Hall/Pieranunzi
Porgy & Bess
21.09.2004
Jim Hall: guitar, Enrico Pieranunzi: piano
Zwei leise Giganten hat Christoph Huber die beiden Musiker berechtigt
genannt. Jim Hall der 75-jährige Gitarrist steht heroisch an der Rampe und
zeigt uns Besuchern wie sehr eine lebenslängliche strenge Konstitution den
müden Körper straffen, der Geist, sprich die Musik das Vergängliche einige
Zeit negieren kann. Hall hat schon in den 50-er Jahren bei Sonny Rollins
eine wichtige Rolle eingenommen. Später ist er auf exquisiten Duoaufnahmen
mit Bill Evans, Ron Carter, George Shearing zu hören. Der leise, weiche
Ton 'singt' sich mit einer betörenden Zutraulichkeit in die Köpfe der
Zuhörer. Nur keine lauten lauen Töne, der Zen-Meister Hall zupft sich
durch 'All The Things You Are'; so leise und konzentriert, dass sogar die
Betriebsgeräusche des Jazz-Clubs verstummen. Waren im ersten Set noch
leichte Verkrampfungen zu orten, war der zweite Set voll der
sprichwörtlichen Magie und des Zaubers der Darbietung der beiden
Dialogpartner. Bei 'All Across The City', einer entzückenden Ballade,
fabrizierten sie kleine Melodiekürzel, chiffrierte , eigentümliche
Schönheiten, die, jedes für sich genommen, ein Lied wert gewesen wären.
Die Art, so die Gitarre zu spielen, ist heute völlig aus der Mode
gekommen. Welcher Gitarrenkollegen spielt heute so moderat, leise,
intensiv, ohne schmückendes Beiwerk. Bei 'Bad Blue' hat man das Gefühl,
als würde man durch ein Zeitloch gezerrt und könnte sich selbst beim
Zuhören betrachten. Enrico Pieranunzi steckt voller melodischeer Einfälle.
Er hat mit Chet Baker, Lee Konitz, Enrico Rava gearbeitet. Er steuert
interessante Begleitmodule bei. Manchmal läßt Hall ihm nicht genügend
Zeit, um ein Thema zu entwickeln aber das sind natürlich nur kleine
subjektive Sticheleien. Dem Duke wurde musikalisch gehuldigt. Dabei wurde
leider der schöne Spannungsbogen durch ungeduldiges Klatschen zerstört.
Bei 'Dream Steps' üben Hall und Enrico ein Katz-Und Mausspiel; Stop and go
in der introvertierten Slow-Motion Version. Auch dabei wurde nochmals ein
Feuerwerk an kleinen, feinen Einfällen abgefeuert. Höhepunkt, natürlich,
das Sonny Rollins-Medley. Da wurde es karibisch warm im Saal.
Ernst Mitter
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