Bob Stewart
 

Porgy & Bess
17.10.2004




Sheila Jordan: voc, Steve Kuhn: p, voc, Christian Stock: b, Walter Bittner: dr

The Message of Love and Peace oder das Porgy & Bess als Jungbrunnen für Sheila Jordan. Die große alte Dame des Jazzgesanges gastierte im gut besuchten Porgy, ließ sich von einer fachkundigen Zuhörerschaft bejubeln. Und es war wie eine triumphale Heimkehr (es gab vor Jahren eine dreitägige Personale im alten Porgy). Ein begeisterungsfähiges Publikum, viele ehemalige Studenten, aus ihrer Zeit in Graz (1992) und Musiker waren darunter. Die immer noch mädchenhafte Erscheinung (mit Blume im Haar, Witz & Esprit & Humor auf der Zunge) der bald 76-jährigen Sängerin strahlte eine optimistische Grundeinstellung aus, die wirklich ansteckend wirkte. Als ungesagtes Motto: Time is Free. Eine Entertainerin von Gnaden schuf Liebe, wenn ich das so pathetisch sagen darf, auf dem ersten Blick zwischen ihr und den Zuhörern. Die scheinbare Leichtigkeit des Seins wurde da zelebriert. Jordan versicherte zwar schmunzelnd, dass sie sich wegen des tollen Publikums wieder wie 15 fühle; konnte und wollte jedoch ihre körperlichen Limitierungen und ihre Atemnot nicht kaschieren (immer zwischen den Liedern). Das machte das Konzert noch authentischer; das Spiel mit den eigenen Gebrechlichkeiten als kokette zusätzliche Nuance der Bühnenpräsentation. Sheila Jordan, die Sängerin, die seit über 60 Jahren auf der Bühne steht (George Russell, Roswell Rudd, Harvie Swartz , Bob Moses, Arild Andersen, George Gruntz, um nur einige Mitstreiter zu erwähnen - die Kurzbiographie hat sie wie auch die Vorstellung der Bandmitglieder singend vorgenommen) ist immer noch gut bei Stimme. Blues, innige Balladen, Bebop, Scatgesang, moderne Nummern; das geht so natürlich ineinander über, unterbrochen durch Erzählungen, Anekdoten aus dem Leben, dass man glaubte, bei einer Familienfeier Aufnahme gefunden zu haben. Die Silben werden verschluckt, zerdehnt, es gluckst und sprudelt, das zärtliche Hauchen von intimen Geständnissen.. (wobei die Aussprache stets gut verständlich bleibt) die wunderbare Phrasierung, das immer 'in Time' sein, ist schon bewundernswert. Handwerklich gediegen Christian Stock am Bass und  Walter Bittner am Schlagzeug; genial Steve Kuhn an den Tasten. Seine delikate Begleitung, seine Anschlagkultur und seine solistischen Darbietungen (den Rollins Klassiker Airegin und den Billy Holiday Evergreen Don't Explain) waren grandios. Große Klavierkunst! Respekt für-und voreinander bezeugen sich Sheila Jordan und ihr Pianist; da besteht ein blindes musikalisches Verständnis, Humor und gute Laune ohne Ende. Ein besonderes Gustostückerl war die Interpretation der Steve Swallow Komposition 'Ladies in Mercedes', das Stück 'You Must Believe in Spring' bewegend, das Charlie Parker Medley wurde immer wieder von Zwischenapplaus unterbrochen, berechtigt! Delikate Schlenker, Melodiesprengsel perlen da aus Kuhns Fingern. Die fatalistische Ausweglosigkeit, wenn du von der Liebe befallen bist....du kannst gegen Kopf-und Zahnschmerzen etwas machen, gegen Sturm, Kälte aber nicht gegen die Liebe; eine Botschaft, die die Sängerin mit schmachtender Hingabe zelebrierte. Ein atmosphärisch dichter Abend, natürlich mit happy End. Danke Sheila!

 

Ernst Mitter