Juttas Mathe-Newsletter

Nr. 3 / November 2004

Primzahlen

Eine Primzahl ist bekanntlich eine natürliche Zahl > 1, die nur durch 1 und sich selbst teilbar ist. (Alle anderen natürlichen Zahlen heißen zusammengesetzte Zahlen.) Über diese Zahlen ist schon sehr viel bekannt, aber es gibt auch noch viele ungelöste Fragen.

Die einfachste Methode, um alle Primzahlen bis zu einer beliebigen Zahl n zu finden, ist das Sieb des Eratosthenes: Man schreibt alle natürlichen Zahlen von 2 bis n auf. Dann streicht man zuerst alle Vielfachen von 2, dann die Vielfachen von 3, von 5 usw. Zum Schluss bleiben nur die Primzahlen stehen. (Genauere Erklärung auf http://www.arndt-bruenner.de/mathe/scripts/eratosthenes.htm.)

Dabei stellt man sehr schnell fest, dass die Primzahlen in höheren Zahlbereichen immer seltener werden. Da fragt man sich, ob sie irgendwann ganz aufhören. Aber schon Euklid hat bewiesen, dass es keine grösste Primzahl gibt - zu jeder Menge von Primzahlen kann man immer eine noch größere finden. Mit anderen Worten, es gibt unendlich viele Primzahlen.

(Genauer gesagt, beträgt π(n), die Anzahl aller Primzahlen bis n, ungefähr n/ln(n).)

Ein anderes interessantes Phänomen sind die Primzahlzwillinge: Paare von Primzahlen, die sich um 2 unterscheiden, z.B. (3,5), (5,7), (11, 13), (17,19), (29,31), ... Es wird angenommen, dass es auch davon unendlich viele gibt, aber das konnte bis heute nicht bewiesen werden. Im Juni dieses Jahres hat ein amerikanischer Mathematiker einen Beweis vorgelegt, aber inzwischen hat man darin einen Fehler gefunden. Die Frage bleibt also noch offen.

Und weil wir gerade bei unbewiesenen Vermutungen sind: Der Mathematiker Christian Goldbach (1690 - 1764) schrieb 1742 an Leonhard Euler (1707 - 1783), seiner Meinung nach könnte jede gerade Zahl als Summe von zwei Primzahlen dargestellt werden. Auch diese Annahme, die Goldbachsche Vermutung, konnte bis heute nicht bewiesen werden. Man hat aber schon alle geraden Zahlen bis 6·1016 überprüft und kein Gegenbeispiel gefunden.

Leider kann man eine mathematische Aussage nicht nur dadurch beweisen, dass man sie an vielen Beispielen überprüft. Dass das daneben gehen kann, zeigt folgende Folge, die auch von Euler entdeckt wurde:

a(n) = n² - n + 41

Setzen wir probehalber einige Zahlen ein, so erhalten wir lauter Primzahlen:
a(1) = 41, a(2) = 43, a(3) = 47, a(4) = 53, ... a(10) = 131, ...
Haben wir eine Folge gefunden, die lauter Primzahlen erzeugt? Leider nein, denn das funktioniert nur bis n = 40. Für n = 41 erhalten wir a(41) = 41², also eine zusammengesetzte Zahl.

Wir wollen uns jetzt zwei spezielle Arten von Primzahlen genauer anschauen. Dazu brauchen wir zwei Formeln für die Zerlegung von Polynomen:

(1) an - bn = (a - b)(an-1 + ... )       (gilt für alle n)

(2) an + bn = (a + b)(an-1 - ... )       (gilt nur für ungerade n)

Mersennesche Primzahlen

Der Jesuitenpater Marin Mersenne (1588 - 1648) beschäftigte sich mit Zahlen der Form

Mn = 2n - 1

Eine solche Zahl können wir nach der Formel (1) immer zerlegen in (2 - 1)(2n-1 + ...), aber weil 2 - 1 = 1, erhalten wir dadurch keine Zerlegung in kleinere Faktoren. Wenn aber n selbst zusammengesetzt ist, z.B. n = ab, können wir schreiben:

2n - 1 = 2ab - 1 = (2a)b - 1 = (2a - 1)((2a)b-1 + ... )

Das ist auf jeden Fall eine zusammengesetzte Zahl. Eine Mersennesche Zahl kann also nur dann eine Primzahl sein, wenn n eine Primzahl ist.

Die ersten dieser Primzahlen lauten:

M2 = 22 - 1 = 3
M3 = 23 - 1 = 7
M5 = 25 - 1 = 31
M7 = 27 - 1 = 127
M13 = 213 - 1 = 8191
M17 = 217 - 1 = 131071
M19 = 219 - 1 = 524287

Mersenne fand heraus, dass Mn für n = 2, 3, 5, 7, 13, 17, 19, 31 und 257 prim ist. Inzwischen hat man noch weitere Primzahlen dieser Form gefunden - wenn eine sehr große Primzahl entdeckt wird, ist es meistens eine Mersennesche Primzahl. Die Entdeckung von M11213 war der amerikanischen Post einen eigenen Poststempel wert:

Die größte derzeit bekannte Primzahl, die 41. Mersennesche Primzahl, ist

224036583 - 1

Dieses Zahlenmonster wurde im Mai 2004 entdeckt und hat über 7 Millionen Stellen.

Vollkommene Zahlen

Als vollkommene Zahl bezeichnet man eine Zahl, die gleich der Summe ihrer echten Teiler ist (also alle Teiler außer der Zahl selbst), z.B.

  6 = 1 + 2 + 3
28 = 1 + 2 + 4 + 7 + 14

Die Griechen kannten außerdem schon die vollkommenen Zahlen 496 und 8128. Euklid hat gezeigt, dass eine gerade vollkommene Zahl von der Form

2n-1·(2n - 1)

ist, wobei 2n - 1 eine Primzahl ist. Die vollkommenen Zahlen hängen also eng mit den Mersenneschen Primzahlen zusammen. (Ob es auch ungerade vollkommene Zahlen gibt, ist nicht bekannt.)

Mehr zum Thema "Vollkommene Zahlen und Mersennesche Primzahlen":
http://www.zum.de/Faecher/Materialien/dorner/manuskripthtml/vollkommenezahlen/vollz.html

Fermatsche Primzahzlen

Mersenne korrespondierte mit vielen Wissenschaftlern seiner Zeit, darunter auch Pierre de Fermat (1601 - 1665). Ihm verdanken wir einige wichtige Sätze aus der Zahlentheorie. Er stellte auch viele Vermutungen auf, von denen manche später bewiesen wurden, andere sich als falsch herausstellten. (Die berühmte "Fermatsche Vermutung", dass die Gleichung an + bn = cn für n > 2 keine ganzzahligen Lösungen hat, wurde erst 1994 von Andrew Wiles bewiesen.) Unter anderem suchte er nach Primzahlen der Form

2n + 1

Eine solche Zahl kann nach Formel (2) zerlegt werden, wenn n ungerade ist. Aber auch wenn n gerade ist, aber einen ungeraden Teiler hat, ist eine Zerlegung möglich ist. Ist z.B. n = ab und b ungerade, so können wir schreiben:

2n + 1 = 2ab + 1 = (2a)b + 1 = (2a + 1)((2a)b-1 - ... )

Eine Fermatzahl kann also nur eine Primzahl sein, wenn n nur gerade Teiler hat, das heißt, wenn n eine Potenz von 2 ist. Das bezeichnet man als Fermatsche Primzahl:

Fk = 22k + 1

Die ersten fünf dieser Zahlen lauten:

F0 = 220 + 1 = 3
F1 = 221 + 1 = 5
F2 = 222 + 1 = 17
F3 = 223 + 1 = 257
F4 = 224 + 1 = 65537

Fermat nahm an, dass alle Zahlen dieser Form Prinzahlen seien. Aber Euler konnte 1732 zeigen, dass F5 durch 641 teilbar ist. Auch alle anderen Fermatzahlen, die man inzwischen untersucht hat (bis F11) sind zusammengesetzt. Heute nimmt man an, dass es nur die fünf oben angegebenen Fermatschen Primzahlen gibt. Mit dieser Vermutung hat sich Fermat also geirrt.

Carl Friedrich Gauß (1777 - 1855) entdeckte 1796, dass ein regelmäßiges n-Eck mit Zirkel und Lineal konstruiert werden kann, wenn n eine Fermatsche Primzahl ist. Damit werden wir uns ein anderes Mal ausführlicher beschäftigen.

Mehr zum Thema "Fermatsche Primzahlen": http://www.zum.de/Faecher/Materialien/dorner/manuskripthtml/chinrs2/fermatzahlen.html

Eine schöne Adventzeit ohne allzuviel Stress wünscht euch

Jutta


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