DER OKTOBER 1963

8. Jahrgang, Heft 11

 

Im Zeichen des Verdi-Jubiläums

Der Opernfreund in Wien war bis zum 31. Oktober in seinem Element. Er hörte die großen internationalen Stars, er bekam seinen Troubadour, der seit 1956 (in der Besetzung. Zadek-Klose-Gostic-Schmidt Walter) nicht mehr auf dem Spielplan des Hauses am Ring gestanden war, hörte den besten Dirigentenquerschnitt seit langem und dürfte somit fast die Qual der Wahl gehabt haben. Im Zeichen des Verdi-Jubiläums rollte eine Riesenwelle von Verdi-Aufführungen über die Bühne der Staatsoper. Von welchem anderen Komponisten könnte man noch vier bis fünf Opern in der Woche hören und dies ein ganzes Monat lang? (Die Einförmigkeit des Spielplans, die auch wir nie gutgeheißen haben, sei zu diesem besonderen Anlaß nicht besprochen). Das Publikum hatte daraus die Konsequenzen gezogen und begonnen, leicht versnobt zu werden. Gute Aufführungen, die nicht gerade ins Sensationelle herüberreichten, fanden wenig Widerhall. Sängerleistungen, die man ansonsten mit Freuden entgegennahm, wurden einer unbarmherzigen Kritik unterzogen. Und solche Diskussionen, wie über den als zu deutsch empfundenen Luna Eberhard Wächters, gab es schon lange nicht mehr. Nun, vielleicht war das Publikum zum letzten Male versnobt: Im Trubel der Ereignisse, die in den ersten Novembertagen über uns hereingebrochen sind und die beim Schreiben dieser Zeilen mitten im Gange sind, wagt man gar nicht mehr, verschämt zu flüstern, daß man etwa Franco Corelli lieber zweimal als Radames und einmal als Chénier, als dreimal im Don Carlos gehört hätte. Wenn der Opernfreund liest, daß Leute, die ihr Lebtag die Wiener Staatsoper nur als neuralgischen Verkehrsknotenpunkt betrachten, freudestrahlend das Ende der Luxusoper (wie wir sie im Oktober hatten) prophezeien, beginnt der niedergeschmetterte Musikliebhaber einen Überschlag über die im Freundeskreis vorhandenen Autos zu machen und seinen Urlaub in Portionen von fünf Tagen aufzuteilen, auf daß er, wie in der Vor-Karajan-Zeit, große Sänger wenigstens im Ausland höre. Aber wer dann in Wien in die Oper gehen wird, das weiß der liebe Gott allein!

 

EIN MASKENBALL am 1. Oktober

Der Monat begann mit einer Maskenball-Reprise in fast unveränderter Besetzung. Nur Graziella Sciutti löste als Oscar Adriana Martino ab. Frau Sciutti war bedeutend besser als ihre Vorgängerin. Sie wirkt viel gelöster und ihr Charme eroberte das Publikum rasch. Die zarte Stimme kam schön über das Orchester. Die Koloraturen waren gekonnt und sicher angesetzt und die letzte Szene brachte der Sängerin verdienten Beifall bei offener Szene ein, dem sich auch der Dirigent anschloß. Josef Krips war mit Feuereifer bei der Sache, unterstützte die Sänger auf seine impulsive Art mit seiner schon berühmt gewordenen Kopfhaltung. Es wurde blitzblank und sauber musiziert. Hie und da wünschte man sich etwas mehr Zurückhaltung im Blech, aber dieser Einwand kann die sehr gute Leistung des Dirigenten nicht schmälern. Wo in deutschen Landen gibt es einen Dirigenten (außer Karajan) der sich bei Verdi mit Josef Krips auf eine Stufe stellen kann? Antonietta Stella verdient es, von den Sängern besonders hervorgehoben zu werden. Sie befindet sich derzeit in Hochform. Die satte Stimme, gleichmäßig in allen Lagen durchgebildet, wird beispielhaft geführt. Beide Arien waren Musterbeispiele des Vortrags. Im Liebesduett hatte ihr Mezzavoce Ähnlichkeit mit der Klangfarbe eines Cellos. Begeisternd schön gesungen war diese Amelia! Gianni Raimondi in der Partie des Riccardo war in der Gesamtheit wirkungsvoller und sicherer als zwei Tage zuvor. Die Höhe allerdings hatte an diesem Abend nicht die fulminante Schlagfertigkeit, und in technischer Hinsicht laborierte er wieder mit Schwierigkeiten in der zweiten Arie (zwei Ausstiege, die Josef Krips souverän korrigierte). Umgekehrt war der Tenor in der Ulrica-Szene bedeutend besser als bei seinem Debüt. Giulietta Simionato sang ihre bisher beste Ulrica. Die große Künstlerin hielt diesmal ihre Stimme etwas zurück, und dadurch kam eine überraschend gleichmäßige Gesangsleistung zustande. Ihre Phrasierung, ihr „silenzio“ rüttelten das Publikum auf. Ettore Bastianini gefiel uns beim „Eri tu“ ebenfalls besser als Sonntag zuvor. Zwar hat sein Organ an samtener Weichheit verloren, dafür singt er bedeutend intonationssicherer als vorher. Durch sein plötzliches Beteiligtsein an seinen Partien gewinnt er an Ausdruck, und wenn man zuweilen auch seiner seinerzeitigen naturgegebenen Höhe nachtrauert, ist man dennoch froh, daß Bastianini nun auf dem Wege ist, wieder an die Spitze zu kommen. Man hört deutlich, daß der Künstler an sich arbeitet. Der Stehbariton entwickelt sich zu einem Singschauspieler. Eine Entwicklung, der man mit Interesse entgegensieht. Tugomir Franc und Frederick Guthrie waren riesengroße Verschwörer, die ihren Part brav sangen. Es fehlt nur noch etwas Intensität bei beiden. Das Publikum war von dieser schön ausgewogenen Aufführung sehr eingenommen und reagierte beifallsfreudig.

BALLETTABEND am 2. Oktober

DIE HOCHZEIT DES FIGARO am 2. Oktober im Redoutensaal

OTHELLO am 3. Oktober

Nicht gerade die glücklichsten Besetzungen hat sich Herbert von Karajan heuer für seine Verdi-Festabende ausgesucht. Die Wiener Opernfans sind sehr geneigt, in einen Karajan-Verdi zu gehen und auf jeden Fall „ein Fest, ein wahres Fest“ zu erwarten. Dieses Fest fand an diesem Abend eher im Orchester statt. Karajan dirigierte nach langer Pause wieder den Othello und deutete die großartige Partitur, die Shakespeares Gestalten noch vertieft und beseelt und in der aus jedem Takt die Größe von Verdis Genie leuchtete, mit dem Geist des großen Künstlers, dem Herzen des echten Musikers und der Hand des souveränen Meisters. Auf der Bühne gab es leider nichts Ebenbürtiges. Carlos Guichandut ist auch wieder einmal nach Wien gekommen und bewies, daß er sich nicht geändert hat. Er bebt vor innerer Intensität, setzt diese aber eher in Hysterie als in Shakespeare-Leidenschaft um. Immer macht er um einige Grade zuviel! Die Stimme ist ebenso groß wie anno 1957, aber um nichts schöner, eher schlechter geworden. Große Legatobogen sind bei ihm ein Fremdwort, die Intonation ganze Phrasen hindurch um Achteltöne zu hoch und die Phrasierung einfallslos. Hat der vom Piano-Flüstern aus den letzten Aufführungen im Theater an der Wien durch Lambert reichlich ermüdete Hörer eine Riesenstimme, wie die Guichanduts bei seinem ersten Auftreten noch jubelnd begrüßt, hat er doch inzwischen gelernt, daß zwischen laut singen und brüllen ein erheblicher Unterschied besteht – und immerhin auch noch ein kleiner Unterschied zwischen schön und häßlich brüllen. Gabriella Tucci war das genaue Gegenteil des Titelhelden. Sie sang die Desdemona fast durchwegs schön, besonders im letzten Akt, aber eher kühl und ein wenig vorsichtig. Giuseppe Taddei kann, wenn er seinen Tag hat, ein großartiger Jago sein, das hat er bei seinen beiden vorherigen Auftritten in dieser Partie erwiesen. Leider hatte er diesmal nicht seinen Tag. Die Stimme klang müde, und beim Credo und Racheschwur war er gezwungen, sich bis an die Grenzen des Materials auszugeben. Das Trinklied gelang hingegen gut und die Traumerzählung war ein Meisterstück der Vortragskunst, bei dem ihm Meister Karajan einen Orchesterteppich von subtilster Kultur unter die Stimme breitete. In den kleinen Rollen sangen sehr gut Margarita Lilowa, Giuseppe Zampieri und Ermanno Lorenzi. Der sonst so verläßliche Ludwig Welter schien diesmal nicht ganz sattelfest zu sein.

PELLEAS UND MELISANDE am 4. Oktober

Früher pilgerte der Debussy-Fan ins Konzert um La mer oder die Nocturnes hören zu können. Heute kann er auch in der Staatsoper seiner Liebe huldigen. Ein ganz spezifisch „impressionistisches“ Publikum bevölkert bei Debussys einziger Oper den Stehplatz. Der Feinschmecker, vom Konzertsaal her schon klanglich geschult, empfindet jede Pelleas-Aufführung als ein kostbares Kleinod, als Pflichtvorstellung. Sich in diese musikalische Traumwelt hineinzuversetzen, ist leider nicht jedem gegeben. Nur ein Liebhaber von zartesten Details, überirdischen Klangnuancen einer verinnerlichten Farbenpalette des Orchesters, schwebenden Singstimmen und…einer Bühne von märchenhaft ausgeleuchteten Bühnenbildern, kommt hier auf seine Rechnung. Und erst wenn er sich mit den nicht zu verleugnenden Wagneranklängen auseinandersetzt, die vom Waldweben über Tristans Krankenlager bis zum Gralsrittermarsch reichen! Eine Tatsache, die beweist, daß sogar ein Claude Debussy sich vom Bayreuther Meister nicht vollständig zu lösen vermochte. Über die Wiener Inszenierung, die Solisten, unser Meisterorchester unter Herbert von Karajan Lobeshymnen zu schreiben, wäre eine Wiederholung von bereits oft Gesagtem. Auffallend an dieser Aufführung, gemessen an früheren, war eine etwas gröbere Realisierung der kostbaren Partitur durch die Philharmoniker, besonders der Hörner. Der Grund ist nicht leicht festzustellen. Ob es auch der Chef gehört hat? Auf der Bühne stand mit einer einzigen Ausnahme (Ludwig Welter als Arzt) das Premierenensemble, das, ohne Ausnahme eine leichte herbstliche Indisposition hörbar werden ließ – dem eingangs erwähnten Debussy-Fan aber trotzdem reinsten Genuß bereitete.

DIE MACHT DES SCHICKSALS am 5. Oktober

Von einer sensationellen Macht, die an diesem Tage statthaben solle, sprach der Volksmund bereits im Juni – und sie kam trotz der Absage von Corelli auch Zustande. Wir freuen uns besonders, daß unser Giuseppe Zampieri, der uns neben vielen schönen Abenden auch schon erhebliche Enttäuschungen bereitet hat, die Absage Franco Corellis durch eine großartige Leistung fast vergessen machte. Hier hatte er alles, was man sonst bei ihm vermißt. Er sang nicht nur noble Phrasen, sondern füllte sie auch mit Affekt. Er stand nicht nur auf der Bühne, sondern war auch immer (vom Vorspiel abgesehen) konzentriert und beteiligt. Er gab seinem prachtvollen Timbre schöne, edle Form und gefühlvollen Ausdruck. Und noch dazu liegt ihm, da er sie nun schon einige Male gesungen hat, auch die Rolle sehr gut. Den pessimistischen Stoismus des „Letzten der Inkas“ traf er ausgezeichnet und hatte dabei noch das Glück, einen Baritonpartner zu finden, der mit ihm harmonierte. (Protti und Paskalis, mit denen er bis jetzt sang, sind für ‚Zamperls’ Stimme wohl etwas zu aggressiv). Ettore Bastianini sang den Carlos di Vargas prachtvoll, weit besser als in seinen besten „Samt-Timbre“-Zeiten! Die härter und energischer gewordene Stimme und das weit konzentrierte Singen kommt in den schwierigen Arien zu bester Wirkung. Insbesondere die „Urna fatale“ war so beherrscht und sicher gestaltet, wie man sie noch kaum gehört hat. Die Stretta nachher bewältigte er mit Technik, ohne der Stimme sehr viel ‚drumherum’ zu geben, daher etwas leiser als üblich, aber bombensicher. Die beiden Duette wurden von Zampieri und Bastianini herrlich ausgeglichen und in völliger Übereinstimmung von Timbre und Technik gesungen. Cesare Siepi orgelte seinen gütigen und menschlichen Pater Guardian mit maximaler Stimmschönheit und Fernando Corena ist ein wahrhaft idealer Fra Melitone. Welcher Humor, welche Menschlichkeit in der Charakterisierung des kleinen Subalternen der mächtigen Kirche! Welche Kunst, Lachsalven im Publikum hervorzurufen und dabei immer noch nobel und dezent zu bleiben und nie zu vergessen, daß die Rolle nicht im Zentrum des Werkes steht, sondern das düstere Geschehen nur mit ein paar kleinen, freundlichen Zügen aufheitern soll! Welche künstlerische Form auch im Stimmlichen und Technischen! Als freundliche Gestalt am Rande bewährte sich auch Fiorenza Cossotto, die die Preziosilla mit gewaltiger, breiter Stimme und höchster technischer Sicherheit ins Auditorium pfefferte. Antonietta Stella, deren Leistung in der Partie der Leonore schon häufig ausführlich gepriesen wurde, war wieder ausgezeichnet. Auch sie hatte an diesem Abend stimmliche Hochform zu verzeichnen und sang die „Pace“-Arie mit besonders großer Meisterschaft. Tugomir Franc hat in der kleinen Rolle des Vaters seine große, slawisch-düstere Stimme schon beachtlich zu formen und zu beherrschen gelernt und scheint sich auf gutem Weg zu befinden. Doch alle Glanzleistungen wären wohl nicht zu so durchschlagender Wirkung gelangt ohne Nello Santi am Pult. Hier war ein richtiger Verdi-Dirigent am Werk, der Brillanz, Gefühl und Temperament in gleicher Weise mitbrachte, der die Phrasen mitatmete, die Stimmen auf der Bühne und im Orchester gleicherweise singen ließ und eine Ouvertüre dirigierte, die wir seit Mitropoulos nicht mehr so spontan und spektakulär erlebt haben. Chor, Orchester und Ballett standen auf der Höhe ihrer Aufgaben und trugen dazu bei, diesen Abend unvergeßlich zu machen. Das Publikum raste.

AIDA am 6. Oktober

Herbert von Karajan, der schon herrliche Aida-Aufführungen dirigierte, hatte an diesem Abend das Pech, daß von der Bühne wenig ausging. Wie das zu Zeiten beim Chef vorzukommen pflegt, versuchte er, die Qualität zu erzwingen, doch gelang es diesmal nicht. Natürlich spielte das Orchester glanzvoll. Er ließ es aber zu hart knallen und deckte so gelegentlich die Bühne. Wir sind zwar nicht der Ansicht, daß ein Verdi auf dem Gipfel seiner Meisterschaft Trompetengeschmetter und Beckenschläge in eine Partitur schrieb, damit sie dann Piano gespielt werden, aber Maestro Karajan ist, wenn er etwas erzwingen will, was von allein  nicht geht, ein Kraftfeld geballter Energie. Dann vergißt er offenbar auf die typisch deutsche Akustik unseres Hauses, in dem Orchester und Bühne gleichberechtigt nebeneinander stehen, statt, wie in den großen italienischen Häusern, den Stimmen den Vorrang zu lassen. Gabriella Tucci sang also eine kultivierte, vornehme und demütige Aida, lang nicht so unbeteiligt wie als Desdemona, aber physisch der Rolle nicht mehr ganz gewachsen. (Unter diesen Umständen singt man die Aida lieber nicht). Giulietta Simionato hatte keinen sehr guten Abend und setzte ihre Mittellage eher vorsichtig ein, war aber in der pastosen Tiefe und der bombensicheren Höhe ebenso dominierend wie als Persönlichkeit auf der Bühne. Dimiter Usunow singt bekanntlich zwei verschiedene Feldherren, einen prächtigen und einen, dem einiges fehlt. So z.B. die Ausgeglichenheit in der Mittellage und eine gewisse Elastizität der Phrasierung, was zu einförmigem Kraft-Singen führt. Diesmal war er leider die zweite Radames-Version. Aldo Protti begann im Triumphakt souverän und sonor, hatte aber im Nilakt mit leichten Ermüdungserscheinungen zu kämpfen, die etwa bei „dei faraoni tu sei la schiava“ zu unüberhörbarer Rauheit führte. Ivo Vinco sang einen konventionellen Ramphis mit kräftiger Stimme. Gerda Scheyrer (Priesterin), Ludwig Welter (König) und Ermanno Lorenzi (Bote) komplettierten gut die Besetzung. Die unheilvolle Rott-Inszenierung der Operneröffnung hat einige der dümmsten Sachen bereits vor Jahren gestrichen bekommen (wer erinnert sich nicht noch mit Schrecken an den projizierten Mondaufgang während des Vorspiels oder an den riesigen Dreieckkäse, in den die „glorreiche Fahne“ eingepflanzt wurde). Nun ist Gott sei Dank einmal die erste Szene des zweiten Aktes gründlich gesäubert worden, und Amneris hat wieder ihr Gemach samt Ruhebett und eine Menge fröhlicher Mohrensklaven. Jetzt ist die Szene zwischen Amneris und Aida wenigstens wieder konventionell. In der Triumphszene wurde auch chorisch umgruppiert, so daß jetzt nicht mehr der Zusatz-Chor die heiklen Stellen in der Fuge zu singen hat (was besonders für die Operndirigentenqualitäten des seinerzeitigen Premierenchefs Kubelik sprach). Nun klingt sie natürlich wesentlich besser. Das Ballett wurde in neue Kostüme und in eine räumlich ausgezeichnet gegliederte und die Formen des klassischen Balletts sehr geschickt in stilisierte Gestik transponierende, aber furchtbar schwere Choreographie Waclav Orlikowskys gesteckt.

PELLEAS UND MELISANDE am 7. Oktober

Nach der geglückten „Generalprobe“ drei Tage vorher hatte das zauberhafte Stück wieder die vollkommene Ausgewogenheit des Orchesterklanges und der Stimmen, die absolute Schönheit der Gesamtkonzeption und wurde so zum Fest für den musikliebenden Snob. Herbert von Karajan, die unbeschreiblich sichere und klangschön singende Hilde Güden und die sich weit besser als am 4. 10. bei „Höhe“ befindlichen Herren Henri Gui, Eberhard Wächter und Nicola Zaccaria boten ihre bekannten, hervorragenden Leistungen.

DON CARLOS am 8. Oktober Preiskategorie III

Franco Corelli sang zum ersten Mal in Wien den Carlos. Um es gleich vorauszuschicken, sang er ihn mit prachtvoller, metallischer, aber immer elastischer und technisch beherrschter Stimme. In die Figur paßt er jedoch ganz und gar nicht. Denn obgleich er gar nichts macht, ja sogar seine vier sonst so wirksamen Gesten in dieser Rolle nicht zur Geltung kommen, ist er nicht der lyrische Schwärmer, den die anderen fünf Hauptrollenträger des Stückes nach Belieben auf dem Schachbrett der Liebe und der Politik umherschieben können. Vielleicht fiele dieser Umstand nicht so ins Gewicht, wäre er mit einer persönlichkeitsstrotzenden Besetzung (wie der Christoff-Besetzung der Premiere dieser Inszenierung) oder einer so intensiven wie der Ghiaurov-Besetzung von Ende Jänner dieses Jahres gekoppelt worden. Aber er hatte nur eine Partnerin, nämlich Fiorenza Cossotto, die mit ihrer dramatisch-hellen Riesenstimme die Eboli zwar nicht gestaltete, aber sang. Hilde Zadeks Königin dokumentierte Würde, gutes Aussehen und Gefühl in der Stimmführung. Von der Stimme her hatte sie allerdings nicht allzu viel zu bieten. Immerhin sang Frau Zadek sauber und gekonnt. Ettore Bastianini versuchte zuerst zu forcieren, was er ja bekanntlich nicht kann. (In diesem Fall wird die Stimme dann oben brüchig). Aber Corelli hat ebenso wie Ghiaurov eine unheimliche Wirkung auf die Kollegen. Kaum setzen diese beiden Sänger ein Bein auf die Bühne, fangen alle anderen Mitwirkenden an, auf die Stimme zu hauen. Man sollte sich bei der Programmierung schon danach halten und nur Sänger mit großen Stimmen mit diesen beiden Stimmriesen ansetzen. Doch dann hatte Bastianini vom Forcieren genug, schaltete auf Technik um und siehe da, er wurde im Laufe der Vorstellung immer besser. Posas Abschied und Tod waren sehr schön gesungen. Nicola Zaccaria war Philipp II. Sonderbarerweise ist der Philipp von den drei Rollen, die der Sänger im Don Carlos singt, weitaus die beste. Er spielt gut, ohne besonders persönlichkeitsstark zu sein. Die Stimme klingt in der Tiefe schön und ist in Stil und Phrasierung tadellos. Höhe hat er allerdings derzeit gar keine. Ivo Vinco war stimmlich als Großinquisitor recht gut, darstellerisch aber nicht vorhanden. Tugomir Franc (gut als Mönch) und Ermanno Lorenzi (eine Erholung als Lerma) waren gute Comprimarii. Über Siegfried Rudolf Frese in der Rolle des Herolds (die zugegebenermaßen schwer ist) lacht das Haus schon fast so laut wie über Meyer-Welfing und Karl Friedrich. Warum singt eigentlich nicht immer Kurt Equiluz, der als gelernter Oratoriensänger am ehesten die Voraussetzungen für die Partie mitbringt? Berislav Klobucar raufte sich bis zur Pause mehr schlecht als recht durch die Partitur. Erst die Philipp-Arie brachte ihn etwas auf Linie und ab da war eine deutliche Verbesserung festzustellen. So hatte das gewiß gut gemeinte Corelli-Experiment allerdings wenig praktischen Wert. Die Besetzung dieses Abends bewies wieder, daß die Oper mit dem zur Verfügung stehenden kostbaren Sängermaterial nicht immer sehr überlegt umgeht. In der Schiller-Oper Don Carlos und in den beiden Shakespeare-Opern Othello und Falstaff muß die Persönlichkeit der Sänger ebenso groß sein wie ihre Gesangskunst. Was beim Rigoletto oder bei der Macht nicht fehlt, kann beim Don Carlos zu störender Leere führen. Speziell der Carlos ist für uns nahezu Geschichte und der Hörer in Wien erwartet von einer Aufführung des Werkes eine Mischung aus Burgtheater und geschichtlicher Schau. (Das Verdi-Singen sei nicht vergessen!) Sehr schwer, zugegeben, aber wir haben eben schon solche Besetzungen gehabt und sind verwöhnt. Ein al fresco Carlos läßt uns seltsam unberührt.

OEDIPUS DER TYRANN am 9. Oktober

Unter Peter Ronnefelds musikalischer Leitung ging Karl Orffs Werk vor einem mäßig besetzten Haus in Szene. Die Besetzung zeigte keine größeren Veränderungen. Gerhard Stolze brachte seine schwierige Partie in gewohnter Meisterschaft. Er war stimmlich wie darstellerisch in jeder Szene Mittel- und Höhepunkt. Erfreulich auch die Leistung von Christl Goltz, deren Stimme ausgeruht wirkte und die auch die extremen Höhen mit Sicherheit bewältigte. Leider war sie oft nur sehr schwer zu verstehen, was bei diesem Werk besonders störend wirkt. Es wären noch Ludwig Weber und Willy Domgraf-Fassbaender hervorzuheben, die ihre kurzen Szenen kraft ihrer starken Persönlichkeit ausfüllten. Die übrigen Solisten warteten mit den gewohnten, abgerundeten Leistungen auf, die versuchten das bereits entschwindende Regiekonzept Dr. Rennerts einzuhalten, was auch des öfteren gelang. Bloß der Staatsopernchor nimmt es nicht mehr so genau. Das Ergebnis ist eine dürftige Leistung, bei der besonders das geringe Stimmvolumen und die Unexaktheit des Gesanges auffällt.

OTHELLO am 10. Oktober

Verdis Geburtstag wurde mit einer Othello-Aufführung gefeiert. Luxus- und Festaufführung war es keine, das sei gleich vorweggenommen. Josef Krips, im Jahre 1945 im Theater an der Wien mit der Nachkriegseinstudierung betraut, begann mit unerhörtem Schwung. Man glaubte das Meer in seinem Aufruhr tatsächlich zu hören. Der Chor hatte packende Momente, und Carlos Guichandut als Titelrollenträger sang ein „Esulate“, das Wind, Chor und Orchester zu Nebengeräuschen werden ließ. Giuseppe Taddei gab ein herrliches Trinklied zum Besten, worauf er noch einmal mit einer schön modulierten Traumerzählung in den Vordergrund trat. Das waren, in Kürze aufgezählt, die Höhepunkte des Abends. Was später geschah, erfreute ebenso wenig Maestro Krips wie die Zuhörer. Schuld daran hatte vor allem Carlos Guichandut, der nur darauf losbrüllte, was das Organ hergab. Notenwerte wurden kaum beachtet, die Stimme auf brutale Weise eingesetzt, wodurch starke Intonationsschwankungen auftraten. Die seinerzeit durch Stimmkraft imponierenden Höhen sind stumpf geworden. Seine Ausbrüche, von einem Teil des Publikums als Ekstase bezeichnet, waren ausgesprochen häßlich und darstellerisch wirkten die ausgestreckte Hand, das tiefe Luftschöpfen, die stereotypen Gesten auf die Dauer ermüdend. Der Tod wurde von soviel Schluchzern umrahmt, daß Teile des Publikums mitschluchzten! Versungen und Vertan! Gabriella Tucci bot eine zufrieden stellende, erst im letzten Akt frauliche Akzente setzende Desdemona. Giuseppe Taddei war weitaus besser als in der vorangegangenen Aufführung. Dennoch hatte er Schwierigkeiten mit dem Credo, in dem ihm zuviel flache Töne in den Hals rutschten. Für das Schwurduett mangelte es ihm an Kraft. Als Cassio konnte man einen typischen Comprimario aus Italien kennenlernen: Piero di Palma. Er sang die Rolle jedenfalls mit gerade Stimme sicherer als Hausstars von einst.

DIE KRÖNUNG DER POPPEA am 11. Oktober

Dieses Werk des großen Monteverdi entwickelt sich, so unglaublich es scheinen mag und so unerwartet dies kommt, zum Publikumserfolg auf breiter Front. Nicht nur die Sitzplätze waren ausverkauft, auch die Stehplätze waren fast voll. Und das, obwohl der Chef nicht dirigierte. – Dieser Umstand war allerdings der einzig zu bedauernde an diesem Abend. Es ist keineswegs bloßer Snobismus, sondern es soll hier auch näher erläutert werden, warum der Ruf nach Karajan ziemlich heftig  laut wurde. Zweifellos würde für dieses Werk ein solider Kapellmeister mit entsprechender Leistung genügen. Was aber eine inspirierte Dirigentenleistung, wie sie eben Karajan stets bot, darüber hinaus noch aus dem Stück herausholt, das können wir jetzt erst so richtig abschätzen. An diesem Abend, den Hans Swarowsky leitete, konnte nämlich leider nicht einmal von einer soliden Meisterung der Kapelle – ob man darunter jetzt Orchester, Chor oder beides verstehen will – die Rede sein. Wollen wir nicht weiter davon reden, daß die subtilen Klangwerte des Orchesterkolorits, die wohl den größten Vorteil der vorliegenden Fassung darstellen, allzu vergröbert wurden. Wollen wir auch darüber hinwegsehen, daß der Staatsopernchor, bei einer immerhin ansprechenden Leistung, doch wieder eindeutig als solcher zu erkennen war. Wollen wir als charakteristischen Vorfall nur einen schildern: Zwei Sänger, von denen einer seine Partie das erste Mal auf der Bühne sang, denen man also eine gewisse Unsicherheit verziehen hätte, blieben an einer rhythmisch und auch in der Gesangslinie ziemlich vertrackten Stelle eisern im Takt und beisammen, während es dem musikalischen Leiter gelang, das Orchester nachhinken zu lassen. Die Inszenierung hat trotz zweier Umbesetzungen noch keinerlei Schäden erlitten. Die Wirkung des Werkes, das trotz der geschilderten Unsicherheiten vom Pult her wie ein Fels steht, hat nicht nachgelassen. Erfreulich konstant sich auch die Leistungen der Solisten, mit Sena Jurinac an der Spitze, die sich in einer besonders guten Abendform befand. Stimmlicher eher gesteigert hat sich auch Margarita Lilowa. Nicht mehr überbietbar ist die Charakterisierungskunst Gerhard Stolzes. Sehr gut in Form war auch Carlo Cava, der seine große Szene, die zu den großartigsten und erschütterndsten der gesamten Opernliteratur zählt, entsprechend ausfüllt. Sehr gute stimmliche Leistungen waren weiter von Otto Wiener, Gundula Janowitz und Hilde Rössel-Majdan zu hören. Eine solide Leistung bot Kurt Equiluz. Gerda Scheyrer, Ermanno Lorenzi und der statt Majkut eingesetzte Karl Terkal (er war ein erfreulicher Gewinn!) erfüllten ihre Aufgaben solide. Siegfried Rudolf Frese war passabel.

RIGOLETTO am 12. Oktober

Nello Santi entwickelt sich mehr und mehr zu einem Vollblutmusiker. Schon lange nicht hörte man in musikalischer Hinsicht einen so exzellenten Rigoletto. Der Rhythmus, die Steigerungen und die dynamischen Abstufungen, die der Dirigent zu setzen wußte, verrieten den Verdi-Kenner. Der Star des Abends war Hilde Güden als Gilda, die Perfektion in Person. Bei ihr saß jeder Ton, jede Phrase wurde herrlich moduliert und in der Vendetta-Szene sang sie das hohe Es mit einer Spannkraft, die sogar die Philharmoniker nach Fallen des Vorhanges zum Beifall herausforderte. Aldo Protti sang den Rigoletto mit der ihm eigenen Wucht. Nach etwas schwächerem Beginn war er der stimmgewaltige Bariton, der sich in die Herzen der Wiener sang. Eine Intonationsunsicherheit vor der Stretta („Piangi“) beeinträchtigte seine sonst außergewöhnliche Leistung etwas. Gianni Raimondi sang den Herzog im richtigen Draufgängerstil, doch gab er nach unserem Geschmack allzu viel die Kraft seiner Höhe zum Besten. Daß er auch anders kann und damit mehr an Eleganz gewinnen würde, bewies er im Duett mit Gilda (2. Akt). Fiorenza Cossotto erwies sich als ungemein stimmstarke und prächtig aussehende Maddalena und Nicola Zaccaria ergänzte das Ensemble als Sparafucile, dem man etwas mehr Tiefe und Schwärze des Timbres gewünscht hätte. Alois Pernerstorfer war Monterone auf seine bekannte Art. Viel Jubel für Santi und die Hauptrollenträger.

AIDA am 13. Oktober

Nello Santi übernahm aus den Händen Karajans die zweite Aufführung des Werkes im Oktober. Er tat dies mit großem Können, dirigierte mit viel Schwung und absoluter Beherrschung des Orchesters. Daß es im Triumphakt zu Unstimmigkeiten kam, war nicht verwunderlich. Denn diesmal vermißte man bei den Chören die notwendige Konzentration. Gabriella Tucci gewann nach einer sehr schön gesungenen Nilarie ihr Selbstvertrauen und war daraufhin bis zum Schluß der Oper hervorragend. Ihre Wirkung wurde leider durch die völlig unzulängliche Leistung von Carlos Guichandut beeinträchtigt. Der Tenor schrie sich förmlich durch die Partie des Radames und ihm zuzuhören war im wahrsten Sinn des Wortes grausam. Giulietta Simionato zeigte sich im Vergleich zu ihren beiden vorausgegangenen Pharaonentöchtern dieser Saison stark verbessert, ohne allerdings jene Faszination auszustrahlen, die wir von ihr früher gewohnt waren. Giuseppe Taddei war diesmal zu theatralisch und im Nilakt nicht besonders gut bei Stimme. Ivo Vinco sang den Ramphis, ohne besonderen Eindruck zu hinterlassen. Ludwig Welter war ein stimmpolternder König und Ermanno Lorenzi ein Bote, der endlich sang und doch dabei sich in die Szene einfügte, ohne durch „Bravourstückchen“ sich deplaciert in den Vordergrund zu spielen. Dafür gebührt besondere Anerkennung, wenn man bedenkt, daß andere, ohne dieses Kulturgefühl aufzubringen, dafür den Kammersänger-Titel erhielten.

DON CARLOS am 14. Oktober

Franco Corelli wiederholte seinen stark in den Vordergrund tretenden Don Carlos. Durch eine blendende Erscheinung erhielt die Figur eine Bedeutung, die ihr im Stück niemals zukommt. Den absoluten Höhepunkt des Abends hatte der Sänger in der Szene mit der Königin, wo er mit sieghafter „Corelli-Fermate“ Abschied von seiner einstigen Verlobten nahm. Sena Jurinac als Elisabeth war diesmal leider nur in optischer Hinsicht ideal. Stimmlich blieb sie von ihrer Bestform weit entfernt. Kleine Unsicherheiten in der Höhe wurden von ihr jedoch geschickt kaschiert. Fiorenza Cossotto fiel diesmal ebenfalls etwas ab. Das wie Gold leuchtende Metall ihrer Stimme schien beim maurischen Lied wie auch im weiteren Verlauf des Abends nicht im vollen Glanze zu erstrahlen. Eberhard Wächter als Posa trat zum Konkurrenzkampf gegen den berühmten Tenor an. Beim Brunnenterzett trat er mit Cossotto und Corelli an die Rampe und gab alles her, was sein Stimmumfang beinhaltet. Sein heller Bariton klang in dieser Szene wie eine Posaune durchs Haus. Sein Posa hat heldenhaftes Format, man spürte das Feuer und die Begeisterung, die unerläßliche Voraussetzungen für die Charakterisierung der Figur sind, und wäre restlos von ihm begeistert gewesen, wenn man nicht die Anstrengungen für die exponierten Töne, die etwas dünn klangen, mitgehört hätte. Carlo Cava als Philipp war nur guter Durchschnitt. Der Stimme mangelt es für diese Rolle an dramatischer Durchschlagskraft. Derzeit sind die Legatostellen die Stärke des Sängers und gelangen ihm sehr gut. Als Darsteller wirkte Cava ebenfalls nicht überzeugend. Es fehlt ihm die Erfahrung, um dieser Rolle das nötige Profil geben zu können. Ludwig Welter sprang für den erkrankten Ivo Vinco ein (Großinquisitor). Aus diesem Grunde sei es uns erlassen, darüber zu berichten. Berislav Klobucar fand für den weltberühmten Tenor und dessen zuweilen großzügige Rollenauslegung Verständnis  und brachte ihn gut über alle Klippen. Jedenfalls gewann seine Interpretation nach der Pause an Spannung. Aber auch das Orchester schien inspirierter und sicherer als Tage vorher.

RIGOLETTO am 15. Oktober

Mit Ausnahme von Margarita Lilowa als Maddalena blieb die Besetzung die gleiche wie am 12. 10. und wurde wieder ein durchschlagender Erfolg, wobei Nello Santi souverän die Solisten führte. Aldo Protti war in der Gesamtwirkung stärker als drei Tage zuvor und Hilde Güden bewies neuerlich, wie sehr sie sich den italienischen Gesangsstil zu eigen gemacht hat. Nur Gianni Raimondi wirkte nicht formverbessert. Die Cavatine im dritten Akt – beispielsweise – sang er im gleichen robusten und uneleganten Stil wie zuvor.

EIN MASKENBALL am 16. Oktober

Abgesehen von der Rysanek, die zwar als heimisch, aber doch schwerlich als Ensemblemitglied zu bezeichnen ist, standen in dieser Aufführung nur Sänger auf der Bühne, die zwar Ensemblemitglieder, aber nicht heimisch sind. Lassen wir aber alle Theorie beiseite und fragen wir praktisch: Waren sie gut? Sie waren’s. Giuseppe Zampieri sang gepflegt und nobel, hatte bei so schwierigen Stücken wie in „Di’ tu se fedele“ und „è scherzo od è follia“ sehr schöne Phrasierung und subtilen Stimmklang zu bieten, war auch im Liebensduett ein ausgezeichneter Partner. Die Arie gelang gut. „sì, rivederti, Amelia“ war allerdings saft- und kraftlos und im ersten Akt (1. Szene) schwamm er gehörig. Aber diese Szene hat seit Mitropoulos Zeiten stets gewackelt. Biserka Cvejic bringt es fertig, sogar die Ulrica schön zu singen, die doch weiß Gott dafür kein dankbares Objekt ist. Olivera Miljakovic ist ein sehr netter und geschmackvoll auftretender Page mit sauberer Koloratur, dessen Höhe in den Ensembles allerdings noch etwas beweglicher werden könnte. Frederick Guthrie und Tugomir Franz gaben den Ensembles das düstere Baß-Gerüst. Leonie Rysanek war stimmlich glanzvoll, das Forte von strahlender Kraft, die Piani schwebten. Sie bringt auch echte Intensität mit und spielt ausgezeichnet. Daß sie manche Phrasen wirkungsvoll einstudiert hat, weil sie eben von Natur aus nicht kommen, kann man ihr nicht zum Vorwurf machen. Ein Sänger, der die italienische Phrasierung von Natur aus mitbringt ist Kostas Paskalis immer gewesen. Noch dazu befand er sich an diesem Abend nicht nur in stimmlicher Glanzform, sondern zeigte auch eine technische Sicherheit und Flexibilität der Stimme, daß man aus dem Staunen nicht herauskam. So wurde der dritte Akt und insbesondere „Eri tu“ zum Höhepunkt der Aufführung. Bei dieser Arie sind oft prominente Sänger gezwungen, zuzusehen, daß sie überhaupt über die Distanz kommen, denn Verdis genialer Einfall, mitten in eine dramaturgisch und musikalisch gleicherweise unter höchster Spannung stehende Arie eine so breitgespannte lyrische Phrase wie „O dolcezze perdute, o memorie…“ einzufügen, stellt an die Sänger die härtesten Anforderungen. Aber Herr Paskalis, den man bisher immer bei den jüngeren Veristen beheimatet gefunden hatte, erwies sich an diesem Abend auch als Beherrscher von Verdis Kantilene. Piano-Steigerungen und Decrescendi waren genau dort, wo sie hingehörten, und enorme Intensität und wohlüberlegtes Spiel steigerten die Wirkung noch. Am Pult stand Miltiades Caridis, der das Werk anscheinend besser erarbeitet hat, als es ihm von Natur aus liegt. Einige Unsicherheit waren in der Tempowahl zu bemerken. So war „Alla vita“ eindeutig zu langsam, das Finale der ersten Szene zu schnell, was jedoch den Gesamteindruck nicht erheblich störte.

DER ROSENKAVALIER am 17. Oktober

Mit Claire Watson scheint unsere Oper neuerlich eine Marschallin von Format gefunden zu haben, denn diese sind ja, wenn man von den wenigen Abenden mit Frau Schwarzkopf oder dem Gastspiel von Frau Grümmer absieht, äußerst selten. Claire Watson ist eine sehr hübsche, im Vergleich zu anderen Vertreterinnen dieser Partie junge Fürstin, sie läßt sich, etwa bei der Frühstücksszene des ersten Aktes, vom Temperament des jungen Oktavian mitreißen und überzeugt dennoch im Monolog vollkommen. Die Künstlerin sang ohne jeden Akzent, musikalisch vollkommen sicher, auch die heikelsten Pianostellen erklangen wunderschön. Sena Jurinac ist Oktavian, denn diese Einheit von Gestaltung, Gesang und Persönlichkeit bleibt, da Frau Jurinac auch sehr gut disponiert war, über jedes Lob erhaben. Dazu gesellte sich Wilma Lipps bis auf ein paar steife Spitzentöne sehr gute Sophie, während Kurt Böhme als Ochs wieder einmal, besonders im letzten Akt, grenzenlos übertrieb. Es kann nicht oft genug gesagt werden, daß der Lerchenauer doch „quasi eine Standsperson“ und kein Bauerntölpel ist. Und auch eine gewisse Art von Charme ist ihm nicht abzusprechen. Leider war Herr Böhme auch stimmlich nicht immer die Erfüllung. Otto Wiener sang einen ausgezeichneten Faninal, Karl Terkal einen sich mühenden Sänger, Judith Hellwig, Peter Klein, Hilde Rössel-Majdan und Franz Bierbach ergänzten mit Routine und stimmlichen Schwächen. Günther Wich dirigierte das Werk sehr straff, leider auch mitunter etwas zu laut. Das von Richard Strauss zu Ende des zweiten Aktes gewünschte „typische Wiener Glissando“ bei den Streichern blieb unhörbar, wie auch manche andere Feinheiten der Partitur. Dem Pfeifer beim Solovorhang von Frau Watson sei gesagt, daß solche Demonstrationen nur von Dummheit, wenn nicht von Niedertracht zeugen und die Galerie in Mißkredit bringen.

RIGOLETTO am 18. Oktober

Nun löste Giuseppe Taddei seinen italienischen Kollegen Protti als Rigoletto ab. Er tat dies mit Können und warf seine ganze künstlerische Potenz in die Waagschale. Die manchmal zu exponierten Töne kaschierte er mit theatralischen Gesten und großer Erfahrung. Herrlich und unvergeßlich war die Szene mit Gilda (vor der Stretta). Taddei fand für seine hinreißende Darstellung, seinen geschmackvollen Gesang, seine natürliche dramatische Erfassung der Partie fast das gleiche Publikumsecho wie Aldo Protti. Hilde Güden und Gianni Raimondi konnten ihre schon besprochenen guten Leistungen wiederholen. Neu kamen Ivo Vinco als Sparafucile (der um einige Grade besser als Zaccaria wirkte) und Biserka Cvejic (die das Niveau ihrer beiden Vorgängerinnen halten konnte) hinzu.

DON CARLOS am 19. Oktober

Im dritten Carlos der Corelli-Serie stand wieder Berislav Klobucar am Pult, der gegenüber den ersten Abenden Verbesserungen zeigte, aber das Werk noch immer nicht ganz im Griff hatte. Ilva Ligabue sang zum ersten Mal in Wien und bot eine schöne lyrische, für eine Italienerin merkwürdig kühle und instrumentale Stimme, hat aber im Vortrag  dafür viel Gefühl. Was dieser Stimme ganz abgeht, ist eine stabile untere Mittellage, von der Tiefe ganz zu schweigen. Man hat den Eindruck, die Sängerin sei etwas zu überstürzt ins Zwischenfach gesprungen. Auf der Bühne bewahrt sie Noblesse und Würde, Persönlichkeit scheint ihr aber eher zu fehlen. Fiorenza Cossotto war wieder als stimmgewaltige Eboli zu hören. Carlo Cava sang zum zweiten Mal den Philipp, den er garantiert in Italien noch nicht gegeben hat. Dort überträgt man jungen Sängern nicht gleich solche Partien. Er wirkt auch noch ziemlich unfertig, nicht nur als Gestalt, sondern auch stimmlich, was ja kein Wunder ist. So stehen schöne Phrasen neben gänzlich unbewältigten. Franco Corelli hatte in der Gartenszene einen großen Ausstieg zu verzeichnen. Seine prächtige Stimme klang aber stählern und federnd wie ein Florett. Immer wieder hat man jedoch den Eindruck, daß ein Infant dieses Kalibers den König niedergestochen, sich die Krone aufgesetzt, Elisabetta geheiratet und Posa zum Premierminister gemacht hätte und die Geschichte des Reiches, in dem die Sonne nicht unterging, hätte sich gewendet. Übrigens hatte Don Franco Corelli einen Verschleiß von drei Königinnen, zwei Philipps, drei Großinquisitoren und war an diesem Abend auch beim dritten Posa angelangt. Kostas Paskalis bewies wieder, daß er technisch in letzter Zeit sehr viel gelernt hat. Daß er gelegentlich „zu viel Gas gab“, konnte man ihm nicht übel nehmen. Zwischen Corelli und Cossotto könnte wahrscheinlich nur ein pensionsreifer Gesangs-Beamter schön brav „auf Linie“ bleiben. Da die Spitzentöne aber durchwegs sicher saßen (bis auf den Schlußton des Duetts im ersten Bild, der zur Strafe fürs Wettsingen mit Corelli flach und heiser geriet) und besonders die Kerkerszene mit viel Ausdruck und schöner Phrasierung gesungen war, konnte man mit der stimmlichen Leistung zufrieden sein. Nicht so mit der darstellerischen. Herr Paskalis hat ziemliche Routine darin entwickelt, sich seine Rollen selbst durchzudenken (da nachsingende Sänger ja doch nie Proben haben), aber beim Posa funktioniert diese ansonsten schätzenswerte Methode nicht ganz. Aber dieser Posa war zu sehr treuer Freund, zuwenig Politiker, schon gar kein idealistischer Schwärmer. Er gehört härter, unnahbarer und fanatischer gespielt. So fing Posa erst zu leben an, als er im Sterben lag. Hans Hotters Großinquisitor war gewaltig an Persönlichkeit und Stimme, die schonungslos eingesetzt wurde. Tugomir Franc und Ermanno Lorenzi gefielen in ihren Rollen gut. Beim Autodafé konnte man feststellen, daß der halbtot mitgeschleppte „Erste Ketzer“ eliminiert worden war. Wir haben diese Szene aber nicht einmal so unlogisch gefunden, denn daß mancher Gefangene aus der Gehirnwäsche der Inquisition in fast letalem Zustand hervorgegangen sein wird, ist einleuchtend. Wir sähen lieber das auch so trauliche Picknick in Aranchuez gestrichen. Wenn man nicht wüßte, daß sich die Wallmann über die Einzelheiten in ihren Inszenierungen gut zu informieren pflegt, würde man sich wundern, daß es solches damals und dort gegeben hat. Weg gehört es aber auf alle Fälle, denn das ganze Haus wartet gespannt auf das Wegräumen des Tischtuches und Geschirrs.

DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL am 20. Oktober

Eine durchschnittliche Aufführung mit tragbarem Repertoireniveau. Miltiades Caridis waltete mit Partiturkenntnis seines Amtes solide, aber ohne die subtile Brillanz, die diesem hauchzarten Klanggewebe die feinen Spitzen aufsetzt. Doch dies bleibt eben nun einmal den Magiern des Taktstocks vorbehalten. Mimi Coertse als Konstanze hielt sich recht gut. Besonders in der ersten Arie überraschte sie den Hörer mit gekonnten Pianobögen und Sicherheit der Koloraturen. Trotz einiger nachfolgender Schönheitsmängel diesmal eine ansprechende Leistung. „Süß“ – im vollen Sinn des Ausdrucks – das Blondchen von Renate Holm, wenn auch nicht zu überhören bleibt, daß die Stimme der charmanten Sängerin derzeit nicht so makellos im Klang ist, wie ehedem. Kurt Equiluz’ Pedrillo hätte viel mehr gewonnen, wenn er nicht streckenweise geglaubt hätte, wie zum Torerolied antreten zu müssen, wo er dann auch prompt „im Sand“ landete. Prachtvoll Luigi Alva als Belmonte. Ludwig Welter kennt seine stimmlichen Schwächen und gerade deshalb meistert er trotzdem gekonnt die Klippen und gestaltet so einen liebenswerten Osmin. Gustav Elger als Selim Bassa bereitet wohl selbst den Erwartungen von Lieschen Müller herbe Enttäuschung!

ARIADNE AUF NAXOS am 21. Oktober

Wieder eine Strauss-Aufführung mit Licht- und Schattenseiten, die sich diesmal ziemlich die Waage hielten. Wann werden wir endlich eine völlig ausgewogene Besetzung in diesem herrlichen Werk erleben? Vor allem sind es die völlig unzureichenden Nebenrollenträger, die das Niveau dieser Oper drücken. Zu den Positiva zählten: Leonie Rysanek mit einer im Gesamteindruck prachtvollen Ariadne (ihre Höchstform wie in der Septemberaufführung konnte sie allerdings nicht erreichen) von überwältigender Stimmkraft, bei der die geringen Intonationsschwierigkeiten nicht ins Gewicht fielen; und im Vorspiel zum ersten Mal überhaupt in dieser Partie Otto Wiener als Musiklehrer. Endlich ist auch in dieser Rolle, in der wir seit Monaten, ja Jahren, immer wieder verdienstvolle Ensemblemitglieder – mit oder ohne Persönlichkeit und mit wenig oder gar keiner Stimme – ihre Abende abbiegen sehen, eine Verjüngung eingetreten. Herr Wiener spielte die Partie klug und war gesanglich prachtvoll, sodaß auch alle hohen Töne der Partie diesmal zu hören waren. Die Diktion war – wie immer bei diesem Künstler – vorbildlich. Irmgard Seefried als Komponist erschien diesmal wesentlich besser disponiert, schauspielerisch etwas gezügelter als sonst, dennoch wird hier immer noch des Guten zuviel getan. Bella Jasper gastierte abermals als Zerbinetta und konnte diesmal wenig Anklang finden. Im Vorspiel blieb sie völlig farblos. Der großen Arie mußte sie dann an gesanglicher Brillanz ebenfalls viel schuldig bleiben. Bei ihrem Wiener Zerbinetta-Debüt hatte uns Frau Jasper, obwohl sie weit vorsichtiger und mit geringerem Stimmvolumen sang, wesentlich besser gefallen. War sie diesmal nicht gut disponiert oder übernimmt sich die Sängerin mit den in letzten Monaten immer zahlreicher werdenden Zerbinetta-Gastspielen quer durch die Bundesrepublik? Der Bacchus kam diesmal aus der Wiener Volksoper in der (guten) Gestalt von Jean Cox, der zwar auch nicht Furore machte, aber immerhin seinen Vorgänger Geisler an Musikalität und Stimmschönheit übertraf. Das Nymphentrio (Gundula Janowitz, Laurence Dutoit und Hilde Rössel-Majdan) war dem Buffo-Quartett weit überlegen. Dem Harlekin blieb Robert Kerns gesanglich viel schuldig. Außerdem war er kaum zu verstehen. Ferry Gruber wirkte mit seiner wenig ebenmäßigen Stimme sehr aufdringlich. Ludwig Welter war passabel und Kurt Equiluz unter den Vieren der beste. Alles übrige war völlig unzulänglich besetzt. Der Clou war wieder der Haushofmeister eines 75-jährigen Ehrenmitgliedes des Institutes (Alfred Jerger). Daß hier auch eine seit Jahren fällige Verjüngung und Verbesserung notwendig ist, hat man selbst in der Direktion schon eingesehen, da in der November-Aufführung der Ariadne der neuverpflichtete Hans Christian diese Partie übernehmen soll. Am Pult stand Berislav Klobucar, der nach einem schwachen, spannungslosen Vorspiel eine wesentlich bessere Leistung in der Oper selbst bot. Im Ganzen wirkte die Aufführung ungeprobt.

BALLETTABEND am 22. Oktober

RIGOLETTO am 23. Oktober

Giuseppe Patané übernahm an Stelle von Nello Santi dieses Werk. Er tat es mit vollem Einsatz, dirigierte rasch und spannungsvoll. Die Zischer, die ihm von der Galerie und dem Balkon vor dem letzten Bild entgegenschwollen, fanden wir höchst ungerecht. Denn zu Recht hatte der den Beifall für Giuseppe Taddei nach „Cortigiani“ abgekürzt, da der Sänger weitaus schwächer als sonst bei Stimme war. Ebenso zog sich der Dirigent den Groll der Raimondi-Fans zu. Aber auch Gianni Raimondi war schwächer als sonst. Warum muß er mit seiner Höhe so kokettieren? Bohumil Manov versuchte sich wie im dritten Rigoletto als Monterone. An Tiefe muß er freilich noch gewinnen um stärkeren Eindruck zu erzielen. Hilde Güden war wieder eine makellose Gilda.

 

DER TROUBADOUR am 24. Oktober, Premiere

Mit großer Spannung erwartet und durch den Vergleich mit Salzburgs einmaliger Aufführung in den Festspielsommern 1962 und 1963 vorbelastet, ging Verdis Oper am 24. 10. über die Bretter der Wiener Staatsoper. Um es gleich vorwegzunehmen und deutlich zu sagen: Man befindet sich in Musikliebhaberkreisen Wiens im besten Fahrwasser, sich vom liebenswerten zum unausstehlichen Snob zu entwickeln. Da wird gemault und bemängelt, wo es in Wirklichkeit gar keinen Anlaß dazu gibt. Ja sogar Leute, die noch nie den Troubadour sahen, fällen Urteile, die nur noch als anmaßend bezeichnet werden können. Daß das Ereignis von Salzburg sich nicht im gleichen Glanz wiederholen würde, war jedem Theaterkenner klar. Das gibt es nun einmal nicht. Dafür wurde in dieser Wiener Premiere eine Aufführung geboten, die dennoch in gleicher Qualität nirgends zu hören ist. Szenisch wirkt die Inszenierung anders als die Salzburgische. Jene verbreitete entrücktere, märchenhaftere Atmosphäre, diese in Wien strahlt mehr Realität aus, mutet an, als würden alte Gemälde lebendig gemacht. Die Festspielhausbühne bot mehr Weite, die des Wiener Hauses erscheint enger und flächenhafter. Wir möchten den Kritikastern empfehlen, quer durch Europa und die Staaten der USA zu reisen und überall die Troubadours zu besuchen. Sie würden sehr kleinlaut an den heimischen Herd zurückkehren. Das Sängerensemble bot ebenfalls eine ausgezeichnete Leistung, wie sie so schnell nirgends wiederholt werden kann. Gewiß wer hätte nicht die Leontyne Price vermißt. Doch Ilva Ligabue bemühte sich so ehrlich und kultiviert um die Partie der Leonore, daß man hier Anerkennung aussprechen muß. Freilich fehlt die große Ausstrahlung der Persönlichkeit und einiges Zutiefsingen wurde hörbar, trotzdem eine sehr positive Leistung, die sich in späteren Aufführungen, wenn die Debütnervosität wegfällt, sicher steigern wird. Franco Corelli servierte „mit Nachdruck“ einige Piani und fügte so seinen stimmlichen Explosionen kultivierten Ausdruck bei. Wer singt ihm den Manrico noch nach? Wer Sänger von der Art eines di Stefano liebt, wird natürlich kein Corelli-Fan sein können. Aber di Stefano ist eben auch kein Manrico. Und damit haben die einen keinen Grund zum Lästern und die „Franco-Anhänger“ könnten sich der allzu maßlosen Exaltationen enthalten, „denn in der Mitte liegt holdes Bescheiden!“ Eberhard Wächter sang eine neue Partie, den Grafen Luna. In einem deutschen Troubadour wäre er damit wohl unerreicht geblieben, denn welcher deutsche Bariton singt heute einen erstklassigen Luna? In das italienische Ensemble dieser Premiere hineingestellt, erscheint er als „Wolfram von Luna“. Besonders stark wird dies spürbar in der großen Szene mit der Cossotto. Und hier wäre jetzt einmal ein ernstes Wort zu sagen. Wir sind immer stolz auf „unseren“ Wächter gewesen. Wir sind glücklich, daß wir ihn haben. Er ist darüber hinaus als ehemaliger Galeriebesucher „einer von uns“, und wir wollen ihn noch in vielen Rollen hören. Warum – beim Orkus! – muß auch er in Konkurrenz und „eifersüchtigem“ Bemühen gegen die Kollegen vom italienischen Fach um jeden Preis obsiegen wollen? Was würden den mit Recht die engagierten Wächter-Fans sagen, wenn Bastianini uns mit einem Wolfram weismachen wollte, daß er besser als Wächter sei? In der Premiere war Wächters Luna eine beachtliche Leistung, aber er ist es nicht im italienischen Sinn. Fiorenza Cossottos Azucena ist großartig, und wenn auch ihr Stimmtimbre der dunklen Tiefe der Simionato entbehrt und ihre Gestaltung nicht ganz so faszinierend ist, wie die der großen Giulietta, so bedeutet sie doch einen einmaligen Gewinn. Ferrando war, wie in Salzburg, Nicola Zaccaria, der schauspielerisch besser als stimmlich gefiel. Laurence Dutoit (Inez), Siegfried Rudolf Frese (Ruiz), Rudolf Zimmer und Kurt Equiluz vervollständigten die Besetzung. Der Staatsopernchor war ausgezeichnet. Besonders der Zigeuner- und Soldatenchor waren von selten gehörter Schönheit. In der Klosterszene allerdings war der Herrenchor unexakt. Herbert von Karajan trug und begleitete die Solisten mit voller Hingabe. Die musikalische Gestaltung wirkte dadurch an diesem Abend nicht eben so dramatisch wie in Salzburg. Doch blieb die Schönheit des Orchesterklanges dennoch hinreißend gewahrt. Alles in allem: ein großer Abend im Haus am Ring, der den Höhepunkten künstlerischer Meisterleistungen zugerechnet werden kann.

 

CARMEN am 25 Oktober

Orkanartige Beifallstürme bei der vortägigen Troubadour-Premiere, gähnende Langeweile auf den Rängen bei der Repertoire-Carmen, wobei auch auf der Bühne jedermann bestrebt war, seinem Nachbarn nicht auf die Stimmbänder zu treten. In diesem Oktober zeigte das Haus am Ring wieder einmal alle Vorzüge und Nachteile des mitteleuropäischen Repertoirebetriebs. Die Reste des heimischen Ensembles (soweit sie nicht in Japan oder in der Südsee auf good-will-Tour sind) stehen gegen die „Invasion aus dem Süden“ (um in der Feindessprache zu reden) auf ziemlich verlorenem Posten. Und in normalen Repertoireaufführungen taucht neuerlich hin und wieder die altgewohnte Schlamperei bei allerdings steigender Qualität der Einzelleistungen auf. Das begann an diesem Abend schon beim Chor, der nachlässig und höchst unrhythmisch sang (dazu in einem schauerlichen Französisch) und gelangweilt in den Kulissen herumstand, als ginge ihn das ganze Geschehen da vorne gar nichts an. Miltiades Caridis mühte sich redlich und wacker um eine Temposteigerung, rannte aber bei den fast vollzählig erschienenen Substituten im Orchesterraum gegen Granit. Dafür durfte er bei den Solisten den Schutzengel spielen. Besonders Biserka Cvejic verzeichnete einen rabenschwarzen Abend. Das Publikum reagierte richtig und sparte sich den Beifall für bessere Tage auf. Im Aussehen sehr rassig, bleibt die Sängerin im Spiel eher bieder. Auch stimmlich legte sie wenig Temperament und Dramatik in die Partie. Dagegen verlieh Hilde Güden der Micaela die ganze Ruhe und Innigkeit ihrer technisch einwandfrei geführten Stimme und erntete damit großen Beifall. Giuseppe Zampieri ist zwar nicht gerade ein mitreißender Don José, steigerte sich aber nach einem schwachen und gleichgültig gesungenen ersten Akt im Laufe des Abends noch zu einer imponierenden Leistung. Kostas Paskalis hat Schwierigkeiten mit dem Escamillo. Die Partie liegt ihm anscheinend zu tief, und mit Lautstärke und einigen Spitzentönen ist es nicht getan. Frederick Guthries Stimme klingt hohl und polternd. Mit freundlichem Applaus wurde ein Repertoire-Abend alter Prägung zu Grabe getragen. Immerhin verließ der Chronist das Haus in der Zuversicht, daß der Stagionebetrieb im italienischen und französischen Repertoire unausbleiblich sein wird an einem Institut, das Weltrang für sich beansprucht. Es ist nur eine Frage der Zeit!

DIE WALKÜRE am 26. Oktober

Nach der katastrophalen Walküre des Vormonats versuchte man neuerdings, das Stück in den Spielplan einzuschmuggeln, und es kam zu einer anfänglich passablen, später streckenweise sogar recht schönen Aufführung. Das Hauptinteresse galt natürlich dem jungen Wotan Hubert Hofmann. Für den Wotan bringt der Sänger – außer der hohen Statur – eine kräftige, in der Tiefe und unteren Mittellage auch klangvolle Stimme mit, die aber leider schon beim D – E aufhört. Die Höhe ist aufgesetzt und wird nur mit viel Mühe erreicht (jetzt schon!!). Überdies ist Herr Hofmann häufig mit gesangstechnischen Problemen beschäftigt und findet so gerade noch Zeit für deutliche Artikulation, aber weniger Gelegenheit zur geistigen Durchdringung der Musik und des Textes. Daß er sich große Vorbilder häufig und gut angehört hat, ist nicht zu überhören. Aber immerhin hat er schöne Stellen und scheint, wenn er in gute Hände gerät, auch noch entwicklungsfähig zu sein. Amy Shuard singt die Brünnhilde mit großer, schöner Stimme, Einfühlungsvermögen und Gefühl. Ohne eine typische Wangersängerin zu sein, wirkt die ehrliche, seriöse Künstlerin auch in dieser Partie wie eine Erlösung. Im Heroinenfach muß der Hörer ansonsten ja oft Schreckliches erleiden. Das Wälsungenpaar war mit Gré Brouwenstijn (stimmlich gut und sehr ausdrucksvoll und intensiv) und Fritz Uhl (im ersten Akt mit kehligem Ton und im Auftreten wenig heldenhaft, bei der Todesverkündigung dann weit besser) besetzt. Gottlob Frick mit gewaltiger, dunkler Baßstimme und Ira Malaniuk mit großer Geste und erregter Deklamation sangen die Randfiguren. Unter den Walküren fielen nur die Damen Gundula Janowitz, Lotte Rysanek und Margarita Lilowa positiv auf. Über die anderen „Stimmen“ breitete der Dirigent Berislav Klobucar die gnadenreiche Lautstärke des Wagnerorchesters. Nach einem erschreckend langweiligen Vorspiel und ebensolchen ersten Szenen wachte der Dirigent beim Schwertmonolog auf, um dann im Verlauf des zweiten und dritten Aktes gute, wirklich vom Gefühl getragene und breit strömende Musik zu machen. Gesamteindruck: Durchaus ansprechend.

DER TROUBADOUR am 27. Oktober

Die erste Reprise stand im Zeichen einer im Gesamteindruck die Premiere übertreffenden Aufführung, die beim Auditorium stürmischen Beifall bei offener Szene und nach Schluß der Aufführung, besonders bei Karajans Erscheinen vor dem Vorhang, entfachte. Mit Recht, denn diese Troubadour-Aufführung hält ein Niveau, wie es wahrscheinlich, außer vielleicht die Scala Milano, kein Opernhaus des Kontinents hat. Ilva Ligabue war als Leonore wesentlich freier als beim Debüt und dadurch auch stimmstärker, wodurch uns diesmal eine Ähnlichkeit mit Gundula Janowitz auffiel. Fiorenza Cossotto war einfach grandios, ist gesanglich von einer kaum zu übertreffenden Stimmschönheit und Ebenmäßigkeit in der Stimmführung, daß man die schwächere schauspielerische Leistung dafür ruhig in Kauf nehmen kann. Franco Corelli ist und bleibt in der Partie des Manrico (trotz mancher Kritisierer) ein Ereignis. Nicht nur seine konkurrenzlosen Spitzentöne, sondern auch das Bemühen um ein schönes Piano nehmen für ihn ein. Noch dazu war er an diesem Abend in hervorragender Disposition. Eberhard Wächter als Graf Luna war als einziger schwächer als bei der Premiere. Man merkte gerade an diesem Abend deutlich, daß diese schwierige Partie eigentlich außerhalb des Repertoires des geschätzten Sängers liegt. Hier neben den italienischen Sängern erschien er eben doch neuerlich als Fremdling aus nördlichen Breiten. Nach diesem Ausflug in Verdis Zigeunerromantik wünschten wir sehr, Herr Wächter möge endlich daran denken, für die Wiener Oper viel wichtigere Partien wie den Eugen Onegin, Capriccio-Grafen oder Don Alfonso zu übernehmen oder sich an den Mandryka zu wagen, Partien die größere Aufgaben für ihn bedeuten als der Luna, den sicher auch Paskalis gut singen müßte. Nicola Zaccaria erzielt als Figur wesentlich besseren Eindruck als durch seine Gesangsleistung. Kurt Equiluz und Rudolf Zimmer waren in den kleinen Partien gut. Siegfried Rudolf Frese hingegen fiel ab. Herbert von Karajan erwies sich als überragender musikalischer Leiter der Aufführung, der diesmal wieder straffere Tempi als in der Premiere (aus Rücksicht auf die Debütanten) nahm und dadurch den musikalischen Eindruck noch steigern konnte. Das Orchester folgte seiner Zeichengebung mit Hingabe und äußerster Konzentration. Lediglich der Amboshämmerer kam aus dem Takt. Ein besonderes Lob kann man wieder dem Chor ausstellen, der im Zigeunerlager eine grandiose Leistung bot. Der Herren-Chor war allerdings neuerlich an der gleichen Stelle (Leonores Entführung aus dem Kloster) rhythmisch unexakt. Der Jubel war ungeheuerlich. Besonders Karajan und Corelli wurden mit Beifallsovationen überschüttet. Mögen wir immer Aufführungen von solchem Niveau haben und mit Schaudern denken wir daran, wie es vielleicht sein könnte, wenn…ja dann wären wieder die „Heimischen“ (etwa Boesch, Hermann, Majkut und Braun) an der Reihe. Dafür müßte man aber auch die Besucher mit großen Autobussen oder Lastwagen aus Aderklaa oder Unter-Stix-Neusiedl herbeizaubern.

BALLETTABEND am 28. Oktober

DIE ZAUBERFLÖTE am 28. Oktober im Theater an der Wien

Viele bekannte Gesichter aus dem Stammpublikum der Oper sah man an diesem Abend in der Wienzeile. Kein Wunder, da es doch einige interessante Neubesetzungen in der Zauberflöte zu hören gab. Das Hauptinteresse galt der jungen Preßburgerin Lucia Popp, die erstmals die Königin der Nacht sang und der schon seit Salzburg der Ruf eines neuen „Geheimtips“ im Koloraturfach vorausgeht. Erfreulicherweise konnte die junge Sängerin die in sie gesetzten Erwartungen voll erfüllen. Mit bemerkenswerter Sicherheit sang sie beide Arien, die zweifellos die höchste Bewährungsprobe in ihrem Fach darstellen und erreichte auch ohne Schwierigkeit das mörderische ’f’ in der ersten Arie. Die Sängerin verfügt über eine sehr klare, etwas kühl timbrierte Stimme und meisterte nicht nur die Koloraturen tadellos, sondern konnte auch im Rezitativ und im langsamen Teil der ersten Arie, der vielen Koloratursopranen große Schwierigkeiten bereitet, voll überzeugen. Einige kleine rhythmische Unsicherheiten in der ersten Arie werden sich sicherlich bald geben. Bei der zweiten hingegen blieb schon diesmal kein Wunsch offen. Es ist sehr erfreulich, daß Wien endlich wieder eine Königin der Nacht besitzt und obendrein eine Lücke geschlossen ist, die wir oft schmerzlich empfanden, seit Lipp und Köth diese Partie nicht mehr singen. Popp ist heute schon um Klassen besser als der Met-Star Roberta Peters. Der zweite, für Wien neue Sänger, war Luigi Alva als Tamino. Der intelligente und sympathische Tenor, der sich schon seit einigen Jahren an die Spitze der Mozarttenöre hineingeschoben  hat (man denke nur an seinen ausgezeichneten Ferrando), konnte auch an diesem Abend außerordentlich gefallen. Stimmlich blieb kaum ein Wunsch offen. Besonders beeindruckten die Intensität und die metallische Mittellage, doch hat auch die Höhe, die kräftiger und glanzvoller geworden ist, gegenüber früher sehr gewonnen. Daß allerdings mit der deutschen Sprache nicht alles klappte und der Sänger vor allem mit der Prosa seine liebe Not hatte, war nicht zu überhören. Doch man kann überzeugt sein, daß Herr Alva über die nötige Intelligenz und das nötige Sprachgefühl erfügt und bald völlig in die Partie hineinwächst. Neben diesen beiden Debüts hatte der Abend noch etliche andere Pluspunkte zu bieten. Vor allem Hilde Güden als Pamina. Was soll man über sie noch schreiben? Sie war wie immer, herrlich, sang beseelt und kultiviert. Kurz gesagt eine Mozartsängerin par excellence. Recht nett war auch Heinz Holecek als Papageno, dessen Stimme für das Theater an der Wien ausreicht und nette neue Späße bereit hatte. Gottlob Frick ist nach wie vor der beste Sarastro und ließ seine Baßstimme würdig dahinströmen. Hans Hotter machte die kurze Sprecherszene zum Ereignis. Gut die drei schön singenden Damen (Gundula Janowitz, Margareta Sjöstedt, Ira Malaniuk) und drei besonders gute Knaben. Emmy Loose sollte endlich die Papagena lassen. Es ist beinahe schon peinlich. Miltiades Caridis dirigierte zügig und begleitete aufmerksam. Szenisch ist die Aufführung völlig verschlampt – schade!

DER FLIEGENDE HOLLÄNDER am 29. Oktober

Eine vom Publikum lebhaft akklamierte Aufführung von gutem Durchschnitt. Heinz Wallberg erwachte zwar erst nach einer etwas verschleppten Ouvertüre, musizierte aber dann sehr schwungvoll und differenziert. Noch dazu hatte unser Orchester einen ausgezeichneten Tag: es war kein einziger Bläserschmiß zu verzeichnen! Auf der Bühne der Holländer aller Holländer. Hans Hotter. Trotz kleiner Schwächen im ersten Akt (der Text wird immer unverständlicher!) fand Hotter im zweiten Akt zu seiner gewohnt erschütternden Leistung, die stimmlich und darstellerisch immer wieder aufs Neue ergreift. Seine Senta war Anita Välkki, finnische Brünnhilde und Turandot. Ihre Schwächen in der hohen Lage waren schon bekannt (sie schmiß auch prompt das ‚h’ im Duett), dennoch aber bot die Sängerin eine ansprechende Gesangsleistung. Sie formt die Partie vom Stimmlichen her. Ihr Ausdruck liegt in der dynamischen Führung ihres großen Soprans, der auch eines Pianos durchaus fähig ist. Schade, daß diese Wangerstimme ab ‚h’ problematisch wird. Daß der Daland eine der besten Partien von Gottlob Frick ist, wissen wir seit langem. Er hatte auch diesmal einen ausgezeichneten Abend. Fritz Uhl als Erik war eigentlich ganz gut und dennoch…man kann bei ihm nie ganz froh werden. Woran es liegt, ist nicht leicht zu sagen (Vokalverfärbung, Mimik, Timbre?). Hätte Wagner gewußt, daß einmal ein Steuermann mit einem schweren S-Fehler diese Partie singen wird, hätte er den Satz „Seid außer Sorg, schlaft ruhig Kapitän“ nicht geschrieben. Dabei ist Karl Terkal kein schlechter Steuermann. Hilde Rössel-Majdan als Mary ergänzte das Ensemble. Der ausgehungerte Wagnerianer war dankbar für diesen Holländer (an Tristan und Götterdämmerung wagt er gar nicht zu denken) und hofft auf eine baldige Wagnerzubesserung. Leider geht in Operkreisen das Gerücht um, daß die einzige komplette Ring-Aufführung dieser Saison auch bereits wackelt!

DER TROUBADOUR am 30. Oktober

Weit schneller als dies erlaubt ist, glitt unser Troubadour in Abonnement-Tiefen ab. Von den Premierensängern erreichte keiner die Form der ersten, geschweige denn zweiten Aufführung. Natürlich sind Sänger keine Maschinen, da kann man eben nichts machen. Franco Corelli, schwungvoll, elastisch, mit glänzender Stimme, hatte einen gewaltigen Ausstieg bei „Ah sì, ben mio, coll’essere“ zu verzeichnen. Tenor und Dirigent wurden beim Bemühen, wieder einig zu werden, immer nervöser. Der eine sang schneller, der andere dirigierte langsamer und so wären sie fast nicht mehr zueinander gekommen. Maestro Alberto Erede hatte auch mit den Chören, leider auch mit dem bis jetzt so fabelhaft sitzenden Soldatenchor, erhebliche Differenzen. Seine Tempi unterschieden sich zu sehr von denen Karajans, als daß eine probenlose Übernahme gut gehen könnte. Wenn musikalisch alles klappte, konnte man einen flüssigen, temperamentvollen, weitaus schwingenden Verdi hören, dem aber ein wenig die Hintergründigkeit fehlte. Wie wir allerdings erfahren haben, soll Herr Erede während der Aufführung einen schmerzhaften Gallenanfall erlitten haben, wodurch seine musikalische Leitung leiden mußte. Ilva Ligabue hat an Sicherheit gewonnen. Ihre Stimme ist jedoch zu wenig ausgeglichen für die Rolle und speziell das Miserere liegt ihr ganz erheblich zu tief. Naturgemäß strengt sie sich dann auch in der Höhe mehr an, als dem Wohlklang der glatten, aparten Stimme zuträglich ist. Eberhard Wächter wiederholte seine konzentrierte Leistung. Neu war Margarita Lilowa als Azucena. Sie hat die Partie wohldurchdacht und mit großer musikalischer Sicherheit aufgebaut, auch die Aktionen sind sinnvoll. Die Stimme klingt in der Mittellage und Höhe sehr schön, die Tiefe ist zur Zeit noch nicht so kräftig. Ivo Vinco (Ferrando) war ebenso wie sein Rollenvorgänger in der ersten Szene unhörbar und ließ auch die Taktsicherheit vermissen. Im übrigen sang er mit voller Stimme und angenehmer Höhe.

MADAMA BUTTERFLY am 31. Oktober

Hier hat die Operndirektion, wie wir neidlos eingestehen, einmal Recht behalten. Viele Musikfreunde haben sich geärgert, daß man Felicia Weathers, die für die Salzburger (projektierte) Salome-Aufführung für die Titelrollenbesetzung vorgesungen hat, in Wien für ihr Gastspiel die Butterfly zuteilte. Mancher hat sich gedacht, daß wir doch italienische Opern ohnehin in besten Besetzungen haben und es viel interessanter gewesen wäre, die junge Dame als Salome zu hören. Da man in dieses Stück in den letzten Jahren ohnedies nur mehr gar nicht oder höchstens (wie der Merker) gezwungenermaßen und dienstlich ging. Nun stellte sich aber heraus, daß die an sich aparte und angenehm gefärbte Stimme der Sängerin für die Butterfly fast zu klein ist. Wie Felicia Weathers in vielen Städten erfolgreich Salome singen konnte, ist uns nicht ganz verständlich. Hier hätte man sicher sehr wenig gehört und dabei einiges versäumt, geschmackvollen Vortrag, musikalische Sicherheit und gute Technik. Nur die Höhe ist etwas begrenzt. (Sie sang beim Auftritt nicht hinauf, und später stellte man fest, daß sie damit sicher richtig gehandelt hatte). Auch auf der Bühne hatte die winzige, zierliche Sängerin eine gute Studie der Butterfly zu bieten. Man mußte zwar nicht gerade weinen, als sie starb, sie vermied aber auch dankenswerterweise Herumflirren, Zepperln und sonstige Japanismen. Alles in allem: Recht interessant, aber nicht aufregend. Die Oper hätte Pinkterton heißen können, so dominierte Gianni Raimondi mit seiner prächtigen, explosiven und glänzenden Tenorstimme. Dazu spielte er die Rolle des leichtfertigen Offiziers sehr nett und liebenswürdig und war wie immer ein kollegialer Partner. Giuseppe Taddei gab den Konsul mit starker Persönlichkeit und echter Anteilnahme. Von den Nebenrollen gefiel Tugomir Franc als Onkel Bonze ausgezeichnet. Giuseppe Patané dachte wohl, Angriff sei die beste Verteidigung. Er überrumpelte das Orchester mit irrsinnig schnellen Tempi; was zuerst ein Chaos hervorrief. Nach fünf Minuten aber hatte er alle Mitwirkenden an der Hand und ließ die Melodien auf das Schönste aufblühen – auch der Dramatik nichts schuldig bleibend. Ein großes Talent!

 

DAS PHANTOM DER OPER

Leitartikel, 8. Jahrgang Heft 11

Es trägt den melodiösen Namen Armando Romano, wurde über Nacht weltberühmt, kann überhaupt nichts dafür und geht mit in Unschuld gewaschenen Händen als Pontius ins Operncredo ein. Womit die Pharisäer Unsterblichkeit dokumentiert haben…

Zuerst gerüchte-, später berichteweise nahm der unbefangene Staatsbürger davon Kenntnis, daß ein Maestro suggeritore die soziale Gerechtigkeit des österreichischen Staates bedrohe und unsere Demokratie in Gefahr sei. Beweis:

1.) Der Haussouffleur Homola fühlt sich gekränkt, weil er Karajans Wunsch nach einem italienischen Subdirigenten im Souffleurkasten als Mißtrauensvotum gegen seine bisher anerkannt guten Leistungen betrachtete. Karajan wünschte dies allerdings ausdrücklich nur bei besonders schwierigen italienischen Werken und argumentierte, daß italienische Sänger es gewöhnt sind, ihre Einsätze vom Souffleurkasten aus zu bekommen. Und er argumentierte, daß ein Maestro suggeritore an vielen großen Bühnen zum Ensemble gehört. Außerdem war auch die derzeitige vorgesehene Tätigkeit des Signor dottore Romano auf vier Wochen limitiert.

2.) Der Haussouffleur bezieht ein Monatsgehalt von nur 4.000 Schilling, eine von ihm geforderte Erhöhung von 300 Schilling war ihm nicht gewährt worden, während der für seine einmalige Tätigkeit engagierte Signor Romano 24.000 Schilling bezieht. Leider vergaß man zu erwähnen, daß es selbst ein österreichischer Mittelschulprofessor trotz abgeschlossenen Hochschulstudiums noch nicht zu einem Salär von S 4.000,- im Monat gebracht hat. Man auch vergessen zu erwähnen, daß Herr Homola außerdem für jeden Tag seiner Tätigkeit an der Scala Milano – als Souffleur Karajans – eine Tagesdotation von S 600,- bezog, und dies bei allen Gastspielen, während seine Bezüge hier weiterliefen! Signor Romano allerdings wird von der Scala während seiner Wiener Tätigkeit nicht honoriert.

Trotzdem genügte dieser Anlaß, um eine Staatsaffäre zu entfesseln. Der vor den Neuwahlen stehende Betriebsrat der Wiener Staatsoper erklärte, daß das gesamte Personal des Hauses am Ring geschlossen hinter Herrn Homola stehe, und begann, gestützt auf diese Gefolgschaftstreue, zu Felde zu ziehen bzw. auf die Barrikaden zu klettern, in dem erhebenden Gefühl, daß Toilettenfrau und Primadonna, Chortenor und Beleuchter, Star und Billeteur, Konzertmeister und Türlschnapper, Schulter an Schulter auf in den Kampf marschieren würden. Die vom Betriebsratsobmann Vajda erzielte „Einmütigkeit“ ist zugegebenermaßen imponierend (So einhellige Spontaneität konnte nicht einmal Lenin erkämpfen!) und wahrhaftig geeignet, die Welt den Atem anhalten zu lassen. Daß die internationale Öffentlichkeit trotzdem darob in Gelächter ausbrach, muß demnach als Beweis ihrer Niedertracht bewertet werden. Der Betriebsratsobmann handelte selbstverständlich nicht willkürlich, sondern in unwandelbarer Gesetzestreue, da das Arbeitsamt entschied, daß der Posten eines Souffleurs der Arbeitsbewilligung unterliegt, die nicht erteilt werden könnte. Eine Übertretung eines solchen Verbots zieht Straffälligkeit nach sich. Der Verstoß wird mit S 25.000,- Geldbuße oder 6 Monaten Gefängnis geahndet, und es ist somit nur der Standhaftigkeit Herrn Vajdas zu verdanken, daß Herr von Karajan, der die Meinung vertrat, daß Armando Romano, Inhaber des staatlichen Kapellmeisterdiploms Italiens, nicht Souffleur, sondern Dirigent mit Souffleurverpflichtung wäre, ob dieses Irrtums nicht für ein halbes Jahr zu Wasser und Brot verdonnert wurde!

Als vor der Boheme-Premiere Herr Direktor Hilbert Maestro Romano zum Souffleurkasten geleitete, steigerte sich beim Betriebsrat die Furcht vor Strafe im Quadrat und ihr soziales Gerechtigkeitsempfinden sosehr, daß sie mit einer Geschwindigkeit, die dem Zeitalter der Düsenjäger alle Ehre macht, in der Zeit von 19.02 bis 19.07 anzunehmenderweise sämtliche Angehörige des Hauses, daher selbstverständlich auch jene Mitglieder, die sich auf Gastspielreisen im Ausland befanden, um ihre Zustimmung befragten, nachdem sie ja erklärt hatten, daß das Personal samt und sonders hiermit in den Streik trete. Die im Haus weilende Frau Güden, die fertig geschminkt auf ihren Auftritt wartete, und die im Orchesterraum sitzenden Philharmoniker freilich erfuhren dies erst aus dem Lautsprecher, als Karajan und Hilbert vor den Vorhang kamen, da sie sich gezwungen sahen, das gesamte Premierenpublikum – einschließlich der Gäste aus dem Ausland, von denen etliche zu dieser einen Vorstellung nach Wien gekommen waren – so wie den Herrn Bundespräsidenten nach Hause zu schicken. Während den Opernfreunden der Atem wegblieb, waren zwei bis drei Zwischenrufer vorbereitet genug, um „Schluß mit der Karajan-Diktatur“, „Pfui Karajan“ und „Haut’s ab nach Mailand“’ in das Rund des Hauses zu brüllen. Um ein Haar wäre die Gesetzestreue des Personals noch ins Stolpern gekommen, da man dem Publikum dann das Licht abdrehte! Doch versicherte der technische Betriebsrat nachträglich lächelnd, davon könnte natürlich keine Rede gewesen sein. Der Mann am Lichthebel sei ausschließlich einem Irrtum unterlegen und habe verkehrt geschaltet. Wobei unsere soziale Besorgnis uns befiel, den Wunsch auszusprechen, man möchte den Armen auf länger anhaltenden Urlaub senden. Da ihm dieser Irrtum nun schon öfter und stets in so entscheidenden Augenblicken unterläuft, mutet seine Gesundheit äußerst gefährdet an. Eine nachträgliche Personalabstimmung erfolgte bei Anwesenheit von ca. 350 Personen, nicht geheim, sondern per acclamationem. Erfolg: Misstrauensvotum gegen die Direktion! Damit aber begann die Farce erst richtige Blüten zu treiben. Aus dem heroischen Kampf der Betriebsräte wurde ein Amoklauf, der soviel Geld, Zeit und Nerven kostete, daß der Aufwand wahrhaft einer besseren Sache würdig gewesen wäre. Schwankte der Opernfreund zunächst noch zwischen Lachen und Weinen, wurde er bald darüber belehrt, daß wirklicher Ernst der Lage keinen Raum mehr für Humor übriglasse. Karajan und Hilbert boten dem Minister ihre Demission an. Drimmel bat die beiden Herren im Amt zu bleiben, bis er etwaig notwendig werdende Entschlüsse gefaßt habe. Für das Arbeitsamt wurde nach Sachverständigen gesucht, die ein Gutachten darüber abgeben sollten, ob Signor Romano nun als Souffleur oder Dirigent zu bewerten wäre. Die italienische Gewerkschaft meldete sich zu Wort und bat die Musikergewerkschaft um Vermittlung, mit der Beifügung, daß ein Streik nicht nötig gewesen wäre und durch Absprache zwischen den Gewerkschaften der beiden betroffenen Länder hätte bereinigt werden können!!! Drei Tage nach dem unglücklichen Zwischenfall jedoch stand die Troubadour-Aufführung unter Karajan auf dem Programm und daher als neuralgischer Punkt in der Linie der fortlaufenden und sich zuspitzenden Entwicklung, da die vagen Hoffnungen aller jener, die darauf gesetzt hatten, daß Hilbert von Karajan abrücken und ihm in den Rücken fallen könnte, sich als trügerisch erwiesen, denn Hilbert hielt eisern zum Künstlerischen Leiter. Dafür wurde die Oper mit Drohanrufen bedacht. Gerüchte schwirrten auf, daß Demonstranten gegen die Direktion ins Haus geschleust würden, und das war dem Gemüt des Wieners nun endlich zu viel. Am Tag der Troubadour-Aufführung kontrollierten ab 4 Uhr früh die Opernfreunde in eigener Kompetenz die Leute, die sich um Stehplatzkarten anstellten. Es war klar, daß die Musikfans es sofort registrieren würden, wenn musikfremde Elemente sich einlaßheischend um Karten angestellt hätten! Es geschah nichts, der Vorgang lief genau so ab, wie seit eh und je. Nur die Empörung unter den Opernfreunden steigerte sich zu einem einzigen Wutschrei. Sogar jene, die keineswegs als bedingungslose Freunde Karajans galten, erklärten gerade heraus, daß sie in diesem Fall sich voll und ganz zu ihm bekennen würden. Für die Freiheit der Kunst, für die Geltung der Wiener Oper und damit der Musikstadt Wien meldeten sich plötzlich Hunderte jeden Alters zu Wort, bereit, dies öffentlich zu bezeugen, Karajan und Hilbert ihre deutliche Anerkennung und Zustimmung auszusprechen. Und sie taten es. Während unter atemloser Spannung Karajan das Dirigentenpult betrat, brauste ein einstimmiger Jubel von so elementarer Gewalt durchs Haus, wie er darin noch nie gehört worden war. Nach Schluß der Vorstellung wurde Karajan mit Rosen beworfen, in Sprechchören „Karajan-Hilbert“ noch nach Fallen des Eisernen minutenlang gerufen und Direktor Hilbert beim Bühnenausgang von einer großen Menschenmenge Ovationen dargebracht. Allein was half’s, der Amtsschimmel trabte weiter. Er trabte und bockte in einem Atemzug und schlug dazu noch Kapriolen. Sogar im Parlament gerieten sich einige Abgeordnete ob Karajan in die Haare – die Budgetfrage der Bundestheater gab teils willkommen, teils recht unwillkommenen, Anlaß dazu. Der Minister bekannte sich in allen Belangen zum Künstlerischen Leiter. Nächsten Morgen tagte die Sachverständigenkommission im Arbeitsamt und fällte schließlich am 8. November mittags eine Entscheidung, die nicht öffentlich bekanntgegeben, nur der Operndirektion schriftlich zugestellt wurde. In Wien begannen die Telefone heißzulaufen. Redaktionen wie Privatpersonen versuchten mit allen Mitteln Informationen zu erhalten. Gerüchte schossen wie Pilze aus dem Boden. Ein neuer Hexenkessel bereitete sich zum Ausbruch vor. Um 20 Uhr schließlich bereitete eine APA-Meldung dem fieberhaften Rätselraten ein Ende, berichtete über den negativen Bescheid, gegen den die Bundestheaterverwaltung sofort Berufung erhob und das Ersuchen Karajans an das Ensemble die Boheme-Premiere ohne Souffleur zu singen. Am 9. November vormittags lud Karajan die Journalisten zu sich in die Direktion ein und widerlegte und stellte richtig, was Politiker, die keine Ahnung vom Opernbetrieb haben, in Unwissenheit von sich gegeben haben. Karajan gab zum Schmerz jener, die mit seinem Rücktritt gerechnet hatten, bekannt, daß er nicht demissionieren werde und versäumte auch nicht jene haarsträubenden Irrtümer über seine an der Oper bezogenen Gagen richtigzustellen. Demnach erhält Karajan als Künstlerischer Leiter monatlich 6.660,65 S und als Dirigent pro Abend 15.000,- Schilling (und es gibt Dirigenten, die immerhin wesentlich mehr an der Wiener Oper beziehen), während man im Ausland das Achtfache bietet! Karajan erläuterte nochmals genau den Mailänder Vertrag und die Vorteile, die er für die Wiener Staatsoper beinhaltet, die Notwendigkeit italienischer Einstudierungen und die Erstellung eines Star-Ensembles internationaler Geltung. (Wir werden in unserer nächsten Nummer in Zusammenhang mit der weiteren Planung der Staatsoper Wien, mit der wir uns eingehend befassen werden, in diesen Punkten noch auf die einzelnen Details zurückkommen). Der Chef ersuchte anschließend darum, nun endlich von allen Seiten die Zeit und Ruhe gewährleistet zu bekommen, die ein Kunstinstitut zum Arbeiten braucht. Am Abend des gleichen Tages schließlich ging nun – verspätet, aber doch – die Premiere von Puccinis La Boheme über die Bühne. Eine Traum-Aufführung, wie sie bei Puccini in diesem Haus seit Jahrzehnten nicht gezeigt und geboten werden konnte. Herbert von Karajan wurde mit stürmischen Ovationen empfangen und die Aufführung immer wieder von Jubel und Beifall umbrandet, wahrhaft geeignet alles das vergessen zu machen, was einem durch Ärger und Nervenkrieg die ganze vorangegangene Woche verdorben hatte. Doch auch dies galt anscheinend nur für die, die wirklich die Musik lieben. Andere hatten nichts anderes zu tun, als, während die Boheme-Aufführung in der Staatsoper ablief, im Österreichischen Fernsehen eine Hetze vom Stapel zu lassen und Starreporter Fischer-Karwin hustete noch am Sonntag-Vormittag in der Sendung „Aus Burg und Oper“ Gift und Galle, während doch bereits andere Stimmen der Gegenseite – nolens volens – weitaus friedlichere Töne von sich gaben. Da der Rechtsstreit in Sachen Romano nun einen weiteren Instanzenweg angetreten hat, geistert auch das „Phantom der Oper“ weiter, diesmal zwischen Akten und Paragraphen, aber der große Spuk hat seine gefährliche Panikwirkung bereits verloren. Auch dann, wenn ein Mann, der in Theaterkreisen der Musikpapst von Wien genannt wird, weiterhin geheim konspirieren sollte, auch wenn einige Dunkelmänner den Gerüchten mit dem Ausspruch: „Wenn Karajan jetzt nicht geht, dann geht er in vier Wochen“ neue Nahrung zu geben versuchen. Wien, und wir verstehen in diesem Fall das musikliebende Wien, hat bewiesen, daß es bereit ist, alles zu tun um zu verhindern, daß sich bedauerliche Vorgänge der Geschichte wiederholen, und man hierorts und heute nicht mehr geneigt ist, Dinge geschehen zu lassen, wie sie vielen Großen unseres Landes in der Vergangenheit leider widerfahren sind. Gewiß alles Große ist nicht bequem, und nicht leicht zu nehmen, aber es hat ein Recht auf Konzessionen, und die Freiheit der Kunst unterliegt nicht Bestimmungen, die für Schlosserwerkstätten und Textilfabriken Gültigkeit besitzen. Und daß dies bewahrheitet und bestätigt bleibe, dafür wurde in Wien mitten in unserer angeblich so materialistischen Zeit Zeugnis abgelegt. Die Musikstadt Wien hat erneut dokumentiert, daß, auch von Seiten Publikum her gesehen, das Haus am Ring das erste der Welt ist. In keinem anderen Land ist es möglich, daß in der Frage eines Kulturinstituts die öffentliche Meinung sosehr zum Sturm aufruft und eine Opernkrise beinahe in der Lage ist, Regierungskrisen heraufzubeschwören. Dem Fremdling mag dies ein Kopfschütteln abnötigen, wir Wiener sind mit Recht stolz darauf, denn wir wissen, daß Musik – und mit ihr unsere Oper – unseren einzigen Großmachtsanspruch im internationalen Leben darstellt. Darum möchten wir auch den kleinen Hetzern innerhalb des Hauses im Dienst am Haus raten – sie möchten endlich aufgeben. Wir möchten jenem Sänger, der – als Hetzer gegen den künstlerischen Leiter stadtbekannt – nachdem Karajan in Saint Tropez eine Augenverletzung erlitt, durch die Oper huschte, indem er sich ein Auge zuhielt, empfehlen, er möchte nun mit beiden Händen „einschauen“ und sich, falls er noch eine dritte Hand übrig hat, den Kopf halten. Und jene, die noch immer glauben, sie kämen zum Zug, um hier ein Regiment aufzurichten, in dem die Mittelmäßigkeit Triumphe feiert, mögen daheim hinterm Ofen bleiben und zur Befriedigung ihrer Phantasien allabendlich das Traummännlein einschalten. Damit kann ihnen und uns geholfen werden…

 

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