WIENER MUSIK GALERIE 2004

Open Windows – Musik mit Ausblick

23.9.-25.09.2004, Kunsthalle Wien project space

 

Samstag, 25.09.

Henry Grimes Trio

Keith Rowe – Solo/ Tilbury&Prévost Duo

ensemble xx. jahrhundert

 

 

 

Henry Grimes (b) by Rainer Rygalyk

 

„Glashausmusik“, nein nicht hermetisch abgeschlossenes. Es war Musik im „Glashaus“, so die liebevolle Bezeichnung des project space der Kunsthalle Wien am Karlsplatz. Und die Organisatorin der WMG, Ingrid Karl, richtete dort für ihr drei Tage währendes Festival „Open Windows“ einen Platz ein.

„Musik mit Ausblick“ lautete der Untertitel der Veranstaltung. Betrachtet bzw. vielmehr behört werden sollten Erscheinungsformen des aktuellen Jazz respektive der zeitgenössischen improvisierten und komponierten Musik. Somit war hinsichtlich der Intention der Veranstalterin, die Örtlichkeit gut gewählt. Das diese angesichts ihrer baulichen Gegebenheiten, auch einige Tücken in sich barg, dessen wurde man sich des öfteren gewahr.

Die großflächigen Glastüren, die Veranstaltungsraum und Vorraum mit Bar trennten, ließen einiges an störenden Nebengeräuschen, ausgelöst durch angeregte Konversationen, hektischer Triebsamkeit bzw. Aufwärmetüden von MusikerInnen in den Aufführungssaal dringen, was gerade bei der primär subtilen und im niedrigen Volumsbereich angesiedelten Musik des gesplitteten Ensembles AMM die phonetische Aussicht trübte.

Eröffnet wurde der Samstag mit dem Abfeiern einer Legende. Der Rückkehr des jetzt plötzlich als eine der großen Persönlichkeiten der Free Jazz-Ära gehandelten Bassisten Henry Grimes, musste auch die WMG Rechnung tragen. Hätte man ihm seinerzeit bereits die gebührende Beachtung zuteil werden lassen, wäre seine Karriere vielleicht anders verlaufen. So steht Grimes unter nicht unerheblichem Beweißzwang, dem er sich mit bemerkenswertem physischen Einsatz stellt. Doch 30 Jahre musikalische Entwicklung in kürzester Zeit aufzuarbeiten ist eine wahrlich kolossale Aufgabe, Wie Grimes diese für sich lösen wird, bleibt abzuwarten. Diesmal ging sie auch in Ansätzen kaum auf, verlor er sich doch in einem unpräzis dahinhetzenden Klangstrudel. Klarinettist Perry Robinson setzte auf allerlei Jazzklischees, in keinsterweise zwingend aneinandergereiht und Masterdrummer Andrew Cyrille schien nicht wirklich sonderlich Lust zu verspüren. Irgendwie ließ er nur seine Routine spielen. AMM ließ wieder einmal zum vorübergehenden Bruch führende Differenzen aufleben. Ein bedauerlicher Umstand. Das bedeutete ein Solo-Set von Keith Rowe, der in einem ca. halbstündigen Set seiner Tabletop-Gitarre und diversen Effektgeräten, eine spannungskonzentrierte, von gezielt angewandter Ereignishaftigkeit geprägte Musik entlockte- ein musikalischer Kleinod. Das anschließende Duo des Pianisten John Tilbury, ein ungemein sensibler Klangerfinder, und des Drummers Eddie Prevost war von einer nicht nachvollziebaren Hektik des Schlagzeugers bestimmt. Andauernd war er auf der Suche nach Utensilien, oder hantierte an diesen, die Positionierung korrigierend, herum. Nach etwa dreißig Minuten war der Faden gerissen und einer Interaktion der Nerv gezogen.

Umso kurzweiliger, origineller und musikalisch ergiebiger war das vom ensemble xx.jahrhundert, kurz exxj, unter der Leitung von Peter Burwik dargebotene Programm „Schnoferl und ein bisserl traurig sein…“. Sieben zeitgenössische österreichische Komponisten reflektierten, dekonstruierten und transformierten Alt-Wiener Musik aus heutiger Sicht. Mit unterschiedlichen Gestaltungsmitteln aktueller Musik und spritzigem Wiener Schmäh wurden Walzerseeligkeit und melancholische Raunzerei mit liebevoller Ironie und Bissigkeit eingetunkt. Allen voran seien hier die Stücke von Oskar Aichinger und Franz Koglmann erwähnt. Wermutstropfen war hier lediglich eine etwas schnodrige Präsentation, sprich es wurden weder die Stücke und deren Komponisten namentlich vorgestellt, noch die ausführenden MusikerInnen. Das an die 5 Minuten lang der Schalter für die Bühnenbeleuchtung nicht auffindbar war, war dann nur noch eine aberwitzige Draufgabe.

Der auch bei dieser Veranstaltung magere Musikerinnen/Komponistinnen-Anteil wäre schon geboten ein Schnoferl zu ziehen. Nichts desto trotz, lässt man den Blick schweifen, erspäht man schon etliche gewichtige Entwicklungen, die die Fenster weit aufstoßen.

Hannes Schweiger