FASTENTUCH

 

Die Tradition des Fastentuchs oder auch Hungertuchs oder Fastenvelums wurde bei uns vor ca. 25 Jahren wieder neu entdeckt.

Misereor, 1958 als r.k. Hilfswerk gegen Hunger und Krankheit gegründet, ruft seit seiner Existenz zu gezielten Fastenaktionen auf - Entwicklungszusammenarbeit kann keine Einbahnstraße sein oder anders gesagt: es genügt nicht, dass wir im reichen Norden von unserem Überfluss für die Armen der Dritten Welt spenden - Im Sinne eines partnerschaftlichen Austausches sollen die Fastentücher Impulse aus der Dritten Welt in unsere Welt bringen. Sie sollen Zeugnis sein des christlichen Glaubens und des kulturellen Reichtums in den jungen Kirchen
* indem sie das ungeschminkte Gesicht unserer Einen Welt zeigen,
* indem sie uns die Identifikation Jesu mit den Armen vor Augen stellen,
* und indem sie einladen zu einem befreiten Leben aus der Erlösung durch Jesus Christus.

Ein alter, vielerorts vergessener Brauch sollte wieder eingeführt werden:
Schon um das Jahr 1000 wurden von Aschermittwoch bis Karfreitag der Altarraum bzw. die Altarbilder mit einem großen, meist weißen Tuch verhängt. Es war dies wohl ein Akt der Solidarität. Denn früher wurden die Büßer am Aschermittwoch von allen heiligen Handlungen ausgeschlossen, bis sie am Gründonnerstag, dem Versöhnungstag, wieder an der Eucharistie teilhaben durften.
Mit dem Empfang des Aschenkreuzes haben sich ab dem 11. Jahrhundert alle Gläubigen als Büßer bekannt - so musste auch allen der Blick auf das Allerheiligste entzogen werden.

Das Fastentuch symbolisierte so Trauer und Buße der Gemeinschaft der Gläubigen.

Zugleich sollte es deutlich machen, dass die Gottheit Christi sich während des Leidens zu verhüllen scheint. - Von seiner äußeren Erscheinung brachte man es sowohl mit dem Leichentuch Christi als auch mit dem velum templi, dem Vorhang im Tempel, in Verbindung.

Später wurden die Tücher bemalt. Szenen aus dem Alten und Neuen Testament sollten in der Fastenzeit in einer Art Armenbibel den Gläubigen die Botschaft vom Leiden und Sterben Christi deutlich vor Augen stellen.
Eines der größten und bedeutendsten Fastentücher ist das aus Gurk in Kärnten aus dem Jahr 1458, das 99 Felder mit 50 alttestamentlichen und 49 neutestamentlichen Szenen aufweist.

 

zurück