Cormons - Jazz & Wine & Peace
29. - 31.10.2004
Der Name ist Programm. Ein friedliches Festival, mit vielen freundlichen
Besuchern, einer ruhigen aber etwas umständlichen Veranstaltermannschaft
(reservierte Karten nur abzuholen, war eine langwierige und schwierige
Prozedur!), und, ein wenig Musik gab es zwischendurch auch. Mainstream,
die prinzipielle Ausrichtung.
Der Auftakt war ein wenig verunglückt. Das Quartett des Gitarristen Ermano
Maria Signorelli schaffte es nicht ein homogenes Bild ihres Projektes
abzuliefern. Klassische Gitarre und akustischer Bass, das wäre schon eine
interessante Basis gewesen aber schon das Schlagzeug verursachte eher
verstörende Breaks als einen brauchbaren Soundteppich; der Elektroniker
machte ein erbärmliches Synthiegebräu, klang so, wie man in den 70-er
Jahren versuchte mit diesem Gerät Orchesterkosten einzusparen. Viel
interessanter, komplexer und auch vergnüglicher die zweite Band an diesem
Abend. Mino Cinelu, der versierte Perkussionist wurde zwar auch von einem
Computer unterstützt aber was die drei Herren, von dieser kleinen
Unnötigkeit abgesehen, an Temperament und instrumentalen Können boten, war
hörenswert. Theodosii Spassov auf der Kaval (virtuos) und als Sänger
(berührend), der sich der Sache völlig unterordnende Bassist Glenn Moore
(leider nicht gut zu hören), (schönes Solo) und der Meister selbst an
Fellen, Triangel, Stimme ... und Computer. Mit übersprudelnder Spiellaune
verzückten sie die begeisterungsfähigen Zuschauer. Danach und abschließend
(Cormons hat eine vorbildliche Veranstaltungskultur: pro Abend gibt es nur
zwei Konzerte, das Signorelli Quartett wurde an diesem Abend nur
eingeschoben.....) becircte Rebekka Bakken das Auditorium. Das Carla Bley
Double (dem Aussehen nach!) ist eine professionelle Entertainerin mit sehr
guter Stimme und einem guten Draht zum Publikum. Standards,
Eigenkompositionen und ein wunderschönes norwegisches Volkslied sang die
Bakken. Unterstützt wurde sie dabei von einer guten Band. Danach wurde
man wieder in den freundlichen Ort entlassen und musste sich einen Platz
an einer der stark frequentierten Bars erkämpfen, um zu einem guten Glas
Wein zu kommen (um dem Festivalmotto gerecht zu werden).
Das Samstagprogramm begann im benachbarten Slowenien. Der idyllische und
schwer zu findende kleine Ort Medana, inmitten von Weinbergen gelegen,
stellt für das Matineekonzert sein altes Theater zur Verfügung. Schauplatz
eines außergewöhnlich stimmungsvollen Vortrages der Gruppe um die
rumänische Sängerin Teodora Enache. Was mit einem unbegleiteten Solo von
ihr begann, endete 90 Minuten später mit Standing Ovations. Zu recht!
Allein der Cimbalspieler Marius Mihilache zeigte eine atemberaubende
Instrumentaltechnik und viel Gespür für die rhythmischen und melodischen
Abläufe der einzelnen Stücke. Lucian Balogh, ein weiterer langjähriger
Begleiter der Sängerin, war am Schlagzeug (überzeugend) und an der
singenden Säge zu hören. Die überbrückte Zeit bis zu den Abendkonzerten
ist kurz mit Essen und Trinken und die prachtvolle Gegend bewundern, zu
beschreiben. Wieder zurück in Cormons begann um 21:15 die Gruppe Magic
Malik ihren Set . Ein (über)langes Flötensolo mit energischen Dazusingen
eröffnete ein zwiespältig aufgenommenes Konzert. Entrüstet der eine Teil
der Zuhörer, total begeistert der andere. Die Themen wurden ellenlang
ausgespielt (obwohl nichts Neues mehr dazu kam) und die subtilen kleinen
Interaktionen (Bass & Schlagzeug) vom Leader durch seine Omnipräsenz
gestört (klar er war der Boss aber musste er das immer so raushängen
lassen?). Der Höhepunkt folgte, das war auch nicht schwer zu
prognostizieren gewesen, mit dem Michel Portal Trio, featuring Louis
Sclavis. Eleganz, Energie, Spielfreude und ein menschliches und
musikalisches Verständnis füreinander, wie es eben nur nach jahrelangen
gemeinsamen Erfahrungen möglich ist, wurden zelebriert; man kann es nicht
weniger pathetisch sagen! Ich habe Portal schon oft und in
unterschiedlichsten Projekten gehört aber selten so engagiert und
zupackend musizieren sehen. Humair streichelt die Becken, schafft ein
luftiges Gestrüpp an einander überlagernden Linien und macht damit den
Raum frei für Sclavis & Portal und dem jungen Bassisten Sebastien Boisseau,
der mit schönen Ton und einer immer richtigen Antwort auf die
Vertracktheiten der Kollegen reagierte. Für dieses Festival lobende Worte
zu finden, ist nicht schwer; ob es sinnvoll ist (bei dieser Auslastung,
ca.500 Zuhörer Fassungsvermögen im Theater, ausverkauft), muss man sich (egoistischerweise)
überlegen.
Ernst
Mitter
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