Frank Gratkowski Doppelquartet
Porgy & Bess
08.11.2005
Frank Gratkowski: as, cl, bcl, ctrbcl, fl
Wolter Wierbos: tb
Dieter Manderscheid: b
Gerry Hemingway: dr
Herb Robertson: tr
Tobias Delius: ts, cl
Wilbert de Joode: b
Michael Vatcher: dr, perc
Feines Nebeneinander zwischen Komposition und Improvisation
Was da zwischen Modern Music und freier Improvisation abging, war,
besonders im zweiten Set, eindrucksvoll. Der Hintergrund für die
aufregenden Solostimmen wird delikat aufbereitet. Nicht simple
Begleitfunktion wurde da abgeliefert, sondern es wurde sensibel
(anstrengend) neben und miteinander akustisch gearbeitet. Das
Doppelquartett machte unverstärkt (außer den Bässen) - da konnte man sich
von der tollen Akustik des Clubs überzeugen, genug Lautstärke. Das
klanglich fein aufeinander abgestimmte Ensemble bestehend aus dem
Standardquartett des Leaders (Gratkowski, Wierbos, Manderscheid,
Hemingway) und den illustren Gästen spielen zwar viel vom Blatt,
interagierten aber trotzdem spontan miteinander. Die Trennlinie zwischen
vorgegebenem Material und improvisiertem war nicht immer auszumachen (und
das ist gut so!). Tobias Delius sorgte mit seinem Sensorium für
emotionale Dichte für Furore, Herb Robertson spielte die unbedingt
notwendigen Töne hochkarätig (meist auf der gestopften Trompete),
Gratkowski selbst imponierte auf der sperrigen Contrabassklarinette, war
auf der Bassklarinette und mit einem bemerkenswerten Solo auf dem Altsax
zu hören (so von Cool to Hot and Free, in einem wunderbaren Bogen). Die
Doppelbesetzungen von Bass und Schlagzeug bedeutet zum Glück nicht, dass
sie in Konkurrenz gegeneinander antreten, sondern die Optionen der
Mehrfachbesetzung nützen. Was im ersten Set etwas kopflastig war,
entwickelte sich im finalen Set zum brodelnden, swingenden und groovenden
Amalgam. Da blitzte bei einem Drumsolo von Gerry Hemingway die pure
Anarchie auf (diese herrlich schrägen rhythmischen Verzahnungen sind
außergewöhnlich faszinierend). So modern kann die von Ornette Coleman
erfundene Doppelquartettbesetzung heute klingen.
Ernst Mitter
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