Thomas Kaufmann

Galerie Cafe

07.12.2004

 
 

Thomas Kaufmann - as

 

Warum spielt man allein...? Weil es keine adäquaten Partner gibt, weil man die Gage nicht teilen will, weil man leichter einen Gig findet, weil man nach dem Konzert nicht auf den Schlagzeuger warten muss oder vielleicht doch deshalb, weil es eine große Herausforderung ist, allein, ohne Unterstützung, z.B. einer Rhythmusgruppe, bestehen zu können. Es gibt eine lange Tradition des Solo-Spiels . Beispiele des unbegleiteten Saxophonspiels zeigen, dass sich alle Großen des modernen Jazz in dieser Königsdisziplin versucht haben. Nenne dafür nur stellvertretend Anthony Braxton, Jimmy Lyons, Hamiet Bluiett, Peter Brötzmann, Dave Liebman....

Von Anthony Braxton stammt die Stammtischweisheit: Man kann sich nicht einfach auf die Bühne stellen und darauf hoffen, dass einem etwas einfällt... Ein Soloauftritt muss genau geplant werden; die Grundkonzeption muss klar strukturiert vorhanden sein; nur so kann man die Einsamkeit des Langstreckenläufers überwinden (ein programmatischer Titel von Dave Liebman für sein Soloalbum); überwinden und im Dialog mit sich selbst bestehen! Aber es gilt wahrscheinlich auch den Status-Quo zu definieren. Da bin ich, da stehe ich; bis hierher hat mich meine bisherige Entwicklung geführt.... Die Gegensatzpaare laut & leise, zart & wild lockern die Schizophrenie des Alleinseins auf; das Gespaltene, sich selbst nicht übertölpeln zu können aber man kann Halt finden bei sich, der Gewissheit des Wagnisses ins Auge blicken und wie im Zentrum eines Hurrikans verweilend, das Ungeheure draußen lassen, außerhalb des eigenen Wollens und Könnens; so kann man einen Soloabend überstehen.

Das Alles hat Thomas Kaufmann berücksichtigt und hat mit Verve zwei überzeugende Sets gespielt. Von Technik zu reden ist natürlich auch möglich, die Souveränität am Instrument, eine Selbstverständlichkeit, loben aber es muss die wackere Lauterkeit des Geläuterten aufblitzen, kein eitles Verweilen im Erinnerungstopf des schon Gehörten, ist Garant für das Gelingen, sondern das alleinige Vorwärtsschreiten in die Wüsten der Ungewissheit, des Zweifels und der nackten Angst. Wenn, wie bei Kaufmann das Konzert auch noch einen humoristischen Anteil aufweist, die pure Anstrengung des Solierens durch so charmante Verweilpausen wie das aberwitzige Kunststück 'Schnippendales' (ein Fingerschnippfurioso), dann weiß man, dass der Künstler trotz aller Verausgabung nicht auf Selbstironie und Humor vergessen hat. Gut so. Wir werden noch mehr davon zu hören bekommen, allen, die leider nicht dabei sein konnten, zur Beruhigung.  

Ernst Mitter