Polly
Adler im "Kurier"
Ich habe mir ein Strafausmaß von
zwei Wochen Fernsehverbot und Erstellung eines Petit
Point-Zierkissens bei trübem Licht zugedacht, sollte ich sie noch
einmal einem Mann stellen, diese Frage. Die da lautet: "Hast du mich
noch lieb?
Zweitens
klingt das Wort Liebhaben nach etwas, was man für Haustiere verwendet,
aber Alternativen drängen sich nicht gerade auf, "Liebst du mich
noch?" hat so einen melodramatischen Alles‑oder‑nichts‑Touch.
"Verspürst du noch tüchtig Zuneigung für mich?" bringt's mit seiner
Hausbackenheit schon gar nicht. Und erstens jetzt einmal abgesehen
von Formalismen: Die Frage, die der Überprüfung der emotionalen
Zugewandtheit eines Lebensabschnittspartners dient, kommt in jedem
Fall der Eröffnung einer Schlacht gleich, die nicht zu gewinnen ist.
Für uns Damen nämlich.
Denn in der
Regel lieben wir bedingungs‑ und hemmungsloser, als Männer dazu
imstande sind. Und wollen damit verbal auch überhaupt nicht hinterm
Berg halten. Der Mann an sich findet, dass seine Anwesenheit schon
Liebesbeweis genug ist. Was muss da noch groß die Farbkarte der
Zuneigung bebrabbelt werden? Man isst, schläft und streitet um
dieFernbedienung. Eine Frau, die einen da mit Fragen wie "Schmeckt's
dir? " ,
"Hättest
du mich auf der Titanic in die ersten
Rettungsboote geschubst? " oder eben "Hast du mich noch lieb?"
enerviert, kann nur stimmungstötend wirken.
Dabei wären
wir selbst durch mittelklassige Gefühlsbekenntisse wie etwa ein
schlichtes "Schön, dass es dich gibt“ schon korrumpierbar. Es muss ja
nicht gleich den Tatsachen entsprechen. Wie sagte schon
Maximilian Schell,
ein erwiesener Kenner des weiblichen
Gemüts: im Leben eines jeden Mannes kommt der Moment der Wahrheit und
dann heißt es: Lügen, lügen, lügen." Und alle Beteiligten hätten was
davon.
Kommentar im "Kurier"
Sie
ist 17, sieht aus wie ein Model und will sich die Brust vergrößern
lassen.
Ihr
Freund, fett wie vier Burger, findet das sehr okay.
Und man selbst sitzt vor
der
Glotze, sinniert über uralte Rollenbilder und ärgert sich.
"Beauty Klinik" heißt eine neue Reihe auf RTL , die Jugendliche vor,
während und nach Schönheitsoperationen begleitet.
Tonfall: Cool. Schnitt:
Wie ein Videoclip. Kritischer Ansatz: Brauch ma nicht.
Nächste Kandidatin: Eine bildhübsche 20‑Jährige lässt sich den
Babyspeck vom Bauch absaugen.
Ist es Zufall, dass
beide Mädchen Shirts mit dem gleichen Werbeaufdruck tragen? Werden sie
die gleichen Brüste tragen, wenn der Bauch weg ist und das Silikon
drin?
"Bauch rein, Brust raus", forderten einst unsere Großmütter.
Haltung sollten wir
bewahren. Heute hat die Haltung Pech: Sie ist nicht kultig.
Man
ärgert sich. Denkt an junge Menschen, die für den Frieden marschierten.
An
engagierte Studenten in der Hainburger Au.
Warum wirken die jungen
SelfStyler von heute nur so unsympathisch? Dass sich Leute für nichts
anderes interessieren als für Fun und ihr kostbares Ego: Das hat es
immer schon gegeben.
Aber warum
kriegen die jetzt so viel Platz im Fernsehen?