DER APRIL 1961

6. Jahrgang, Heft 5

 

Das Repertoire im Monat April bot noch immer keinen Anlaß zu Jubelschreien, wenn man nicht die großartige Parsifal-Premiere und die erfreulichen Höhepunkten im Opernalltag, wie Figaro und Othello, als totale Wiedergutmachung nehmen und die Schatten vergessen will, die sich über die Mehrzahl der anderen Abende mehr oder weniger breiteten. Schattengewächse, die immer wieder und immer von Neuem in Planungsmängeln wurzeln. Außerdem bestätigten diese letzten vier Wochen, daß jene, die auf Herrn Conz als neuen Hausdirigenten tippten, auf einen Außenseiter setzten, der nicht über die Hürden kam. Auch wird kaum einer der Opernliebhaber, der die Premiere von Orffs Oedipus der Tyrann besuchte, das Haus bei gleichem Anlaß freiwillig nochmals betreten.

 

PARSIFAL am 1. April als Osterpremiere

in Regie und unter musikalischer Leitung von Herbert von Karajan

Es wiederholt sich stets: Sobald Herbert von Karajan eine Premiere herausbringt, folgt er dabei einem fest umrissenen und bis ins Letzte durchdachten Konzept, das er kompromißlos durchführt. Und dieses Konzept zwingt immer zur Bewunderung der virtuosen geistigen Kapazität, mit der es erfaßt und verwirklicht wird. Daß Karajans Premieren zur Stellungnahme und Diskussion herausfordern, spricht nicht gegen sie, sondern für sie, denn nur etwas, das Gewicht in sich trägt, löst Begeisterung auf der einen, Widerspruch auf der anderen Seite aus. Was die geschlossene Einheit von Karajans Regie und musikalischer Interpretation - und bestechend vorhanden ist diese Einheit fast immer - so eindringlich und mitreißend macht, ist die Zeitnähe seiner Aussage. Man vernimmt sie im Konzertsaal ebenso, wie man sie in der Oper optisch und akustisch spürt. Und daß Karajan der prominenteste Dirigent seiner Epoche wurde, liegt in diesem Phänomen begründet, daß aus ihm und in ihm sich alles das repräsentiert, was unser Zeitgefühl ausmacht, und dies in positivem Sinn. Denn Karajan ist wohl Repräsentant des geistigen Ringens unserer Gegenwart, jedoch mit dem Willen zum Aufbau und nicht zum Destruktiven.

Von allen Premieren, die wir bisher von ihm hörten, war keine so erschütternd gegenwärtig wie die des Parsifal. Dies lag in der Thematik des Werkes ebenso begründet, wie in den Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Um Mißverständnissen vorzubeugen, wollen wir vorwegnehmen, daß wir dabei nicht in erster Linie an sämtliche Raffinessen der optischen und akustischen Wunder der Technik denken, deren Karajan sich allerdings bediente. Denn wenn es auch im vorerwähnten Sinn typisch für seine Persönlichkeit ist, daß er im Gegensatz zu den meisten anderen ausübenden Musikern der modernen Technik äußerst aufgeschlossen gegenübersteht und sich lebhaft für sie interessiert, sie auch nützt, so ist dies wohl ein Beweis für das vorhin Gesagte, doch ist dieses Charakteristikum natürlich der geistigen Aussage untergeordnet. Da Karajan nie mit irgend jemandem über seine Ansichten zu sprechen pflegt, können wir also nur das feststellen, was tatsächlich zum Ausdruck kam, und daher nicht über sein Wollen, sondern nur über das Resultat seiner Bemühungen urteilen. Dies allerdings vermittelte uns den Eindruck, daß Karajans Parsifal bewußt entrückt wurde, aber in einem ganz anderen Sinn wie der in Bayreuth. Wieland Wagners Inszenierung, gemeinsam mit der musikalischen Leitung von Hans Knappertsbusch ist monumental und zeitlos überhöht, Karajans Parsifal mutet an wie ein Blick in die Wunderwelt einer uns verschlossenen Ferne und Monsalvat ist tatsächlich unerreichbar unseren Schritten. Das Geheimnis der Erlösung ist die Botschaft einer uralten Verheißung, zu der die nahe Beziehung verlorenging, aber die Sehnsucht zu ihr vertieft wurde.

Eindringlich lebendig wird dieses Empfinden schon rein von der Bühne her (in Dekorationen von Heinrich Wendel). Wer hier von Anlehnung an Bayreuth spricht, unterliegt einem großen Irrtum. Das Leermachen der Szene in Bayreuth, das Entrümpeln der Regie diente dort zur Verdichtung der Mystik in bewußt erzwungener Eindringlichkeit. Hier in Wien wurde ein verschlossenes Buch aufgeschlagen, die Kunde einer alten Sage lebendig gemacht und ihren Gestalten Leben verliehen. Mit Hilfe dar Lichtorgel gelang Karajan dies meisterhaft. Die Orgel zauberte das Irreale um das Bühnenbild, sie gebrauchte nur die zweckentsprechende Farbenskala in gekonnter Beschränkung und legte den Mantel des Unwirklichen um das Geschehen auf der Szene, wie es ansonsten auf dem Theater kaum auszudrücken möglich ist. In feinster Übereinstimmung wurde der akustische Eindruck angeglichen: die Chöre in der Gralsburg trugen den Stempel körperlich losgelöster Stimmen, den Hauch des Wunderbaren schlechthin, während die Glocken der Gralsburg durch den Verstärker die Ränge des Hauses förmlich mitschwingen ließen, als würden sie so Besitz ergreifen wollen vom letzten Besucher auf dem letzten Platz. Geradezu märchenhaft mutete auch das durch die Lichteinwirkung bedingte Aufleuchten und Wandeln im Farbton der Mäntel der Gralsritter an, vor allem das purpurnen Umhangs des Gralskönigs. Selbst im zweiten Akt hielt sich Karajan streng an dieses Prinzip: Klingsors Zaubergarten war ein Spiel der Schatten, das leuchtenden Tönen auch hier keinen Raum ließ, das Schemenhafte betonte. Und der Karfreitagszauber blieb ein Ahnen in den vertieften Glanz der grünen Lichteinwirkung, Verkündigung, die über der optischen Verwirklichung liegt.

Wer hätte dies begreiflich machen und ausfüllen sollen, wäre nicht der Regisseur selbst am Dirigentenpult gestanden? Karajan konnte es, ja mehr als das, er erzwang es, wie dies sich an Hand einiger Beispiele beweisen läßt. Was in der Führung der Sänger zunächst auffiel, war die Tendenz, sie nicht zu überhöhen sondern zu vermenschlichen, was gerade beim Parsifal ein äußerst schwieriges Unterfangen ist.

Eberhard Wächters Amfortas stand lange nicht sosehr in Mittelpunkt wie in Bayreuth, und dies nicht etwa – wir möchten es eigens betonen – auf Grund verminderter Leistung. Karajans Parsifal verträgt keinen Amfortas, der so etwas wie einen überhöhten Tristan darstellt. Im Grunde genommen wurde er von Richard Wagner ja auch nicht als Held gezeichnet. Er ist ein schwacher und leidender Mensch, einer, der von Glaubenwollen und Nichtglaubenkönnen, vom Willen zur Kraft und Resignieren in Schwäche beherrscht wird. Er ist weniger prächtig als menschlich. Es spricht für Wächter, wie bruchlos er sich dieser Auffassung einordnete, darstellerisch wie gesanglich.

In diesem Rahmen wendet sich Karajans besondere Anteilnahme auch einem Parsifal zu, der als Nicht-Wisser doch Ahnender (er kniet in der Gralsszene des ersten Aktes!) in die Irre geht, nachdem er aus der Irre gekommen war. Auch er kein strahlender Erlöser, nur einer, der bestanden hat. Auch ihm hat der Dirigent mehr als einmal die heldischen Farbtöne zurückgenommen, zugunsten des verinnerlichten Ausdrucks. Diesen hat Fritz Uhl überraschend gut getroffen, auch das Besinnen und Sich-Finden im zweiten Akt. Allerdings fehlt ihm für die Partie des „reinen Toren" die Naivität. Man hat überhaupt den Eindruck, sein Gebiet läge eher im Charakterfach, weshalb er es mit den Helden ein wenig schwerer hat. Immerhin sang er den Parsifal zum ersten Mal. Es können also noch neue Zwischentöne hinzukommen. Stimmlich erwies sich ebenso wie bei Eberhard Wächter (und auch beim Klingsor von Walter Berry), wie enorm anstrengend die Partien sind: Man hatte bei den Genannten den Eindruck, daß diese Partien nicht viel länger hätte dauern dürfen.

Hans Hotters Gurnemanz hatte natürlich nicht mit diesem Problem zu kämpfen, dem junge Künstler bei Wagner immer wieder begegnen. Interessant war es, wie sich Hotter, Darsteller großer Herrennaturen, sei es im Guten oder im Bösen, bemühen mußte, mit dieser typisch väterlichen tiefen Baßrolle fertigzuwerden, was sich bei ihn, im ersten Akt in ungewohnt starker Gestikulation und im dritten (wenn er als gebeugter alter Mann erscheint) in ebenso ungewöhnlich viel Maske auswirkte. Aber seiner überzeugenden Künstlerschaft gelang natürlich auch die Charakterisierung des treuen Dieners. Und im herrlichen Gesang erloschen vollends die Zweifel, ob ihm die Partie auch „läge"?.

Die schon vorher als Snobismus hingestellte Zweiteilung der Partie der Kundry erwies sich als geglückt. Durch Elisabeth Höngen verkörpert, erhielt die geheimnisvolle Gestalt der wilden Reiterin stärksten Ausdruck. Ihre Verwandlung in die Urteufelin und Höllenrose auch tatsächlich durch die Verwandlung in eine andere Sängerin – Christa Ludwig – wiederzugeben, ist gar nicht einmal so weit hergeholt, wie es ursprünglich erschienen war, zumal beide Künstlerinnen ein helles Timbre haben, das bei Frau Höngen schlank und keusch, bei Frau Ludwig zwar schlank, doch sinnlich ist. Es ist für Karajans guten Geschmack charakteristisch, daß er sich in der Verführungsszene der Kundry auf das sinnliche Timbre der Frau Ludwig stützte, die diese Szene so herrlich sang, wie wir sie noch nie gehört haben. Denn die optische Realisierung stößt hier auf unüberwindliche Schwierigkeiten. In der Gestalt liegt sehr viel neunzehntes Jahrhundert, sehr viel Persönliches, so viel mit gewissen philosophischen Richtungen des vergangenen Säkulums Vollgepfropftes, daß eine realistische oder nur überhöhte Darstellung auf die größten Schwierigkeiten stößt. In Bayreuth selbst sind diese Probleme nicht weniger bedeutend. Noch keine Kundry kam dort an Martha Mödl heran, die die Verführung ja auch in der Stimme hat und sie nicht spielt. Hier zum Trost sei denjenigen Wagnerianern, die es störte, daß Frau Ludwig eigentlich keinen Wagner spielte, gesagt, daß sie ihre Gesten und Gänge fließend aus der Musik und nicht so sehr aus dem Text heraus entwickelt hat, was ja wohl kein Unglück ist. Das Problem ist nicht so einfach, aber es wurde hier befriedigend gelöst. Bis auf die leidige Frage der Kostümierung der Blumen, die wohl nicht so bald jemand beantworten wird. Walter Berrys Klingsor enttäuschte etwas, nicht zuletzt deshalb, weil wir uns in dieser Partie Wunderdinge von ihm erwartet hatten. (Das soll man eben nie.) Seine prächtige Stimme besitzt – man merkt es immer wieder – keinerlei dämonischen Charakters. Wenn er versucht, diesen künstlich einzuführen, wirkt er nicht glaubhaft.

Die Blumenmädchen bedürfen noch besonderer Erwähnung. Sie traten auf (besser: nicht auf, denn sie blieben hinter der Szene.) in der Superbesetzung Gundula Janowitz, Hilde Güden und Biserka Cvejic in der ersten Gruppe; Anneliese Rothenberger, Gerda Scheyrer und Margareta Sjöstedt in der zweiten Gruppe, wobei überraschenderweise nicht einer der Berühmten, sondern dem jungen Geheimtyp Gundula Janowitz die Palme gebührt.

Lediglich einen Kritikpunkt müssen wir anbringen: Die Übertragung der Gralschöre durch Lautsprecher rief zwar bei der Abendmahlszene im ersten Akt eine märchenhafte, wirklich erhabene Stimmung hervor, dafür fehlte der gewaltige Ausbruch tiefsten Leides, gewaltiger Drohung im dritten Akt an der Bahre Titurels. Der dünne Kreis der Gralsritter, die durch Lautsprecher übertragenen Stimmen, lassen hier kalt. Und das gewaltige Anschwellen des Orchesters allein vermag das Gleichgewicht nicht herzustellen.

In diesem Parsifal war der Gesamteindruck ein gewaltiger, und der Superlativ dafür daher mehr als gerechtfertigt. Ob man Karajans Auffassung bejahen will oder verneinen, liegt in der inneren Einstellung des Einzelnen verankert. Aber daß sie erfüllt und getragen wird von Not und Reichtum der Gegenwart, daß die musikalische Schönheit noch dazu unübertrefflich war, das muß jedem klar werden, der Aug und Ohr hat, um zu sehen und zu hören.

Die Parsifal-Premiere bot auch den Anlaß, sich einmal mit dem Thema Tradition auseinanderzusetzen. Die Tradition will es, daß Parsifal hier mit feierlicher Stille und nicht mit Applaus bedacht werde. Im Haus am Ring entspann sich so etwas wie ein Duell zwischen jenen, die der Meinung huldigen, das Bühnenweihespiel verlange andächtige Ruhe im Publikum, und der anderen Gruppe, die behauptete, Parsifal wäre ein Oper wie jede andere und berechtige dazu, dem Theater zu geben, was des Theaters ist, nämlich Beifall. Ohne der einen oder anderen Gruppe das Wort reden zu wollen, müssen wir an dieser Stelle vermerken, daß der wütende Ruf eines engagierten Vertreters des ehrfürchtigen Schweigens, der ein rachedürstendes „Skandal" in den Zuschauerraum schrie, uns würdeloser erschien, als der Beifall.

 

AIDA am 2. April

Ein Vorspiel hinter den Kulissen war am Ostersonntag bedeutend aufregender als die Wiedergabe des Vorspiels zu Rotts verdunkeltem Ägypten unter Berislav Klobucars musikalischer Leitung. Dimiter Usunow war indisponiert und wollte bereits am Aufführungstag um 11 Uhr vormittags absagen. Das riß das wahrscheinlich noch von der Parsifal-Premiere hergenommene Generalsekretariat und die Regiekanzlei aus dem Schlaf. Einer der Subdirektoren bat den Tenor inständig, den Abend zu retten, denn wo sollte man am Ostersonntag einen Radames auftreiben? Und Usunow, als wahrer Gentleman, erklärte sich bereit, den Abend der Staatsoper zuliebe trotzdem zu singen, selbstverständlich in der Annahme, daß er, wie dies allerorts üblich, vor Beginn der Vorstellung entschuldigt werde. Ob dieser Fairneß waren aber die amtwaltenden Herren anscheinend so entzückt, daß sie auf Ostereiersuche gingen und auf den armen Usunow vergaßen! Am Abend war keiner der Chefs im Hause, und niemand entschuldigte den Tenor. Ja man machte sich nicht einmal die Mühe, zu diesem Zwecke den Lautsprecher des Hauses in Aktion treten zu lassen. Das Publikum stellte zwar sofort nach wenigen Takten richtig fest, daß der Sänger heiser war. Aber die Direktion ließ seelenruhig das ausverkaufte Haus über Usunows gute Tat im Unklaren und verstieß gegen die bescheidensten Anstandsregeln einem Gast gegenüber. Nun zur Aufführung selbst: Luisa Maragliano sprang für Gré Brouwenstijn ein und feierte damit ihren Einstand auf der Bühne der Staatsoper, wo es nicht wie an der Wiener Volksoper, wo sie verpflichtet ist, verpönt ist, sich der eigenen Muttersprache zu bedienen. Die junge und vielversprechende Sängerin verfügt über einen mächtigen Sopran, der typisch italienisch geschult ist und zuweilen in der Höhe die Merkmale der italienischen Schule (nämlich die Schärfe) besitzt. Die Mittellage ist sehr schön durchgebildet, nur in der Tiefe bleiben derzeit noch einige Wünsche offen. Es müßte ihr gelingen, den leicht vulgären Einschlag in dieser Lage auszumerzen. Ein Italienimport via Volksoper, der sich als Erfolg entpuppte. Regina Resnik war in Gebärde, Ausdruck und Gesang eine wahre Königstochter und erwies sich als eine Meisterin der Phrasierung. Aldo Prottis „Suo Padre" schien kein Ende zu nehmen. Der Bariton befindet sich derzeit in Höchstform und ihm gebührt der Hauptanteil an der spannungsreichen Nilszene. Walter Kreppel imponierte durch seine mächtige Stimme, die in der Gerichtsszene fast den Raum zu sprengen drohte. Berislav Klobucar dirigierte mit viel unmotivierten Temposchwankungen und vermochte in musikalischer Hinsicht nur wenig Spannung zu erzielen. Sehr schwach war der Chor.

PARSIFAL am 3. April

Die erste Reprise fand in der Premierenbesetzung statt. Man konnte wieder die Größe des Konzeptes bestaunen. Die Sänger erreichten durchwegs ihre Premierenform. Diese übertraf zeitweise noch Herbert von Karajan mit den herrlich spielenden Wiener Philharmonikern.

CAVALLERIA RUSTICANA und DER BAJAZZO am 4. April

Interessant beim Vergleich der drei April-Aufführungen ist das Schwanken der einzelnen Sängerleistungen in denselben Partien. Ein lehrreiches Beispiel dafür, wie viel oftmals die Tagesverfassung eines Künstlers ausmacht. Verständlich, schließlich stehen ja – und dies gottlob! – keine Gesangsmaschinen auf der Bühne.

Die CAVALLERIA stand ganz im Zeichen von Grace Hoffman, die eine großartige Santuzza sang. Ihre tragfähige Stimme kam auch in den Chorszenen bestens zur Wirkung. Um ihre strahlenden Spitzentöne könnte sie manche Sopranistin beneiden. Karl Terkal war gut disponiert, sein Sprachfehler wirkte nach wie vor störend. Gut war auch Walter Berry als Alfio, weniger befriedigend hingegen die musikalische Leitung denn Wilhelm Loibner bot sein gewohntes Repertoireniveau.

Im BAJAZZO dominierte Aldo Protti als Tonio. Schon der prachtvoll gesungene Prolog riß das Haus zu Beifallsstürmen hin. Nach ihm am besten noch Wilma Lipp, während James McCracken mit den musikalischen Tücken der Partie zu kämpfen hatte. Im Laufe der Vorstellung war immer weniger von ihm zu hören. Kostas Paskalis wäre zu raten, seinen Hang zum Forcieren zu bekämpfen. Chor und Orchester waren im gewohnten Schlendrian.

FIDELIO am 5. April

Einem sehr alltäglichen Fidelio an diesem Abend stand wieder Bernhard Conz vor. Er erwies sich als routinierter Sängerbegleiter – von Impuls, von dramatischer Steigerung, großer Linie war kein Hauch spürbar. Die Dritte Leonoren-Ouvertüre hatte den „todsicheren" Applaus, ohne mehr als passabel zu sein. Die Sänger auf der Bühne waren allerdings nicht dazu imstande, einen Dirigenten zu inspirieren. Gertrude Grob-Prandls ausdrucksloses Lautsingen ist bekannt und braucht nicht noch einmal geschildert zu werden. Zu erwähnen ist nur, daß sie sich überdies in außergewöhnlich schlechter stimmlicher Verfassung befand. Ihre Höhen waren noch steifer und schriller als sonst üblich. Außerdem müßte der Sängerin nahe gelegt werden, ihre häßliche schwarze Jung-Alberich-Tracht zugunsten des weit kleidsameren Kniepert-Kostümes abzulegen. Hilde Güden (Marzelline) und Otto Wiener (Minister) waren sowohl optisch als auch akustisch die angenehmsten Erscheinungen des Abends. Anton Dermota hielt sich als Florestan trotz etlichen Forcierens recht wacker. Murray Dickie sang wieder einen guten Jacquino. Paul Schöffler und Otto Edelmann hatten entweder nur Spiel oder nur Material zu bieten, was eigentlich sowohl für Pizarro als auch Rocco zu wenig ist.

DIE MACHT DES SCHICKSALS am 6. April

Eine im allgemeinen recht gute Repertoirevorstellung, die von Wilhelm Loibner zwar nicht gerade außergewöhnlich, aber immerhin solide dirigiert wurde. Eine Probe mit dem Staatsopernchor (dieses Recht steht dem Dirigenten zu) hätte er sich allerdings schon leisten können. Es wäre dem Schenkenbild des ersten Aktes ganz gut bekommen. Auch fehlte es Loibner an Konzentration. Peinliche Augenblicke, wie bei der großen Arie des Carlos, wo dem Sänger ein Ausstieg passierte, dürften nicht vorkommen. James McCracken sang einen prachtvollen Alvaro. Die Stimme meistert einwandfrei alle Schwierigkeiten der Partie, und der Sänger bot auch im Ausdruck eine reife Leistung, schauspielerisch ist er mehr als zurückhaltend, aber trotz aller Statik von Intensität erfüllt. Aldo Protti war ein sehr stimmgewaltiger Carlos, allerdings etwas rauh in der Höhe. Gerda Scheyrer und Biserka Cvejic boten ihre gewohnt guten Leistungen. Karl Dönch war wie immer stark mit Übertreibungen beschäftigt, sodaß für den Gesang nur wenig übrig blieb. Besonders die Predigt auf dem Faß wird bereits unerträglich. Die Partie schreit förmlich nach einer Umbesetzung. (Hallo, Regiekanzlei!). Oskar Czerwenka würde bestimmt einen ganz guten Melitone abgeben, denn für diese Partie müßte er seine Stimme nicht gewaltsam verdunkeln und könnte mit weniger Anstrengung singen, als er es diesmal mit der Partie des Pater Guardian tat. Das Publikum zeigte sich sehr beifallsfreudig, dadurch kam Aldo Protti vor der Stretta seiner großen Arie zum Atemholen.

TOSCA am 7. April

Für diese Aufführung holte man sich einen Gast aus Milano: Leila Gencer, die sich erst am selben Tag in Wien mit Ach und Krach die Rolle eingepaukt hatte. Die Unsicherheit machte sich auch prompt über den ganzen Abend bemerkbar. Leila Gencer, der ein Ruf als Callasnachfolgerin vorausgeht, weil sie in Milano zumeist die Partien der Maria Divina übernimmt, hat der Diva nur das Spiel der Hände abgeguckt. Ihre Stimme ist dunkel, entbehrt der Leuchtkraft und klingt wenig interessant. Das „Mario, Mario" nach der Hinrichtungsszene ging in einem „Weinkrampf" unter und wirkte auch als Krampf. Dieser Import samt den damit verbundenen Spesen war unnötig, denn dafür hätte man Hildegard Hillebrecht zu billigerem Preis holen können, was ja heutzutage angeblich so wichtig ist. Außerdem wäre Frau Hillebrecht auch wegen ihres außergewöhnlichen Stimmtimbres für das Publikum interessanter gewesen, als Paumgartners Salzburger Mittelmaßsopran. Dimiter Usunow als Cavaradossi war noch nicht der Alte. Zwar klang seine Stimme nicht mehr so belegt wie in Aida, doch blieb deutlich hörbar, daß er noch nicht gesund ist (vor allem im dritten Akt.) Aldo Protti blieb es vorbehalten, als Scarpia die beste Leistung des Abends zu bieten. Er bemüht sich sehr, die Darstellung seiner voluminösen Stimme anzupassen und beim „Basta, Roberti", das er im Fortissimo sang, erreichte er auch als Darsteller die Dimensionen des Machtbesessenen. Berislav Klobucar konnte an diesem Abend seine gute Interpretation vom vergangenen Monat nicht wiederholen. Wie denn auch? Sein Hauptaugenmerk mußte sich notgedrungen auf Leila Gencer konzentrieren, um sie verhältnismäßig gut über die Klippen zu bringen.

DON GIOVANNI am 8. April

In dieser Aufführung bewies Bernhard Conz mit langweiliger, stimmungs- und spannungsloser Stabführung, daß er kein Mozartdirigent ist. Dabei stand ein bewährtes Mozartensemble auf der Bühne, aus dem Wilma Lipp mit ausdrucksreichem, kunstvollem Gesang, Hilde Güden mit zauberhaftem Stimmklang, Anton Dermota mit hervorragend gesungenen Arien (er hatte einen besonders guten Abend!) und Walter Berry mit Prachtstimme und viel Humor hervorragten. Claire Watson (München) meisterte die Schwierigkeiten der Donna Anna mit Bravour, obzwar sie natürlich keine Mozartspezialistin ist. Ebenfalls gut sang Frederick Guthrie den Commendatore. Die Partie des Masetto bleibt offenbar für uns unbesetzbar, denn Kostas Paskalis ist keine glückliche Lösung. Vielleicht sollte man es einmal mit dem talentierten Heinz Holecek versuchen, bevor er sich an der Volksoper ruiniert. Eberhard Wächter, einer von den wenigen Giovannis, die es heute gibt, hatte Tags zuvor einen ziemlich langen und strapaziösen Liederabend, dessen Nachwirkungen er offenbar noch verspürte, denn er ließ das A in der Höllenfahrt aus, sang aber sonst schön und elegant wie immer.

DER ROSENKAVALIER am 9. April

Zur Erinnerung an die Erstaufführung des Rosenkavaliers setzte man eine sogenannte Festaufführung an (daß wir uns darüber zu Recht schon im voraus beschwerten, fand hier seine volle Bestätigung!), bei der man wohl in Erinnerungen schwelgte, aber von dieser Aufführung selbst nichts in Erinnerung behalten wird. Statt eines Festes servierte man uns alltägliches Opernrepertoire. Hilde Zadek sang die Marschallin. Wenn auch der Initiator des Abends, Karl Löbl, über sie schrieb, daß alle Wünsche durch sie erfüllt würden, so fanden wir, daß etliche Wünsche wie stets bei ihr offen blieben. Wir können auf eine große Anzahl von wienerischen Marschallinnen zurückblicken, und schon beim Wort „wienerisch" fängt’s an, das ganz und gar nicht auf Hilde Zadek passen will. Wienerisch ist bei ihr weder die Diktion noch die Gestaltung. Wienerisch ist auch nicht das Stimmtimbre, das keine Spur von Süßigkeit zeigt – denn immerhin ist für die Wienerin das „Süße" eher am Platz als Larmoyanz, die der Sängerin als besondere Eigenheit anhaftet. In musikalischer Hinsicht bot Frau Zadek, wie stets, eine verläßliche Leistung, Voraussetzung für einen Repertoireabend, aber keineswegs Prädestinierung für eine Festaufführung der Wiener Staatsoper. Irmgard Seefried schien sich als Oktavian eine „Festübertreibung" des Spieles ausgedacht zu haben. Im ersten Akt rannte sie wie ein gehetztes Kammerzöfchen mit dem Kaffeetischerl um die Marschallin, klopfte die Polster wie Frau Holle aus und fabrizierte dazu Susannenschreie. Ihre besten Momente der Darstellung hatte Frau Seefried bei der Rosenüberreichung, wobei sie wirklich nichts anderes tat, als singend die Rose zu überreichen. Noch hat die Stimme das berühmte Seefriedtimbre und ist doch längst nicht mehr „die Seefried", die sie früher war. Die hohe Lage, die in der letzten Zeit hart und glasig klingt, bereitet der Künstlerin sichtlich Schwierigkeiten. Diese sind es wahrscheinlich auch, die die Sängerin dazu verleiten, andauernd ihre Rollen zu übertreiben. Anneliese Rothenberger bezauberte durch ihre Erscheinung als Sophie. Leider hat auch bei ihr die Höhenlage derzeit nicht den glockenreinen Klang, wie in der vergangenen Saison. Otto Edelmann konzentrierte sich im ersten Akt auf „das Heu", was ihm auch prächtig gelang. Ansonsten war er weniger aufmerksam bei der Sache und kam über die Durchschnittsleistung nicht hinaus, obwohl er’s auch anders kann (Siehe in Salzburg unter Karajan!). Otto Wiener als Faninal war wirklich und einzig die Festbesetzung des Abends! In den Nebenrollen versagte Karl Terkal als Sänger. Heinrich Hollreiser las wie ein eifriger Zuhörer in der Partitur mit, überließ die Initiative dem Orchester, folgte willig dem Tempo der Wiener Philharmoniker und schlug ergeben den Takt dazu. So konnte ja nicht viel passieren! Für den Rosenkavalier-Kenner aber blieben die Konversationsszenen zu farblos, denn hier bedarf es der Führung eines Dirigenten, der starke Persönlichkeit besitzt und sich der kostbaren Details der Partitur annimmt. Es gab ebenso wenig festlichen Applaus, wie festliche Stimmung.

BALLETTABEND am 10. April

TOSCA am 11. April

Bedingt durch die Absage Dimiter Usunows, dessen Indisposition nun an diesem Abend endlich zur Kenntnis genommen werden mußte, sollte Gianni Poggi den Cavaradossi singen. Auch er wurde stockheiser, und um 19.15 Uhr erklärte sich Ermanno Lorenzi bereit, den Part zu übernehmen. Das war sehr liebenswürdig von ihm und in Anbetracht dieses Entgegenkommens wollen wir ihn – noblesse oblige – keiner genaueren Kritik unterziehen, denn schließlich war er es ja, der die Aufführung ermöglichte und damit das Erscheinen von zwei großen Künstlern in der noch immer prächtigen Inszenierung: Grè Brouwenstijn, die auch erkrankt gewesen war, begann ihr diesjähriges Gastspiel als Tosca. Daß sie sich noch nicht im Vollbesitz ihrer Stimme befand, zeigten die Pianotöne und einzelne zu offen angesetzte Fortissimi. Doch diese Einwände verschwinden sofort bei Betrachtung ihrer Rollenkonzeption. Sie war eine Primadonna voll fraulichen Gefühls. Die Künstlerin erfüllte die Rolle und siegte damit über stimmlich kleinere Mängel und sogar über die Tatsache, daß ihr Timbre doch mehr ins deutsche Fach gehört. An diesem Abend schien auch Hans Hotter an einer kleinen Verkühlung zu leiden, doch wie er dieses Handicap überwand und trotzdem seinen Scarpia zu einem Erlebnis für die Zuschauer machte, zeigt erst recht das immense Künstlertum dieses Sängers. Dabei fiel neuerlich auf, wie Hotter immer in vollständiger Übereinstimmung zu seiner Tagesverfassung auch im Spiel variiert. Wie gesagt, seiner Verkühlung Rechnung tragend, war er im zweiten Akt, aus der Not souverän eine Tugend machend, Gentleman im Konversationsstile und damit für uns ein ganz anderer Scarpia als im Jänner, wo er mit Leonie Rysanek sang. Die Nebenrollen waren mit Karl Weber und Karl Dönch nicht treffend besetzt. Nebenbei stand als Spoletta Kurt Equiluz auf dem Programmzettel, während Erich Majkut auf der Bühne agierte. Wer es nicht glauben wollte, wurde durch Erich Majkuts einstudierten und inzwischen zur komischen Berühmtheit gewordenen Sturz von den Treppen im letzten Bild restlos überzeugt.

SALOME am 12. April

Daß diese Oper bestimmt nicht den „Zugstücken" angehört, bei denen sich das Publikum hindrängt, ist bekannt. Wenn dann darüber hinaus solche Aufführungen geboten werden, wird man das Interesse nicht fördern. Weiters werden Opern, die eben ausgesprochene Liebhaberwerke sind, nur dann für die Spezialisten unter den Besuchern interessant, wenn neue Dirigenten und Sänger darin vorgestellt werden. Natürlich meinen wir gute Sänger und gute Dirigenten. Wenn man allerdings Ernst Märzendorfer dieses Werk anvertraut, kann man nur in Salomes Worten „Er ist schrecklich, er ist wirklich schrecklich", ausbrechen. Ein Dirigent mag langsam sein in der Interpretation, doch dann muß Spannung und der große Atem darin enthalten bleiben. Keinesfalls jedoch darf ein derartiger Tonbrei entstehen. Auch schlagtechnisch muß sich ein musikalischer Leiter dieser verwirrenden Partitur gewachsen erweisen, um dem Zuhörer das Klanggebilde in seiner werkgetreuen Form nahe zu bringen, was Herrn Märzendorfer ebenfalls nicht gelungen ist. Auf der Bühne selbst überragte Regina Resnik in Spiel und Gesang alle anderen. Auffallend ihr Mitagieren, auch dann, wenn sie nichts zu singen hat. Eine große Persönlichkeit, eine große Leistung. Ihr am nächsten Otto Wiener als (neuer) Jochanaan, mit wortdeutlicher Diktion und großer Stimme, die selbst die entfesselten und ungebändigten Orchesterfluten überströmte. Max Lorenz als Herodes begann stimmlich gut, ließ im Laufe des Abends jedoch Ermüdungserscheinungen erkennen. Auch kann man diese großen Operngesten, die sein Spiel unterstreichen sollten, heute nicht mehr gutheißen. Über Christl Goltz als Salome ist zu sagen, daß ihre Stimme vor allem in den höheren Lagen der Partie nicht mehr gerecht wird, und das staunende Königskind nicht dadurch charakterisiert wird, daß der „Schönsten unter den Töchtern Judäas" bei jeder Gelegenheit „unwissend" der Mund offen bleibt. Anton Dermota sang einen guten Narraboth, doch schien er selbst im Tode noch froh darüber (sein Lächeln zeigte dies deutlich), daß er so früh von der Bühne getragen wurde. Eigentümlich, daß Dermota in heiteren Partien mit einer finsteren Miene herumläuft, während er sich in ernsten Partien oft eines Lachens nicht erwehren kann. Neben der großartigen Herodias fiel der Page Margareta Sjöstedts darstellerisch völlig ab, während die gesangliche Leistung gut war. In den Nebenrollen konnte lediglich Murray Dickie als einer der Juden gefallen. Weit unter dem üblichen Durchschnitt lag jedoch die Leistung Oskar Czerwenkas als Nazarener. Alles in allem eine Aufführung, die dem Niveau einer Staatsoper Wien nicht gerecht werden konnte. Erneut mußte man feststellen, daß kein Hausregisseur an dieser Aufführung arbeitet (denn immerhin gab es zwei Neubesetzungen an diesem Abend) und daß auch eine neue Titelrollenträgerin gefunden werden muß!

DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL am 13. April

Schäbige, verstaubte Bühnenbilder, lustloses Agieren der meisten Darsteller, Differenzen im Orchester und diesmal auch mit wenigen Ausnahmen schwache Gesangsleistungen – kurzum kein erhebender Abend! Nach einem lustlos heruntergeradelten Vorspiel (Heinrich Hollreiser) verbrach Anton Dermota drei Schmisse in seiner Arie, und man machte sich auf noch Ärgeres gefaßt, aber es wurde besser. Wilma Lipp sang nach einigen Unsicherheiten in der ersten Arie eine sehr gute Konstanze. Liselotte Maikl war farblos, Murray Dickie hingegen in Spiel und Gesang gleich gut, während über Kurt Böhmes Osmin der Mantel des Schweigens gebreitet sei. Den deutschen Kulturredakteuren, die an diesem Abend zu Gast waren, hätten wir eine andere, bessere Aufführung gewünscht!

ARIADNE AUF NAXOS am 14. April

An diesem Abend erschien Consuelo Rubio in unseren Breitegraden und schon stand die Ariadne auf dem Programm. (Sparmaßnahmen!). In einer flauen und mit Ausnahme von James McCracken als Bacchus gänzlich uninteressanten Aufführung fiel das Vorspiel noch mehr als die Oper ab. Paul Schöffler ein in Ehren ergrauter Musiklehrer, kennt wohl die Ariadne, doch war er stimmlich viel zu müde, um den Part genau zu singen. Den Komponisten gab Margareta Sjöstedt und bewies damit, daß sie für schwierigere Aufgaben ungeeignet ist. Wie ein Hascherl auf der Bühne herumstehend, erweckte sie fast Mitleid und den Eindruck, über die Fehlbesetzung noch unglücklicher zu sein, als das Publikum. Die Stimme wurde zaghaft in der Höhe angesetzt und selbst in der Tiefe fand Frau Sjöstedt sich nicht zurecht. Der matteste Beifall nach einem Vorspiel seit Jahren zeigte deutlich die Publikumsreaktion auf diese Leistungen, und das trotz Schöffler, dem einstigen Wiener Opernliebling. Consuelo Rubios falscher Ehrgeiz, Sopranistin zu werden, zeitigt nun bereits die befürchteten Früchte. Die Sängerin zitterte vom fis angefangen, und wie die Töne darüber klangen, blieb dem Glück der Sängerin überlassen. Außerdem schien sie nervöser als sonst zu sein, was sich in musikalischen Unsicherheiten und in einer Verschleppungstendenz ausdrückte. Mimi Coertse hatte sich endlich Mühe und Zeit genommen, sich mit der Zerbinetta zu befassen, war textsicher und sang auch das exponierte ‚d’ über die paar Takte. Ihre Gesamtleistung war um etliche Grade höher einzuschätzen als im vergangenen Monat. Das allein war schon erfreulich. Der Held des Abends war James McCracken. Er ließ seine heldische Stimme aufleuchten, und seine strahlenden „Circe, Circe"-Rufe erweckten das leise hindösende Publikum. Erich Kunz war der Anführer der Sing- und Tanzgruppe und bewältigte dies mit größter Routine. Am Pult stand Berislav Klobucar, der das Szepter über der Ariadne schwang.

CAVALLERIA RUSTICANA und DER BAJAZZO am 15. April

In dieser Aufführung der beiden Einakter dirigierte Wilhelm Loibner zwar farblos aber sicher.

In der CAVALLERIA war dann umso unsicherer Karl Terkal, der beim Trinklied einen Ausstieg von noch nicht da gewesenem Umfang produzierte. Ausgerechnet beim Trinklied, das doch jeder Juke-Box-Benützer kennt, wenn auch vielleicht nicht schätzt! Grace Hoffman ist das Gegenteil von den Santuzzas, die wie Magnani-Kopien auf der Bühne herumrasen. Sie spielte sie im Gegenteil mit einigen großen Wagner-Gesten eher statuarisch. Dafür sang sie abermals prächtig. Ihre große metallische Stimme mit voluminöser Höhe war nur im Piano nicht ganz sicher. Walter Berry sang sich mit dem Alfio fast heiser. Wenn er seinen Amonasro in Berlin so anlegen wird, sehen wir schwarz für ihn.

Echten, ohne Mühe hervorgebrachten Stimmendonner hörte man im BAJAZZO von dem als Tonio unvergleichlichen Aldo Protti, der sich leider seinen berühmten flic-flac schenkte. James McCracken bot diesmal einen ganz ausgezeichneten Canio mit Riesenstimme und angenehmer Zurückhaltung. Immerhin würde man sich wünschen, er sänge den Tannhäuser. Die italienischen Partien sind bei uns ohnedies leichter zu besetzen. Kostas Paskalis war ein optisch glaubhafter, stimmlich etwas rauhkehliger Silvio, Mimi Coertse hatte als Nedda trotz gewissen Schleiern in der Stimme einen guten Abend und Ermanno Lorenzi sekundierte wirksam als Beppo.

AIDA am 16. April

Eine Bombenbesetzung machte diese Aufführung zu einer hochstehenden Repertoireaufführung für Anspruchsvolle. Von den Namen Brouwenstijn, Resnik, Usunow, Protti und Kreppel hielten eigentlich alle das, was sie für den Wiener Opernfreund bedeuten. Lediglich Grè Brouwenstijn fehlte die gerade für die Aida notwendige leuchtende und durchschlagskräftige Stimme, doch erfüllte sie ihren Part mit der ihr eigenen fraulichen Wärme und künstlerischen Noblesse. Noch dazu hatte sie es schwer, neben der grandiosen Amneris von Regina Resnik zu bestehen, die ihre Königstochter in jeder Hinsicht die Bühne beherrschend anlegte. Mit Dimiter Usunow als Feldherrn (diesmal war von Indisposition nichts merkbar), der sich beim Radames erst so richtig wohlzufühlen beginnt, ergab das ein Triumphfinale, in dem es solche Stimmen nicht schwer hatten, unseren Choristen an Stimmfülle mühelos den Rang abzulaufen. Der sich schon die längste Zeit als Nervensäge bewährende fugierte Männerchor („Della vittoria") gehört verboten oder geprobt! In einem Wettsingen mit den Amateur-Männerchören unserer entlegensten Alpenweiler würden diese Herren nicht einmal den Trostpreis gewinnen. Aldo Protti in einer seiner besten Rollen sehen und hören zu dürfen, ist immer wieder ein Erlebnis. Der Künstler singt so selbstverständlich und mühelos, daß man sich nur freuen kann, wenn er singt. Den Ramphis gab Walter Kreppel vornehm zurückhaltend, mit prachtvoller Stimme, den König Frederick Guthrie. Auch der gewohnte Heiterkeitserfolg Erich Majkuts blieb nicht aus, leider aber das zündende italienische Brio in der musikalischen Ausdeutung der Partitur unter Berislav Klobucar, der zwar korrekt und sicher, aber etwas schwunglos und müde wirkte. Der Beifall erreichte eine beachtliche Phonzahl.

LA TRAVIATA am 17. April

Unter Wilhelm Loibners solid-trockener Leitung sah diese Aufführung ein Verdi-Ensemble am Werk. Hilde Güden ist sicherlich eine der stimmlich virtuosesten Traviatas, die es derzeit gibt. Die Koloraturen und Spitzentöne der großen Arie funkeln nur so und die lyrischen Phrasen werden mit viel Stilgefühl gezeichnet. Das gleiche Stilgefühl zeichnet Eberhard Wächter (Vater Germont) aus. Außerdem beherrscht er die Bühne, ohne irgendwelche äußeren Mittel dabei nötig zu haben. Die Stimme selbst ist für die Rolle jetzt fast schon zu metallisch, zu schlank, zu hell. Amonasro oder Jago haben es hier immerhin noch leichter als Amfortas. (Ja, ja, man staunt über den Schwierigkeitsgrad der früher so verachteten „Schnulzen".) Anton Dermota erwies sich als Alfredo nicht ganz am Platz, obzwar er für eine Montag-Repertoire-Aufführung immerhin angehen mag. Wenn man eine italienische Partie singt, ist es nicht damit abgetan, daß man (mehr oder minder gut) italienisch singt. Es ergaben sich bei ihm sowohl stimmliche Schwierigkeiten als auch einige stilistische Mißverständnisse.

DIE WALKÜRE am 18. April

Wagnersänger sind derzeit Rarität. Das ist auch der Grund, warum man Wagneropern so selten zu hören bekommt. Für diese Aufführung hatte man einmal einen „echten" Heldentenor in Hans Beirer zur Verfügung. Nach seinem Material ist er einer der letzten Ausläufer des schweren Faches, und viele jüngere Besucher kamen bei den Wälserufen, die das Haus erzittern ließen, aus dem Staunen nicht heraus. Für die ältere Generation, die das „Zeitalter der Heldentenöre" noch miterlebt hatte, war Beirer weniger Offenbarung, denn der Sänger vermag seine Stimme nicht so zu modulieren, wie dies seine Vorgänger taten, wodurch eine gewisse Eintönigkeit entsteht. Als Darsteller blieb Herr Beirer viel schuldig. Es fehlt ihm eben die Persönlichkeit des Helden. So stand er bei „Siegmund heiß ich und Siegmund bin ich" lässig vor der Esche, und als Zuschauer wartete man buchstäblich darauf, daß Nothung sich selbständig machen und in seine Hände springen wird. Dafür lag Nothung bei der Stelle „als Brautgabe" wie ein Weihnachtspaket in seinen Händen. Im zweiten Akt vermochte Beirer nicht den Sinn der Worte auszuschöpfen, was ebenso wenig Gertrude Grob-Prandl gelang, sodaß die Todesverkündigung ohne nachhaltige Wirkung blieb. Hingegen gelang dieser Brünnhilde ein glänzender Walkürenruf und eine brave, gesanglich gekonnte Leistung. Der Ausdruck und die geistige Auseinandersetzung mit der zu verkörpernden Figur, ist ja nie Frau Grob-Prandls Stärke gewesen und kann von ihr nicht erwartet werden. Wer nicht auf die Bühne blickte, hatte nicht unerhebliche Vorteile beim Gesamteindruck. Enttäuschend war diesmal Otto Wiener als Wotan. Wir hatten ihn in besserer Erinnerung. Die für das Wiener Publikum gewohnte Interpretation Hans Hotters wirft bekanntlich auch große Schatten auf alle seine Nachfolger, sodaß sie von vornherein im Nachteil sind. Dieses Schicksal erlitt auch Herr Wiener, der brav und wortdeutlich sang, doch vermißte man an diesem Abend die Kraft in der Stimme, woraus wir schließen, daß der Künstler nicht bestens disponiert war. Kurt Böhme sang einen überzeugenden Hunding. Interessant, daß seine Stimme in dieser Rolle dunkle erscheint als sie in Wirklichkeit ist. Ergänzt wurde das Ensemble in den Hauptrollen durch Grè Brouwenstijn als Sieglinde, die in Spiel und Ausdruck die reifste Leistung der Aufführung bot. Gesanglich hatten wir sie ebenfalls schon besser gehört. Besonders die exponierten Lagen kamen keineswegs mühelos. Regina Resnik schenkte ihre Persönlichkeit und Intelligenz der Fricka, erweckte jedoch hin und wieder den Anschein, als drücke sie in dieser Partie auf die Stimme. Heinrich Hollreiser dirigierte mit eifrigem Bemühen und teilweise gutem Erfolg, was besonders für den letzten Akt gilt. Im Gesamten gesehen, kein großer Wagnerabend, aber immerhin in künstlerischen Dingen und in Bezug auf die vorhandenen Sänger ein vertretbares Unternehmen.

ELEKTRA am 19. April

Der versierte Elektra-Besucher braucht keinen Programmzettel. Er erkennt den Dirigenten der Aufführung nach den ersten Takten! Der träge, stumpfe Klangbrei (ab Monolog besonders deutlich erkennbar) ließ ihn diesmal sofort auf Heinrich Hollreiser schließen und er irrte sich auch nicht, bis ihm jedoch schlagartig ab Erkennungsszene plötzlich Zweifel kamen. Er steht auf, schaut hinunter. Ja, es ist noch immer Hollreiser. Aber das Orchester blüht plötzlich in transparenter Klangschönheit auf. Es kommt Leben und Schwung in die Aufführung und nach Fallen des Vorhanges geht der Elektra-Kenner nach Hause und fragt sich erstaunt, wie ein und derselbe Dirigent einen so krassen Bruch in seinem musikalischen Konzept aufweisen kann. Oder hat Hollreiser keines? Regina Resnik war wieder einmal Klytämnestra. Optisch eine mehr jugendliche Gattenmörderin (ärmelloses Kostüm!), von Angst zerrissen, zitternd und unsicher in ihren Befehlen. Ihr voller Mezzo deckte sich ganz mit ihrer Auffassung und behauptete sich mühelos selbst gegen das Brei-Rühren am Pult. Christl Goltz ließ durch starke Persönlichkeit vergessen, daß sie viele Höhen zu tief sang, auch wenn sie noch immer die Riesenpartie der Elektra mit bewundernswerter Energie durchhält und stets mit vollem Einsatz singt. Traute Richter wollen wir nur als Chrysothemis-Ersatz ansprechen, denn diese Rolle verlangt eine blühende strahlende Stimme (Rysanek, Hillebrecht), während Otto Wiener als Orest starken Eindruck hinterließ: sein Baßbariton hob sich edel von den drei großen Frauenstimmen ab. Eine immer wieder herbeigesehnte Abwechslung! Den Aegisth gab in klarer Diktion Gerhard Stolze mit frischer Stimme und intelligentem Spiel. Im Mägdequintett fiel niemand ab noch besonders auf.

 

DIDO UND AENEAS und DIE GESCHICHTE VOM SOLDATEN am 19. April, Premiere im Redoutensaal

Zuerst muß man sich nach dem Sinn des Abends fragen. Ja, wenn wir einen Spielplan hätten, der nach stilistischen Gesichtspunkten aufgebaut ist, ein kleines Haus, in dem man die Geschichte der Oper von den allerältesten Italienern bis Strawinsky oder noch später verfolgen könnte – aber was soll dieser aus dem Zusammenhang gerissene und einem Freikartenpublikum vorgeworfenen Brocken Musikgeschichte?

Dabei ist Purcells Stück gar nicht so einfach, wie man sich es gemacht hat. Die Naivität des offenbar für musikliebende, barocke Laien geschaffenen Operchens DIDO UND AENEAS macht uns im 20. Jahrhundert schwer zu schaffen. Überhaupt die Balletteinlagen, die statt Aktionen und Handlung zwischen die Arien geschoben sind, könnte nur ein Regisseur mit Ballett-Talent meistern. So hingen diese Einlagen in der Luft, zumal man nicht wußte, wer sie überhaupt gemacht hat (aus dem Programm war nichts zu ersehen!). Paul Hager ordnete die Bewegungen der Leute auf der kleinen Bühne, die durch Stangen und Säulen noch mehr verbaut war (Stefan Hlawa). Die Kostüme (Charlotte Flemming) waren ziemlich stillos. Sie reichten von geschmackloser Ballettparodie (Befände) bis zum modernen Abendkleid Dinge. Ausgezeichnet gesungen wurde nicht nur vom Chor, sondern auch von den Solisten: Irmgard Seefried, die im übrigen ihre Haltung Nr. 2 (statuarisch) einnahm, von der reizenden Anneliese Rothenberger, die von Hager zu einer Art Barock-Inspizientin gemacht wurde, von Grace Hoffman, die ihre prachtvolle, dramatische Stimme an die kleine Partie der Zauberin verschwendete und von Waldemar Kmentt, der die tiefe Lage der Partie erstaunlich gut meisterte. Der stilsichere Dirigent (mehr kann man darüber nicht sagen) war Günther Wich.

Der größere Publikumserfolg war Strawinskys GESCHICHTE VON SOLDATEN, wo von einer nennenswerten Regie nicht die Rede sein konnte. Das Miniaturorchester unter Hans Georg Schäfer nahm in salopper Probengewandung auf der Bühne Platz, die allerdings Boy Gobert beherrschte, der zwischen Geplauder und Rezitation geschickt den Mittelweg fand. Ihm assistierten Harald Kreuzberg, der seinen bekannten komischen Teufel abzog. Kurt Heintel und die virtuose, sauber und wie gestochen tanzende Christl Zimmerl, ein im Wiener Opernballett seltener Typ der kalten Technikerin. Kostüme und Bühnenausstattung waren in diesem Falle besser und stellten ein überraschend gutes Einvernehmen mit den Saale her.

 

DIDO UND AENEAS und DIE GESCHICHTE VOM SOLDATE am 20. April im Redoutensaal

Schon die erste Wiederholung der beiden Werke am darauf folgenden Abend war für das Theater der Jugend bestimmt. Da die meisten Schüler sicher nicht über die Charaktereigenschaften der Barockoper aufgeklärt worden waren, herrschte während DIDO UND AENEAS reichlich Langeweile und Unruhe im Saal. Vor allem bei der Musik, die bei geschlossenem Vorhang ertönte, wurde konstant durchgeraschelt und geflüstert. Die sinnige Regieanweisung Paul Hagers, vor dem zweiten Bild durch Belindas „pscht" die Vorhänge zu verdunkeln, wurde von der hoffnungsvollen Jugend als Aufforderung genommen, dieses „pscht" im Chor mitzumachen! Aber wir waren ja in den Redoutensaal gegangen, um die zweite Besetzung der Dido zu hören und wir hörten auch unvorhergesehen gleich Belinda Nr. 2. Gundula Janowitz sang die Dido wirklich ausgezeichnet. Die große, schön klingende und technisch sicher geführte Stimme ist – man möchte fast sagen – ein Idealfall für die Barockmusik. Ruhig fließend, fast instrumental geführt, klangvoll noch im zartesten Piano und von großer, natürlicher Ausdruckskraft. Wunderbar sang sie die Erzählung von Akteon, nicht als Arie, sondern wirklich als Erzählung einer alten Volkssage, einfach im Ton und mit jener traurigen Anteilnahme in der Stimme, die Aeneas so bewegt. Auch die Schlußpassage gelang ihr einmalig schön. War die stimmliche Leistung von Frau Janowitz über alles Lob erhaben, so wirkte ihr Spiel noch eckig und unbeholfen. Zweite Besetzungen erfahren ja erwiesenermaßen an unserem Opernhaus keine besonders liebevolle regieliche Betreuung. Nur vom Zuschauen allein – so lehrreich es ist – kommt keine gute Bühnenaktion zustand. Gerade jungen Sängern müßte man die Chance vieler Bühnenproben geben, um sie die richtige Beherrschung ihres Körpers zu lehren. Aber Herr Hager ist da wohl nicht dar richtige Mann dazu. Waldemar Kmentt, der seine gute vortägige Premierenleistung wiederholte, half seiner jungen Partnerin in nahezu rührender Weise. Belinda Nr. 2 hieß Ina Dressel. Die junge Volksopernsängerin reichte nicht an Frau Rothenberger heran, die kleine Stimme ist wenig tragfähig und klang selten klar, da die Sängerin sehr forcieren mußte. Überdies blieb sie im Ausdruck farblos. Für die schauspielerischen Mängel zeichnete auch hier Paul Hager verantwortlich. Günther Wich musizierte trotz der Unruhe im Haus mit künstlerischem Verantwortungsbewußtsein und wußte Bühne und Orchester sicher und mit Stilgefühl zu führen. Die Chöre klagen sehr schön.

DIE GESCHICHTE VOM SOLDATEN konnte die jugendlichen Zuhörer mehr ansprechen als Purcell. Abermals ging die stärkste Wirkung von Boy Goberts Sprecher und Kurt Heintels Soldaten aus.

TOSCA am 20. April

Die offiziell geschlossene, im letzten Moment frei zugänglich gemachte (ja, ja, die Organisation!) Tosca an diesem Tag war ironischerweise eine der besten Aufführungen der letzten Zeit. Gré Brouwenstijns Tosca war im Spiel und Gesang an diesem Abend gleich großartig. Dimiter Usunow ließ seiner mächtigen Stimme freien Lauf, hatte im ersten Akt einige schwache Momente, holte sich aber im zweiten Akt mit seinem grandiosen „Vittoria" Szenenbeifall. Hans Hotter triumphierte einmal mehr als Scarpia, obwohl die Stimme noch immer etwas rauh klang. Der einzige schwache Punkt war die jammervolle Weinerlichkeit von Karl Dönch als Mesner. Berislav Klobucar dirigierte gut und hatte die Aufführung diesmal sicher in der Hand.

FIDELIO am 21. April

In dieser Aufführung stellte sich Hans Beirer den Wienern als Florestan vor und hinterließ in dieser Rolle auch als Schauspieler einen weitaus günstigeren Eindruck als zuvor in der Partie des Siegmunds. Er befand sich zumeist im Dunkel der Bühne und auf den Knien und verbarg somit geschickt seine Hünengestalt. Eine weitere angenehme Überraschung bescherte er uns diesmal durch seinen wesentlich vertiefteren Ausdruck und die technische Bewältigung der riesigen Stimme in der Florestan-Partie. Mit Bravour meisterte Beirer die Schlußphrasen des Monologs „Zur Freiheit ins himmlische Reich". Gertrude Grob-Prandl als Leonore war abermals laut, Paul Schöffler zeigte neuerlich, daß er leider nicht mehr die Stimmittel besitzt, um einen Pizarro durchzuhalten, und Otto Edelmann nicht die Gestaltungskraft als Rocco, um sein Stimmkapital auszunützen. Lotte Rysanek war als Marzelline hübsch anzuschauen. Weniger anziehend war ihr farbloser und uninteressanter Gesang. Gerhard Stolze (Jacquino) und Otto Wiener (Minister) rundeten das Ensemble ab. Am Pult stand abermals Bernhard Conz, der sich wieder als wenig inspirierter Beamter erwies. Seine Interpretation war wiederum unbedeutend, ohne Auffassung schnurrte das Werk ab. Mit der Dritten Leonoren-Ouvertüre erreichte Conz einen neuen Geschwindigkeitsrekord, welcher heftiges Zischen des Stammpublikums gegen seine Leistung auslöste. Die Gastspiele des Dirigenten erwiesen nun deutlich, daß er nicht der richtige Mann für das Repertoire an der Wiener Staatsoper ist.

ARIADNE AUF NAXOS am 22. April

An diesem Abend wies die Aufführung alle Besetzungsregister von sehr gut bis sehr schlecht auf und hinterließ daher einen dementsprechend zwiespältigen Eindruck. Zum großen Positivum des Abends gehörten: Christa Ludwig, die den Komponisten prachtvoll sang, der Partie aber die Poesie schuldig blieb; Lisa Della Casa als Ariadne war zwar stimmlich gut, im Spiel aber etwas zu unruhig. Den Bacchus sang Ivo Zidek sehr schön. Ira Malaniuk war eine ausgezeichnete Besetzung für die Partie der Dryade. Gut war die musikalische Leitung von Berislav Klobucar, ausreichend Eva Maria Rogner (für die absagende Hilde Güden einspringend), die die große Arie gut darbot, dagegen im Vorspiel einfach nicht vorhanden war, Paul Schöfflers von Persönlichkeit erfüllter Musiklehrer, Ludwig Welter als Truffaldin und Anny Felbermayer als Echo. Störend wirkte die Najade von Ruthilde Boesch, doppelt störend Karl Weber als Harlekin, der sowohl in Stimme als auch im Spiel eine arge Zumutung für die Opernbesucher war.

OTHELLO am 23. April

Nicht sensationslüstern, wie das die Presse immer wieder gerne behauptet, wenn es gilt, das Interesse einzelner Ensemblegruppen zu fördern, ist Wiens Stammpublikum. Zu einem Repertoireabend mit den Ensemblemitgliedern Jurinac, McCracken und Aldo Protti kam es an diesem Abend in hellen Scharen und damit kehrte die Stimmung uns Haus zurück. James McCracken sang seinen zweiten Othello in diesem Hause. Der junge amerikanische Tenor, dessen Arbeitseifer und Ehrgeiz ihn von Vorstellung zu Vorstellung wachsen lassen, sang einen ausgezeichneten Mohren von Venedig. Die mit Erz vollgepfropfte Heldenstimme mit der breiten Mittellage kommt der Partie sehr entgegen. Da der Tenor auch äußerst musikalisch ist, war es ihm als erstem Othello seit langer Zeit beschieden, das Schlußduett des ersten Aktes mit einem einwandfreien metallischen und richtig sitzenden Ton abzuschließen. Im dritten Akt bot er eine ganz hervorragende Leistung, und auch das Schlußbild gelang ohne Schluchzereinlagen, sieht man von einer zu früh angesetzten Phrase ab, sehr gut. Im zweiten Akt gab es einen Wettstreit an Lautstärke im Duett mit Jago, welchen Aldo Protti mit Kraft und Wucht sang. Das „Duell" endete unentschieden. Fehlt Herrn Protti auch die Hintergründigkeit in der Gestaltung, so ist er doch einer der besten Vertreter dieser Rolle und hat sie in musikalischer Hinsicht im kleinen Finger. Das bewies er an dem nicht immer bei Einsätzen unfallfreien Abend. Sena Jurinac hat mit der Desdemona eine ihrer schönsten Frauengestalten gefunden. Sie sang sehr edel, mit Wärme und Gefühl und erreichte höchste Vollendung im vierten Akt beim Weidelied und dem Ave Maria, wo sie wirklich eine ganze Seelenwelt offenbarte. Frau Jurinac, umgeben von beiden stimmlichen Draufgängern (McCracken und Protti), stand im Mittelpunkt stürmischer Beifallskundgebungen des Publikums, das wohl zu schätzen weiß, wenn ein Abend außergewöhnliche Formen annimmt. Giuseppe Zampieri und Ermanno Lorenzi waren sehr gute Vertreter der Nebenrollen, was man von dem butterweich singenden Frederick Guthrie als Lodovico und Dagmar Hermanns schleppender Emilia nicht sagen konnte. Berislav Klobucar hatte ein schweres Amt. Das Orchester hatte schon lange keinen Othello gespielt und das war deutlich hörbar. So kam es zu Unebenheiten zwischen Bühne und Orchester. Trotz dieser Schönheitsfehler möchten wir behaupten, daß Klobucar den Othello „kann", was sein temperamentvoller erster Akt und der ganze Aufbau seiner Interpretation bewies. Spitzendirigenten ziehen es halt einfach vor, Othello ungeprobt nicht zu dirigieren. Das können sie sich leisten. Ein Hausdirigent muß auch ohne Probe seinen Mann stellen.

CAVALLERIA RUSTICANA und DER BAJAZZO am 24. April

Dieser Abend wurde mit einer guten CAVALLERIA eingeleitet, in der Giuseppe Zampieri als Turiddu zum ersten Male Grace Hoffman als Santuzza zur Partnerin hatte. Der Tenor bestach wie immer durch seine Qualitätsstimme und hatte seinen Höhepunkt in dem leidenschaftlich gesungenen Abschied von der Mutter, die Georgine Milinkovic treffend charakterisierte. Diesmal konnte Grace Hoffman leider ihre beste Leistung nicht erreichen. Ihre Stärke lag ansonsten in den leuchtenden Spitzentönen, auf die sie an diesem Abend verzichtete. (Beim Duett mit Alfio sang sie zum Beispiel hinunter!) Kostas Paskalis’ Stimme liegen dramatische Effekte und sie hat trotz der Rauheiten die richtige Färbung für diese Partie, solange er nicht ins Forcieren verfällt. Berislav Klobucar dirigierte aufmerksam, was nicht immer leicht war, denn Herr Zampieri und Frau Hoffman konnten sich über die Tempi nicht immer einigen. Vielleicht war das auch der Grund, warum die Blutrache etwas langsamer abrollte.

Dafür gelang ihm aber der drauffolgende BAJAZZO ganz vorzüglich. Hier begleitete er nicht nur die Sänger, sondern das Orchester unterstrich mit satten Farben das Geschehen auf der Bühne. Auch dort herrschte Festtagsstimmung, und man war bei Laune. Aldo Protti schmetterte den Prolog ins Haus, tummelte sich wie ein Artist auf der Bühne herum, und mit dieser Einleitung war die Atmosphäre eben einfach da. Dimiter Usunow zeigte großzügig seine Prachtstimme und spielte auf effektvollste Art seine Partie aus. Ermanno Lorenzis wahre Begabung als Spieltenor wurde deutlich und Kostas Paskalis war der sympathische Silvio im Arbeitskleid. Und doch blieb es einem Gaste vorbehalten, für eine kleine zusätzliche Sensation zu sorgen. Als Nedda stand Joan Carlyle auf der Bühne. Und sie tat das so gekonnt, als ob sie schon immer mit der Wäscheleine von Paul Hagers Regie vertraut gewesen wäre. Die junge Engländerin spielte mit viel Temperament und war eine äußerst agile, ja die Männer herausfordernde und angreifende Nedda. Nach anfänglich verständlicher Nervosität, die sich in einem Flackern der Mittellage bemerkbar machte, sang sie sich frei und mit dem Vogellied hatte sie bereits die Anwartschaft auf ein Engagement an der Wiener Oper gewonnen, denn Joan Carlyle verfügt über eine volle und dramatische Höhe, die sehr viel für die Zukunft und auch für das dramatische Fach verspricht. Aber auch der Übergang vom Piano übers Mezzavoce bis zum Forte zeigt das außergewöhnliche Können der Künstlerin (Schluß des Duettes mit Silvio). Man sollte uns nicht mehr predigen, es gäbe keine Sopranistinnen. Man muß sie nur suchen und finden. Das bewies eindeutig Frau Carlyle, die hier einen großen Erfolg erzielen konnte. Es gab gerechterweise viel Beifall für die hoffentlich bald zu den Mitgliedern der Staatsoper zählende Künstlerin.

DIE HOCHZEIT DES FIGARO am 25. April

Aus dem öden Einerlei unseres Opernalltags ragte dieser Figaro als Gipfel heraus. Nicht etwa, weil sich alle Sänger in Superform befanden, sondern aus anderen Gründen. Am Pult stand (bzw. saß) Karl Böhm, Mozart-Kenner und -Liebhaber, der neben seinen allseits bekannten und bereits viel gerühmten Qualitäten auch jugendlichen Schwung, Elastizität und prächtige Musizierfreude mitbrachte. In den Hauptrollen hörte man Sänger von Format. Es macht dann bei einem Eberhard Wächter auch nicht sehr viel aus, daß er sich wegen Indisposition entschuldigen ließ und sich die Grafen-Arie strich. Walter Berrys an sich ausgezeichneter und grundrichtig angelegter Figaro hatte hingegen unter einem Zuviel an Stimme zu leiden. Donnern muß man bei Mozart nicht unbedingt, auch wenn man’s hat. Sena Jurinac hingegen, die einen ihrer herrlichen, charmanten, humorvollen, aber doch immer jungherrenhaft bleibenden, in letzter Zeit leider sehr selten gewordenen Cherubino sang, war bei den Arien damit beschäftigt, die Stimme zu drosseln und sang trotzdem schön, nur etwas weniger auf Piano als früher. Graziella Sciuttis optisch und darstellerisch reizvolles Susannchen hatte nicht ganz den Silberglöckchenton, besonders im ersten Akt. Dann sang sie sich ein. Lisa Della Casa war die schöne, kühlstimmige Gräfin, die sich gern am heiteren Spiel mit revolutionärem Hintergrund beteiligt. Sie sang an diesem Abend die Partie der Gräfin zum hundertsten Male. In den kleineren Partien sind Verbesserungen bei Oskar Czerwenka, Verschlechterungen bei Georgine Milinkovic, sowie status quo bei Peter Klein, Harald Pröglhöf und Erich Majkut festzustellen. All diese geschilderten Einzelheiten summierten sich zu einer Aufführung von Niveau, wie wir sie im deutschen Fach jetzt schon längere Zeit schmerzlich entbehren mußten. Denn die Abendform eines Sängers ist nicht entscheidend, sondern sein Format an sich! Und mit einem Dirigenten von Format kann dann überhaupt nichts mehr schief gehen. Ein sehr einfaches Rezept, sollte man glauben.

FIDELIO am 26. April

Eine weitere Fidelio-Aufführung fand als geschlossene Aufführung anläßlich des Besuches des Schwedischen Königs am 26. April statt. (Karl Böhm, Gertrude Grob-Prandl, Hilde Güden, Anton Dermota, Walter Kreppel, Gerhard Stolze, Otto Wiener und Walter Berry).

 

OEDIPUS DER TYRANN am 27. April, Uraufführung

Sophokles in der Oper

Daß dieser Oedipus von Carl Orff vertont wurde, ist auf den ersten Blick gar nicht so leicht zu erkennen, denn weite Strecken bleiben überhaupt ohne Klangwirkung. Man muß Melichars bösen Worten über Carl Orff und seine „musikalische Pornographie" gar nicht unbedingt Beifall spenden um zu erkennen, daß der gute Herr Orff manchmal das hochverehrte Auditorium für strohdumm hält – um nicht ein anderes Wort aus Orffs reichem bayerischen Wortschatz zu verwenden. Die Tatsachen sehen so aus: Wenn heutzutage nicht ein Zeitgenosse alle zwei, drei Jahre von sich reden macht, nützen erfolgreiche ältere Werke (wir hätten weit lieber eine Wiederaufführung der Trionfi oder der Klugen gehört!) oder erfolgreiche Lehrtätigkeit gar nichts. Er wird bei Lebzeiten vergessen! Um so peinlicher, wenn nun jemand nur um im Gespräch zu bleiben, etwas

produzieren muß, obwohl ihm gar nichts mehr einfällt. Der schlaue Orff bombardiert seine Hörer in solchen Fällen mit Fremdsprachen, toten Sprachen oder Schlagworten wie „Theatrum mundi" etc. Interessanterweise fällt nun weniger das Publikum darauf herein, als ein gewisser Anhängerkreis (besonders Kritiker sind dafür anfällig!), die sogenannten Aposteln, die aus allem, was der Meister tut, einen tieferen Sinn aufspüren – wir wollen nicht wissen, was der Meister selbst darüber denkt!

Im besonderen Falle macht das Orff’sche Klingelorchester leider manchmal die ohnedies schwierige Hölderlin-Übersetzung unverständlich. Blamabel genug, daß die Szene des Boten und des Hirten, wo auch nicht der kleinste Teil im Orchester erklang, die stärkste und theatralisch wirksamste Szene des Abends war. Sonst machte sich Polyhymnia nur bemerkbar, als ein gellender Trompetenstoß beim Erscheinen des geblendeten Oedipus dazu beitrug, unvorbereiteten Hörern den Magen umzudrehen. (Medizinische Wirkungen der Musik werden in letzter Zeit oft besprochen und gewürdigt.)

Von der Geräuschkulisse aber jetzt ganz abgesehen, war es ein konsequenter und unbarmherziger Theaterabend. Es liegt eine seltsame Faszination über Jahrtausende hinweg in diesem finsteren, barbarischen und blutigen Kapitel des geheimnisvollen, alten, düsteren Griechenland, über das Spiel der unbarmherzigen Götter mit dem fluchbeladenen Geschlechts des Kadmos. Was allerdings an diesem grausigen Einzelfall, der sich jeder Verallgemeinerung entzieht, Orff so fasziniert hat, daß er den hilflosen Spielball göttlicher Willkür gleich zu einem Tyrannen gemacht hat, dürfte wohl auch nur einem Orff-Apostel einleuchten, nicht einem normalen Hörer.

Capar Neher hat die Bühne mit Tafeln und Platten, Stufen und Sitzen in den für ihn charakteristischen grausigen, makabren Farben ausgestattet. Günther Rennert führte darin überlegen und kraftvoll Regie, trotz der statuarischen Haltung der Sänger.

Gerhard Stolze war in der Titelrolle beklemmend gut. Es mußte wahrscheinlich erst ein Stolze kommen, damit manche Stücke überhaupt aufgeführt werden können. Er ist ein Typ von Musikgestalter – man möchte gar nicht Sänger sagen – den es vor ihm noch nicht gegeben hat. Er beherrscht alle Ausdrucksregister vom Flüstern bis zum Schrei, von der Deklamation bis zur schizophrenen Koloratur. Nur in reinen Gesangspartien (wie dem Jacquino oder Steuermann) ist er natürlich nicht gut.

Wie dieses Auf und Nieder zwischen Höhe und Tiefe, zwischen Sprechen und Schreien und dazwischen liegendem Sprechgesang auch gute Sänger fertigmachen kann, zeigte sich bei Christl Goltz, die sich in der Höhe überschrie und die Tiefe dann nicht hatte und überdies durch ihre Sprachundeutlichkeit Probleme hatte. Ebenso Walter Berry, der nach der Botenerzählung mit seinen Kräften am Ende war. Ludwig Welter bewährte sich als Chorführer. In einer Kastratenpartie war Helmut Krebs (Berlin) zu hören und Rudolf Knoll in einer undankbaren Baritonrolle. Die Sprecher Karl Blühm und Günther Haenel sprachen auch nicht besser als die Opernsänger. Dirigent war Heinrich Hollreiser.

Der lang andauernde Beifall galt hauptsächlich Gerhard Stolze und seiner unglaublichen physischen Leistung, sowie dem Regisseur Günther Rennert.

 

CAPRICCIO am 28. April

Nach fast viermonatiger Unterbrechung stand endlich wieder Strauss’ Alterswerk auf dem Spielplan, und die Freude darüber war doppelt groß, weil auch Karl Böhm wieder am Pult stand und dieses unvergleichliche Werk, zusammen mit den prächtigen Wiener Philharmonikern, auf das Schönste realisierte. Er hatte schon nach wenigen Takten das Orchester fest in der Hand und führte es von Höhepunkt zu Höhepunkt: Lach- und Streitoktett, Einleitung der Spiegelszene und Finale. Mit besonderem Interesse sah man der neuen Gräfin Lisa Della Casa entgegen, die seinerzeit im Theater an der Wien die Idealbesetzung dieser Partie war und nun zum ersten Mal in der gleich Rolle im Haus am Ring stand. Die Sängerin trug nicht nur ein anderes Kostüm in der Spiegelszene, sondern sie legte die Partie auch anders als ihre Rollenvorgängerin an. Frau Della Casas Gräfin ist unbeschwerter und leichter und in Arabella-Nähe angesiedelt. Man glaubt ihr die Witwe nur schwer. Schade, daß manchmal zu viel Gestik und stereotypes Lächeln störte. Gesanglich bot sie eine gute Leistung. Einige Schärfen in der Höhe sind allerdings nicht zu überhören. Otto Wiener stattete den La Roche mit viel feinem Humor aus. Er sang die Partie gut und ehrlich, zum Unterschied von fast allen anderen Vertretern dieser Partie, die es nicht so genau nehmen. Anton Dermota tat sich mit dem Flamand recht schwer. Die Stimme ist für diese Partie schon zu gewichtig. (Fritz Wunderlich müßte eine Idealbesetzung sein!). Christl Goltz, Rita Streich und Peter Klein boten zufriedenstellend ihre angestammten Partien. Völlig unzulänglich hingegen war (statt Alois Pernerstorfer) Alfred Jerger als Haushofmeister. Seine Leistung wurde auf der Galerie belächelt. Vollends aber erweist sich die immer mehr um sich greifende Planlosigkeit an der Wiener Staatsoper, wenn man für diese Aufführung drei Gäste holen mußte. Die Gäste also waren: Heinz Imdahl (Deutsche Oper am Rhein) als darstellerisch blasser, gesanglich rauhkehliger Olivier, dem der leichte Konversationston völlig fehlte und der daher in dieser Partie völlig fehl am Platze war; Hans-Günther Nöcker (Stuttgart) weder in Haltung noch Gesang gräflich; schließlich noch als ärgste Zumutung Lorenz Fehenberger (München) als italienischer Sänger. Wie leicht könnten diese Unzulänglichkeiten, unter denen die ganze Aufführung, trotz der hervorragenden musikalischen Leitung litt, vermieden werden, wenn, ja wenn… wie gesagt Planung ist alles! Aber Karajan war ja bereits nach der Parsifal-Aufführung am Ostermontag abgereist, Egon Seefehlner ist in Japan, André Mattoni auf Urlaub… so muß es halt auch so gehen!

EIN MASKENBALL am 29. April

Die Aufführung unter Berislav Klobucar mit Claudia Parada, Jean Madeira, Graziella Sciutti, Giuseppe Zampieri und Aldo Protti wurde nicht besprochen.

OTHELLO am 30. April

Diese Aufführung stand unter der großartigen musikalischen Leitung von Alberto Erede und war von hohem Niveau. Sena Jurinac war noch besser disponiert als in der vorangegangenen Aufführung, aber auch James McCracken und Aldo Protti waren ausgezeichnet. Einen Einwand müssen wir aber erheben, nämlich den, daß McCrackens Kostüm (sein eigenes!) nicht in die Wiener Inszenierung paßt. Nachdem er zur Zeit unser Haus-Othello ist, müßte man ihm doch ein passendes anfertigen lassen. Oder läßt das die Einsparung nicht zu? Dann sollte man besser bei manchen unnötigen Gästen, wie in diesem Monat Gencer, Nöcker, Fehenberger u. a. einsparen. Die Wogen der Begeisterung schlugen auch an diesem Abend hoch.

 

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