30 Jahre Kalser Namenkundliche Symposien
Ein Rückblick
© H.D. Pohl 2015/2016 (zurück
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Tagungsband
(auch hier mit Bild) mit Inhaltsverzeichnis
Als mich Mitte der 1980er Jahre mein Kollege
Karl Odwarka, damals Universitätsprofessor an der University of Northern Iowa,
einlud, mir die exotisch wirkenden Namen des Kalser Tales näher anzusehen, war
noch nicht abzusehen, welchen Stein er damit ins Rollen bringen sollte. Karl
Odwarka übergab mir einen Packen von großformatigen Karteikarten, auf die er
penibel jeden Namen samt allen Varianten und Zusammensetzungen mit Aussprache
und Lage eingetragen hatte, wie er es von ortskundigen Kalsern in Erfahrung
bringen konnte. Ich sollte mir dies durchsehen und ihm dann meinen Eindruck vom
gesammelten Material mitteilen. Dieses hat mich aber sofort fasziniert mit so
exotisch klingenden Namen wie Spinnevitrol
oder Foledischnitz bzw. seltsam
wirkenden Namen wie Pfarrer Klesch
oder Fallwindes – und erweckte mein
Interesse für etwas zwar nicht ganz Neues, aber doch ganz anderes, als ich es
bis dahin kannte. Ich selbst hatte mich bis dahin hauptsächlich mit Kärntner
Ortsnamen, v.a. des zweisprachigen Gebietes, sowie mit Bergnamen ganz allgemein
beschäftigt. Das Kalser Namengut deutscher oder slawischer Herkunft stellte für
mich somit kein Problem dar, doch beim romanischen fehlte mir die Erfahrung,
weckte aber meine Begierde, mich darin zu vertiefen. Somit wandte ich mich an
meinen Klagenfurter Kollegen und Romanisten Willi Mayerthaler, der –.als ich
ihm das Namensmaterial zeigte – sofort davon genauso angetan wie ich. Ich legte
ihm auch viele Vorschläge für die Deutung romanischer Namen vor, die er
überprüfte und ergänzte. Somit war bei uns das Interesse endgültig erwacht und
es lag nahe, das Namensmaterial nicht am Schreibtisch, sondern auch an Ort und
Stelle zu betrachten. So entstand der Gedanke, eine kleine namenkundliche
Konferenz in Kals abzuhalten, zu der wir auch einige weitere Kollegen einluden.
Diese fand unter dem Namen „Kalser Namenkundliches Symposium“ am Samstag, den
14. Juni 1986 statt. Am Vorabend trafen wir einander im Widum und waren Gäste
des damaligen Pfarrers Hofmann, wie dann auch in den folgenden Jahren. Von uns
drei Begründern der Kalser Namenkundlichen Symposien kann heute nur mehr einer
zu Ihnen sprechen, denn Willi MAYERTHALER verstarb völlig unerwartet am 1. Mai
2002 und Karl ODWARKA schloss am 30. Juni 2010 seine Augen für immer nach
schwerer Krankheit.
Als
wir drei also im Juni 1986 zum ersten Mal in Kals das „Namenkundliche
Symposium“ veranstalteten, sahen wir dies eher als ein probates Mittel zum
Meinungsaustausch unter Fachkollegen im Zusammenhang mit einer geplanten
Erhebung aller Kalser Flurnamen vor Ort und der systematischen Erforschung der
österreichischen Bergnamen. Karl ODWARKA legte zunächst einige hundert
Karteikarten mit Flurnamen aus den oberen Abschnitten des Kalser Tales (v.a.
Dorfer, Teischnitz- und Ködnitz-Tal) vor, ich ein Verzeichnis der gängigen
Bergappellativa. Dazu bereiteten wir selbst einige Vorträge vor, weitere
Vorträge steuerten einige anderen Kollegen bei. Wir führten damals interessante
Gespräche, auch mit Einheimischen, diskutierten über die Herkunft der Flurnamen
und beschlossen unsere Ergebnisse zu publizieren. Dazu stellte uns Otto
KRONSTEINER die von ihm 1973 gegründete Zeitschrift „Österreichische
Namenforschung“ zur Verfügung (sie wurde ab 1989 dann von mir herausgegeben),
in der laufend Artikel zum Kalser Namengut erschienen sind sowie die
Druckfassungen vieler in Kals gehaltener Vorträge. Und dies nicht nur im ersten
Jahr, sondern auch in den Folgejahren. V.a. sei hier auf die Artikelreihe „Materialien
zu einem Namenbuch von Kals (Osttirol)“ hingewiesen – in 9 Teilen, die Teile
1-8 umfassen die Siedlungs-, Flur-, Berg- und Gewässernamen, der letzte, 9.
Teil ist den Hofnamen gewidmet. 2004
erschien als Sonderband als eine Art Zusammenfassung der bisherigen Arbeiten
das „Kalser Namenbuch“, das anlässlich des heurigen 30. Symposiums neubearbeitet
werden soll. Dazu kam noch eine Reihe weiterer Aufsätze.
1986
war also der Beginn der Kalser Namenkundlichen Symposien, deren Erfolg damals
noch nicht abzusehen war. Sie fanden wiederholt auch das Interesse der
einheimischen Bevölkerung. Fanden die ersten Symposien beim „Oberwirt“ statt,
wechselten wir dann in den Ködnitzhof, ab Mitte der 90er Jahre fanden sie dann
im Gemeindesaal statt und in den letzten Jahren im neuen
Veranstaltungszentrum neben dem Ködnitzhof. Die Teilnehmer/innen kamen aus Österreich,
Deutschland, Italien, Slowenien, Tschechien, der Slowakei, Polen, Bulgarien und
den USA. Unter ihnen finden sich in Fachkreisen allgemein bekannte Persönlichkeiten
wie Norman DENISON, Dušan Čop, Maria HORNUNG, Gert
KLINGENSCHMITT, Otto KRONSTEINER, Baldur panzer,
Herbert PENZL, Guntram PLANGG, Rudolf šrámek,
Jože Toporišič, Peter
WIESINGER, Pavol
ŽIGO u.v.a. Seit Anfang der 1990er Jahre
nimmt auch Peter ANREITER von der Universität Innsbruck regelmäßig teil und er
ist heute Mitorganisator unserer Symposien, die ohne sein Wirken nicht das
wären, was sie sind, zumal er den wissenschaftlichen Nachwuchs in diese
eingebunden hat, worüber wir später noch einiges erfahren werden.
Eine
wichtige Rolle spielten die Kalser Symposien für die Herstellung von Kontakten
zu Forschungsprojekten, von denen hier zunächst ALPKULTUR (Kulturhistorische
Namendokumentation im Alpenraum – Die Berg- und Almnamen Osttirols) und das
„Historische Osttiroler Siedlungsnamenbuch“ genannt seien. Beide stehen unter
der Leitung von Isolde HAUSNER, Mitverfasserin und Redakteurin des
„Altdeutschen Namenbuchs“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Institut für
Österreichische Dialekt- und Namenlexika (DINAMLEX), heute „Institut für
Corpuslinguistik und Terxttechnologie (ICLTT); sie selbst ist ebenfalls seit
Anfang der 1990er Jahre regelmäßige Teilnehmerin an unseren Symposien. Weiters
ist zu erwähnen “WippDigital – GIS-gestützte Flurnamenforschung im Wipptal”,
ein FWF-Projekt, an dem unter der Leitung von Isolde Hausner und Gerhard Rampl
an der Universität Innsbruck steht.
Unter der Leitung von Peter ANREITER bestehen
vier weitere an der Universität Innsbruck angesiedelte Forschungsprojekte:
1. Forschungsprojekt
FLURNAMENDOKUMENTATION IM BUNDESLAND TIROL (Projektmitarbeiter: Peter Anreiter,
Gerhard Rampl, Bernhard Mertelseder, Daniela Feistmantl, Elisabeth Gruber,
Ingrid Rittler, Elisabeth Obererlacher)
2. Forschungsprojekt
HiMAT = HISTORY OF MINING ACTIVITIES IN THE TYROL AND ADJACENT AREAS
(Mitarbeiter beim Projektteil „Linguistik/Onomastk“: Peter Anreiter, Elisabeth,
Gruber, Irina Windhaber)
3. Forschungsprojekt
FRÜHNENNUNGEN DER TIROLER GEMEINDENAMEN (Projektverantwortlicher: Peter
Anreiter)
4. Forschungsprojekt
DIE FRÜHESTEN BELEGE SLAWISCHER TOPONYME IN DEN BESTÄNDEN DES TIROLER
LANDESARCHIVS (Projektverantwortlicher: Peter Anreiter).
Ein weiteres Forschungsprojekt:
5. FWF-Projekt
TIROLER NAMENBUCH (Leitung: Guntram Plangg, Ergebnisse wurden in der Schriftenreihe
„Arbeitspapiere der Romanistik Innsbruck“ veröffentlicht).
An all diesen Projekten (und mehreren
anderen) arbeit(et)en auch Teilnehmer/innen an den Kalser Namenkundlichen
Symposien mit. Erwähnt sei auch meine Zusammenarbeit mit dem Nationalpark Hohe
Tauern, der das „Kalser Namenbuch“ gefördert und die Initiative zum
namenkundlichen Führer „Die Bergnamen der Hohen Tauern“ (Heinz-Dieter POHL, hg.
vom Österreichischen Alpenverein) gesetzt hat, den es ohne die Kalser
Namenkundlichen Symposien vielleicht nicht gegeben hätte. Erwähnt sei auch mein
„Kleiner namenkundlicher Führer“ von Kals am Großglockner, der in
Zusammenarbeit mit der Gemeinde entstanden ist.
30 Kalser Namenkundliche Symposien sind also
auch 30 Jahre erfolgreiche Namenforschung seitens namhafter Onomasten. Und man
freut sich bereits heute auf das 31. Symposium im nächsten Jahr.
Inwischen liegen die
Vorträge des 30. Symposiums vor:
Harald Bichlmeier &
Heinz-Dieter Pohl (Hrsg.)
Akten des XXX.
Namenkundlichen Symposiums in Kals am Großglockner
380 Seiten,
kartoniert, ISBN 978-3-935536-22-6
erschienen Jänner 2017, € 50,00
Der vorliegende Band vereinigt auf dem 30.
Namenkundlichen Symposium in Kals am Großglockner gehaltene Vorträge, die einen
weiten Bogen spannen: Der bunte Reigen führt von den Namen des Kalsertales über
die Namenwelt der Alpen einschließlich der dort befindlichen Gruben bis hin zu
Namen in Dalmatien und der Slowakei, weiter werden auch die (vor)keltischen
Namenschichten in Mitteleuropa berücksichtigt. Die Mehrzahl der Beiträge widmet
sich applizierend, klassifikatorisch und methodologisch in erster Linie den
Ortsnamen, einige setzen sich vorrangig mit Personennamen auseinander. Die
innovativen und zugleich materialreichen Analysen von Siedlungsnamen, Berg- und
Bergübergangsnamen, Gewässernamen, Stollen-, Gruben- und Zechennamen, Hof- und
Hausnamen sowie Ruf- und Familiennamen machen den Band zu einer wertvollen
Handreichung für Sprachwissenschaftler und Historiker.
Bestellungen über den Buchhandel oder direkt
Baar-Verlag
bestellungen@baar-verlag.com Bild
Inhalt:
Einleitung
Bgm.
Klaus UNTERWEGER: 30 Jahre Kalser Symposien – Grußwort
Univ.-Prof.
Dr. Heinz-Dieter POHL: Rückblick auf 30 Jahre Kalser Symposien
Kals am Großglockner
Peter ANREITER (Innsbruck): ... plebanus de Calce (Zur Struktur einer Urkunde)
Sepp HAIDENBERGER (Kals): Eine touristische Zeitreise
durch Kals am Großglockner von 1863 bis heute
Heinz-Dieter
POHL (Klagenfurt): Das Namengut der
Gemeinde Kals am Großglockner
Onomastik
Georg ANKER
(Kramsach): Personennamen als Spuren der Geschichte im
Raum Split -Trogir
Harald BICHLMEIER
(Halle u. Erlangen): Alte und neue Ideen zum Namen der Raab
Wolfram EULER
(München): Keltensiedlungen im deutschen Sprachraum:
Hydronyme, Toponyme und Siedlungen
Elisabeth
GRUBER
(Innsbruck): Stollen, Zechen, Gruben. Namen unter Tage
Isolde HAUSNER (Wien): Geographische Namen als Träger des kulturellen Erbes
einer Region – Regelungen auf nationaler und internationaler Ebene
Karl
HOHENSINNER – Bertold WÖSS (Linz): Neue Kartierungsmöglichkeiten auf Basis des
Franziszeischen Katasters im Bundesland Oberösterreich
Wolfgang
JANKA (Regensburg): Arber - Lusen - Osser - Rachel. Neues zu
alten Bergnamen im Böhmerwald
Judith JAMBOR (Innsbruck): Über die Jöcher.... Namen von Bergübergängen in Osttirol
Lorelies ORTNER – Rüdiger KAUFMANN (Innsbruck): Die Klassifikation von
Hofnamen – das Beispiel Inneres Ötztal
Guntram PLANGG (Innsbruck): Alte Hofnamen in Kolfuschg (Badia)
Martina
REMIAŠOVA (Trnava/Tyrnau):
Die Textsorte Zunftsatzung am Beispiel der Kesmarker Überlieferungen
(1573-1636)
Anna
L. STAUDACHER (Wien): Proselytennamen in
jüdischen Trauungsmatriken 1868-1914
Pavol
ŽIGO (Bratislava/Pressburg): Wurzel kal
als Motivationsfaktor der slowakischen Eigennamen
Varia
Andrea KRAPF (Innsbruck): Hummeln und alter Adel – einige Tiroler Ausdrücke und ihre
Verwandten in englischen Dialekten
Edwin
SERRO (Klagenfurt): Bemerkungen zum Einfluss der Dichter auf unser Weltbild
(II)
Walter WIRKNER
(Innsbruck): Migration, Migrationshintergründe und Migrationsmechanismen