ARGE Psychoanalytische Pädagogik (APP)


Die Arbeitsgemeinschaft Psychoanalytische Pädagogik (APP) wurde am 26. September 1996 von der Sigmund Freud-Gesellschaft, dem Wiener Arbeitskreis für Psychoanalyse und dem Alfed Adler-Institut des Österreichischen Vereins für Individualpsychologie mit dem Ziel gegründet, die Verbreitung und Entwicklung der Psychoanalytischen Pädagogik in Forschung, Theorie und Praxis zu fördern.

Geschichte:

Bereits in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts bemühten sich Schüler Freuds, den Wissensschatz der Psychoanalyse über die Entwicklung des Kindes und die Bedeutung unbewusster Seelenvorgänge für die Pädagogik nutzbar zu machen. Diese überaus fruchtbare Periode der sogenannten "Klassischen Psychoanalytischen Pädagogik", die ihr geistiges Zentrum im "Roten Wien" der Zwischenkriegszeit hatte, fand mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten und der Vertreibung der Psychoanalytiker ein jähes Ende. Zwar konnte die Psychoanalyse nach dem 2. Weltkrieg in Österreich und Deutschland wieder Fuß fassen, doch konzentrierte sie sich - in der Praxis als auch in der Theorieentwicklung - auf psychotherapeutische Fragestellungen.

Erst in den 80er Jahren erlebte die Psychoanalytische Pädagogik so etwas wie eine Renaissance. Im Rahmen der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE), der Dachorganisation deutschsprachiger Erziehungswissenschaften, etablierte sich eine eigenständige "Kommission Psychoanalytischer Pädagogik", in welcher einerseits an Universitäten lehrende Pädagogen, die an der Psychoanalyse interessiert waren und andererseits pädagogisch engagierte Psychoanalytiker ein Forum für den Austausch von Theorien, und Praxisprojekten fanden; in Wien wurde das Interfakultäre Institut für Sonder- und Heilpädagogik zu einem neuen Zentrum psychoanalytisch pädagogischer Lehre und Forschung; ebenfalls in Wien etablierte sich in Kooperation zwischen Universität und der Sigmund Freud-Gesellschaft ein postgradualer Ausbildungslehrgang zum/r "Psychoanalytisch-pädagogischen ErziehungsberaterIn"; in Frankfurt entstand der "Frankfurter Arbeitskreis für Psychoanalytische Pädagogik", der sich der Fortbildung von BerufspädagogInnen widmete; zahlreiche Publikationen erschienen und neue Publikationsorgane (z.B. das seit 1991 erscheinende "Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik") wurden ins Leben gerufen - um nur einige der zahlreichen Institutionen zu nennen.

Im einzelnen widmet sich die APP


den Möglichkeiten der Anwendung des psychoanalytischen Kenntnisschatzes in unterschiedlichen pädagogischen Bereichen in Forschung, Theorie und Praxis;
der Weiterführung und dem Ausbau der psychoanalytisch-pädagogischen Erziehungsberatung;
der Ausbildung zum/zur psychoanalytisch-pädagogischen Erziehungsberater/in;
der Entwicklung von Weiterbildungsangeboten für diverse Berufsgruppen, die mit Kindern zu tun haben;
der Durchführung von Vorträgen und Fortbildungsveranstaltungen für Eltern,
der Förderung der Kommunikation und Kooperation mit anderen psychoanalytisch-pädagogisch arbeitenden Institutionen oder Einzelpersonen im In- und Ausland.


Der Schwerpunkt der Aktivitäten der APP liegt in dem Bemühen, auch in der außeruniversitären pädagogischen Praxis psychoanalytisch geleitete Impulse zur Veränderung und Fortentwicklung pädagogischer Sichtweisen, Inhalte und Methoden zu setzen:


im familiären Alltag;
im Kindergarten, in Schulen und Heimerziehung;
in der Arbeit mit Behinderten;
in der Elternarbeit von Erziehungs- und Familienberatungsstellen und anderen pädagogischen Institutionen;
im Umgang von Jugendämtern, Jugend- und FamilienrichterInnen mit Heranwachsenden und deren Familien


Vorstand:
Univ. Doz. Dr. Helmuth Figdor
a.o. Univ. Prof. Dr. Wilfried Dattler



Erziehungsberatung im Verständnis der APP

Unzufriedenheit, Ohnmacht oder das Gefühl gescheitert zu sein, gehört zu den geradezu alltäglichen Erlebnissen von Eltern, ErzieherInnen und LehrerInnen. Warum sich die Aufgabe, Heranwachsende zu erziehen und zu bilden als so schwierig entpuppt, hat einen Hauptgrund darin, dass an den pädagogischen Beziehungen und der psychischen Entwicklung unbewußte Seelenvorgänge einen großen Anteil haben - und zwar sowohl auf Seiten der Kinder als auch auf Seiten der Eltern und der PädagogInnen.

Die APP hat es sich zur Aufgabe gestellt, den großen Kenntnisschatz der Psychoanalyse, der bislang fast ausschließlich in der Psychotherapie genutzt wird, auch auf Fragen des pädagogischen Alltags anwendbar zu machen und die dabei gewonnenen Einsichten Eltern und PädagogInnen zur Verfügung zu stellen und zwar:

- im Rahmen von Erziehungsberatungsstellen
- in Form von Vorträgen oder
- anderen Fortbildungsveranstaltungen.

Was bietet die psychoanalytisch - pädagogische Erziehungsberatung?

Die ErziehungsberaterInnen der APP sehen ihre Hauptaufgabe nicht darin, "gute Ratschläge" zu erteilen. Denn erstens einmal haben die Eltern schon alles Mögliche, jedoch ohne Erfolg versucht; zweitens haben "Rezepte" keinen Sinn, wenn sie nicht wirklich auf das Problem des Kindes abgestimmt sind; drittens hätten Erziehungsratschläge nur dann eine Aussicht auf Erfolg, wenn die vorgeschlagene Maßnahme und die Gefühlssituation der Beteiligten zusammenpassen. (Der Rat etwa, mit dem Kind, statt zu schimpfen, in Ruhe über seine Beweggründe zu reden, ist natürlich völlig sinnlos, wenn das Kind trotzt und nicht zuhört, aber auch dann nicht realisierbar, wenn das Kind es schon geschafft hat, den Vater / die Mutter zornig zu machen.)

Wir gehen davon aus, dass "Erziehungsschwierigkeiten" - darunter fallen Verhaltensauffälligkeiten, sogenannte "Hyperaktivität", Beziehungskonflikte, Lernschwierigkeiten, Einnässen, Einkoten, Wutanfälle, depressive Verstimmung, Schüchternheit, Angst usw. - Symptome, d.h. nur der Ausdruck eines darunterliegenden Problems sind, welch das Kind mit sich selbst, seinen Bezugspersonen oder seiner Umwelt hat. Dementsprechend geht es zunächst nicht darum, das Symptom, das unmittelbar störende Verhalten mit Hilfe von " Rezepten" bzw. Ratschlägen zu beseitigen, sondern zunächst um die Entdeckung des Problems und dann um die Suche nach Möglichkeiten, dem Kind bei der Lösung dieser Probleme hilfreich sein zu können.

Das heißt: Am Ende dieser diagnostischen Prozesse sind die Eltern selbst zu "Experten" geworden, die ihr Kind nun verstehen können. Und weil sie es verstehen können, kommen sie auch in die Lage (mit Hilfe des Erziehungsberaters), dort etwas zu verändern, wo das wirkliche Problem liegt.


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