Die Sonntagspredigt
(Ideen für die Predigt geschrieben von P.Ignasi Peguera SP)
Jahr 2000:
* 1. FASTENSONNTAG (12.3.2000) B -Jesus in der Wüste- Die Taufe Jesu hat für ihn eine tolle Erfahrung bedeutet. Es war eine Liebeserklärung Gottes. Der Himmel öffnete sich, der Geist wie eine Taube (Symbol der Erotik) stellte sich über ihn, eine Stimme sprach zu ihm über die Liebe Gottes. Gleich danach wollte Jesus allein sein. Diese Liebeserklärung Gottes, diese Erfahrung, alles plötzlich klar zu sehen, hat ihn innerlich sehr bewegt. Er wollte allein sein. In die Wüste. Er wollte diesen Eindruck länger genießen. Gott liebt mich. Er nimm mich wie ein lieber Vater seinen Sohn. Die Wüste wird für ihn wie ein Paradies. Ja, sie wird mit dem Paradies von Adam und Eva verglichen, wo sie mit den wilden Tieren gelebt haben, ohne dass sie sich vor ihnen fürchten sollten. Sie wird mit dem messianischen Paradies des Propheten Jesaja verglichen, wo die Bärin und die Löwin zusammen weiden. Jesus allein mit Gott, der ihm seine Liebe erklärt. Nichts anderes scheint ihm wichtiger, nicht einmal das Essen und Trinken. Es ist wie eine Hochzeitsreise, in der man die Liebe genießt, egal ob es am Strand oder in der Wüste ist. Aber der Teufel kommt. Der Teufel kam auch zu Adam und Eva. Die Versuchung des Zweifels im Paradies. Warum solltest du? Gott verlangt zuviel von dir. Das ist verrückt. Alle werden sagen, dass du den Verstand verloren hast. Vielleicht doch nicht..., vielleicht ist das ganze ein Mißverständnis. Es ist ihm klar, was Gott von ihm erwartet. Geh und sprich von deiner Erfahrung Gottes. Am Beginn der Berufung jedes Propheten steht eine Erfahrung Gottes. Es steht aber auch die Versuchung, sich dem Auftrag entziehen zu wollen. Jesus hält aber an seiner Entscheidung fest: ja, ich werde zu allen gehen, und die frohe Botschaft bringen, dass Gott sie liebt. Die Menschen sollen von ihren Ängsten befreit werden. Die frohe Botschaft tröstet und gibt Kraft. Dieses Evangelium –oder ein Paralleles- wird im 1. Fastensonntag genommen, um die Menschen zum Fasten einzuladen. Ja, man kann es noch weiter so sehen, wie im Mittelalter. Man kann aber dieses Evangelium als Ankündigung der frohen Botschaft sehen. "Kehrt um und glaubt an das Evangelium" kann übersetzt werden: Seht das Ganze in einer anderen Form... ändert die Richtung eures Lebens... Lernt aus der frohen Botschaft, in der echten Freude zu leben, in der Freude, die von Gott kommt. Nehmen wir die Fastenzeit als Einladung, unsere Treue zu Gott zu überprüfen. Bedeute "Fasten" nicht "traurig werden", sondern eine Einladung zur Befreiung, zur Erlösung, zur Überwindung der Zweifel und der Traurigkeit. Wüste kann ein Paradies sein...das Leben kann schön sein. * 2. FASTENSONNTAG (19.3.2000) B – Verklärung Jesu- (Mk 9,2-10) Vorigen Sonntag (1. Fastensonntag) haben wir Jesus nach seiner Taufe in der Wüste gefunden. Unwichtig, dass er in der Wüste war. Wichtig nur seine Erfahrung von Gott, wer sich ihm in der Taufe als liebender Gott geoffenbart hat. Diese Erfahrung hat ihm die Aufgabe gezeigt, die Gott ihm aufgetragen hat: allen Menschen von Gott als von einem liebenden, barmherzigen und verzeihenden Gott zu sprechen, der alle in sein Reich einlädt. Heute finden wir Jesus mit drei der Apostel auf einem hohen Berg. Dieser Text ist eine klare Anspielung an die Erfahrung Gottes, die Jesus in seiner Taufe gemacht hat. So spricht Markus von einer Stimme, die von Gott kommt, und die schon in der Taufe da war. Berg oder Wüste, das ist unwichtig. Wichtig ist das eine: Die Drei haben durch Jesus eine Erfahrung Gottes gemacht. Es war eine Erfahrung des Paradieses: "Es ist gut, dass wir hier sind; wir wollen drei Hütten bauen..." "Jesus wurde vor ihren Augen verwandelt –schreibt Markus-; seine Kleider wurden strahlend weiß. Da erschienen vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose, und sie redeten mit Jesus". Ich könnte mir vorstellen, wie Jesus seinen engsten Freunden von seiner Erfahrung in der Taufe und von seiner Beziehung mit Gott erzählt. Wie Jesus sich verwandelt, wenn er mit voller Begeisterung davon spricht. Die Propheten und das Gesetzt bekommen einen neuen Sinn von dieser Erfahrung ausgehend. Man versteht die Propheten und das Gesetzt in einer völlig neuen Form, wenn sie von Jesus zitiert und ausgelegt werden: Propheten und Gesetzt verwandeln sich –das meinte Markus, als er von der Verwandlung Elija und Mose geschrieben hat-. Auch die, die auf Jesus hören, verwandeln sich: "Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss?" –werden die Jünger von Emmaus sagen-. Jesus hat in seiner Taufe einen Auftrag bekommen: von seiner Erfahrung Gottes den Menschen zu sprechen. Jesus gibt auch seinen Aposteln schon jetzt die Aufgabe bekannt: den Menschen diese Erfahrung Gottes zu erzählen, wenn Jesus nicht mehr bei ihnen sein wird. Was kann ich daraus nehmen? Wenn ich Gott erfahren habe, wenn ich von diesem Jesus begeistert und verwandelt wurden, dann werde ich auch den Auftrag wahrnehmen, der ich von Gott empfangen habe: auf meine Form und Weise Zeugnis von der Güte Gottes vor den Menschen ablegen. |
* 3. FASTENSONNTAG (26.3.2000) B - Tempel-
Mutig, herausfordernd, provokativ, aber auch gewalttätig und eindeutig lieblos gegenüber den Verkäufern, die mit Erlaubnis des Hohenpriesters in den Vorhöfen des Tempels verkauft haben, wird in diesem Evangelium Jesus geschildert. Dieses Bild Jesu ist kaum mit dem Bild des gütigen Jesu, des Herzens Jesu vereinbar. In den 60-en Jahren haben einige wahrscheinlich in diesem Bericht einen Grund gefunden, um Jesus als Kämpfer mit einer Waffe darzustellen. Jesus macht eine prophetische Geste (solche Taten waren bei den alten Propheten üblich! Eine Form, die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zu ziehen...) Jesus verlangt, dass die Heiligkeit des Tempels bewahrt wird. Die Juden pilgerten oft zum Tempel im Jerusalem, um dort ein Opfer darzubringen. Es waren besonders zum Pascha-Fest tausende Besucher, die das Lamm für das Pascha-Mahl im Tempel schlachten ließen. Jerusalem hat von diesem religiösen Tourismus gelebt. Jesus verlangt, dass Gott und der Tempel nicht als Ausreden für Geschäfte genommen werden. Schon wieder! könnte jemand sagen. Warum sollen wir uns immer wieder mit einer Kultur befassen, die uns in Zeit und Raum ganz fern ist. Sollte man nicht besser etwas anderes in der Kirche vorlesen, das unserer Kultur entspricht und ungefähr das besagt, was solche schwierige Texte aussagen wollen? Anderseits kritisieren wir die Gewalt in den Medien; wir bedauern die Gewalt in der Gesellschaft, wir behaupten, man kann die Probleme in einer Demokratie anders bewältigen, als mit Gewalt, und jetzt sollen wir uns ein "schlechtes" Beispiel von Jesus anhören. Wer so spricht, hat wahrscheinlich recht. Wenn man das Evangelium mit unseren Augen liest, mit unserem heutigen Verständnis und mit unserer Problematik versteht, stimmt diese Anklage. Kehren wir aber zum Thema zurück: Gott darf nicht ein Anlass zur Bereicherung sein. Der Tempel (der Glaube) soll nicht zur Markthalle, zum Geschäft, werden. Gott wird leider in der Geschichte der Menschheit oft als Rechtfertigung für Diskriminierung und Krieg verwendet, um Macht zu begründen und zu mißbrauchen. Leider. Ab dem 3. Fastensonntag finden wir in den Evangelien, die für die Sonntage bestimmt sind, Andeutungen an die "Meinungsverschiedenheiten" zwischen Jesus und den jüdischen Behörden, die ihm schließlich den Tod bringen werden. * 4. FASTENSONNTAG (2.4.2000) B - Heil-
Es kommt jemand plötzlich dort hinein, wo wir versammelt sind, und sagt: "Freut euch, ich hab euch von ‚Papiripu‘ gerettet!". Wir staunen alle und fragen ihn: "Wer oder was ist 'Papiripu'...? Erst wenn wir die Gefahren, die für uns "Papiripu" bedeutet, begriffen haben, und wenn wir verstanden haben, wie du uns von solchen Gefahren gerettet hast, können wir dir unsere Dankbarkeit aussprechen." In der Bibel wird Gott als ein rettender Gott dargestellt. Er hat die Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten befreit, er hat Israel von seinen Feinden gerettet, er hat die Israeliten aus der Verbannung zurückgeholt. Auch von Jesus wird gesagt, er hat uns gerettet. Durch Jesus Christus haben seine Jünger Gott als einen rettenden Gott, als einen befreienden und erlösenden Gott erfahren. Unsere Frage lautet: Gott hat Jesus in die Welt gesandt, um die Welt zu retten. Wovon hat uns Jesus gerettet? Ist die Antwort: "Von der Sünde", bleiben viele Menschen heutzutage unberührt, als ob sie von einem "Papiripu" gerettet wären. Ein modernes Lied sagt: "Wenn es eine Sünde ist, dich zu lieben, will ich doch Sünder sein!" Sünde ist in unserer Zeit kaum mehr ein Begriff. In unserer abendländischen Kultur ist die Person so sehr in den Vordergrund gerückt, dass eine "Rettung der Welt", die nicht eine persönliche Befreiung bedeutet, ohne Belangen wäre. Was kann aber bedeuten: "Gott rettet mich", "Jesus rettet mich"? In den Evangelien finden wir Beispiele: Ein Blinder wird zu Jesus gebracht. Obwohl es klar ist, dass der Mensch blind ist, fragt Jesus: Was willst du von mir? Jesus heilt jeden von seiner Krankheit, hilft jedem bei seinem konkreten Problem. Jeder erfährt den heilenden, den erlösenden Jesus in einer ganz konkreten und persönlichen Form. Gott will sicher, dass wir seine Heilkraft durch Jesus erfahren. Er fragt jeden: was kann ich für dich tun? Was brauchst du von mir? Wovon brauchst du befreit werden?" Warum sollte mich Gott retten wollen? Weil Gott die Welt liebt, schreibt der Verfasser des Johannes-Evangeliums. Aus Liebe zu uns hat er beschlossen, uns zu retten. Die Erfahrung: "Gott hat mich befreit, gerettet", ist sehr wichtig für jeden Christen. Der Name "Jesus" bedeutet: Gott hilft. * 5. FASTENSONNTAG (9.4.2000) B -Es kommt die Stunde-
Heute ist an und für sich der letzte Sonntag der Fastenzeit. Nächsten Sonntag beginnt mit dem Palmsonntag die Karwoche. Dieses aus dem Johannes-Evangelium ausgewählte Stück deutet den Sinn der "Stunde" des Menschensohnes, die kommen wird. Es ist die Einführung in diese Stunde, das Vorwort für die folgenden Kapitel (das letzte Abendmahl, das Leiden und Sterben Christi, die Auferstehung). Alles wird, wie immer in den Evangelien, durch das Licht der Auferstehung erleuchtet.
Eine Einladung zur Nachfolge: "Wer mir dienen will, folge mir nach...er wird von meinem Vater geehrt". Um diese Einladung wahrzunehmen, braucht man Mut. Wer an seinem Leben in dieser Welt hängt, wer es nicht wagt, das Leben hinzugeben, um Frucht zu bringen, der bleibt allein, wie ein ungepflanztes Weizenkorn. * PALMSONNTAG (16.4.2000) B
Es ist Palmsonntag. Die Fastenzeit geht zu Ende. Ich würde mich gern auf meine Predigt vom ersten Fastensonntag beziehen. Damals habe ich von der Wüste wie von einer Erfahrung des Paradieses für Jesus, der gerade voller Begeisterung von der Taufe gekommen war, gesprochen. Die Wüste war für ihn nicht wirklich eine Wüste, sagte ich, weil er in sich die Anwesenheit und die Liebe Gottes gespürt hat. Heute, am Palmsonntag, lesen wir die Passion (den Bericht über das Leiden und Sterben Christi). Da finden wir tatsächlich die Erfahrung der Verlassenheit, des Alleinseins, der Wüste. Das Evangelium des Johannes legt in den Mund Jesu die Worte: "Vater, ich weiss, dass du mich immer hörst". Diesmal aber schreit Jesus am Kreuz:"Eloi, Eloi, lama sabachtani? Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Verlassen von der Menge, die ihn am Palmsonntag zugejubelt hatte, verlassen von den Jüngern und Freunden, verlassen von der Familie (im Gegensatz zu Johannes erwähnt das Markusevangelium Maria, die Mutter Jesu, nicht), verlassen sogar von Gott. Das ist die Wüste, das Alleinsein, das Verlassensein. Jetzt ist tatsächlich die Stunde der Versuchung, viel mehr als damals in der Wüste: Es gibt nichts, alles ist nur eine Lüge; es stimmt nicht, dass Gott mich liebt, es gibt überhaupt keinen Gott, wir sind verdammt, unsere Existenz völlig aufzugeben, ins Nichts zu gelangen,.. Die Antwort Jesu ist aber nicht die Absage an Gott. Er nimmt nichts zurück. Er verflucht Gott nicht. Im Gegenteil. Trotz allem sagt er: " Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist". Wir können uns vorstellen, was für ein Kampf im Herzen Jesu stattfindet:" Mein Gott, ich habe für dich gelebt. Du warst meine Freude. Du ließest mich sagen, dass du ein Gott bist, der einen niemals im Stich lässt, ein Gott, der heilt und rettet; ich habe die Menschen geliebt, weil du sie liebst...Jetzt aber fühle ich mich von dir verlassen. Auch wenn ich deine Haltung nicht verstehen kann; auch wenn dein Schweigen, deine Nicht-Intervention, dein Nicht-Retten, deine Abwesenheit, dein 'geschlossener Himmel' mich in die Dunkelheit versetzen, trotzdem gebe ich dir alles, was ich noch habe: 'In deine Hände empfehle ich meinen Geist.' " Ich bin sicher, dass der liebe Gott geweint hat. In seiner Allmacht hat er sich ohnmächtig gefühlt, als er den Sohn sterben sah. Da er gar nicht einverstanden sein konnte, aber die Freiheit der Menschen respektieren musste, hat er gewartet, bis er nicht mehr gebundene Hände hatte, also bis Jesus gestorben war. Ja, der Tod hat Jesus in die Hände Gottes gelegt. Erst dann konnte Gott Jesus umarmen und ihm die Liebe erweisen, die er ihm in der Taufe versprochen hatte. * GRÜNDONNERSTAG (B) –20.4.2000-
Nehmen wir die Worte der Wandlung, nach der offizielle liturgischen Version in der katholischen Kirche: " Nehmet und esset alle davon. Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird... Tut dies zu meinem Gedächtnis."
Verschiedene Auffassungen, von denen jede einen anderen Aspekt hervor-hebt. Vier –mindestens vier- verschiedene Theologien. Warum sollte man sie verbieten? Betrachten wir alle diese Auslegungen, die einander ja ergänzen, als Reichtum. * KARFREITAG (B) –21.4.2000-
Wir hören in der Liturgie eine Interpretation über den Tod Jesu, die dem damaligen Verständnis des Messias entspricht, die aber unserer heutigen Denkweise widerspricht. Jesaja spricht vom Knecht Yahweh, der sein Leben für die Erlösung Israels hingeben wird. Diese Interpretation hat anscheinend Jesus selbst für seinen Messianismus verwendet und Paulus und die anderen christlichen Schriftsteller der Urkirche haben sie weitergegeben. Gott hat seinen Sohn nicht verschont, sondern ihn dem Tod preisgegeben, damit der Messias mit seinem Blut die Vergebung der Schuld für alle bei Gott erkauft. Der Hohepriester sollte jedes Jahr einen Bock nehmen. Auf diesen Bock sollte der er die Sünde Israels laden. Danach sollte man das in die Wüste treiben. (vg. Lev 16,10) Es gehörte zur Kultur und Religion in Israel, einen "Sündenbock" mit der Schuld des Volkes zu beladen. So auch mit dem Knecht Gottes. Er wird für unsere Sünden bezahlen. Diese Sprache ist unerträglich. Wir können uns nicht vorstellen, dass Gott Sühne verlangt, und dass Gott wollte, dass Jesus sterben musste. Das Kreuz kann durchaus weiter ein Symbol der Liebe Gottes sein, aber mit einer anderen Bedeutung. Gott wollte nicht, dass Jesus stirbt. Er liebt die Menschen trotz des Kreuzestodes Jesu Christi, das heisst: Gott liebt die Menschen, obwohl sie seinen Sohn ermordet haben.
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