STEVE LACY (1934 – 2004)

The Straight Horn

 

Steve Lacy by Hans Kumpf

 

 

Einige musikphilosophische Gedankensplitter von Steve Lacy:

 

„Improvisation reizt mich, weil sie mir etwas gibt, das auf keinem anderen Weg zu erlangen ist.“

 

„Jazz ist eine Musikform in der du immer kämpfen musst, denn sie ist nicht ´in´.“

 

„Die Geschichte ist sehr stark, reich und interessant. Sie ist nahrhaft. Wenn du dich damit nährst, dann kannst du überall hingehen, sogar auf den Mond.“

 

„Das Sopransaxophon ist das, worum sich mein Leben dreht. Es ist meine Achse, mein Medium. Es hat die komplette hohe Lage, die ganze rechte Hand beim Klavier. Dieses Feld unter Kontrolle zu halten ist Herausforderung genug.“

 

„Eine Beeinflussung würde ich das nicht nennen. Ich glaube eher, dass Coltrane mich weit mehr inspirierte als ich ihn. Die Beeinflussung bestand lediglich darin, dass ich ihm zeigte, was auf diesem Instrument alles möglich ist.“

 

„Das Gewicht, der Rhythmus, der Swing, die Proportionen, das Timing, die Freude und der Humor aber auch die beschreibende Kraft, das fasziniert mich an Monks Musik. Und das Wichtigste, es ist Musik die absolut zu meinem Instrument passt. Außerdem war es für mich eine Art Modellmusik. Damals kam ich mit dem Komponieren noch nicht zurecht, also brauchte ich etwas, was ich auf diesem Horn spielen konnte bis ich meine eigene Musik gefunden hatte, und das war Monks Musik.“

 

„Es geht nicht um Time, es geht um den Beat, um den Rhythmus (Puls) um den Swing. Die Solos vom Grund abheben lassen und wieder sicher auf den Boden bringen, ist eine der wichtigsten Funktionen eines Drummers.“

 

„Alle Sounds sind Teil meines Interesses.“

 

Steven Lackritz, so sein bürgerlicher Name, wurde am 23.7.1934 geboren. Seine ersten musikalischen Aktivitäten umfassten das Dixieland Repertoire. Er spiele damals, Mitte der 1950er Jahre, noch Klarinette und Sopransaxophon, auf das er durch eine Aufnahme von Sidney Bechet stieß und stand mit Leuten wie Pee Wee Russell, Buck Clayton und Hot Lips Page auf der Bühne. Doch bald stieß er zur Gruppe des radikalen Neuerers Cecil Taylor, mit dem er sechs Jahre zusammenarbeitete. Lacy entwickelte sich zu einem der herausragendsten Stilisten und Innovatoren auf dem Sopransaxophon. Zu jener Zeit erschloss sich ihm auch die Musik von Thelonious Monk, dessen Ästhetik ihn sein ganzes Leben lang faszinieren sollte, was auf einer Vielzahl von Einspielungen dokumentiert ist. Es kam auch zu einer kurzzeitigen Zusammenarbeit mit Monk. 1966 verließ Lacy aufgrund mangelnder Arbeitsmöglichkeiten Amerika und kam über Argentinien nach Europa. Seine erste Station war Rom. Dort arbeiteten er und seine Frau, die in der Schweiz geborene Sängerin Irene Aebi, mit dem elektro-akustischen Improvisationsensemble Musica Elettronica Viva zusammen. 1970 übersiedelten Lacy und Aebi nach Paris, wo sie über drei Jahrzehnte lebten. Hier gründete er mit anderen emigrierten amerikanischen Musikern sein langlebiges Sextett. Zudem arbeitete er auch mit fast allen maßgeblichen europäischen MusikerInnen der frei improvisierten Musik zusammen. Und der ebenfalls nach Europa übersiedelte Pianist Mal Waldron war über die Jahre hinweg immer wieder sein Partner. Lacy suchte zudem kontinuierlich die Begegnung mit anderen künstlerischen Ausdrucksformen. Tanz, Malerei und vor allem die Poesie erregten sein Interesse. Er vertonte Texte von Robert Creeley, Gregory Corso oder Lao Tzu.

Eine weitere ganz wichtige Präsentationsform war ihm das unbegleitete Solo-Spiel, in dem er ebenso wie auf dem Sopransaxophon neue Maßstäbe setzte. 1992 erhielt Lacy den MacArthur Fellowship und fasste all sein Wissen über das Sopransaxophon in einer Publikation mit dem Titel „Findings“ zusammen. 2002 ging Lacy zurück nach Amerika, einer Berufung an das New England Conservatory folgend. Steve Lacy verstarb am 4.6.2004. Mit ihm hat einer der bedeutendsten und innovativsten Improvisationsmusiker diesen Planeten verlassen.

Hannes Schweiger

 

CD – Tipps:

 

„The Straight Horn Of Steve Lacy“ (Candid)

“School Days” (hatOLOGY)

“Scratching The Seventies” (Saravah)

“Hooky” (EMANEM)

“Saxophone Special + “ (EMANEM)

“Songs” (hat ART)

“The Way” (hat ART)

“Chirps” with Evan Parker (FMP)

“Outcome” with Derek Bailey (Potlatch)

“Eternal Duo” with Masahiko Togashi (Take One Record/Japan)