Diese Liste wurde in Zusammenarbeit mit
Karl Hannes Planton für die
Sendungen des ORF Kärntnerisch g’redt (im Rahmen von „Kärnten heute“) und Guten Morgen
Österreich erstellt.
Wiedergabe nur mit Quellenangabe! (© H.D. Pohl
2020)
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1.
Gmaitla = gemalte Bilder in einem
Gebetsbuch
2.
Kramat = Kronawett, Wacholder, der
getrocknet zum „Weihrauchen“ (Hl. Abend und Silvester) verwendet wird.
3.
Hoaschgl = Kleiner Schlitten
4.
Heibärn = Netz, mit dem die Bauern
früher im Winter das Heu zu Tal rollten
5.
Groanägl = Kranägl= gefrorene Finger
und Zähen
6.
Samai = Kraftfutter,
Getreideschrot, der den Tieren verabreicht wird
7.
Speckwischpln = bei der Schlachtung, ein
pfeifen des Bauern, wenn der Speck der geschlachteten Sau dick ist.
8.
Pisnan = „Frisch und
G´sund-Schlagen“-Schappen, Unschuldiger Kinder Tag „
9.
Tschuggln = Schlazln
= Kinderspiel mit Glaskugeln/Loch im Boden; zu schucken altes Wort für „mit Schwung in Bewegung setzen, werfen“
(schon bei Schmeller als Kinderspiel bezeugt), Schlatzkugeln „Murmeln“ (verwandt mit Marmor); Schlatz
eigentlich „schleimige Flüssigkeit“, wohl weil sie glatt und gleitend sind.
10.
Tischgur:
besser Dischkur = „Gespräch“ < franz. discours.
11.
Das
hat mi gekroit: „ich habe es bereut“, hybride Bildung (<
ge-gereut zu gereuen, ähnlich wie
mundartlich geghört zu gehören, vgl. auch hochsprachlich gegessen < ge + gessen < ge-essen).
12.
Leute,
die früher während der Karwoche als letzte
aufstanden, wurden genannt (alle spöttelnde
Scherzbezeichnungen): MO: Montekrah: „Montagskrähe“. DI: Heandasteign:
„Hühnersteige“. MI: Wochntuppe: „Dummkopf der Woche“ (Tuppe „Tölpel“). DO: Ontlasoale:
„Gründonnerstag-Ei“ nach mundartlich Antlasspfinztag
„Gründonnerstag“ (Antlass altes
Wort für „Ablass“, verwandt mit entlassen).
FR: Karfreitagsratschn (die Ratschen sind „hölzerne Klappern“). SA: Henkkessl:
unklar, wohl „Häng- (hängender) Kessel“. SO:
Oasterlample: „Osterlämmlein“. MO: Oastergora:
„Osterschaf“ (Gōra, -e oder -ǡ- „Mutterschaf“, verwandt mit Gurre „Mähre, Stute“).
aus
dem Lavanttal: MO: Hebaun (anheben-anfangen-beginnen) = heb'
an im Sinne von „fang' an“. DI:
Treibon (antreiben oder blähen oder zum sputen anspornen) = treib' an. MI: Taftegel (Taufbecken) = Tauftiegel
(Tiegel „irdenes Gefäß“). DO:
Groggachgoarn ( Ziehkarren [= mundartlich Garre(n)] zum
transportieren des Baumschnittes [Gragge „dürrer bzw. dünner Ast“, Graggach
Kollektivbildung „ein Bund bzw. Packen dürrer Äste“] zum
Osterhaufen der zur Mitternacht vom Karsamstag auf Ostersonntag nach dem
Rosenkranzgebet entzündet wurde (Anschließend gab es für Alle die Osterjause). FR: Korfreitiratschn =
Karfreitagsratschen. SA: ist mir entfallen hat etwas mit der Schwammweihe
zu tun (Segnung des Weihschwammes in am frühen morgen der glühend zum
Schinkenkochen schwingend heimgetragen wurde. SO: Wer
als Erster am Ostersonntag auf war , war das Osterlampli = „Osterlämmlein“
13.
Maunkn: so sagt man scherzhaft (nicht
nur) im Görtschitztal zur Ziehharmonika. Ein lautmalendes Wort – ähnlich wie
„Quetschen“ in anderen Gegenden. Das Grundwort /maunk/ bedeutet „undeutlicher
Laut“, in Tirol maunggen „sich durch
einen Laut bemerkbar machen“. – Maungge
ist auch eine Krankheit der Huftiere (an der Klaue bzw. Huf).
14.
abspenen: Grundbedeutung „entwöhnen“,
von mittelhochdeutsch spünne
„Muttermilch, Mutterbrust“, spünnen
„säugen“, einerseits für das Kalb, aber auch für Kinder; in übertragener
Bedeutung, dass Kinder von ihrer „Gotl“ (Taufpatin) bzw. „Goten“ ab einem
bestimmten Alter keine Patengeschenke mehr bekommen, also „abgespent“ werden.
15.
Lane = mundartliche Form für Lawine < Lauwine (von roman. lavina
„das Gleitende, Rutschende“, auch „Wildbach, Bergsturz“, ins Bairische als Laune, Lauene gelangt und zu Lahn(e)
weiterentwickelt.
16.
Handschach (mit a, nicht å) = Handschuh,
in den deutschen Mundarten vielfach verkürzt, schon mittelhochdeutsch hentsche; ältere Form, heute
Kärntner-mundartlich meist Hantsch mit
[a], was für altes e bzw. ä spricht und auf altes umgelautetes frühneuhochdeutsches
hendschuh, händschuh hinweist.
17.
Drångeld = Vorschuss; eigentlich Daran-geld im Sinne von Angeld, Angabe (Teilzahlung bei Abschluss eines Geschäftes)
18.
Fraggale, Pudale, Stamparle =
versch. Größen von Trinkgefäßen. Fraggale
usw. ursprünglich „halbes Seidel, Achtel einer Maß“, auch „Fläschchen“ <
roman. flacone wie franz. flacon. Pudale < franz. bouteille.
19.
Stamperle
zu stampfen (weil deren unterer Teil
schwerer ist ist als der obere, worin sich die Flüssigkeit befindet)
20.
irazn = mittelhochdeutsch ir(e)zen „(höflich) mit ihr anreden“,
analog duzen (mittelhochdeutsch du(t)zen), später dann auch erzen „mit er anreden“ und siezen „mit Sie anreden“. Wortbildung
Pronomen + Suffix -zen < althochdeutsch
-azzen/ezzen/izzen.
21.
Schindel(n) am (auf’m) Dach = bair.-österr. Redewendung,
um auf unbefugte Zuhörer, v.a. Kinder,
hinzuweisen; im Grimmschen Wörterbuch: es sind Schindeln auf'm dach „es sind Leute zugegen, die das, was geredet wird, nicht
verstehen sollen“. In Kärnten oft Einzahl Schindel…
22.
Kumpf
= Wetzsteinbehältnis; ist ein altes Wort, das ursprünglich ʽBehältnis’
bedeutet hat. Daneben in anderen Mundarten Kumme
ʽtiefe Schale’. Wahrscheinlich Lehnwort (vgl. griech. kýmbos).
23.
Probst
= Blütenknospen; ist das gleiche Wort wie der Propst ʽVerwalter’. Beruht auf latein. propositus ʽVorsteher, Vorgesetzter’, bei Pflanzen in
übertragener Bedeutung für junge Triebe, Knospen usw. ʽdie vorne stehen’. Pröbstling ist die ʽ(Ananas-)
Erdbeere’
24.
Grumpn
= Erdäpfel (wohl < Grundbirn).
Auszug aus meinem Kärntner Küchenbuch: Erdapfel
Kartoffel (Solanum tuberosum), neben anderen
Bezeichnungen allgemein süddeutsch-umgangssprachlich; Erdäpfel (so auch sg.) gilt zwar als Austriazismus, ist aber ma.
weiter verbreitet; daneben sind zahlreiche andere Bezeichnungen üblich. – Diese
Pflanze, in der österreichischen Umgangssprache meist allgemein ‘Erdäpfel’
genannt, wird erst seit dem 18. Jhdt. im deutschen Sprachraum kultiviert. Trotz
ihrer relativ jungen Geschichte gibt es in den deutschen Mundarten eine
Vielzahl von Bezeichnungen, in Kärnten insgesamt 10 Ausdrücke, wobei bei
mundartkundlichen Erhebungen oft 2-3 gleichzeitig genannt werden: Erdäpfel (Ertepfl usw.) in ganz Kärnten (und Österreich); Erdbirne (Erpirn usw.) hauptsächlich in Oberkärnten, aber auch im Gitsch- und
Lavanttal; Fletzbirne (Fletz aus mhd. vletze ‘Boden’) hauptsächlich im Kärntner Zentralraum; Rübe [rúəbe] im Lesachtal; Erdrübe [εrtruəbm] im Gailtal;
Grundbirne [khrumpir(n), g-] woraus
auch slow. krompir, Villach, Diex,
Teuchl (Gem. Reißeck), im Glantal; Tschompe
(pl.) Gailtal u. Bleiberg-Kreuth (aus slow. ma. [im Gailtal und in Kranjska
gora] čompe, auch čampe, unklarer Herkunft. – Ich
könnte mir eine Herkunft aus rom. pomme
de ciamp wörtlich ‘Feldfrüchte’ o.ä. vorstellen, habe aber dies bisher
nicht nachweisen können); G(g)umpen [kúmpm]
im Lesachtal bis Kötschach-Mauthen (vielleicht entstellt aus Grundbirne); Perkel nördl. Lavanttal ( = Perkel,
-gg-); Kartoffel aus der
Hochsprache.
Erdapfel s.
Grumpn
25.
Schölch
= schräg; schelch ʽschief,
schräge’, so auch mittelhochdeutsch, im nördlichen Deutsch scheel, verwandt mit schielen
und Schilcher (ʽSchillerwein’).
26.
Greachn
= Gerade; eigentlich ʽgeordnet’ < ge-rechen,
mittelhochdeutsch gerëch ʽin
gutem Stand, wohlgeordnet, gerichtet, fertig, bereit’, verwandt mit richtig.
27.
deachl
= dort drüben, beruht auf einem alten dêchel
ʽjenseits’, wohl verballhornt aus altem da + mittelhochdeutsch ënent-halb
zu jenent ʽdrüben, jenseits’,
verwandt mit jener usw.
28.
Mean
= Ackerrand schwierig, wohl zu alt menen
ʽein Gespann führen, hart arbeiten usw.’, im Mittelhochdeutschen men(n)en, davon men-tage ʽwas an einem Tage geackert werden kann’
29.
Anawend ʽFeld-, Ackerrain, Pflugwende’(< an- + wende), bei Ueberfelder Onawönt, der Feldrain.
30.
proper
ʽansehlich’, ein aus dem Frazösischen stammendes Mundartwort, zu französ. propre ʽeigen’, auch ʽschmuck
usw.’, das sich besonders in den Tiroler und Kärntner Mundarten verbreitet hat,
auch in der West-Steiermark.
31.
Kasga (= Gefäß f . Käse), d.i. Käsekar, auch Kaschkar usw. ʽGefäß zur Käsezubereitung’; Kar ist ein altes Wort für ʽSchüssel,
Korb, Gefäß usw.’ (das nur noch in der Bergnamengebung weiterlebt: Kar ʽGebirgskessel, Mulde im
Gebirge’).
32.
Rassens (= selbstgewebtes Gewand),
d.i. rassenes, Adjektiv zu Rass, geschrieben meist Rasch ʽleichtes Wollenzeug’, nach
der Stadt Arras in Nordfrankreich im
17. Jhdt. so benannt, mittelhochdeutsch arraʒ.
Heute veraltet.
33.
Felfletz (= Verschluss für Weidetor):
schwierig, wohl als Wortzusammensetzung Fäll-fletz
zu sehen, jedenfalls steckt in Fel-
das auch in anderen Mundarten begegnende Fälle
ʽFalltüre’, dazu Fälltürl ʽkl.
Falltüre’ (Steiermark) oder Fällbrett und
Fell-loch oder -luke ʽFalltüre in den Keller bzw. Dachboden’ (Tirol). Das Wort
Fletz bedeutet zwar ʽFuß-, Erd-,
Feldboden’, auch ʽTenne’, doch wie beide zusammenpassen, muss offen
bleiben.
34.
Betonder (=Almrausch, Rhododendron
hirsutum oder Wimper-Alpenrose,
sie wird im Volksglauben mehrfach in Beziehung zu Blitz und Donner
geführt): Betonder ist ein umgeformtes
Betonie (ʽZehrkraut, Pfingst-,
Alpenrose’) oder Petunie, eine
Zierpflanze, wobei beide Wörter oft verwechselt werden.
35.
Klafroasn (= Arnika) ist ein umgeformtes
Kraftrose (in Tirol auch Kraftwurz), also eine Pflanze, ʽdie
Kraft verleiht’.
36.
Gotzn (=
Schöpfer,Schöpflöffel), eigentlich Gåtze,
entlehnt aus dem Romanischen, vgl. italienisch cazza ʽSchöpfkelle, Schmelztiegel’, dazu auch französisch casserolle ʽPfanne’. Das Wort liegt
dem Schimpfwort Katzelmacher zu
Grunde. Auszug aus meinem Namenbuch: Katzelmacher, Itaker: Beide Namen sind abwertende
Bezeichnungen für die Italiener. Katzelmacher (auch Katzinger) ist das ältere Wort: Es
stammt vom italienischen cazza
„Kelle“, das in deutsche Mundarten als Gåtze(n),
Gatzl „Schöpfkelle, -löffel“ entlehnt
wurde; diese Gegenstände sind u.a. von aus Italien kommenden Hausierern
vertrieben worden. – Itaker ist eine
jüngere abwertende Kurzform zu Italiener.
37.
a gschnuappas Diandle (= ein herziges, niedliches
Mädchen), ein nur im Kärntnerischen belegbares Wort (g’schnuaper oder g’schnurper)
unklarer Herkunft.
38.
Tschak (= kastrierter Ziegenbock),
auch unfruchtbares Haustier usw., Früh- oder Missgeburt. Herkunft unklar.
39.
Joch (= Zugvorrichtung für Rinder
zur Feldarbeit), d.i. Joch,
Grundbedeutung (nach Grimm): „das gestell, welches, auf hals oder kopf der
zugthiere gelegt, dieselben mit dem pfluge oder wagen verbindet“; die
Grundbedeutung ist ʽanschirren, verbinden’.
40.
Pumpaze (= ¾ Hose): slowenisch, pumparice (Plural) ʽPumphosen’,
junge Entlehnung aus dem Deutschen, dieses entlehnt über das Niederdeutsche aus
romanisch pompa ʽPrunk,
Gepränge’.
41.
Hadrca (=Kopftuch): slowenisch,
schriftsprachlich hadrica ʽkleines
(Kopf-) Tuch’, auch ʽTüchel, Schnupftuch’, abgeleitet von hadra ʽKopftuch der Frauen’,
Lehnwort aus deutsch Hader (ursprünglich)
ʽabge- oder zerrissenes Stück Leinwand; Lumpen, Lappen’, auch ʽLeinentuch
von grober Sorte’ und ʽKopftuch für Frauen (auch mit Spitzen verziert
usw.)’.
42.
Tscherfl (=Schuh [eigentlich alter,
abgetragener, schlechter Schuh, auch als Schimpfwort]), wird irrtümlich oft als
Lehnwort aus dem Slowenischen gesehen, ist aber in Wirklichkeit ein
gemeinbairisches Wort, Tscherfel oder
Scherfel, zu scherfeln, auch schlerfeln
ʽschlurfend gehen’. Auf slowenisch heißt der ʽSchuh’ čevelj (mundartlich und alt auch črevelj); die lautliche Ähnlichkeit
mag dazu beigetragen haben, dass dieses Wort in Kärnten sehr verbreitet ist.
Wäre dieses schon sehr früh in der altslowenischen Lautung *červelj entlehnt worden, hätte es
damals im Deutschen eine ganz andere Lautung erhalten (č ist in früher Zeit nie durch tsch, sondern meist durch s
wiedergegeben worden); eine junge Entlehnung kommt nicht in Frage, da es auch
in Gegenden verbreitet ist (Nordtirol, Bayern), wo deutsch-slowenischer
Sprachkontakt auszuschließen ist.
43.
Komat (= Zug- und Leitvorrichtung
für Pferde), entspricht dem Kummet ʽHalsjoch
der Zugtiere’, ins Slowenische als komat
entlehnt, echt-slowenisch aber homot,
auf dessen gemeinslawischem Vorläufer *chomǫtъ
unser Kummet beruht.
44.
Svamjak (= Strohhut)
slowenisch-mundartliche Aussprache, entspricht slowenisch słamnjak (so schon bei Gutsmann 1789) oder słamnik (zu słama ʽStroh’).
45.
Weilank
= Heimweh; er håt’n weillånk oder ime is der weillånk ʽer hat
Heimweh’, ein Wort, welches aus der Redewendung ihm ist lang der Weile aus Sehnsucht nach der Heimat entstanden
ist, später verkürzt und umgestellt zu
Weil’ lang.
46.
’s
Maachale ist eine jüngere Kurzform von Machadestötzl oder -kübel ʽGefäß zur Aufbewahrung des Machets’. Das Machet oder Machede ist eingepökeltes Fleisch, auch Kasmachet, eine Art Würze für Suppen; ’s Machale ist also ein Gefäß um (nicht nur Schaf-) Fleisch
„einzulegen“ (konservieren).
47.
Moschpa
= Moosbeere, Beere der Eberesche, Vogelbeere, in anderen Mundarten auch ʽHeidel-
oder Schwarzbeere’, zusammengesetzt aus Moos
ʽfeuchtes Gebiet, Moor’ + Beere,
mundartlich oft zu [-pər] verkürzt. Die Eberesche gedeiht tatsächlich auch auf Moorböden.
48.
kato
= wolkenlos: eigentlich geheiter
[ghato] neben heiter im Sinne von ʽheiteres
Wetter’. Der Wortausgang -er wird im
Lesachtal fast wie -o ausgesprochen.
49.
ealas
= lind, zu wenig gesalzen; gängiges Mundartwort, weder bei Lexer (zu leise, wobei ea-
unerklärt bleibt) noch bei Schatz
(< öd-los) eine klare Erklärung
zur Herkunft.
50.
Soldo
= Art Balkon (auch Ort zum Trocknen des Getreides), in anderen Gegenden Pürl o.ä. genannt, beim Futterhaus.
Eigentlich Solder, entspricht
etymologisch dem Söller <
lateinisch solarium ʽflaches
Dach, Terrasse (sonnenbeschienen)’. Zu -o
s.o. kato.
51.
Spruch
– Martans Gisse, davour oda danoch is se
! = Immer um den Martinstag herum gibt es eine längere Regenperiode.– Gisse < Güsse zu Guss bzw. gießen,
und se ist sie. – Vielleicht könnten Sie allgemein zu solchen „Wetter-Regeln“
oder „Bauern-Regeln“ etwas sagen. Oder auch speziell zu dem Vorliegenden. Da
kenne ich mich weniger aus. Ich finde auch keine passende Bauernregel. Martini
ist der 11. November, folgendes habe ich gefunden: St. Martin weiß, Winter lang und kalt. – St.Martins Sommer währt nicht
lange. – Ist um St.Martin der Baum schon kahl, macht der Winter keine Qual. –
Nach Martinitag viel Nebel sind, so wird der Winter meist gelind. – St.Martin
setzt sich schon mit Dank, zum warmen Ofen an die Bank. – Wie St.Martin führt
sich ein, soll zumeist der Winter sein. – Wenn um St.Martin Regen fällt, ist`s
um den Weizen schlecht bestellt.
52.
Quatember
Sunntig = heuer der 21. September – zu diesem Termin
soll das Vieh von der Alm abgetrieben werden. ʽQuatember-Sonntag’, das
Wort Quatember beruht auf spätmittelhochdeutsch quattember
< (mittel)lateinisch quattuor tempora ʽvier Zeiten’, liturgischer Bußtag (1) am Mittwoch, Freitag und Sonnabend
nach Pfingsten, nach dem dritten
September-, dritten Advents- und ersten Fastensonntag.
53.
Spruch:
Viel Nussn – viel Buabn. Nussen ist der mundartliche Plural von Nuss; umgangssprachlich Bub, mundartlich Bua, Plural Buben,
mundartliche Aussprache Buabn usw.
entspricht dem standarddeutschen Junge.
Angeblich, so langjährige Beobachtungen, soll es in Jahren in denen es
viele Nüsse gibt, auch überdurchschnittlich viele Buben, die zur Welt
kommen geben.
54.
Tschater
= Dachrinne; von tschåttern oder tschettern ʽtröpfeln’, eigentlich ʽdumpf
tönen, brodeln, in der Pfanne brutzeln usw.’, lautnachahmend, davon Tschetter ʽDachtraufe’, in anderen
Gegenden auch ʽBrunnen, kleiner Wasserfall usw.’.
55.
Kloazn
= gedörrte Birnen, so meist in Kärnten für Kletzen,
auf mittelhochdeutsch klœʒen ʽmit
einem klôʒ (= Keil) spalten’
beruhend, da die Früchte vor dem Trocknen aufgeschnitten werden mussten.
56.
Pucklzana
= Rückenkorb; zusammengesetzt aus Buckel
ʽRücken’ und (alt) Zeine ʽTrag-,
Rückenkorb’ (auch auf dem Kopf getragen), mundartlich zānə oder zoane
usw. (< alt/mittelhochdeutsch zeine
(zu zein ʽRute’, woraus dann der
Korb geflochten wurde).
57.
Lötige (der) = ein Euphemismus für den Teufel, zu
mundartlich leatig ʽrein,
glänzend; abgesondert, bloß’ < mittelhochdeutsch lœtic, -ec ʽgewichtig’
(zu Lot und löten).
58.
Pepl,
Pipl = Knospen der Barbarazweige; Pepl (auch Pepəle) ist ein mundartliches Wort für ʽKnospe’, auch Poppel, verwandt mit Puppe (u.a. auch Bezeichnung für etwas
Kleines, Junges).
59.
Farfalan
= Mehlteig, der mit Milch und Eiern in Wasser eingekocht wird, eine beliebte
Suppeneinlage, schon mittelhochdeutsch varvelen
ʽSuppe mit geriebenem Teig und verquirlten Eiern’, wohl entlehnt <
italien. farfalle ʽeine Art
Suppennudeln’ (zu farfalla ʽSchmetterling’).
60.
Fatschnpopa
= Wickelkind (und im Speziellen auch das Christkind);
zusammengesetzt aus mundartlich Fatschn
ʽBinde, Windel’, standarddeurtsch Fasche
ʽWickelbinde’ (< italienisch fascia
ʽBand, Binde’) und mundartlich PopperʽKind’,
verwandt mit Puppe.
61.
leasln
= löseln ʽdurch das Los etwas
bestimmen’ (zu mundartlich Loas ʽLos’),
im Brauchtum das Vorausahnen der Zukunft in der Silvesternacht, wie das neue
Jahr wird usw. (auch in der Johannis- und Walpurgisnacht).
62.
Dås
wülde Gjag = ʽdie wilde Jagd’ bzw. ’s wilde gjoad. Im Volksglauben tief
verankert. In der Nacht um die Hl. Dreikönige sind die Perchten oder Perchteln
(slowen. pehtra-baba) usw.
(Phantasiegestalten) unterwegs. Eine weibliche Sagen- und Brauchtumsgestalt,
einerseits Sinnbild der Schönheit, andererseits (und heute ausschließlich)
Inbegriff der Hässlichkeit. Geht auf ein althochdeutsches përaht ʽleuchtend, glänzend’ zurück (in Personennamen Bert-/-bert).
63.
Gungl gian = Besuch der Nachbarn mit
Spinnrad zum Reden- g(g)unkl
„Spinnrocken, Kunkel“ (Lexer, Schmeller, Grimm), romanischer Herkunft (lat. conucula)
64.
Zeggan (Betonung am a!) = Stange mit
Hacken um Holz zu einem Floß zusammenzubauen; wohl Lehnwort aus dem
Slowenischen, zu sekati ʽhacken’,
sekanje ʽdas Hacken’
65.
Eisflarn = Eisrutschn; zu einem alten
Wort flārn ʽherumrutschen’
(Schatz) zu flarre oder flāre ʽbreit/flach Gedrücktes,
Fladen, geronnenes Blut, zerdrückte Schlepplast usw.’
66.
Der See rahmt = er gefriert zu, mit dünner
Eisschicht; eine Metapher in Anlehnung an die Tatsache, dass sich auch der Rahm sich in einem Milchtopf an der
Oberfläche in einer dünnen Schicht ansetzt.
67.
Hånsn = Brauch (Inoffizielle
Verlobungsfeier). Das Wort hånsn hat
verschiedene Bedeutungen, bei Schmeller hansen,
hansnen [-å-], hänseln ʽZeremonie, wobei auf jemandes Kosten getrunken wird,
um diesen dann in eine Gesellschaft aufzunehmen’; bei Lexer ʽGeplauder,
Unterhaltung’, als Verbum ʽin eine Trinkgesellschaft einführen, wobei man
eine Runde zu bezahlen hat’, bei Überfelder eine ländliche Zeremonie bei der
Einführung eines neuen Zehentherrn o.ä. Bei Grimm ʽin eine Hanse, Genossenschaft, Gesellschaft unter gewissen
Gebräuchen aufnehmen’, in unserem Falle also eine Zeremonie vor der
eigentlichen Verlobung.
68.
Hadrech = Erika (Strauch) zum
Besenbinden. Hadrech bedeutet
eigentlich ʽErika, Heidekraut’, auch Had(r)ach,
von Heide abgeleitet. – Die Bedeutung
ʽ zum Besenbinden’ ist wohl übertragen von håder(n) ʽLumpen, Fetzen’ + -ach Kollektivbildung)
69.
Koliznschwarz (mit Kärntner a!) = dunkelstes
Schwarz. Wohl ein umgeformtes kohlrabenschwarz.
Das Wort ist in Kärnten sehr verbreitet, seine Erklärung aber schwierig.
Bedeutung bei Überfelder ʽglänzend schwarz’, daher mit glizn(an) ʽglänzen, glitzern’
verglichen. Daneben nennt er auch kolråbnschwarz
ʽdas höchst denkbare Schwarz’.
70.
Pingguat:
Geschenk zum Namenstag, unklar. Wohl zu gut,
mundartlich guat, aber was soll Pin(k)- sein? Denkbar ist (nach BÖW) es
zu Bünkel/Pünkel (umgangssprachlich Binkel)
zu stellen, das mitunter auch ʽGeschenkbinkerl’ bedeutet.
71.
Brentln/Prentln: Nächtlicher Besuch beim
Mädchen; dazu Prentler ʽwer
prenteln geht, nächtlicher Besucher’; abgeleitet von Prente ʽhölzernes Vielzweckgefäß wie z.B. Holzbottich’, dem
wichtigsten „Werkzeug“ für Senn und Sennerin. Ein Prentler bzw. eine Prentlerin
war einst der/die Ranghöchste in einer Almwirtschaft bzw. Sennerei.
Ursprünglich war prenteln der
nächtliche Besuch eines Burschen bei einer Prentlerin
und wurde dann verallgemeinert. – Prente
wohl alpines Substratwort.
72.
Prantnale:
Rotkehlchen – kommt als erster Zugvogel nach Winter zurück; eigentlich Prantele ʽRotschwänzchen’,
nach der brandroten Farbe so benannt.
73.
Huzn:
ein Arm voll Holz. Huzen ist ein altes
Wort für ʽLast, Bürde’. Wahrscheinlich umgeformt aus Horze ʽgroßer, unförmiger Haufen, Knollen’, auch ʽlästiger,
hinderlicher Mensch’.
74.
tschaupat:
kränklich. Ist vom alten Wort Schaub ʽBündel’
abzuleiten, ursprüngliche Bedeutung ʽstruppig, zerzaust, unansehlich’,
dann eben übertragen auch ʽkränklich usw.’
75.
Antlasoale,
Åntlasoale:
„Gründonnerstag-Ei“ nach mundartlich Antlasspfinztag
„Gründonnerstag“ (Antlass altes
Wort für „Ablass“, verwandt mit entlassen).
76.
Molterle ʽein Gefäß für Butter’.
Eigentlich eine längliche (Mehrzweck-) Holzschüssel zum Abrühren, Kneten des
Teiges usw., Verkleinerung zu (Lexer) muolter,
mualter 1, ʽVertiefung, Mulde’,
2. ʽHolzschüssel, Trog’. Das Wort ist ein romanisches Lehnwort, aus
latein. mulctra ʽMelkkübel’, im
Ladinischen moutra ʽWanne,
Trog’.
77.
lazn (loazn): auch letzen ʽkneten
des Teiges vor dem Brotbacken’, also ʽwenden und umdrehen’, eigentlich ʽden
Brotteig in einer kleinen Mulde hin- und herwerfen’ (so Lexer 179). Hängt mit dem mundartlichen Wort letz ʽschlecht, übel aussehend,
krank’ zusammen, das im Althochdeutschen noch ʽverkehrt’, aber auch ʽböse;
hinfällig’ bedeutet hat. In diesem Zeitwort hat sich also die alte Bedeutung
bewahrt.
78.
Brantln: Altes Kartenspiel mit
Deutschen Karten (nicht Doppeldeutschen). ʽeine Art Kartenspiel, bei dem
jeder die Anzahl Stiche, die er machen will, vorhersagt’ (so Lexer 38) bzw. ʽein
gewisses Kartenspiel unter Vieren, jeder hat 7 Karten’, davon die Redewendung I hån a Brantl ʽich habe bzw.
getraue mich drei Stiche zu machen’ (so Ueberfelder 76). Übertragen von prantln bzw. brandeln ʽangebrannt schmecken oder riechen’, also man „riecht
es“, dass man die nötigen Stiche macht und gewinnt.
79.
Lockerin: ʽFrau die für
Kinderbetreuung zuständig war’ (eineVorläuferin der Kindergärtnerinnen).
Abgeleitet von locken, das
mundartlich (v.a. K u. St) auch ʽein Kind auf dem Arm tragen usw.’
bedeuten kann (Lexer 180, Ueberfelder
192) und ursprüglich ein anderes Wort als unser (ver)locken war.
80.
Jauck: ʽWarmer Wind’,
eigentlich ʽFöhn’, ursprünglich der warme Südwind. Früh aus dem
Slowenischen entlehnt, beruht auf dem Wort jug
ʽSüden’.
81.
Schearwial: ʽMaulwurf’, der im
Deutschen ursprünglich Scher, auch Schermaus, hieß. Schearwial
wäre im Standarddeutschen ein „Scherwühl“ (wie auch in der West-St [Hutterer
325]) statt dem sonst in K verbreiteten Wualschger,
Wualtschker usw. „Wühlscher“ .
82.
Ånpack
/ Ånschick: ʽOb
einer Arbeiten kann, wie er arbeitet’. Dies sind Hauptwörter, die von den
Zeitwörtern anpacken und (sich) anschicken gebildet sind, also der
hat einen Anpack ʽder arbeitet gut’ bzw. der hat keinen Anschick ʽer arbeitet nicht ganz richtig’ o.ä.
83.
Viehhapp
/ Ånawend: ʽAckerrand, der
Platz, auf dem man beim Pflügen umkehrt’. Auszugehen ist von Anwend bzw. von wenden. – Viehhapp ist besser Viehhab(e) zu schreiben, eine Zusammensetzung aus Vieh und Habe ʽ(auch:) Halt, Vorrichtung zum Halten, Handhabe usw.’
(Lexer 129, Schmeller 1032) bzw. ʽOrt zum Halten’ (so Grimm s.v.), also
ist Viehhapp ein
bzw. der Ort, wo man beim Pflügen das Vieh zum Anhalten bringt, um dann
zu wenden.
84.
„Das
Geld is hal (= glatt/glitschig) ban
Schwoaf!“: das Wort hāl ist
ein altes Wort für ʽglatt, schlüpfrig’, althochdeutsch hâli, mittelhochdeutsch hæle (daher Aussprache [a], nicht [å]), das
nicht in die Schriftsprache Eingang gefunden hat, m.W. nur noch in Kärnten und
Tirol geläufig (sowie in den Sprachinseln). Im Mittelhochdeutschen hatte es
auch die Bedeutung ʽheimlich, verborgen’ und ist somit vielleicht mit Hehler und (ver)hehlen verwandt (wofür sich im Grimm’schen Wörterbuch und auch
bei KLUGE kein Hinweis findet). – Schwoaf
neben Schwaf ist die mundartliche
Aussprache für Schweif.
85.
Keferfill ʻKerbelʼ, ein
umgeformtes mittelhochdeutsches kervel,
entlehnt aus lateinisch-romanisch caerefolium
(aus griechisch *chairéphyllon ʻliebliches
Blattʼ), slowenisch krebuljica.
– Nicht zu verwechseln mit Lustock = Liebstöckl, entlehnt und umgeformt
(wegen seiner angeblichen Wirkung als Aphrodisiakum) aus mittellateinisch levisticum < lateinisch-romanisch ligusticum, slowenisch lušt(r)ek und levstik.
86.
Schitzaun ʻGrenze von zwei
Katastralgemeindenʼ, eigentlich Schied-zaun ʻscheidender,
trennender Zaun, Grenzzaunʼ (Grimm) zu (die, auch der und das) Schied
ʻGrenzeʼ, in Österreich ʻTeil einer Gemeinde, Rotteʼ
(Grimm, Schmeller), ʻGrenzstreifen zwischen zwei Feldernʼ
(Weststeiermark, nach Hutterer), also ein altes Wort für ʻGrenzeʼ.
87.
Åset ʻGeschirr, Gefäß,
Schüsselʼ, beruht auf einem alten assicht,
das dann zu mundartlich Åssach oder Åssat wurde. Ursprünglich ein hölzernes
Milchgeschirr. Verwandt mit dem alten Wort Asch
‘Milcheimer’.
88.
Tråtn ʻkleine Wiese beim Hausʼ,
eigentlich ʻViehweide, Tratteʼ (eine Trat(t)e ist ein Weideland, verwandt mit treten, nach dem Herumtreten des Viehs).
89.
Glöret ʻLärchenpechʼ,
eigentlich *Gelerget o.ä.,
Kollektivbildung zu Lerget o.ä. ʻLärchenharzʼ,
bei Überfelder Lörgat, Lexer Lergat (entlehnt aus lateinisch laricatum ʻLärchenharzʼ von larix, -cis ʻLärcheʼ) mit vielen mundartlichen lokalen Varianten,
bei Lexer lergat.
90.
Sahweche ʻVorbindschürze zum
Aussäen des Getreidesʼ, das Wort ist eine Zusammensetzung aus mundartlich sān ʻsäenʼ und einem
alten Wort für ʻTuchʼ, wechl,
wöchl ʻTisch-, Kopf-, Linnentuchʼ
bei Lexer, Wöchl bei Überfelder (er
nennt auch Schottwöchl ʻTuch,
durch das man die geronnene Milch zur sauren Käsebereitung durchsickern lässtʼ.
91.
Waucha-Gras
= Drahtgras oder Bürstling, deutsch-slowenische Mischbildung (Tautologie):
slow. bałha [bauha] > dt.
[waucha] „hartes Gebirgsgras“ + dt. Gras
92.
Zniachtes
Zwutschkale = etwas Kleines / Kind/Tier < zunichte „kränklich, schwach,
unscheinbar“ (auch scherzhaft) + Zwutschkale
„etwas Kleines“ (Grundwort Wutzel, Wutzele usw. „liebkosendes Wort für
Kinder“)
93.
Repatzn
= wenn jemand etwas vorträgt (z.B. Gesang), es aber nicht gelingt,
schlecht klingt, rebetzen eigentlich
„ungeduldig sein, drängeln“, auch „räuspern“, bei Überfelder: ʻstreiten,
zanken, über kleinere Dinge disputierenʼ, bei Lexer reapm ʻreiben, schabenʼ
94.
Tschitschon
= einer der in einer Runde als letzter aufsteht, herumsitzender Mensch
(Hucke!), vom slowenischen čičati
„umhersitzen (ohne Arbeit, ohne etwas zu tun), čičej „Faulpelz“
95.
Gʼschlådrach
= ein abgestandenes, warmes Getränk = Geschlader „schlechtes Getränk“ (von
bairisch schledern „Schlamm, Nässe
verspritzen“ zu einem bairischen Wort für „Schlamm, unappetitliche Flüssigkeit
u. dgl.“)
96.
Riefl
= Gerät um z.B. Schwarzbeeren leichter zu klauben, mundartliche Aussprache von Riffel „Hechel, rechenartiges Gerät zum
Pflücken von Beeren“
97.
Socha
= Schilf ( im Faakersee Raum), eigentlich Såchǝr,
alt Sacher „Schilfblätter, Sumpfgras
usw.“, auch „Röhricht“ (auch ein Teil der so lautenden Familiennamen geht als
Wohnstättenname darauf zurück)
98.
lisnan
= zuhören, lisn(en) ist ein altes
Wort für „horchen, lauschen“, verwandt mit mundartlich losen (und englisch to listen).
99.
Spruch: Wer
länger schlaft als 7 Stund, verschlaaft sei Glück und a sei G`sund! Keine
Erläuterung nötig.
100.
punkat
= schwanger, Textzeile aus einem Kärntnerlied, punkat bedeutet „klein und wohlbeleibt“, auch „beleibt, schwanger“,
zu bairisch punkel „Beule, Bündel,
Kuchen, dickes Kind“ , Grundbedeutung
„etwas Rundes“.
101. Hintn nach reitat die Urschl in
etwa gleichlautend mit „Hintern Wetter nutzt ka leitn!“
102. Rumplarnudl: Eine Spezialität zu Zeit des
Almabtriebes ●
Rumplernudeln (auch Niggelen, Nußn, Poan ʻBohnenʼ)
sind kleine Stücke, die aus einem Krapfenteig ausgestochen werden und in heißem
Schmalz herausgebacken werden. Traditionell wurden diese von der „Prentlerin“
am Abend vor dem Abtrieb des Viehs gebacken und tischte sie am Morgen als
Abschiedsessen auf. Ein Rumpler ist
ein Lärm, von Rumpel = Rummel – und beim Almabtrieb gehtʼs
ja laut her.
103.
Spruch
„Seiʼs wie es sei – der Spitz (wohl Schnitz) is paarig“: etwas unmögliches, denn der Schnitz = geschnittenes Schwein kann
nicht „paarig“ (sich paaren wollen) sein ● Schnitz
bedeutet mundartlich auch ʻverschnittenes Tierʼ, lt. Wörterbüchern
eher ʻWallachʼ. (Der) Spitz
steht mundartlich für ʻdie Spitzeʼ und kann alles spitze bedeuten. Laut GRIMM bedeutet paarig „paarweise vorhanden, ein Paar bildend, besonders in
naturwissenschaftlichen Werken gebraucht“; lt. SCHMELLER gibt es
bärig „sich auffallend gebärdend“ und „bloß, kaum“. Bei Schatz, Tiroler
Wörterbuch u. Hornung, Pladener Wörterbuch bedeutet bärig (pârik)
„trächtig (von der Stute)“, desgleichen Lexer, Kärntisches Wölrterbuch. Im
Salzburger Wörterbuch (Ziller) gibt es zwei Wörter: (1) barig „trächtig
(von der Stute)“, (2) bärig „läufig (vom Schwein)“ (zu Saubär „Eber“)
bzw. „stark (wie ein Bär)“, in Oberösterreich (Jungmair/Etz) „läufig (vom
Schwein)“, in der Steiermark (Seebacher-Mesaritsch) „trächtig (allgemein)“, in
Niederösterreich „trächtig“ und „stark, großartig“ (Redewendung „das ist
bärig!“). Im Wörterbuch der bairischen Mundarten Österreichs bedeutet pärig „trächtig“
von verschiedenen Haustieren. In der bayerischen Version bärig (1)
„bärenartig, kräftig, großartig usw.“ und bärig (2) „brünstig,
begierig“. Und an letztere Bedeutung habe ich mich bezüglich der Redewendung
„der Schnitz ist paarig“ orientiert. Denn „trächtig“ kann ein Schnitz ja
nicht sein.
104. Witale: Dünne Haselruten, mit zum
Körbe flechten ●
Verkleinerungsform zu mundartlich Wīdn
ʻWiedeʼ = Weidenband, Flechtband (Variante von Weide)
105. Kilbe: bewölkt. Die Dame möchte es
mit herbstlich umschreiben ● Eigentlich kilwig, beruht auf altem Gehilwe
ʻdas Gewölkʼ, zu mittelhochdeutsch hilwe ʻfeiner Nebel, Wolkeʼ. Verbum kilbm (aus kilwen) ʻdas
Umwölktwerden des Horizontsʼ
106. Zintrest und Zebrest: Zu Unterst und Oberst ● Mundartliche Aussprachen von zuunterst bzw.zuoberst mit Umlaut; ober
und unter haben viele Varianten in
der Mundart, Lexer nennt der öberste, Schmeller unter/ünter/enter usw.
107. Dazwon ist Früher ● Beruht auf da zu wann bzw. mundartlich dåzwån, eigentlich ʻdann und wannʼ,
hat auch die Bedeutung ʻdazumalʼ angenommen.
108. Gneat: Eile ● Zu Grunde liegt genötig ʻeiligʼ
(mittelhochdeutsch genœtec mit langem
ö, daher südbairisch Diphthong -ea-), davon rückgebildet (der) Genöt
ʻEileʼ. Verwandt mit Not,
mittelhochdeutsch nōt, das u.a. ʻDrang(sal),
Mühe, Not(wendigkeit)ʼ bedeutet hat. → 286.
109. Hirbig ʻHerbergeʼ (Zusammensetzung aus Heer und bergen, geschlossenes e wird
in den Mundarten vor r oft zu i, auch zu ǝr)
110. Gwadʼn ʻSchneewechteʼ, eigentlich Gewähde (aus altem *ge-wæ-de zu mittelhochdeutsch wæjen
ʻwehenʼ)
111. Kroising oder Gresing
ʻGruppe kleiner Bäume, Jungwaldʼ (bei Lexer Grössing, bei Überfelder Grössnig
ʻSchössling, junger Waldbaum; (auch) Schnurrbartʼ; bairisch
[Schmeller] Großen bzw. Grotzen oder Größ(l)ing, -(t)z- bzw. Grötzlein usw. ʻSprosse, kleines
Waldbäumchenʼ, Grotzen oder Grötzen auch ʻBezeichnung einer
Waldgegendʼ; in Tirol [Schatz] geraise
ein Waldname, zu rais ʻReis,
dünner Zweig, Reisigʼ; mittelhochdeutsch gröʒʒing ʻSchössling, junger Waldbaumʼ,
Grundwort graʒ ʻSprossen,
junge Zweige vom Nadelholzʼ. Nach diesem Befund kann man sagen, dass es
sich hier um ein sehr altes Wort für junges Holz bzw. Jungwald handelt)
112. Tamnudln ʻim heißen Wasserdampf gekochte Nudelnʼ,
eigentlich Taum-nudeln (aus
mittelhochdeutsch toum ʻDunst,
Duft, Qualmʼ + Nudel, altes
Lehnwort aus dem Romanischen, wobei dann später die einzelnen Nudelgerichte
sehr verschieden sein können, von einfachen Suppennudeln bis zu den gefüllten
Käse- und Fleischnudeln)
113. treaftarn/angetreaftart ʻsich beträufeln, mit z.B. Wachs einer Kerze
begießenʼ (trëftern ist eine
Weiterbildung von trefeln mit
mehreren Bedeutungen, eben auch ʻtröpfelnʼ, dazu auch Trëfter ʻTropfen, Spritzerʼ)
114. Foam ʻSchaumʼ, z.B. beim
Bier (entspricht veraltetem standarddeutschen Feim, erhalten in abgefeimt von
altem abfeimen ʻden Schaum
entfernenʼ mit einer ähnlichen Bedeutungsentwicklung wie raffiniert, eigentlich ʻverfeinert,
gereinigtʼ oder ausgekocht, mit allen Wassern gewaschen)
115. Woaza(n) ʻGermgebäck, eine Art Reindlingʼ
(entspricht einem standarddeutschen Weizenes
bzw. mit Artikel das Weizene ʻaus
Weizen bestehendʼ, eine der mundartlichen Bezeichnungen für den Reindling,
den a-Mundarten Wazan)
116. Sprüche:
Spruch: Peter – in der Labn steht a
Spruch: Die altn Weiba zdruckt a
Spruch: Die Jungan
lasst er leben
Spruch: Zum Busl geben.
Spruch: Es gibt nie so viel Tag im
Jahr .
Spruch: Als wia da Fuchs am Schwanz hat Haar
117. Labn < Laube ʻHausflur (vom
Haustor bzw. Eingang bis zur Küchentüreʼ, Vorlabm ʻVorlaubeʼ überdeckter Raum vor dem Haustor).
Verwandt mit Laub (ursprünglich) als
„laubbedecktes Schutzdach“.
118. Busl Verkleinerung zum heute nicht
mehr üblichen Buss ʻKussʼ
zum Zeitwort bussen ʻküssenʼ
(gemeinbairisch).
119. Spruch: Langalat sitzn und Kugalat
herschaun
langalat ʻlänglichʼ zu lang,
setzt ein *längelicht o.ä.
(mittelhochdeutsch lengelëht ʻlänglichʼ,
bei GRIMM langelechtig neben länglicht) voraus. – Die dt.
Schriftsprache hat als Wortbildung -lich
und -ig, die Mundart -icht, das -ǝt ergab, geschrieben -ert
oder -at.
kugalat ʻkugelig, kugelförmig,
rundlichʼ zu Kugel, setzt ein *kugelicht o.ä. (mittelhochdeutsch kugelëht/-loht ʻkugelförmigʼ) voraus.
120. Wetterregel für Maria
Lichtmess:
Is
zu Liachtmeß hell und rein,
wird
der Winter a langer sein.
Wenn
es aber stürmt und schneit
is
das Fruajahr nimmer weit!
121. Fruajahr steht mundartlich und
umgangssprachlich (Frühjahr) für ʻFrühlingʼ.
Daneben mundartlich Langes
(althochdeutsch lenzo u. langez < *langat-tin nach den wieder länger
werdenden Tagen, dichterisch Lenz)
sowie mundartlich Auswart, verwandt
mit auswärts, also ʻes geht
auswärtsʼ vom Winter in den Sommer (daher mundartlich relikthaft für den
Herbst auch Einwärts und Spätjahr).
122. Strupfn: Ein Seil mit einer Schlaufe, ein Universalgerät am Bauernhof. Zu bairisch strupfen ʻabstreifen, abschlagenʼ,
zusammenstrupfen ʻzusammenziehen,
schrumpfenʼ, der Strupf bzw. die Strupfe ʻKnoten, Schlinge, Schleifeʼ
123. Talgen: getrocknetes Getreide, wie
Müsli. – Tålkn (pl.) gekochter
Hafer-, Gersten- und Bohnenschrot (= Munkn);
(auch) zerkleinerte Birnen. Slawischer Herkunft < altslowen. *tălkno wie polnisch tłokno „„Speise aus Hafermehl,
heißem Wasser und Milch“, russisch toloknó
„Art Hafergrütze“ (wie Munkn eine alte einfache
bäuerliche Speise aus geschrotetem Getreide < altslowenisch *mo(n)ka ‘Mehl’, heute slowenisch moka)
124. Plentn: Sterz; Plenten
mundartlich/eingedeutschtes romanisches Polenta
(der und die). Sterz meist aus
Buchweizen oder Mais.
125. Milefarfl: Milchfarfalan. Farferln sind eine Suppeneinlage, erbsengroß mit der Hand
abgebröselter Mehl-Wasser-Eiteig. – Das Wort beruht auf mittelhochdeutsch varvelen, eine Suppe mit geriebenem Teig
oder mit verquirlten Eiern; denkbar ist Herkunft aus italienisch farfalla = Schmetterling, (Plural) farfalle = eine Art Suppennudeln,
Verkleinerungsform farfallino =
Mehlwurm, vgl. ladinisch ferfol =
kleine Mehlklümpchen, in Tirol auch pfarfl
= zerriebener Teig, ähnlich in Oberkärnten.
126. Gundl
=
Rückenholzkorb. Aus dem Romanischen, verwandt mit italien. gondola, Grundbedeutung ursprünglich ʻButte, rundliches Gefäß
für Flüssigkeitenʼ, dann auch für Mehl, v.a. in Oberkärnten Gerät zum
Tragen von Mehl.
127. Brockenkralln
= ein
Essen für nicht geladene Gäste z.B. bei einer Hochzeit. Da essen die
Hochzeitsgäste in einem Gasthaus, in einem anderen treffen sich die restlichen
„Hochzeits-Zuseher“ wie die nichtgeladenen Nachbarn. – Scherzhafte
Zusammensetzung aus Brocken in der
Bedeutung ʻein gutes Stückʼ und krallen
ʻetwas ergreifenʼ, also im Sinne von ʻdass man auch noch zu ein
paar guten Brocken kommtʼ.
128. Traburger
Brechlbrezn
= Fastenspeise
– 4 Kärntner Brezenformen, eine in Oberdrauburg. Traburger Kompromissform zwischen schriftsprachlich (Ober-) Drauburg und mundartlich Tråwurg (älter Tråbrig), Brechlbrezn
Zusammensetzung aus Brechel (auch) ʻTeigbreche,
mit der der mit der Hand nicht knetbare Teig bearbeitet wirdʼ + Bretze ʻBrezel, Feingebäck
(speziell in Form mit umschlungenen Armen)ʼ.
129. Pfannweichl
=
Osterspeise wie Reindling – in einer Pfanne. Zusammensetzung aus Pfanne + weihen, eigentlich ʻwas in einer Pfanne hergestellt und dann
geweiht wurdeʼ. Mundartlich weichen,
Partizip gwichn oder gweicht ʻweihen, geweihtʼ.
130. Potz
= Kater
oder ein verärgertes Gesicht (was ziagst
den für an Potz), auch in übertragener Bedeutung, z.B. ʻzorniger,
mürrischer Menschʼ oder ʻverzerrtes Gesichtʼ (Redewendung einen Potz machen, andernorts einen Fotz machen), Potzin ʻKatzeʼ
131.
tratzn = jemanden ärgern, foppen,
veräppeln, sekkieren. Gemeinbairisches Wort, mittelhochdeutsch tratzen, tretzen ʻtrotzen, necken, reizen, zum besten haltenʼ
(verwandt mit Trotz).
132.
kirfaten (gehen)
= zum Kirchtag gehen: zu kirchfahrten
(eigentlich bzw. ursprünglich) „eine Wallfahrt unternehmen“.
133.
Tusch = ein Hochzeitsbrauch,
mit Wecken um 4.00 Früh: zu Tusch
„Schlag, Stoß“, dann übertragen „freudiger Schall mit Pauken und Trompeten oder
anderen lärmenden Instrumenten (auch Schüsse bzw. Böller), Festfanfare“.
134.
Felfach = die
Weide-Felfern oder auch der Felber-Tauern gehen auf die Weide (Baum) zurück: zu
mittelhochdeutsch vëlwe „Wiedenbaum“,
was als felfer oder felber noch relikthaft vorkommt (v.a. in
Ortsnamen). Felfach wäre eine
Kollektivbildung (wie Haslach, Birkach, Gstaudach usw.), also „Gruppe von Weidenbäumen o.ä.“.
135.
monodron
= oben auf: kann nur ein verballhorntes oben
droben oder -daran o.ä. sein.
136.
pleaschgn
= kauen,schmatzen: auch bei Überfelder pleaschgn
eigentlich „ohne Appetit essen, das Gekaute länger im Mund behalten, bevor man
es hinunterwürgt“, nach WBÖ „schmatzend kauen“, Weiterbildung zu pleschen „regnen, schlagen, knallen
usw.“, auch „mit Mund und Zunge Klatschgeräusche hervorbringen, schmatzen“.
137.
strawanzen
= fortgehen, auch „stürzln gehen“: eine sogenannte „Dehnform“ zu einem alten
(mittelhochdeutschen) stranzen „müßig
gehen“, vielleicht Anklang an italienisch stravaganza
„Extravaganz“, Grundbedeutung umherschweifen, -streunen‘. Die gleiche Bedeutung
hat stürzen, davon Stürzler ursprünglich „Landstreicher“.
138.
über(d)haps
= ungefähr: beruht auf überhaupts,
ursprünglich „überhaupt“, dann im Südbairischen „ungefähr, schätzungsweise“.
139. Strangalan = Fisolen: eigentlich štrankele, -əle ‘Fisole, grüne Bohne’ (< altslowen. stră(n)k- ‘Schote, Hülse’, über *strǫk-
> heute slow. strok); wegen des
erhaltenen -n- und auch a im
Deutschen muss dieses Wort – wie auch Kraxe
(< *krăšńa,
dem Vorgänger von slowen. krošnja) – schon sehr
früh entlehnt worden sein.
140. tschare = pleite: wird auf das slaw.
Wort čar ʻZauber(ei)ʼ,
Plural čary, čari, zurückgeführt, Grundbedeutung
ʻverloren, verschwunden, weg, hinʼ < ʻverhextʼ. Wenn man
tschare ist, hat man alles verloren,
ist ebenʻpleiteʼ.
141. entrisch = rückwärts: kommt von ent(er) ʻjenseitsʼ, Gegenteil herent. Hat auch die Bedeutung ʻeher,
früher; lieberʼ. – ʻ rückwärts ʼ muss eine jüngere Bedeutung
sein, in den alten Wörterbüchern bedeutet entrisch
eher ʻunheimlich; Furcht, Schrecken empfindendʼ.
142. krawutisch = erzürnt: auch ʻrabiat usw.ʼ,
im Osten und Südosten Österreichs allgemein üblich, wird als Vermischung von Wut und mundartlich krawótisch ʻkroatischʼ gedeutet (wegen des Temperaments
der Kroaten bzw. deren Eingreifens im Jahre 1848 bei der Niederschlagung der
Revolution in Wien).
143. Pohatscha = Reindling: die Pogátschen sind ursprünglich ‘ein Weißrot’, slowen.
mundartl. poháča,
geschrieben pogača, in Kärnten vorwiegend für den ‘Reindling’ gebraucht. Früher auch ʻPatenbrot,
Hochzeitsbrotʼ. – Dieses
Wort geht auf roman. focatia / focacea, mittellat. focantia zurück und bezeichnete früher eine Art Weißbrot, vgl. in
Tirol Fochaze ‘eine Brotart aus
Weizenmehl ohne Germ, zu bestimmten Zeiten gebacken’. In die deutschen
Mundarten Kärntens ist es als Fochenze
eingegangen, zuletzt nur mehr in Oberkärnten gebräuchlich, heute in
Vergessenheit geraten, schon seit althochdeutscher Zeit belegt, z.B. vochanza (Kloster Mondsee).
144. Kukurutz = Türkn = Mais: Kukuruz ist ein slaw. Lehnwort, vgl.
slowen. koruza, kroat. kukuruza. In Kärnten sagt man eher Türken < älterem türkischer Weizen, früher auch Welschkorn.
Die Pflanze war neu, daher verschiedene Namen.
145.
Leilach ausbachten
= Leintuch ausschütteln: Leilach ist ein altes Wort für ʻLeintuchʼ
(beruht auf einer Zusammensetzung von Leinen
+ Laken); ausbachten beruht auf dem bairischen Wort bacht, båcht
(mittelhochdeutsch baht) ʻUnrat,
Mist, Kehrichtʼ, somit bedeutet ausbachten
ʻreinigen‘.
146.
Murn = Brombeeren: im Lesachtal auch Murpern < Mohrbeeren, mundartliche
Aussprache von Mohr ʻSchwarzerʼ
(davon auch Murl ʻschwarzer,
dunkelhäutiger Menschʼ, eher abfällig bis scherzhaft, weiters Name Murli für [schwarze oder dunkle]
Katzen).
147.
Boanrachl
= Bohnenstangen: Zusammensetzung aus
mundartlicher Aussprache [poan] für Bohne
und mundartlichem Rachl ʻStab
(für Bohnen-, Erbsen- usw. -beeteʼ (so Lexer u. Überfelder).
148.
Kramanz am Lahmbodn
= Kegelkreuz:
mit Kegelkreuz ist wohl der Ort, wo
die Kegel aufgestellt sind (in unserem Fall auf einem Lehmboden), gemeint. Kramanz
hat mehrere Bedeutungen: ʻUmstände, übertriebene Höflichkeitʼ, dann ʻüberflüssiges
Tun usw.ʼ, schließlich auch ʻ(das) Wegräumen, den Tisch Freimachenʼ,
also nach einer Mahlzeit ʻden Kram
wegräumenʼ (in Wien sagt man auch Kramanz
und Kramuri für ʻherumliegende
Dinge, (auch) Gerümpelʼ – welche hier wirklich passt, ist mir unklar.
149.
Fux passen
= Warten auf die Niederkunft:
scherzhaft übertragen aus der Jägersprache
ʻauf den Fuchs warten bzw. passen, bis er endlich aus seinem
Versteck, dem Fuchsbau, herauskommtʼ (zu Pass ʻLauerʼ, passen
ʻlauern, warten aufʼ).
150.
schwadern
= pritscheln, Wasser spielen: von altem schwadern
ʻplätschern, stark regnenʼ (auch andere Bedeutungen).
151.
wiasten = verschwenden: mundartliche Aussprache
von wüsten im Sinne von ʻvergeuden,
urassenʼ.
152. Freiina = Öffentliche
Wasserentnahmestelle, Viehtränke: kann nur von frei kommen, Details unklar.
153. Kočure (?) = Kotschurn = Mairenke:
Fische, die im Keutschacher See ablaichen und aus dem Wörthersee kommen: bei
Gutsmann gibt es das Wort kočura
„Naßfisch“ – was das/der sein soll, weiß ich nicht. Die Mairenke ist eine Karpfenart (https://de.wikipedia.org/wiki/Mairenke).
Zur Herkunft kann ich nichts finden.
154. Valori = die Wellen des Wassers am
See: ist wohl von slowen. val „Welle“
gebildet, valovanje „Wellenbewegung“;
es gibt bei Pleteršnik zwar ein Wort valovar,
aber dies bedeutet „Wellensittich“, dies könnte aber eine Lehnübersetzung aus
dem Deutschen sein. Andererseits kommt bei Gutsmann valar „Walker; Zylinder“ (zum Zeitwort valati „walken, walzen, wälzen“) vor. Daher ist es ziemlich sicher,
dass das mundartliche valori mit dem
slowen. Wort für „Welle“ zusammenhängt.
155. Ladia = Boot: entspricht slowen. ladja „Schiff“
156. Blato = Moos: entspricht slowen. blato „Moor, Sumpf usw.“,
deutsch-mundartlich „Moos“.
157. Hiefler = Armdicker Baumstamm mit Ästen,
auf dem das Gras zum Trocknen aufgehängt wird: bei Lexer hüfl oder hüflar, bei
Überfelder Hifl (Zeitwort hifln). Beruht auf hiufelîn, einer Verkleinerung zu mittelhochdeutsch hûfe „Haufen“, das dann (nicht ganz
lautgesetzlich) zu mundartlich [hifl] wurde. Kommt auch in Tirol, Salzburg,
Stmk., OÖ vor, jedoch nicht gemeinbairisch, eher nur südbair.- u.
ostmittelbairisch. Verwandt mit Standarddeutsch Haufen.
158. harbe ʻzu viel gesalzenʼ: eigentlich das
Gegenteil von lind, daher in einigen
Mundarten eben auch ʻsalzigʼ; mundartliche Variante von herb (auch schon mittelhochdeutsch harw-/herw-), Grundbedeutung ʻscharf, bitter, sauer (vom Wein)ʼ,
auch übertragen ʻböse, erzürntʼ.
159.
Irtig ʻDienstagʼ:
auszugehen ist von altbairisch erintag,
heute relikthaft Ergetag, Er(ch)tag > südbairisch Irtag, -tig, -te. Im Zuge der
Christianisierung versuchte man, die heidnischen Wochentage durch andere
Bezeichnungen zu ersetzen. Dem latein. Martis
dies ʻTag des Kriegsgottes Marsʼ entsprachen zunächst
Bezeichnungen, die im Englischen als Tuesday,
im Alemannischen als Zischtig
erscheinen (vom altgerman. Kriegsgott *Tīwaz,
angelsächsisch Tīw,
althochdeutsch lautverschoben Zīu).
Im Griech. hieß der Tag Áreōs
hēmérā gleicher Bedeutung, doch die Goten setzten diese Benennung
mit ihrem Bischof Arius († 336)
gleich, wodurch der Bezug auf den Kriegsgott verloren ging und dieser so ins
Süddeutsche Eingang gefunden hat (mit Primärumlaut ari- > eri-). Die
benachbarten Ostgoten (Theoderich) gehörten der Glaubensrichtung der nach
Arius so benannten Arianer an. Daher
gilt der Ergetag als „ostgermanisches
Lehnwort“. – Ähnlich verlief es mit dem Donnerstag, der im Bairischen Pfinztag, südbair. Pfingsttag heißt (nach dem griech. pémptē hēmérā ʻfünfter Tagʼ)
160. Zasar ʻletzte Zuckungenʼ:
im Sinne von „zerfasern“ zum alten Wort Zaser
ʻFaserʼ, davon zasern ʻFasern
auflösenʼ, übertragen ʻsich abmühenʼ, auch ʻweinerlich
redenʼ usw.
161. gekeit ʻverworfenʼ (z.B.
Todgeburt eines Kalbes): Partizip zu geheien
(mundartl. khein, demnach gekheit [mit doppeltem ge- wie gekhert ʻgehörtʼ, gekhåltn
ʻbehaltenʼ, Schriftsprache gegessen])
mit mehreren Bedeutungen, u.a. ʻwerfen (auch im Sinne von gebären bei
Tieren)ʼ, hinkhein ʻeine
Totgeburt habenʼ. Somit ist in der Redewendung „Wennʼs vor Martini übers Land schneit – hat dar Winter hingekeit“
gemeint, dass der Winter mit seinem Schnee noch nicht da ist, sozusagen „eine
Totgeburt erlitten hat“, denn bis zum eigentlichen Winter dauertʼs ja
noch.
162. Springgingale ʻkleines quirliges,
lebhaftes Kindʼ, auch auf Erwachsene bezogen ʻbeweglicher Menschʼ,
übertragen ʻLuftikus u.dgl. ʼ: umgangssprachlich (gemeinbairisch)
neben Springinsfeld, Zusammensetzung
aus Spring- und altem Ganggerl für
163.
Kronawett
= Wacholder: beruht auf mittelhochdeutsch kranewite
„Kranichholz, Wacholder“, gemeinbairisch Krånewit
„Wacholder“.
164.
rusl´n = rutschen: ein
altes Wort für „gleiten“, zu (die) Rusl
„Glatteisbahn“, in Tirol „Hagelkorn“.
165. bagotisch
= Scheinheilig: bessere Schreibung bǝgótisch,
mundartliche Aussprache von ʻlebhaftes
Kindʼ, auch Gangge, -ele
ʻeinfältige Personʼ, übertragen zu einem Wort für ʻTeufelʼ.
166. Grudilan ʻLocken, gewellte Haareʼ:
auch in Unterkärnten bekannt (Grudalan),
zur Herkunft kann ich leider nichts sagen, eine Verwandtschaft mit dem Wort
(bei Lexer) grudn ʻStück,
Brockenʼ bzw. krudn ʻErdscholleʼ
(beide aus slowen. gruda ʻScholle,
Klumpenʼ) ist sehr unwahrscheinlich. Bei Überfelder sind die Grudalan ʻin Suppe eingekochtes abgrudeltes Mehlʼ (was allerdings abgrudelt bedeuten soll, sagt er nicht).
167.
bigottisch,
von bigott „übertrieben fromm,
frömmelnd“ (gemeinbair. Lehnwort aus französ. bigot).
168.
Muschkalanzn =
Umstände/Probleme machen: bessere Schreibung Mǝschkǝlánzn zu
Mischkulanz „Mischung“, woraus auch
„Durcheinander“ (Lehnwort aus dem talien. mescolanza)
169.
Auswart = Langes
= Lasing
= Frühling: das Wort Frühling ist
eher hochsprachlich, umgangssprachlich sagt man meist Frühjahr, daneben kommt mundartlich Auswart vor, das mit auswärts
zusammenhängt, im Sinne des Ausganges (= Ende) des Winters (man vergleiche
slowen. mundartlich vigred, das
ebenfalls auf „Ausgang“ beruht). Der Langes
usw. beruht auf einem germanischen *langa-tīn-
„langer Tag“ im Sinne, dass die Tage wieder länger werden. Auf dieser
Ausgangsform beruhen althochdeutsch lenzo
und langes, mittellhochdeutsch lenze (> Lenz) und langes, worauf
eben dann unser Langes beruht. Las(s)ing ist eine regionale Umformung
davon.
170.
kratschínkat
= schlecht beisammen sein: bedeutet ursprünglich „x-beinig, säbelbeinig“, also
„einen ungeraden, verbogenen Gang habend“, hat dann auch die übertragene
Bedeutung „in schlechter Verfassung“ bekommen. Ursprünglich krah-schinket < Krähe + Schinken (urspr. „Schenkel“), etwa „krähenschenkelig“.
171.
Robasle =
kleines Mädchen: bessere Schreibung Råbasle,
Verkleinerung von Råbas „loses,
naives Kind“ (urspr. „schlechte, liederliche Person“), hat dann die positive
Bedeutung (Schmeichelwort) für ein „liebes Mädchen“ bekommen. Männliche
Entsprechung Råbasǝ „Lauser“,
beide sind auch Bezeichnungen für aufgeweckte Kinder.
172. Heppalanzeggar = Büstenhalter: Scherzbildung.
Zu Happ „Haupt, Kopf“, auch
übertragen wie Krautkopf,
Verkleinerung Häuptl, mundartlich Heppale/-ele als „Köpfchen“ oder etwas Rundes (wie eben Busen; Happ bedeutet auch „Schaf“, in manchen
Gegenden „Ziege“) + Zecker „Tragtasche“ (in Wien Zöger oder Zeger, zu ziehen/zog).
173. Staudnwuaggale = Uneheliches, hinter den
Stauden „Büschen“ gezeugtes Kind: das Hinterglied beruht auf altem wirken/würken/wurken „(be)wirken,
erzeugen“, Ausgang -ale
Verkleinerung.
174. Muggngamazar = Gähnen einer Mücke (gemeint ist wohl etwas Unwichtiges/
Nebensächliches): Mugge bzw. Mucke mundartlich für Mücke, gamazen Intensivbildung zu altmundartlich gamen „gähnen“, ein Gamazer
ist also ein „einmaliges Gähnen“, umgangssprachlich etwa Gähner (wie Huster, Nießer).
175. Drischübel = Türschwelle, meist gekürzt
> Drischpl: bei Lexer Drischüwl, altes, nur in der Mundart
erhaltenes Wort, beruht auf mittelhochdeutsch drischûvel, vgl. englisch threshold.
176. Irte/Pfingste = Dienstag/Donnerstag: Irtig ʻDienstagʼ: auszugehen ist von altbairisch erintag, heute relikthaft Ergetag, Er(ch)tag > südbairisch Irtag,
-tig, -te. Im Zuge der Christianisierung versuchte man, die heidnischen Wochentage
durch andere Bezeichnungen zu ersetzen. Dem latein. Martis dies ʻTag des Kriegsgottes Marsʼ entsprachen
zunächst Bezeichnungen, die im Englischen als Tuesday, im Alemannischen als Zischtig
erscheinen (vom altgerman. Kriegsgott *Tīwaz,
angelsächsisch Tīw,
althochdeutsch lautverschoben Zīu).
Im Griech. hieß der Tag Áreōs
hēmérā gleicher Bedeutung, doch die Goten setzten diese Benennung
mit ihrem Bischof Arius († 336)
gleich, wodurch der Bezug auf den Kriegsgott verloren ging und dieser so ins
Süddeutsche Eingang gefunden hat (mit Primärumlaut ari- > eri-). Die
benachbarten Ostgoten (Theoderich) gehörten der Glaubensrichtung der nach
Arius so benannten Arianer an. Daher
gilt der Ergetag als „ostgermanisches
Lehnwort“. – Pfingstig:
ähnlich verlief es mit dem Donnerstag, der im Bairischen Pfinztag, südbair. Pfingsttag
heißt (nach dem griech. pémptē
hēmérā ʻfünfter Tagʼ), Pfinz- entlehnt über pent-
< griechisch pempt- (Pfingst-
umgeformt nach Pfingsten, das auf
griechisch pentēkostḗ
„fünfzigster (Tag nach Ostern)“ beruht).
177. Labsprinzlat = sommersprossig: so schon bei
Lexer, Zusammensetzung aus Laub >
mundartlich Lāb „Laub“ (wohl
verdeutlichend) + mundartlich Sprinzen
„Sommersprossen“ + -icht (> heute
mundartlich/umgangssprachlich [-ǝt], geschrieben -ert).
178. Larefare = umsonst, vergebens: gemeindeutsch, nach den
italienischen Notennamen la re fa re,
Silben ohne Bedeutung zum Singen, im 15.
Jhdt. als Name einer Messe.
179. Zintrest/Zebrest =
Zuunterst/Zuoberst: < zu ünterst / zu
öberst, Superlative zu unter/ober mit regulärem Umlaut, Aussprache
[-št].
180.
Farfalan
= Mehlteig, der mit Milch und Eiern in Wasser eingekocht wird, eine beliebte
Suppeneinlage, schon mittelhochdeutsch varvelen
ʽSuppe mit geriebenem Teig und verquirlten Eiern’, wohl entlehnt <
italien. farfalle ʽeine Art
Suppennudeln’ (zu farfalla ʽSchmetterling’).
181. Fotzhobl = Mundharmonika, Scherzbildung
aus Fotz (derb für) ʻMundʼ
und Hobel (auch außerhalb Kärntens,
gemeinbairisch).
182. Gattehosn, auch Gati- = Unterhosen (auch (Unter-)
Gattinger und Gattehose), urspr.
lange weiße leinene Unterhosen, aus ungar. gatya
ʻUnterhoseʼ.
183. Grudalan
oder Grudilan
ʻLocken, gewellte Haareʼ: zur Herkunft kann ich leider nichts
sagen, eine Verwandtschaft mit dem Wort (bei Lexer) grudn ʻStück, Brockenʼ bzw. krudn ʻErdscholleʼ (beide aus slowen. gruda ʻScholle, Klumpenʼ) ist
sehr unwahrscheinlich. Bei Überfelder sind die Grudalan ʻin Suppe eingekochtes abgrudeltes Mehlʼ (was allerdings abgrudelt bedeuten soll, sagt er nicht). → 287.
184. Hetschepetsch = Hagebutte, gemeinbairisch, daneben
auch Hetscherl usw., Herkunft unklar.
185. Schnackale
= Schluckauf,
von mittelhochdeutsch snacken ʻplaudern,
tratschenʼ > neuhochdeutsch schnacken,
dieses bedeutet nach Grimm auch ʻschnappende, schnellende Bewegungen des
Mundes machenʼ, oberdeutsch schnackeln
ʻeinen knallenden, schnalzenden Laut
erhebenʼ; darauf beruht dann das wienerische Schnackerl und kärntnerische Schnaggerle
(so bei Lexer).
186. Schwachta
= Sippschaft,
Anhang (abwertend). Entlehnt aus slowen. žlahta
ʻGeschlecht, Verwandtschaftʼ, mundartlich žłahta, gesprochen [žwachta], das seinerseits früh aus dem
Deutschen entlehnt wurde (mittelhochdeutsch ge-slehte/-slahte ʻGeschlecht, Stammʼ).
187. tenkisch
= linkshändig,
auch linkisch, ungeschickt, daneben
auch tenkat.
Zum bairischen Kennwort tenk ʻlinksʼ.
188. urasn
= vergeuden,
verschwenderisch umgehen (v.a. mit Lebensmitteln). Entstanden aus altem *urassen, Vorsilbe ur- + essen/aß, wörtlich ʻherausessen,
wählerisch essenʼ, auch ʻschlemmenʼ.
189.
epa dechta wohl =
natürlich: < etwa + dechter ʻwohl, dochʼ (Variante
zu dennoch) + wohl, also verstärktes bzw. bestätigendes ʻwohl doch!ʼ. .
190.
nåpfazn = einnicken: napfezen ʻnickend schläfrig sein, ein wenig schlummern
(außerhalb des Bettes)ʼ (mittelhochdeutsch nafzen ʻschlummernʼ), Intensivbildung zu altem napfen ʻsich auf und niederbewegenʼ
(ein Bild, das durch die Atmung des Schlafenden entsteht).
191.
schnurstracks
= geradeaus, -wegs: gemeindeutsch, auch ʻsofortʼ < Schnur ʻFaden usw.ʼ +
mittelhochdeutsch strac (von strecken) ʻgerade, ausgestreckt;
geradezuʼ, also etwa ʻgeradeaus wie ein gespannter Fadenʼ.
192.
Probst = junger
Baumtrieb: eigentlich ʻAufgesetztesʼ (< latein. prae-/propositus, wovon auch Propst
ʻein kirchlicher Würdenträgerʼ), in dieser Bedeutung nur in Kärnten,
davon auch Pröbstling ʻgroße
Erdbeereʼ.
193.
Wultschgar
= Maulwurf: < altem wuolen bzw.
mittelhochdeutsch wüelen ʻwühlenʼ
+ altem Scher ʻMaulwurfʼ (diese Zusammensetzung schon
mittelhochdeutsch wüelschër).
194.
gaxelte = Hemdsärmelig: < geachselt(ig) ʻhemdärmelig, ohne Rockʼ (also mit sichtbaren
Achseln), z.B. er is gaksltigǝ
daherkheman ʻer ist hemdärmelig (d.h. leger gekleidet) daher gekommenʼ;
zu Achsel.
195.
Kåschpl =
Küchenabfälle: < altem Kar
‚Schüssel, Gefäßʼ + Spüle bzw. spülen, eigentlich ʻSpülwasser,
(auch:) Sautrogʼ; das Wort Kar [khår]
lebt noch in Namen für Tal- und Gebirgsmulden weiter (wie Hafelekar, Koralm usw.).
196.
Hinterher reitat die Urschl =
wenn es für etwas zu spät ist: eigentlich ʻim Nachhinein ist man immer klügerʼ, Urschl ist die
mundartliche Form des Vornamens Ursula,
der dann abfällig für dumme weibliche Personen verwendet wird, daher reiten
bzw. handeln – wenn es zu spät ist – nur noch die Dummen, die es nicht
wahrhaben wollen.
197.
Rearlsålåt =
Blätter des Löwenzahn: Salat aus Löwenzahnblättern, zum Diminutiv (Verkleinerung)
Röhrlein, mundartlich Röhrl ʻkleines Rohrʼ (die
unteren Teile der Blätter erinnern entfernt an eines kleines Rohr).
198.
Lungarle =
Huflattich: eigentlich Diminutiv zu Lunge,
etwa Lungelein, Heilpflanze für die
Atemwege, gegen Husten u. dgl., daher auch Lungenkraut
o.ä. genannt.
199.
Moarzopfn
= Fichtenwipfel: unklar (dazu nichts zu finden).
200.
Huabn = Kleine
Landwirtschaft: zu mittelhochdeutsch huobe
ʻkleines Stück Land, Hufe (= ein Landmaß)ʼ, heute ʻkleine
Bauernwirtschaft, (auch) Nebenwirtschaft; Hufeʼ. Davon häufiger
Familienname Huber, Hueber usw.
201.
Greadn =
Holzstapel/-leggn: auch Grēdn
von mittelhochdeutsch grëde ʻStufe,
Treppeʼ, ein solcher Holzstapel ist ja eine stufenartige Lagerung von
Holzscheitern.
202.
heitawon
= Hin und Wieder: zusammengesetzt aus heute
und [irgend-] wann, also etwa ʻheute und irgendwannʼ, auch ʻbisweilen,
manchmalʼ.
203.
taudln = leichtes
Regnen: bei GRIMM thäueln, daher
eigentlich taueln [tau|ln bzw. taul̥n] (mit silbischem l) ʻleicht regnenʼ, es besteht
ein Zusammenhang mit Tau (= der
sich bei klarem Himmel und Windstille bildende wässerige Niederschlag,
wobei es leicht nass wird).
204. Trenta
= Trente(n), eine weißbrotartige Speise zu
Ostern, Fladengebäck, Herkunft unklar, Trente
Erstbeleg Graz 1670 (ein damals übliches Gebäck).
205. Schwartling
= Abfall bei
Beschneidung/Behauung eines Rund- Bloches
das erste oder letzte von einem Klotz gesägte Brett (so Lexer, Schmeller
[Bayer. Wb.]), zu Schwarte „(harte)
Haut“.
206.
Brentln/Prentln
= Nächtlicher Besuch beim Mädchen; dazu Prentler
ʽwer prenteln geht, nächtlicher Besucher’; abgeleitet von Prente ʽhölzernes Vielzweckgefäß
wie z.B. Holzbottich’, dem wichtigsten „Werkzeug“ für Senn und Sennerin. Ein Prentler bzw. eine Prentlerin war einst der/die Ranghöchste in einer Almwirtschaft
bzw. Sennerei. Ursprünglich war prenteln
der nächtliche Besuch eines Burschen bei einer Prentlerin und wurde dann verallgemeinert. – Prente wohl alpines Substratwort.
207. Jauk = ʽWarmer
Wind’, eigentlich ʽFöhn’, ursprünglich der warme Südwind. Früh aus dem
Slowenischen entlehnt, beruht auf dem Wort jug
ʽSüden’.
208. turtschn
=
Zusammenstoßen von zwei Eiern, Oster-Brauch.
Zu Turtsch „Zusammenstoß (bis
etwas bricht)“, entweder lautmalend/-nachahmend oder aus slowen. trčiti entlehnt, aber auch turčiti als Spiel, dies wieder aus
dem Deutschen.
209.
wiagn
gean / weisatn gean
= Brauch als Besuch des Neugeborenen und der Mutter. wiagn zu wiegen „wiegen, schaukeln“, also das Neugeborene besuche und es
wiegen. weisatn Verbum
zu altem Weiset bzw. Weisade „Geschenk an die Wöchnerin“
(auch Brautpaare u.ä.). Ursprünglich „Gabe, Geschenk“, mittelhochdeutsch wīsōt, -ōde (auch: „Abgabe“), also zum Neugeborenen gehen, um es zu
beschenken.
210.
oawenggat =
unregelmäßig, huagat = uneben: wenggat
ist ein altes mundartliches Wort für ʻungerade, schief, verzogenʼ, in
unserem Fall mit ein- erweitert. – huagat bleibt unklar, eventuell eine
Variante von huckert ʻhöckrigʼ
von mittelhochdeutsch hocker, hoger ʻBuckelʼ.
211.
neatla = hacklich (heikel) = wählerisch: haklich oder hoaklich ist die mundartliche Entsprechung von heikel; neatla selbst
beruht auf schriftsprachlich nötlich.
212.
dahetln =
Lachen wie eine Ziege (= Hetla): Hettla
bzw. Hettele ist die weibliche Ziege,
die noch kein Junges hat. Davon dann derheteln
(das wäre schriftsprachlich erhetteln).
213.
heschazn =
schwer Luft bekommen, schluchzen: Intensivbildung zu heschn ʻschluchzenʼ (das wäre schriftsprachlich heschetzen).
214.
kleanftan =
kleine Arbeiten, Schuhe zubinden: unklar
215.
ausgeglext =
undicht: letztlich zu Klecks ʻFleckʼ
im Sinne von ʻnasse bzw. nässende Stelleʼ.
216.
Luabn = abgestandenes,
wässriges Getränk: unklar
217. ånletzntig
= alleine an der Theke stehen: < anletzend
+ -ig, zu einem alten Wort letz ʻAbschied(strunk)ʼ, sich letzen ʻsich laben, (auch:)
mit jem. Abschied feiernʼ.
218. Teggl = lehmartige Masse: zu altem Tegel ʻTon, Lehm; (insbes.)
kalkreicher Ton, Ziegellehmʼ, entlehnt aus latein. tegula woraus dann (mit hochdeutscher Lautverschiebung) Ziegel wurde.
219. Lampatzle = Lehmkugel zum Schlazln:
nicht ganz klar, ein lampezle ist ein
weibliches Schaf, das noch keine Jungen hat. Ich denke aber eher an eine
Zusammenstzung aus mundartlich Lahm ʻLehmʼ
+ Patz ʻKlumpen aus weicher
Masseʼ, woraus dann eine Lehmkugel
geformt werden konnte.
220. Hucknbleiber = Schüler, der das Schuljahr
wiederholen muss: da mundartlich hucken
ʻhockenʼ auch für sitzen
gebraucht wird, kann auch aus dem sitzen
bleiben ein hocken bleiben
werden, und der, demʼs pasiert, ist dann ein Huckenbleiber.
221. Schirgganggale = Verpetzer: eine
scherzhaft-emotionale Weiterbildung zu schergen
ʻangeben, anklagen, verpetzen, verratenʼ, mundartl. schirgen, dessen Grundwort Scherge ʻ(urspr.) ʻGerichtsdiender
> Häscher, Handlangerʼ ist (zur Wortbildung vgl. Springinggale ʻaufgewecktes Kindʼ zu springen)
222. zeggazn = ärgern: zu bairisch zecken, zicken ʻanstoßen, einen leichten Stoß geben; (auch:) neckenʼ,
dazu dann die Intensivbildung zecketzen
ʻ(uspr. scherzen >) necken, sekkieren usw.ʼ
223. gstölnte Milch = gestockte Milch/Saure Milch:
unklar, kann nur als gestellende Milch
interpretiert werden; sich gestellen
bedeutet in der Mundart ʻsich anschicken (etwas zu tun), sich betragenʼ
– vielleicht zu interpretieren als eine ʻMilch, dies sich anschickt, sauer
zu werdenʼ (?).
224. Zarfe
= (1) Zahme
Eberesche, sorbus domestica u. pyrus sorbus; (> ital.
sorbo unter slavischer vermittlung);
(2) altes keifendes Weib; (3)
Tassenhalter in Form eines
Eierbechers
[aus dem Grimmschen
Wörterbuch]; (4) Nach Tiroler Wörterbuch (Schatz) zarfe ʻFranse,
Fetzenʼ, im Lechtal ʻzugeschnittenes Holz zum Bau von Stadelnʼ; zarfe „Franse, Fetzen“
scheint von der Bedeutung her am ehesten zur Anfrage ʻUnebenheit am Feld,
Pinselstrichʼ zu passen.
225. Kloatznkliaber = sparsamer Mensch: auch ʻGeizhalsʼ,
Zusammensetzung aus Kloatzen ʻKletzen
(gedörrte Birnen)ʼ und -klieber
zu klieben ʻspaltenʼ, also
eine scherzhaft-spöttische Bezeichnung für jemanden, der nichts übrig lassen
möchte, sich also bis zum Schluss etwas herauspickt.
226. zeggazn = ärgern: zu bairisch zecken, zicken ʻanstoßen, einen leichten Stoß geben; (auch:) neckenʼ,
dazu dann die Intensivbildung zecketzen
ʻ(uspr. scherzen >) necken, sekkieren usw.ʼ
227. Plerengge = weinerliche Person: v.a.
auch Kinder, zu plärren ʻ(umganggssprachl./mundartlich)
weinenʼ mit einer unklaren Wortbildung, die an slawische Vorbilder
erinnert, daher wohl eine deutsch-slowenische Mischform.
228. Peinfålter = Biene: Zusammensetzung aus
altmundartl. Peie für Biene (wie mittelhochdeutsch bīe neben bin) + Falter (eigentlich
ʻSchmetterlingʼ); gängiger ist aber Peinvogel, beide Bezeichnungen nehmen auf das Fliegen der Bienen
Bezug.
229. butterwålgn = Abrollen über Hügel: nicht
ganz klar; wålgen bedeutet zwar ʻwälzen,
rollenʼ, butter- passt nicht so
recht dazu, vielleicht Anklang an Butterrühren-/-stoßen/-schlagen bzw. an buttern
in übertragener Bedeutung.
230. Prombarfratn = Waldstück mit Brombeeren:
Zusammensetzung aus Brombeere und
mundartl. Frate ʻ(Wald-)
Lichtung, Holzschlagʼ; roman. Lehnwort < furlan. frate bzw. italien. fratta <
latein. fracta; auch slowen. frata.
231. Der Weillång = Heimweh: zum alten Wort der Weillang „Heimweh“, nach dem Grimmʼschen
Wörterbuch typisch bairisch, v.a. auch in Oberösterreich, Tirol, Steiermark und
Kärnten. Zusammengesetzt wie Langeweile,
aber umgekehrt „wenn die Weile lang ist“.
232. Spinewetn = Spinnweben: zusammengesetzt
aus Spinne + altem weten „verbinden“, mittelhochdeutsch spinnewët „Spinnengewebe“.
233. Tamischig = schwindlig: das Adjektiv tamisch bedeutet „schwindlig“, (auch:
„närrisch, wahnsinnig“ (zu taumeln).
Das Substantiv (der) Tamisch ist dann
„der Schwindel“ (als Gefühl oder Krankheit), davon dann das Adjektiv tamischig.
234. Wepfezer = Moment, Augenblick: zu wepfen „eine schnelle Bewegung machen“,
dazu Intensivbildung wepfezen, davon Substantiv der Wepfezer „Augenblick“ (vergleichbar der Kracher zu krachen, der Seufzer zu seufzen usw.).
235. Pfrenger = Viehsammelstelle eingezäunt:
bairisch „Zwinger, Hürde“, zu pfrengen
„drücken, pressen“, ein Pfrenger ist
ein „Pferch o.ä.“ (Herkunft unklar, auch Pfranger).
236. Ropet°ap ?? = Dieb: eventuell an rabas
„schlechte, liederliche Person“ (so Lexer) anzuschließen (davon scherzhaft Råbaser oder Råbasle für „kleines Kind“), sonst unklar. – Vielleicht auch zu
slowen. ropar „Räuber“, ropati „rauben“.
237. Leschpn = Zunge: entspricht
möglicherweise Lefze „Lippe (von Tieren)“,
mittelhochdeutsch auch lesp o.ä.,
doch eher unklar.
238. Schlazalan = Murmeln = kleine Kügelchen:
übertragen von Schlatz ʻSchleimʼ,
schlatzig ʻschleimig, schlüpfrigʼ,
bezogen auf die Kugeln, die entsprechend rollen, daher auch Schlatzkugeln.
239. ålle Ritt = alle Augenblicke, immer
wieder: zu Ritt im Sinne von ʻAugenblickʼ;
Ritt hat auch die Bedeutung ʻMoment,
Malʼ, so schon bei Grimm. Auch im Sinne der Kontrolle: ʻimmer, wenn
ein Berittener eintrifftʼ.
240. Jatach = Unkraut: zu jäten ʻUnkraut ausrupfen bzw. beseitigenʼ,
Jatach ist eine Kollektivbildung ʻdas
Gejäteteʼ.
241. Muschkalanzn = Schwierigkeiten: scherzhafte
Bildung zu mundartlich Muschgl ʻMuskelʼ
im Sinne von ʻdie Muskel zeigen, spielen lassenʼ o.ä.
242. Pfåggar = dicker Brei: unklar, nach
Überfelder ʻtölpelhafter, ungeschickter, aber gutmütiger Menschʼ.
243. Ranftle = Anschnitt vom Brot:
Verkleinerung zu Ranft, ursprünglich ʻRand,
Brotrindeʼ, im Mittelhochdeutschen ʻEinfassung, Randʼ und dann
auch ʻBrotrindeʼ.
244. Stranggalan = Fisolen, grüne Bohnen: früh
aus dem Slawischen entlehnt: Strankerl (so meist geschrieben), auch Strankele,
-ǝle (< altslowen. *strănk-
‘Schote, Hülse’, über *strǫk- > heute slowen. strok ʻHülse, Schoteʼ); wegen des
erhaltenen a im Deutschen muss dieses Wort schon sehr früh entlehnt
worden sein.
245. Pålfn = Felsen: Balfen, Palfen
(der, auch Balm, Palm; v.a. im
Westen; lokal auch die Palfe usw.;
Diminutiv Balfele) ‘Felsen;
Felszacken, -stufe, ‑vorsprung, -höhle; überhängender Fels’. Über das Romanische ins Deutsche
gelangt, Substratwort (romanisch palva
aus vorrömisch *péllawo- ‘Fels’). Eher typisch für Tirol, doch bis nach
Oberkärnten reichend, z.B. Hochpalfennock
im Nockgebiet. In Kals (Osttirol) als „deutsches“ Appellativ, z.B. Balfen (Ortsteil Lesach) oder Weißer Balfen (Ortsteil Dorfer Tal), „deutsches“
Pendant zum benachbarten Bergnamen Gradalfe
(aus romanisch croda alba ‘weißer
Felsen’). – Aus einem meiner Artikel über Bergnamen.
246. Tscheprech = Schmutz /Rest/Abfall:
eigentlich Tschapprach ʻKehricht,
Abfall, Staubʼ, abgeleitet vom Zeitwort tschappern ʻeine Sache verunreinigenʼ (-ach gängige Wortbildung für
Kollektivbegriffe wie Gspiebach ʻErbrochenesʼ,
Kräutlach ʻKräuterʼ usw.,
s.u. Boazn).
247. Nårn/Tetschn = Bub/Mädchen: zu
Narr, alte mundartliche Bedeutung
auch ʻheiratsfähiger junger Burscheʼ, feminin Narrin. – Tetschn/Detschn bedeutet ʻMädchenʼ
(v.a. im Mölltal, entlehnt < slowen. dečla)
und ʻPuppeʼ (< slowen. čeča).
248. Pirl/Pranter = Stadlgeschoß
ober der Tenne: beide bedeuten ʻober(st)er Boden über der Scheune bzw.
Futterhausʼ. Pirl ist eigentlich
Pürl und beruht auf dem alten Wort püren ʻemporhebenʼ
(Wortbildung wie Hebel zu heben). Pranter (auch Gepater
oder Pater) ist ein sehr frühes
Lehnwort aus dem Slawischen (*prętro
> slowen. peter, petro).
249. Boazn = schlechtes, kleinwüchsiges
Bäumchen: beruht auf Porze(n) ʻrundlich
Hervorstehendesʼ, dann auch ʻkleiner, verkrüppelter Baumʼ oder ʻBüschelʼ;
davon Porzach ʻNadelbaumgestrüpp, verkrüppeltes Holz
usw.ʼ.
250. goretzn/raunzn = knarren
(Boden/Türe): eigentlich gurretzen ʻknarrenʼ
(Intensivbildung zu gurren ʻknurren
usw.ʼ) bzw. raunzen ʻrohe
Töne von sich geben, brummen, weinen usw.ʼ (wohl Intensivbildung zu raunen).
251. Tschnauggets = Mensch, der schlecht
beisammen ist: Herkunft unklar, wohl Scherzbildung, ich kenne nur tschaupert usw.
252.
spronsen/gʼspronst = die Ecken
eines Baumstammes abrunden: zu bairisch språnzen
ʻStirnseite von Baumstämmen abrunden, Rundhölzer abkantenʼ (von Språnz (etwa) ʻunbearbeitetes Ende
eines abgeschnittenen Baumstammesʼ).
253. Gschiste-G´schaste = Aufhebens machen,
Tam-Tam-Machen, Getue usw.: auch mit -i
am Wortende. Eine Scherzbildung, die letzten Endes von scheißen kommt, in der übertragenen Bedeutung, wie sie in der
Redewendung sich um nichts scheißen ʻsich
um nichts kümmern oder scheren, nicht aufregen, gleichgültig sein o.ä.ʼ
vorkommt (nach Hornung).
254. Råpetåp = kleiner Gauner oder Dieb:
schwierig, da so in keinem Wörterbuch; wahrscheinlich eine Zusammensetzung aus
bairisch rappen/rapsen/rapschen ʻhastig
ergreifenʼ, auch in der Bedeutung von grapschen
ʻstehlenʼ (so Schmeller) + Tapp
ʻungeschickte, einfältige Person (so Lexer u. WBÖ = Wörterbuch der bair.
Mundarten in Ö.).
255. Pfoat = Hemd: typisch bairisches
Wort, in den a-Mundarten Pfat. Ein sogenanntes bairisches
Kennwort, althochdeutsch pfeit,
gotisch paida ʻRock, Hemdʼ.
256. Tschedra = (Tabak-) Pfeife: Lehnwort
aus slowen. čedra ʻPfeifeʼ,
genauer ʻhölzerne, mit einem turmartigen Deckel versehene
Nationaltabakpfeifeʼ (so in Pleteršniks Wörterbuch 1894), dessen Herkunft
unklar ist.
257. Kloazn = gedörrte Birne: auch Kleazn, beruht auf mittelhochdeutsch klotzbire ʻDörrbirneʼ,
zusammengesetzt aus klōz oder klōȥ ʻKlumpen, Kloßʼ
+ bir(e) ʻBirneʼ, so
benannt nach ihrem unansehlichen Erscheinungsbild.
258. Schlåfhaubn = Langschläfer, Träumer,
Langweiler: scherzhafte Übertragung der Zusammensetzung Schlaf bzw. schlafen + Haube, eigentlich ʻHaube, die man
zum Schlafen aufsetztʼ, v.a. im Süden von Österreich, mehr verbreitet ist Schlafmütze, in der Schweiz und Südwestdeutschland
auch Schlafkappe.
259. beggatzle
= kleine
Menge: dieses ist eine in Kärnten übliche Verkleinerung zu Peggetz ʻkleines Hautmal, Knötchen, Pustelʼ mit der
Bedeutung ʻkleines Stückchen, kleine Dosisʼ, eine Weiterbildung zu pecken in der Bedeutung ʻ(auf)pickenʼ
(mit dem Schnabel) bzw. ʻmit einem spitzen Werkzeug hauenʼ, auch ʻhüstelnʼ
(so WBÖ = Wörterbuch der bair. Mundarten in Ö.).
260. Gregebiß = Apfel , der eigenartig
zerteilt wird: ohne nähere Hinweise nicht
zu deuten.
261. irge = jemand, der sich nobel,
übertrieben schön kleidet: auszugehen ist von arg, bei Lexer erg(e), irg mit verschiedenen Bedeutungen, v.a. ʻtüchtig,
brauchbar, stark, frischʼ, negativ ʻböse, listig, verschlagenʼ.
Bei Überfelder ʻstark, frisch, derbʼ. Bezeichnet also jemanden, der
sich mit seiner Kleidung als besonders tüchtig präsentieren will.
262. Lugentschippl = Lügner: eigentlich ʻGewohnheitslügnerʼ,
zusammengesetzt aus mundartlich Lug
(mittelhochdeutsch luge) ʻLügeʼ
+ Schübel ʻHaufenʼ,
verwandt mit Schober, also wörtlich
ein ʻLügenhaufenʼ.
263. mofalig = nach schwerer Arbeit unwohl,
nicht gut beisammen: bei Lessiak maffelig
ʻgenug gegessen, magenvölligʼ, also wohl übertragen von ʻvollgefressenʼ
> ʻunwohl, erschöpftʼ. Näheres unklar.
264. hoppata(t)schig = empfindlich, bei
Kleinigkeiten beleidigt: eigentlich ʻeingebildetʼ, auch ʻschwerfällig,
ungeschicktʼ, bei Lessiak ʻarrogant, anmaßendʼ, bei Überfelder
auch ʻeigensinnigʼ, in Tirol ʻunruhigʼ. Zusammengesetzt aus
hoppern ʻsich auf und
niederbewegenʼ bzw. ʻkollern, hüpfenʼ + Dåtsch ʻschwerfälliger Menschʼ.
265.
Glotn
= lange
Haare: bei Lessiak glotte ʻungekämmtes
Haarʼ, bei Überfelder Glotn ʻHaupthaarʼ,
in meinem Wörterbuch Glōtn ʻ(Haupt-)
Haarʼ (auch ʻUnkrautʼ). Herkunft unklar.
266.
Gʼschwistra
Kinder Klaubhölzl =
Cousin(e) 2. Grades: Gʼschwistra(t)kinder
sind die Cousins und Cousinen, also die ʻKinder der Geschwisterʼ
und die Klaubhölzl sind die nächste
Generation; bei Lessiak Klaubhölzer ʻdie
nach den Geschwisterenkeln kommenden Anverwandtenʼ. → 283.
267. Hårscht = an der Oberfläche gefrorener
Schnee: wie standarddeutsch Harsch
„Schneekruste“, zu mittelniederdeutsch harsch
„rau (alte Schreibung rauh)“, vgl. verharschen „verschorfen (von Wunden)“.
Das -t ist sekundär wie auch in
anderen Wörtern, z.B. mundartlich/umgangssprachlich Senft, Teicht, Zahnt, anderscht usw. (= Senf, Teich, Zahn, anders).
268. Pucklzana = Rückenkorb: Zusammensetzung
aus mundartlich Buckel „Rücken“ +
altem Zeine „Korb“, mundartliche
Aussprache zānǝ/zoanǝ, ursprünglich auf dem Kopf
getragen (im Gegensatz zum Zegger
„Tragkorb, -tasche“.
269. Grutn = Schlitten: übertragen aus grutte „Behältnis aus Holz, Kiste, kleiner
Schrank“ (auch in Tirol), nach Lexer verwandt mit bairisch gratte, gråtte, grotte „zweirädriger Karren, leichter
Wagen“, ursprünglich wohl „Korb“).
270. Schmiedhintl = Messer: wohl scherzhafte
Bildung aus Schmied + Hantel „Handhabe“.
271. Firtach = Vorbindschürze: eigentlich Fürtuch „Vortuch“ (für alt für „vor“).
272. fertn = vergangenes Jahr: altes, nur
mundartlich erhaltenes bairisches Wort, mittelhochdeutsch vërn(e), vërt, vërn(en)t „im vorigen Jahr“.
Schriftsprachlich dazu Firn
„vorjähriger Schnee, Altschnee“ und Ferner
„Gletscher“ (Gletscher ist
alemannischer Herkunft, sonst in Tirol Ferner,
in Kärnten, Salzburg, Steiermark Kees).
273. Kranägl = gefrorene Finger: eigentlich Krähennägel, Zusammensetzungen mit Krähe, mundartlich Krā bzw. Kraa, haben immer eine abwertende, negative
bzw. übertragene Bedeutung, wie krāhålsat
„magere Kuh“ (< „dünnhalsig“), Krāfuas
(Pflanze, v.a. Enzian) (< Krähenfuß),
Krähenfüße „Hautfalten im Gesicht
(v.a. um die Augen)“, krā(t)schinkat
„schiefbeinig“ (< Krähe + Schenkel) usw. Die Krähennägel sind somit „gefrorene Fingernägel“.
274. Trafkendl = Dachrinne: Zusammensetzung
aus Traufe ʻRegenwasserabfluss
(beim Dach)ʼ, mundartlich (der)
Trāf + mundartlich Kendl ʻRinne,
Röhre’ (in der Flurnamengebung auch Grabenʼ < roman. bzw. latein. canalis ‘Röhre, Rinne’), also ʻRöhre
für den Abfluss des Regenwassers vom Dachʼ. – Daher auch die Redewendung
„Vom Regen in die Traufe“ = „Vom Regen dirkt ins Wasser“ im Sinne von „es ist
noch schlimmer, unangenehmer usw. geworden, als es ohnehin schon war“.
275. Plerengge = Weinerlicher Mensch: auch ʻweinerliches
Kind’, deutsch-slowen. Mischform aus dt. plärren mit slowen.
Wortbildung.
276. Tschoder = Haare: genauer ʻzerzaustes,
buschiges Haarʼ, mundartlich Tschouder,
davon tschoudrat ʻmit
zerzaustem Haarʼ, auch tschoudern,
tschudern ʻan den Haaren reißenʼ,
auch in Tirol verbreitet. Herkunft unklar, slowen. čoder ist aus dem Dt. entlehnt.
277. Rotzpippn = (eigentlich) triefende Nase, übertragen als Schimpfwort für schlimmes
Kind, unartiger Bursche und für junge Menschen: zu Rotz ʻNasenschleim, -sekret usw.ʼ, in Zusammensetzungen Rotz- pejorativ wie z.B. Rotzlöffel, Rotzbub usw., in unserem Fall + Pippe,
mundartlich Pippm ʻ(Wasser-)
Hahn; Pfeifeʼ, auch als Schimpfwort verbreitet, somit ist Rotzpippm ein bes. derbes
Schimpfwort.
278. Kranewett = Wacholder: setzt in der
bairischen Mundart das alte Kranewit(beere)
fort < mittelhochdeutsch kranewite
< althochdeutsch krano ʻKranichʼ
+ witu ʻHolzʼ
(Wortzusammensetzung bzw. Kompositum), eigentlich ʻKranichholzʼ. –
Auch im studentischen Getränk Krambambuli
lebt dieses alte Wort weiter (urspr. Name eines Danziger Wacholderbranntweins,
18. Jhdt.).
279. Lassing = Frühling: ist eine lokale
mundartliche Variante von Lenz, der
im Althochdeutschen lenzo, langez, lengizo gelautet hat und in den Mundarten alemann. Langsi (Schweiz) und bair. Längess, Längsing usw. weiterlebt, in Kärnten und Tirol meist Langes o.ä., in unserem Fall Lassing. Das Wort beruht auf einer alten
Zusammensetzung *langa-tīna- (lang + einem alten Wort für ʻTagʼ)
im Sinne von ʻ(die Zeit der) länger werdenden Tageʼ.
280.
Kematn
=
Speisekammer, auch Schlafkammer:
beruht auf latein. caminata,
mittelhochdeutsch kemenate, urspr. ʻheizbares
Gemachʼ, dann > ʻKammerʼ
schlechthin. Nach Lexer bedeutet Kematn
im Mölltal ʻSchlafkammerʼ, im Drautal ʻSpeisekammerʼ;
außerhalb Kärntens in Ortsnamen auch ʻWohnhausʼ (u.a. Salzburg,
Steiermark).
281. Nona = Großmutter: urspr. ein
kindersprachliches Wort, in der Mundart Nona
für die ʻGroßmutter ʼ bzw. Nöne
für den ʻGroßvaterʼ (mit zahlreichen Nebenformen). – Im Lateinischen
lautete dieses Wort nonna und wurde
über ʻehrwürdige Mutterʼ zu unserer Nonne ʻKlosterfrauʼ.
282. Tricknhuda = Handtuch: mundartliche
Aussprache von Trücken-huder, Wortzusammensetzung
aus mundartlich truck(n)en/trück(n)en ʻtrock(n)enʼ + Huder ʻTuchʼ, Nebenform zu Hader (vgl. mittelhochdeutsch huder, hudel)´, eher abwertend ʻschlechtes Tuch, Lumpenʼ.
283. Gʼschwistra Kinder
Klaubhölzl =
Cousin(e) 2. Grades: Gʼschwistra(t)kinder
sind die Cousins und Cousinen, also die ʻKinder der Geschwisterʼ
und die Klaubhölzl sind die nächste
Generation; bei Lexer Klaubhölzer ʻdie nach den
Geschwisterenkeln kommenden Anverwandtenʼ. – (Das) Geschwistret
[gschwístrǝt] ist eine alte Kollektivbildung für alle Geschwister. – Klaubhölzl ist eine Scherzbildung,
ähnlich schon im Grimmʼschen Wörterbuch: „klaubholz, n. leseholz, schwäb., bair., östr. (kärnt.
scherzhaft von fernern verwandten, s. 159)“. → 266.
284. Gitsche = Mädchen: v.a. in Tirol
verbreitetes Wort, nach Lexer aber auch im Gail- und Lesachtal sowie oberen
Mölltal, im Grimmʼschen Wörterbuch: „mundartliches wort für ʻjunges mädchenʼ, besonders
bair.-österr. und westmitteldeutsch gebraucht,…“ Herkunft unklar.
285. Greggebiss = verwinkeltes Haus, aber auch
Apfel der besonders geschnitten wurde: mir bleibt das Wort nach wie vor unklar.
Für Gregge- kommen (nach der Lautung) folgende Mundartwörter in Frage,
die ich in verschiedenen Wörterverzeichnissen und Wörterbüchern gefunden habe:
(1) Gragg, auch Gregg, Gragl ʻNusshäherʼ; (2) gregge,
geggile ʻkleines, schmächtiges, auch verkrüppeltes Kindʼ; (3) kracken
ʻmit Steinen zerkleinern o.ä.ʼ; (4) Krackl, Graggl ʻunregelmäßig
gewachsener Baum, verästeltes Zeugʼ; (5) Gragge, Graggin ʻSpinne,
Weberknechtʼ. Nichts davon passt so recht zum Greggebiss, und ein ʻNusshäherbissʼ
(wie 1) wirdʼs ja wohl nicht sein und ob ein „verwinkeltes Haus“ mit einem
Graggl (wie 4) vergleichbar ist, muss
offen bleiben. Und (2/3/5) passen überhaupt nicht dazu wie auch Greck-
< ge-recke- (zu recken
ʻausstrecken, gerade machen usw.ʼ, davon auch verrecken ʻsterbenʼ
[derb], eigentlich ʻalle Viere von sich streckenʼ) passt semantisch
überhaupt nicht. – Im Internet bin ich nach Eingabe von Greggebiss auf folgende zwei Darstellungen gestoßen: https://www.youtube.com/watch?v=w6JCoov5Tns
und
https://prikoly2016.ru/watch/Wie-Rudolf-Steiner-wahrscheinlich-Aepfel-schnitt/gp1Al2Qpgug Letztere ist eine
russische Seite, dort wird ein Bezug zu Rudolf Steiner (Gründer der
„Waldorfschule“) hergestellt: Ich bin dreifache
Mama und Waldorfpädagogin. Hier sammle ich Fingerspiele, Tischsprüche, aber
auch Spielzeug- und Bastelvorschläge passend zur Jahreszeit. Hier seht ihr wie
man auf kreative Art einen Apfel aufschneiden kann. Angeblich hat Rudolf
Steiner – der die Waldorfpädagogik begründete – so mit Kindern Äpfel
aufgeschnitten. Das Ergebnis bringt eine schöne geometrische Form hervor, die
allerlei Zahlengeheimnisse ahnen lässt. So gelernt im Restaurant des
wunderschönen Schloß Freudenberg – ein sehr zu empfehlendes Erfahrungsfeld für
die Sinne…“.
286. Gneat håbn = eilig haben: zu Grunde liegt genötig ʻeilig, notwendigʼ (mittelhochdeutsch genœtec mit langem ö, daher südbairisch Diphthong -ea-),
davon rückgebildet (der) Genöt ʻEileʼ, auch ʻdringende,
eilige Arbeitʼ. Verwandt mit Not,
mittelhochdeutsch nōt, das u.a. ʻDrang(sal),
Mühe, Not(wendigkeit)ʼ bedeutet hat. Not
hat auch die alte Bedeutung ʻMangelʼ wie in benötigen, eigentlich ʻden Mangel überwinden wollenʼ). →
108.
287. Grudilan = Locken: auch ʻgewellte Haareʼ,
in Unterkärnten Grudalan, zur
Herkunft kann ich leider nichts sagen (fehlt bei Lexer, in anderen
Verzeichnissen „Etymolgie unklar“), eine Verwandtschaft mit dem Wort (bei
Lexer) grudn ʻStück, Brockenʼ
bzw. krudn ʻErdscholleʼ
(beide aus slowen. gruda ʻScholle,
Klumpenʼ) ist sehr unwahrscheinlich. Bei Überfelder sind die Grudalan ʻin Suppe eingekochtes abgrudeltes Mehlʼ (was allerdings abgrudelt bedeuten soll, sagt er nicht).
→ 183.
288. Kesn/Hiefler =
Heutrockenanlage: besser „Gestell bzw. Vorrichtung zum Trocknen des Heus“, Köse ist ein altes deutsches Wort, bei
Lexer neben Harpfe, ins Slowenische
als kozolec [kosóuts] entlehnt; diese
Vorrichtung ist im ganzen südalpinen Raum verbreitet. – Hiefler beruht auf hiefeln,
genauer hüfeln „Heu an einer Stange
aufschichten“, diese heißt dann Hüfler,
auf dem das fertig aufgeschichtete Heu befestigt ist.
289. fechtn = betteln: eine volkstümliche
Nebenbedeutung von fechten „die
Klinge kreuzen“, dann auch urspr. für das „Betteln der Handwerksburschen“, in dieser
Bedeutung sagt man in der Vergangenheit gefechtet
(nicht gefochten).
290. Groamat/Grumet = 2. Heuschnitt:
gemeindeutsch, beruht auf mittelhochdeutsch grüenmāt
„zweite Heuernte“ < „grün (im Sinne von frisch,
jung) + Mahd“, schriftsprachlich Grummet, mundartlich zahlreiche
verschiedene Lautungen.
291. Leapn/Pofl/Inkale = 3. Heuschnitt: Leapn unklar; Pofl ist abwertend „schlechtes Heu der 3. Mahd“ (wie Pofel „schlechte Ware“); Inkale in anderen Gegenden Ingerlgrummet (nähere Herkunft unklar).
292. labsprengglat = sommersprossig: etwa
„laubbesprengt“, Laub- im Sinne von
„Fleck bzw. fleckig“ (wie etwa im Herbst) und (be)sprengen „bespritzen“, also „fleckbesprengt“, in andern
Gegenden laubfleckat.
293. Pumpaza = Kürbis: Pumper ist ein mundartliches Wort für den „Kürbis“, ein Pumperzaner ein „ausgehöhlter Kürbis,
der wie ein zahnendes Gesicht aussieht“; in den gängigen Mundartwörterbüchern
nicht enthalten, muss also relativ junge Bezeichnung sein.
294. Pfitschepfeil = Pfeil (und Bogen): wörtlich
„sausender Pfeil“ zu mundartlich (p)fitschen
„sausen, schlüpfen, gleiten, schnellen“ + Pfeil.
295. Pal = Stoppel für Fass:
mundartliche Aussprache von Peil,
dieses entlehnt aus dem Romanischen (latein. pilum „Mörserstößel, Keil, Pfropfen“).
296. Jon = eine Fläche bzw. bestimmte
Größe: zu Jahn, nach Grimm ʻweit verbreitetes Wort der Landwirte und Winzer,
sowie des Forstwesensʼ, im oberdeutschen Forstwesen ist jahn oder john abgehauenes und nach Reihen hingelegtes Busch- oder
Strauchholz; von mittelhochdeutsch jan ʻReiheʼ.
297. gaman = das Haus, das Dorf hüten:
beruht auf gaumen (1) ʻauf etwas
begierig seinʼ und (2) ʻdas Haus hütenʼ
298. Inkale = der 3. Gras-Schnitt: genauer
ʻHeu der dritten Mahdʼ, Herkunft unklar.
299. Radewisch = eine schnelle Bewegung
machen: Wortzusammensetzung aus Rad
und wischen, vgl. Radlwind ʻWirbelwindʼ, also Rad im Sinne von ʻWirbelʼ und wischen ʻeine schnelle Bewegung
machenʼ wie in erwischen.
300. Leikaf = Anzahlung für Dienstboten,
damit sie den Arbeitgeber wechseln: ursprünglich ʻTrunk beim Abschluss eines Handels als Zeichen des Einverständnissesʼ,
entstanden aus Leitkauf (mit Leit ʻObstweinʼ,
daher Leitgeb ʻWirtʼ),
später auch ʻDraufgeldʼ bzw. ʻUnterpfand für einen abgeschlossenen Handelʼ oder
ʻwas über den gewöhnlichen Preis noch zugelegt wirdʼ (so Grimm).
301. Sticklane Rischpn = steiler Hang: zu stickel ʻsteilʼ und Rispe (übertragen von ʻBuschen,
Büschelʼ).
302. Hutzn / Burn = Holz das man auf einem Arm tragen kann, Hutzn
= voller Arm: zu mundartlich huzen
ʻLast, Bürdeʼ (nach Lexer verwandt mit horze ʻgroßer Haufen, Knollenʼ). Burn zu mundartlich purde,
pūrn ʻBürde, Lastʼ (so
Lexer).
303. Treaftarn = sich mit Kerzenwachs
beflecken: übertragen von triftern ʻträufen, tropfen lassenʼ
bzw. treftern ʻFlüssiges oder Halbflüssiges tropfenweise fallen
lassenʼ (so Grimm).
304. Beinvegl = Bienen: ʻBeienvögelʼ,
zusammengesetzt aus dem alten Wort Beie/Peie ʻBieneʼ + Vogel.
305. brasangnan = nörgeln, langsam arbeiten:
derzeit unklar
306. Flezbirn = Erdäpfel/Kartoffel: Kartoffel aus der Hochsprache,
umgangssprachlich meist Erdäpfel
neben zahlreichen anderen Bezeichnungen wie Erdbirne
(hauptsächlich in Oberkärnten, aber auch im Gitschtal und Lavanttal), Fletzbirne
(Fletz < mittelhochdeutsch vletze ʻBodenʼ, hauptsächlich
im Kärntner Zentralraum). weiters Rübe
([rúǝbe] im Lesachtal), Erdrübe [értruǝbm] im Gailtal, Grundbirne
[khrumpir(n), g-] (woraus auch slowen. krompir)
in Villach, Diex, Teuchl, im Glantal, Tschompe
(aus slowen. čompe < roman. čamp- < latein. campus ʻFeldʼ, also etwa ʻFeldfrüchteʼ
wie französ. pommes de terre, Gailtal
u. Bleiberg-Kreuth), G(g)umpen ([kúmpm]
im Lesachtal bis Kötschach-Mauthen, vielleicht entstellt aus Grundbirne); Perkel, nördl. Lavanttal ( ʻkleines Ding, Holzbirneʼ).
307. Fuxpassn = auf die Geburt des Kindes
warten: Fuchspassen, passen im Sinne von ʻwarten, lauernʼ,
übertragen aus der Jägersprache, wenn man wartet, bis der Fuschs aus seinem Bau
kommt.
308. Galuppn = altes, baufälliges Haus:
besser Kaluppe < tschech. chalupa ʻHütte, Bauern-,
Wochenendhausʼ, im Deutschen mit negativer Bedeutung.
309. Histl = abwertend für Pferd:
gebildet von hist, dem Zuruf des
Fuhrmannes ans Pferd, um es an die linke Seite zu lenken.
310. ʼs Hitrach = kristalliner Kaminsaft, der
Arsen enthält (wurde an Pferde verfüttert, beim Verkauf für mehr Temperament):
< Hüttenrauch (Hüttrach, Hüdrich usw.) ʻNiederschlag
aus den Dämpfen einer Schmelzhütte, der gewöhnlich arsenikhaltig istʼ – so
Grimmsches Wörterbuch, bei Schmeller Bayer. Wörterbuch konkreter ʻkünstlich
verfertigter Arsenikʼ.
311. schlazln = mit Murmeln spielen: schlatzeln zu Schlatz, der ist eigentlich ‘Schleimʼ bedeutet, davon schlatzig (auch) ʻglattʼ,
übertragen auf die Schlatzkugeln, die
leicht rollen. Das Murmelspiel demnach schlatzeln.
312. Hausstock = nicht verheiratete
Angehörige, die am Hof arbeiteten und dafür Essen bekamen: übertragen, urspr. ʻMitbewohner,
Knechtʼ, dann auch Bezeichnung für Schwachsinnige u. dgl., die am Hof
„übrig geblieben“ sind.
313. Tirknfidarn = Mais entblättern und
aufhängen: Türken ʻMaisʼ + fidern (neben anderen Bedeutungen auch) ʻreinigenʼ,
eigentlich ʻentfedernʼ.
314. Weihnachtsboschn = 3-5 Meter hoher Chsristbaum
vor den Häusern in Heiligenblut: enthält wohl mundartlich Buschen statt Busch im
Sinne von zusammengebundenen Zweigen u.dgl.
315. Ritsch = Kette zum Bremsen beim
Holzziehen mit Schlitten: unklar. Nach den gängigen Wörterbüchern ist eine Ritsch(e) eine Wasserrinne oder ein Kanal.
Kann auch eine holzverkleidete Riese
zum Holzablassen sein, eine Holzschleipfe.
Damit könnte ein Zusammenhang bestehen.
316. Dredl = Stellage, die sich um ein
Zentrum (Holzlatte) dreht: ein Dredl,
auch Drendl, ist ein Ding, das sich
dreht, zu drehen (in Tirol drandln). Kann auch Kreisel bedeuten.
317. Gʼschtixn = Lärm machen; Aufhebens
machen: unklar, vielleicht eine Weiterbidung zu stickezen ʻstotternʼ, stuckezen
ʻstotternʼ, auch ʻSchnackerl habenʼ. Wohl lautnachahmend
über *Gesticks ʻdas Gestottere
usw.‘.
318. Die Genz = im Tiefschnee gehen: völlig
unklar. Die Genz ist ein Hauptwort,
aber die Bedeutung ʻim Tiefschnee gehenʼ ein Zeitwort – da stimmt
etwas nicht…
319. Deibn = einem neugeborenen Tier
helfen zu tuttln: völlig unklar.
320. Klång = Schleife an den Schuhen oder
Schleife, die beim Stricken entsteht: Klånk
ist ein altes mundartliches Wort für Schlinge,
Schleife, auch Masche (am Schuh), davon klenken
ʻeine Schlinge machenʼ.
321. dasider = seit damals: zusammengesetzt
aus der mundartlichen Vorsilbe der-
(= er-, heute nur mehr in Verben) +
mundartlich sider „seit“ <
mittelhochdeutsch sider „hernach,
später; seither, seitdem“.
322. Gruatn = Beine/Füße: in den
Wörterbüchern steht nur gruogge „(verächtlich für) Bein“, z.B. hebʼ deine Gruoggn „hebʼ deine
Haxen“, auch „Krummbein“; wahrscheinlich lokal umgeformt, eventuell Hörfehler.
323. Inkreisch = Eingeweide: altes Wort, bei
Grimm Ingeräusch (<
mittelhochdeutsch ingeriusche
„Eingeweide“), wird mit Rausch in der
alten Bedeutung „rauschende, ungestüme Bewegung“ in Verbindung gebracht, da ja
die Darmtätigkeit in der Tat zu spüren und hören ist.
324. Tschanderwerch = wertlose Geschenke für
Kinder: Zusammensetzung aus tschandern
„Geld vertändeln, Naschwerk kaufen“ (so Lexer; in Tirol „behaglich gehen;
herumwandern, -ziehen“) + werch,
mundartlich für Werk.
325. ungʼschlunzʼn = ungezogenes, ordinäres Kind:
im Detail unklar, doch jedenfalls zu mundartlich schlenzen bzw. schlunzen
„nachlässig, müßig gehen“ sowie Schlunze
„träge, unordentliche Frauensperson“ (so Schmeller), schlanzen „herumschweifen“, Schlanze
„liederliche Frauensperson“ (Lexer).
326. Tamnudl = Spezielle Speise zu
Weihnachten (Große Dampfnudel): zusammengesetzt aus mundartlich tām < taum (< mittelhochdeutsch toum)
„Dunst, (in der Küche auch) Dampf“ + (in Kärnten auch der) Nudel, die in der
regionalen Gastronomie sehr viele Bedeutungen haben kann, wie u.a. Kasnudln und
eben diese(r) Tamnudl.
327. Boschn (Weihnachtsboschn) = 3-5 Meter hohe Christbäume vor den
Häusern in Heiligenblut: Bosch(en)
ist eine Nebenform zu Busch(en) (v.a.
in Salzburg verbreitet), urspr. bedeutet Busch
„Blumenstrauß; laubiges Gesträuch, Gebüsch“.
328. Boaz = minderwertiger Baum:
schlechtes, kleinwüchsiges Bäumchen: beruht auf Porze(n), Purze(n) „rundlich Hervorstehendes“,
dann auch „kleiner, verkrüppelter Baum oder Büschel“; davon Porzach „Nadelbaumgestrüpp,
verkrüppeltes Holz usw.“
329. Grutn = kleiner Schlitten: übertragen
aus grutte „Behältnis aus Holz,
Kiste, kleiner Schrank“ (auch in Tirol), nach Lexer verwandt mit bairisch gratte, gråtte, grotte „zweirädriger
Karren, leichter Wagen“, ursprünglich wohl „Korb“, aus dem Romanischen,
friulan. gratón, ladin. gratun).
330. pisnan / schappn, auch tschappn
(slowen. šapati) = sanft mit
der Rute schlagen, Redewendung Frisch und
G´sund-Schlagen am Unschuldige-Kinder-Tag: zu Schaub, mundartlich schap
„(Ruten-) Bündel; pisnen entspricht
laut Lexer schapn, dieses ist wohl
zum alten Wort pisn „Büschel, Bündel“
zu stellen.
331. Reindling = Art Gugelhupf, Napfkuchen (aus Hefeteig) mit Honig, Rosinen oder Nüssen
und Zimt gefüllt (in mehreren Varianten): historisch
richtig Reinling, denn er ist nach
der Rein(e) ‘runde Schüssel oder
Kasserolle; rundes, niederes Koch- oder Backgefäß; randhohe, irdene Pfanne’ so
benannt; im Gegensatz zur typischen Gugelhupfform hat der „echte“ Kärntner Reindling kein Loch in der Mitte. Er
wird aus feinem Germ- bzw. Hefeteig (mit Ei) hergestellt. Im Slowenischen pogača (so im Rosental, s.u.) und šartelj (u.a. Mießtal) bzw. šarkelj (u.a. Gailtal) benannt. – Der
Vorläufer des „Reindlings“ war das Schartl
(‘Schärtlein’), so heute noch in Rückzugsgebieten der Steiermark
(Kranzmayer 1949: 455). Dieses Wort
ist deshalb interessant, da es einer der slowenischen Bezeichnungen des
Reindlings, šartelj oder šarkelj, zugrundeliegt, z.B. dem
Mießtaler koroški šarkelj ‘Kärntner
Reindling’ (Angerer 1997: 132) oder dem Gailtaler šartelj (Grundrezept ähnlich den vorherigen, alternativ auch mit
Nussfülle, so Angerer 1997: 219, Bezlaj 2005: 11f.; vgl. weiters
Striedter-Temps 1963: 216 mit Lit.). Dieses Wort geht auf mittelhochdeutsch scharte ‘Röstpfanne’ zurück, leitet sich
also ebenfalls vom Kochgeschirr ab. Schärtel
bzw. Schärtling, in Kärnten auch Schartling, sind heute abgekommene
Wörter für den alten (gemeinbairisch-süddeutschen) Gugelhupf.
332. Pogatschen, Pohača usw. =
Reindling, früher eine Art Weißbrot: pogača
ist ein slowenisches Wort für den Reindling,
so im Rosental oder auf der Sattnitz (jabolčna
pogača „Apfelreindling“ mit Fülle aus geschnittenen Äpfeln mit Zimt
und Zucker) – in der slowenischen Mundart meist pohača gesprochen, entlehnt aus romanisch focatia/focacea,
mittellateinisch focantia,
bezeichnete früher eine Art Weißbrot, so in Tirol Fochaze „eine Brotart aus Weizenmehl ohne Germ- bzw. Hefe zu
bestimmten Zeiten gebacken“. In die deutschen Mundarten Kärntens ist das Wort
als Fochenze eingegangen, zuletzt nur
mehr in Oberkärnten gebräuchlich, schon seit althochdeutscher Zeit belegt, z.B.
vochanza (Kloster Mondsee). Im
Deutschen ist heute nur die slowenische Lautung Pogatsche(n) oder Pohatscha gebräuchlich.
Übrigens wird seit einigen Jahren in Ferlach/Borovlje ein Pohača-Fest veranstaltet, das sich auch bei der
deutschsprachigen Bevölkerung großer Beliebtheit erfreut.
333. Kletzenbrot = ein Adventgebäck bzw.
-kuchen, slowen. kvočnjak bzw. kločnjak (entlehnt aus dem
Deutschen): hergestellt v.a. mit gedörrten Birnen. Beruht auf mittelhochdeutsch
klōʒe „Knollen, Klumpen,
Klotz usw.“, klōʒ-bire
„gedörrte Birne“; wegen des langen o
mundartlich in Kärnten kloǝzn
oder kleǝzn.
334. Hasenöhrl / ušetnjači = ein Gebäck (Nudelteig,
herausgebacken in Fett). Wurde auch als Christbaumschmuck verwendet. Benannt
nach seiner Ähnlichkeit mit „Hasenlöffeln“. Die slowen. Bezeichnung enthät uho „Ohr“, Mehrzahl ušesa.
335. nåchbligen = nachtmahlen, zu Abend essen:
gekürzt aus nåchtmahligen über *nåchmligen, Zeitwort zu Nachtmahl, davon dann rückgebildet Nåchblig
= Abendessen, Nachtmahl
336. Ålma / Ålmale = kleines Kästchen (für
Speisen): entlehnt aus mittellatein. almaria
„Schrank“
337. hintafirisch = umständlich: zusammengesetzt
aus hinter und mundartlich füri „nach vorne, vorwärts“ (aus fürhin)
338. Buxstabl = Reim: Scherzbildung zu Buchstabe, auszugehen von Buchstäblein wie Buchstäbchen bei Grimm (mit Zitat: nun aber trat auf einmal ein neues heer von
kleinen buchstäbchen und zeichen hervor, von puncten und strichelchen aller art
[ 24, 200]). Ein
solcher Reim:
Spruch:
Beim
Brunner am Ran
is dar
Teifl daham.
Wann er
durt nit is,
Is er am Schöttlhof g’wiß!
339. Fleidnreita = Sieb um Getreide zu reinigen:
zu Fleiden „Spreu, Kleie“ und Reiter „grobes Sieb (für Getreide)“
340. Bleasl = Tier mit weißem Fleck auf
der Stirne: auszugehen ist von Blößelein,
Verkleinerung zu Blöße
341. Schroat = Nische im Hauseingang, um
etwas aufzubewahren: zu schroate oder
schreate „Vorsprung bei Holzhäusern,
den zwei übereinander liegende Baumstämme bilden“, die auch als Ablage dienen
konnten, dann auch auf Ablagenischen o.dgl. übertragen
342. Tschinehane = Einfaltspinsel, Tölpel usw.:
Herkunft unklar
343. Gigarle = Narr: setzt ein *Giggelein, Verkleinerung zu Gickel „Hahn“, voraus, welches Wort in
übetragener Bedeutung auch zu „Narr, Geck, Modegeck, -narr“ werden konnten,
wobei wohl auch das Wort gigge
„Taubstummer“ mitgewirkt hat, dieses auch übertragen „Stotterer, Narr“, giggazn „unartikulierte Töne
hervorbringen“
344. Tschriasche = Schwachkopf: wohl lautmalend
übertragen von slowen. črešnja
„Kirsche“ (die negative Bedeutung kommt aber im Slowenischen lt. Thedaurus der slowen. Volkssprache in Ktn.
nicht vor)
345. Togger = dummer, einfältiger Mensch:
auch toggern „dummes Zeug reden“, toggat „dummes Zeug“. Von einem alten
Wort für „Puppe“
346. Treapn = dumme Frau: feminine Form
(mit Umlaut) zu troape „Tölpel,
schwachsinniger Mensch“; treapn „sich
dumm stellen“, treapat „dumm“
347. Tschåldra = schwerfällige weibliche
Person: zu tschåldern „schwerfällig einhergehen“,
ein tschåldrer oder tscheldrer ist ein „alter, gebeugter
Mann“
348. a Tegl = ein derber, unbeholfener
Mensch: übertragen von mundartlich Tögel
„Tigel, irdenes Gefäß“, vgl. umertögeln
„müßig gehen, schlecht arbeiten“
349. Tschåschl = einfältiger Mensch: Herkunft
unklar
350. tschwerggln = langsam, unsicher gehen
(wegen eines Rausches oder Schwindelgefühls); mag sein, dass davon das
Substantiv Tschwerggl „Kümmerling (z.B. bei Schweinen)“ kommt
351. Tschampra= dumme Person, einfältige
Frau: Herkunft unklar, vielleicht Zusammenhang mit tschampat „nachlässig gekleidet“, tschampn „lässig, schläfrig einhergehen“ (Lexer)
352. Tschmaungge = Jammerer: zum Verbum tschmaunggn „raunzen, jammern“.
353. tschmute = langsam, dümmlich: ??? (nicht
auffindbar)
354. Tschinggl = zurückgebliebenes Tier: ein Tschinggele ist eigentlich ein
Mitleidswort für ein kränkliches Kind, ein altes Mütterchen, eine alte
mürrische Person (so Lexer), zum Verbum tschinggln
„schwankend gehen, brummend hin- und hergehen; mit der Arbeit nicht
weiterkommen“ (Lexer)
355. teasl = derb: ??? (nicht auffindbar)
356. Trångge, -a = behäbiger, krüppelhafter,
blödsinniger Mensch; ein im Alter steifer Mensch: so Lexer
357. Pflåstra = gerne sitzende Person: zu (umer)pfleastern
„untätig herumsitzen“
358. Dreampa = dicke Person: wohl von Drembl „großes Stück Holz, Prügel“
(Lexer) übertragen, vgl. Dreml
„dickes Kind“, auch „Prügel“
359. Schlampale / Luader = umtriebige
Weibsperson: Schlampale Verkleinerung
zu standarddeutsch Schlampe(n) „liederliche
Frauensperson“; Luader übertragen von
standarddeutsch Luder „Köder, Aas“
(Jägersprache)
360. Grudlsuppn = Fastensuppe: eigentlich eine
bescheidene Suppe mit Gruden
„Brocken“; in gestockte saure Milch wird Mehl eingequirlt (und Pfeffer + Salz),
aufkochen lassen und nicht rühren, die Grudln
„kleine Brocken“ müssen bleiben.
361. Prentar = Asche vom Osterhaufen – wird
auf Feld gestreut: abgeleitet von brennen
unter Einfluss von prente „großes
hölzernes Gefäß für verschiedene Zwecke; Bottich, Fass“ (aus romanisch brenta).
362. Woining = Maibaum: unklar.
363. Firfn = Frühjahrsputz ums Haus: s.
nächstes.
364. firfn
= Hof säubern: beruht auf Grimm fürben
(s. Beilage), bei Lexer „säubern, reinigen; das Getreide durchsieben (bevor es
in die Mühle kommt“).
365. Mirznbock
= Grippe im Frühjahr, späte
Grippe: eigentlich Märzenbock (Monat März + Bock im Sinne von „einen Bock schießen bzw. Fehler machen“), daher
etwa „Märzgrippe“ (übertragene Bedeutung). – Eher bekannt als ein besonderes
„Bockbier“.
366. Donnarbischn
= Almrausch (Alpenrose): Donner + Busch, also „Donnerbüsche“ (Mehrzahl), eine Metapher aus den
Volksbräuchen. In Osttirol tonderpuschn.
367. Sauhaltarle
= Bachstelze: Sau + Halter (zu halten [auf der Weide]), übertragene
Bedeutung, u.a. bei Lexer (ohne nähere Angaben). – Im
Austria-Forum Sauhalterle „Libelle, Wasserjungfer“.
368. Krösnkorb
= Geschenkkorb für Neugeborenes: zu krisant
„Chrisam“, in Zusammensetzungen kresn-/krösen- usw. Zeitwort kresn „erste Waschung des Neugeboenen“.
Chrisam spielt bei der Taufe ein große Rolle, z.B. Kresngeld „Geld, das das Kind vom Paten erhält“ und in unserem Fall
Krösnkorb „Geschenkkorb“ an den
Täufling“
369. mauschln
= schwindeln (beim Kartenspiel): eigentlich „betrügen, packeln,
im Geheimen etwas absprechen“, nach Lexer „stehlen“, nach Überfelder
„verbotenes Spiel mit 4 Kartenblättern“. Substantiv Mauschelei, kommt aus dem Jiddischen. Bei Grimm: „mauscheln, verb. wie
ein schacherjude verfahren; im handeln: bair.
täuscheln und mäuscheln, sich mit heimlichen und
unerlaubten geschäftchen abgeben“.
370. Bulgn = Schultasche: zu pulge (Schatz, Tirol) „lederner
Mehlsack, Pulversack, Hirtentasche, Schultasche“, dieses wohl zu Bulge (Grimm) „Balg, Schlauch“ bzw. Bulgen (Schmeller) „Sack, Schlauch von
Leder“, auch Geldpulgen (Behältnis
für Geld). Dieses Wort scheint in Oberdrauburg erhalten geblieben zu sein, eben
als Schultasche. – Bei Lexer und ist nur pulggen
verzeichnet in der Bedeutung „Buchweizenbrei“.
371. Fixlinga = Eierschwammerln: Füchslinge, übertragen vom Fuchs, wohl nach der Farbe (Füchslinge waren früher auch Handschuhe aus
Fuchspelz [so Grimm, u. Schmeller]). Eine andere Bezeichnung ist Rehling (von Reh).
372. Bougret = Wetterschicht,
Schlechtwetter: wohl übertragen von Pograt(n)
„Bretterbett, -boden, einfache Lagerstätte (der Holzknechte); Bettstatt;
(auch:) einfache Bühne“, wo man sich bei einem Unwetter in Sicherheit bringen
kann. Entlehnt aus slowen. pograd ʻHolzgerüst,
Pritscheʼ (weit verbreitetes Lehnwort).
373. Zepplabroat = Weißbrot/Reindling für junge
Mutter: Zeppel- oder Zepplerbrot, Zusammensetzung aus zeppeln + Brot; zeppeln bedeutet
„mit kleinen trippelnden Schritten gehen“, Zeppelgang
ist die trippelnde Gangart geschwächter oder kranker Menschen. Dies trifft wohl
auch auf junge Mütter kurz nach der Entbindung zu, daher der Name.
374. Troi = Steig: Troie „Viehweg, -steig“ (altes Wort, < *trogio-, sogenanntes „alpines Substratwort“ aus vorrömischer Zeit).
375. himmlezn = wetterleuchten: himmelitzen < mittelhochdeutsch himel „Himmel“ + litzen „leuchten“.
376. A Regele beizeiten, is oft
besser, wie mit alle Gloggn Feiaabend leiten! = eine kleiner Regen
beizeiten ist oft besser, als mit allen Glocken (zum) Feierabend läuten: Regele ist eine Verkleinerung zu Regen, etwa Rege(n)lein „ein kleiner Regen“ (Grimm). Gemeint ist wohl, dass bei
der Arbeit im Freien ein Regen den Feierabend verfrüht bringt.
377. Wörthersee: so die richtige (neben Wörther See), amtlich allerdings nicht
immer verwendete Schreibung – urkundlich erstmals 1143 als Werdse bezeugt. Der Name hängt nur indirekt mit Maria Wörth zusammen, das erstmals urkundlich 875-83 als Uueride erwähnt wird. Der namengebende Ort liegt auf einer
Halbinsel (bei höherem Wasserstand früher auch Insel) und wurde mit dem alten
Wort Werd (althochdeutsch weride) ‘Insel, Halbinsel; Uferland’
(mundartlich Wert, vgl. auch die
slowenische Bezeichnung Otok, d. i.
‘Insel’ sowie die zahlreichen deutschen Ortsnamen mit Wörth usw.) benannt. Er hatte früher auch andere Namen, u. a. Klagenfurter
u. Veldener See.
Letzteres widerspiegelt auch die slowenische Bezeichnung Vrbsko jezero
(zu Vrba, slowenisch
für Velden).
378. pritschln = mit Wasser spielen:
gemeinbairisch, „mit Wasser hantieren, spritzen, planschen“, Weiterbildung zu pritschen „geräuschvoll schlagen,
klatschende Geräusche verursachen“, lautmalend zu Pritsche, die auch „Brett zum Schlagen“ bedeutet und die auch
geräuschvoll hergestellt wird.
379. himmlezn = wetterleuchten: himmelitzen < mittelhochdeutsch himel „Himmel“ + litzen
„leuchten“.
380. Hei / Groamat / Inkale
= erster/zweiter/dritter Heu- bzw. Grünlandschnitt: Heu
ist das abgemähte und getrocknete Gras sowohl
allgemein als auch speziell jenes der ersten Mahd. – Groamat/Grumet
= zweiter Heuschnitt: gemeindeutsch, beruht auf mittelhochdeutsch
grüenmāt „zweite Heuernte“ <
„grün (im Sinne von frisch, jung) + Mahd“, schriftsprachlich Grummet,
mundartlich zahlreiche verschiedene Lautungen. – Inkale = der dritte
Gras-Schnitt: genauer ʻHeu der dritten Mahdʼ, Herkunft unklar.
381. Guggehantsch = Enzian: (übertragen)
„Kuckuckshandschuh“, zusammengesetzt aus mundartlich kuke „Kuckuck“ + hantsch „Handschuh“
(auch aus Tirol bekannt).
382. Wegnår = Feuersalamander:
zusammengesetzt aus Weg + Narr, auch Wegwackel (Benennungsmotiv unklar).
383. Guggascheckn = Sommersprossen:
gemeinbairisch, Zusammensetzung aus mundartlich kuke „Kuckuck“ + mittelhochdeutsch schëcke „gestreift, scheckig“, angeblich nach den bräunlichen
Flecken am Bauch des Vogels.
384. Pumpaza = Kürbis: im Detail unklar,
jedenfalls zu mundartlich pumper „(1)
Kürbis; (2) große Flasche“ bzw. pumperzåner
„ausgehöhlter Kürbis, der wie ein zahnendes
Gesicht ausssieht“.
385. Muggazschlågn = Spiel der Kinder, kopfüber:
wohl zu mucksen bzw. mundartlich mukazn „mucksen, sich rühren,
aufbegehren“, semantisch vergleichbar einen
Purzelbaum schlagen.
386. Kigalanblere = weinerlicher Mensch,
schlechter Verlierer: zusammengesetzt aus mundartlich kigalen „Kügelein, kleine Kugeln“ + plerre „Maul“ (verächtlich für den Mund), verwandt mit plärren (auch verächtlich) „weinen“
(u.a. von Kindern ohne ersichtlichen Grund) mit übertragener Bedeutung, also
„jemand, der wegen Kleinigkeiten klagt und weint“.
387. Virdåchtschaggl = Schirmmütze: zusammengesetzt
aus für im Sinne von „vor“ +
mundartlich Dåch (auch) „Kopf
(Oberfläche)“ + Tschaggl,
Verkleinerung zu Tschak, Tschako usw. „Art Hut, Kopfbedeckung“,
also eine nach vorne reichende Kappe o.dgl..
388. Åpflgriatn = Kerngehäuse, Apfelbutzen:
wohl Apfel + mundartlich Gruden ʻ(Acker-, Erd-) Scholle,
Klumpen, Brockenʼ, übertragen auf den übrig bleibenden „Rest“ des Apfels
beim Verzehr.
389. Tekln = Getreidegarben
zusammengestellt auf dem Feld zum Trocknen: zu Deckel, eigentlich „der Deckel, der auf den Schober kommt;
Getreidegarbe zum Abdecken des Schobers“, dann auch Getreidegarben schlechthin.
390. Murgn = Gurken: entlehnt aus slowen.
mundartlich murka.
391. Stoasslhosn = Kniebundhose (typisch für
Lav. Tracht): eigentlich Steassl-, mundartlich
für Stößel, übertragen auch „kleines
Kind, kleinwüchsiger Mensch (mit gedrungenem Körperbau)“; die Kniebundhosen sind eben auch „kleine,
gedrungene Hosen“ im Gegensatz zur „normalen“ Hose, daher wohl die Bezeichnung.
392. Ganggale = Stamperl/Pudale/Fraggale,
also Getränkegläser verschiedener Größen: das Ganggale bzw. Gankerle
bedeutet eigentlich „Kobold, Teufelchen“, bei Lexer finde ich ganggerlanwåsser, scherzhaft für
„Branntwein“, das dann das Vorbild für Ganggerle als „Schnapsglas“ lieferte. – Stamperl, Pudale, Fraggale = versch. Größen von
Trinkgefäßen. Stamperle zu stampfen (weil deren unterer Teil
schwerer ist ist als der obere, worin sich die Flüssigkeit befindet). Pudale
< franz. bouteille. Fraggale usw. ursprünglich „halbes
Seidel, Achtel einer Maß“, auch „Fläschchen“ < roman. flacone wie franz. flacon.
393. Arbrn / Hadn / Türkn
= Lavanttaler Frühstück aus Erdäpfel/Buchweizen/Mais: das ist Erdbirne (eine der zahlreichen
volkstümlichen Bezeichnungen für die Kartoffel) / Heiden (wegen seiner Herkunft aus „heidnischen“ Ländern) / türkischer Weiten oder Mais (weil er
vermeintlich aus dem Orient zu uns gekommen ist).
394.
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