche nach der inszenierten Beerdigung finden sich seltsame Spuren an Stark's angeblichem Grab. In der selben Nacht werden noch 2 Menschen ermordet. Für Sheriff Alan Pangborn ist Beaumont der Hauptverdächtige - doch dieser hat ein wasserdichtes Alibi. Nach einigen weiteren Opfern drängt sich schließlich ein schrecklicher Verdacht auf...

"Stark" war mein erster Roman von Stephen King - bisher kannte ich von ihm nur seine Kurzgeschichtensammlungen wie "Nachtschicht" und "Kabinett des Todes". Da man King ja einen ganz eigenen Stil nachsagt und ich eher ein Fan von Thrillern als von Horror bin (der realistischere Ansatz aus ersteren liegt mir irgendwie mehr - wobei ich das Horrorgenre sicher nicht grundsätzlich und allgemein verdammen will) hielt ich "Stark" für den idealen Einstieg meinerseits in die Romanwelt von Stephen King... klang die Inhaltsangabe doch nach einem recht realistischen und bodenständigen Thriller. Ich hatte erwartet, dass eventuell ein enttäuschter Fan von Stark hinter den Morden steckt, oder vielleicht (gar nicht so unüblich) Beaumont schizophren ist und selbst dahinter steckt. Nun... Kenner des Romans werden mich nun wohl ob meiner Naivität belächeln - hätte ich mit meinen Vermutungen doch kaum mehr danebenliegen können. Denn George Stark existiert tatsächlich - er entsteigt seinem Grab und rächt sich an allen, die an der Inszenierung über seinen Tod mitgewirkt haben. Und so entwickelt sich das, was für mich wie ein normaler Thriller geklungen hat schließlich zu einer lupenreinen Geister-Story. 

Ich muss zugeben, diese Wendung war für mich schon irgendwie ein Schock - nicht, weil ich mit übersinnlichen Horror-Elementen überhaupt nichts anfangen könnte, sondern weil ich einfach darauf überhaupt nicht gefasst war. Nichtsdestotrotz ist es dem 1. Teil des Romans gelungen, mich vollends zu überzeugen. Die Atmosphäre, die King hier aufbaut, ist wirklich sensationell. Ich denke eigentlich nicht von mir, dass ich allzu leicht einzuschüchtern wäre, aber nachdem ich gerade mit dem 1. Teil des Romans fertig war, viel es mir nicht leicht, mich mitten in der Nacht, wo überall im Dunkeln die Schatten lauern, zum Bett zurückzuschleichen und Schlaf zu finden. Hier hat es King wirklich geschafft, ein unheimliches Gefühl der Bedrohung aufzubauen.

Leider hat dann für mich im 2. Teil eine jener Schwächen zugeschlagen, für die King des öfteren kritisiert wird: Sein Hang, allzu weit auszuschweifen. So schleichen sich hier dann doch einige Längen ein und so kann dieser Teil des Romans insgesamt längst nicht so überzeugen, wie es dem 1. gelungen ist. King erzählt einfach manchmal Dinge, die er entweder gar nicht oder zumindest nicht so ausführlich aufgreifen müsste. Das beste Beispiel hierfür ist wohl das Kapitel "Stark wird aktiv": Bereits im Kapitel zuvor hat der Leser erfahren, dass Stark Thad's Familie entführt hat... dennoch hält es King für notwendig, dieses Ereignis auch aus der Sicht von Stark und der Familie noch einmal ausführlichst zu schildern - auf immerhin 25 Seiten. Ich weiß nicht, wie es anderen Lesern ergehen mag, aber ich empfand dieses Kapitel als recht unnötig - wir wissen bereits, dass Thad's Frau und Kinder entführt wurden, und auch die Tatsache, dass Stark sowohl ein gemeiner als auch berechnender und teilweise sogar übermenschlicher Gegner ist, wurde zuvor bereits deutlich gemacht. Wozu brauche ich also bei der Entführung auch noch "live" dabei zu sein? Hier wird der Lesefluss meines Erachtens unnötig aufgehalten, und eben dies führt zu den angesprochenen Längen. 

Dieser Eindruck wird wohl auch noch dadurch verstärkt, dass der Roman zu Beginn des 2. Teils etwas zu vorhersehbar wird: Nachdem die Morde an den für die Inszenierung Verantwortlichen vorbei sind, weiß man einfach, dass jetzt mal für eine Weile Ruhe ist, und im Endeffekt alles auf eine große, finale Konfrontation zwischen Beaumont und Stark hinausläuft - die natürlich aus dramaturgischen Gründen erst im 3. und letzten Teil des Romans stattfinden kann. Eben dies drückt auf die Spannung und verstärkt den Eindruck einiger Längen noch zusätzlich, so dass man sich schließlich auf einigen Seiten sogar dabei ertappt, sich ein wenig zu langweilen. Wenn es im 3. Teil dann schließlich langsam aber sicher zum Showdown kommt, nimmt die Spannung wieder zu, und der Roman wird wieder interessanter. Doch auch mit dem Showdown bin ich nicht so recht zufrieden - irgendwie war (zumindest für mich) zu offensichtlich, wie es ausgehen wird. King hat die Spuren zum Ende (mit den Sperlingen) etc. ein wenig ZU deutlich gelegt, was dazu führt dass man das Ende fast bis ins kleinste Detail erahnen kann. Da man sich noch dazu ziemlich sicher ist, dass es am Ende nur mehr ein Opfer geben wird, nämlich Bösewicht Stark, nimmt die Spannung zusätzlich ab. Nichtsdestotrotz gibt es in diesem Teil zumindest keine Längen, und da es von King gewohnt gut geschrieben wurde bleibt es trotz der Vorhersehbarkeit auch recht unterhaltsam. Dennoch, die Klasse des 1. Teils wird auch im letzten Teil des Romans leider nicht mehr erreicht...

Fazit: Angesichts des STARKen () und genialen 1. Teils ist der Rest des Romans schon eine kleine Enttäuschung. Nichtsdestotrotz dürften insbesondere Fans des "Meister des Horrors" bei diesem interessanten und spannenden Mystery-Thriller durchaus auf ihre Kosten kommen...

Wertung:    (6/10)

 

Verfasser: cornholio

 

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