Oliver Lake
Porgy & Bess
21.10.2004
Oliver Lake: as; Peck Allmond: tp, fl;
Reggie Washington: bg; Bill McClellan: dr
Ob das tatsächlich die Musik von Eric Dolphy war, darüber lässt es sich
streiten. Ahnenverehrung ist in Ordnung aber nicht um Tote lebendig zu
machen, sondern um Lebendiges wieder, nämlich anders und neu unter die
Leute zu bringen; da darf der große Name ruhig als Werbetrommel dienen.
Nicht diskutieren konnte man das hohe Niveau dieser hochenergetischen,
alters- und kompromisslosen Musik im, sagen wir, Geiste des Genies Eric
Dolphy. Natürlich weiß man nicht wie Dolphy, lebte er noch, heute klingen
würde, wie viele Plattendreher, Live-Elektroniker er in der Band hätte....
allein wenn er ungefähr so wie das Oliver Lake Quartett klänge, würde man
ihn wohl auch heute noch verehren. Die berühmte Komposition 'Fire Waltz'
stand gleich zu Beginn am Programm. Zum Glück war die Band nicht an einem
epigonenhaften Herantasten an die Originalkomposition interessiert,
sondern fand eine zeitgemäße Lösung, sowohl dem Waldron Klassiker gerecht
zu werden als auch neue Akzente zu setzen. Oliver Lake profiliert sich
dabei mit seinem eloquenten Spiel. Die hohe Schule der Saxophonkunst,
spielfreudig und bravourös. Peck Allmond gefällt auf der Trompete; diese
verschmitzten lyrischen Attacken, die gestopfte Powertrompete, zeigen vom
hohen technischen Vermögen und einem feinen Gespür für Stimmungen; wenn er
auf der Flöte zu hören war, dann konnte man Eric Dolphy sich quasi doubeln
hören (auf eben der Flöte und dem Alt, das Lake bläst). Unglücklich
erschien mir Reggie Washington an der Bassgitarre. Ohne die Ermunterungen
des Leaders hätte er das Konzert kaum durchgehalten. Der ausgezeichnete
Schlagzeuger Bill McClellan spielte so manche Extrarunde, erfreut über die
gute Stimmung und die Balance innerhalb der Band. Beim Titel 'Brass and
Oak' hörte man zuerst ein eher fades Unisonospiel, dann legte Lake kurz
los, man glaubte die Dächer heben ab, zurück zum Unisonospiel, dann wieder
der Saxophonist mit einer Sturzflut von Tönen, einem weiteren Höhepunkt an
diesem Abend zu. Die Rhythmiker und das soll als kleine Kritik verstanden
werden, machten auf Dauerbeschallung; dadurch wurden die Räume eng gemacht
(gut beim Fußball, schlecht in der Musik). Balladen, wie 'Something Sweet
Something Tender', sorgten für Wohlklang ohne zickige Schlenker und
billige Zugeständnisse. Resümee: Oliver Lake Quartet featuring Oliver Lake
und wir alle haben, ob des Mottos, wieder einmal an den unvergesslichen
Eric Dolphy gedacht. Gut so!
Ernst Mitter
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