Noël Akchoté & brpobr

Jazzatelier Ulrichsberg, 22. 1. 2005

 

Ein Doppelkonzert in österreichisch-französischer Kombinäsch hob die Gitarren-Quote im Jazzatelier des von publikumsfeindlichem Neuschnee umgebenen Ulrichsberg schlagartig: Zuerst zerrten zwei Drittel des Trios brpobr von Michael Bruckner, Fabian Pollack und Bernhard Breuer mit allen Mitteln an den Saiten. Dann lockerte Noël Akchoté kompositorische Zügel vom Stromruder zugunsten gewagter Improvisation.

 

Beide traten dieser Tage mit bemerkenswerten neuen Alben in Erscheinung. brpobr veröffentlichten ihre gleichnamige CD auf Stefan Parnreiters aRtonal-Label, Akchoté widmete bei Winter & Winter "Sonny II" dem großen Sonny Sharrock.

 

Bruckner, Pollack & Breuer haben sich von ihren rockigen Anfängen ein schönes Stück entfernt, um sich zwischen knarzendem Experiment und epischer Breite, zwischen betörendem Gefühl und harschem Risiko neu anzusiedeln. Immerhin hat der dafür gut bekannte Martin Siewert ihre Platte gemixt & gemastert, und die Nummern darauf geben mit den Titeln "life", "as", "we see", "it", "by now" Auskunft.

 

Gimmicks wie Pollacks Zwiebelschneider auf E-Gitarre sollte man vielleicht nicht überbewerten, verharren sie doch in keinem Augenblick im Nonsense, sondern helfen sachdienlich dem Sound im brpobr-Getriebe. – Der reicht freilich hin bis zur semmeltrenzenden Taschentrompete des vor langer Zeit zum klassischen Trompeter ausgebildeten Drummers Bernhard Breuer. Und allerorten hört man: Sie kennen vieles, die drei in Linz bei Christoph Cech studierenden Burschen, daraus destillieren sie durchwegs Hochprozentiges. Man wird sie im Auge behalten wollen – und im Ohr sowieso.

 

Der fabelhafte, zwischen Paris und Wien pendelnde Gitarrist (und übrigens ebenso fabelhafte, im Magazin Skug publizierende Musikjournalist) Noël Akchoté nähert sich daran anschließend einem Solokonzert, das nur bedingt an "Sonny II" anknüpft. Es wäre wohl nicht Akchoté, erfüllte er an ihn gestellte Erwartungen im Verhältnis 1:1. Stattdessen dreht er – im Anschluss an ein Jazz-verwandtes Aufwärm-Set – in Halbzeit zwei, wie ausgewechselt, ausschließlich an Lautstärke- und Effekt-Reglern. Erweitert damit – wie es großen Meister halt zusteht – das bekannte Repertoire und bereichert gängige Ausdrucksformen um einen neuen Ton, der aus einem unerlässlichen Hang zur Ungemütlichkeit heraus fast wie von selbst entsteht ...

felix