Living Colour
Rockhouse Salzburg
28.03.2004
Living Colour by Rainer Rygalyk
Mit ihrem Mix aus
Rock, Metal und "schwarzen" Musikelementen wie Funk oder Soul waren „Living
Colour“ nicht nur eine der wenigen afroamerikanischen Rock-Bands, sondern
überhaupt eine der ersten Cross-Over-Bands Ende der 1980er Jahre. Nummern
wie "Pride" oder "What`s your favourite colour" zeigten, dass im Spektrum
jenseits des „Defunkt“-Limes noch rockmusikalische Innovationen möglich
waren. Nach schier ewig währender Pause erschien 2003 "Collideoscope", ein
neues Studioalbum. Darauf die Originalbesetzung, Vernon Reid an der
Stromgitarre, Sänger Corey Glover und die Rhythmussektion Doug Wimbish (b)
und Will Calhoun (dr). Die Reunion der Mitbegründer der "Black Rock
Coalition" wurde extrem gehypt. Schon das Album aber war eine
Enttäuschung. Es wirkt(e) konzeptlos zusammengestöpselt. Metalfunk-Nummern
wie "Sacred Ground" changieren darauf zwischen Krach und redundantem
Rockhabitus. Die Zeit wirkt hier wie „stehen geblieben“. Live nun galt es
nachzuhaken, ob die Band Living Colour die hochinteressanten musikalischen
Entwicklungsverläufe ihrer Mitglieder (Wimbish, Reid) mit-transportieren
konnte bzw. kann. Ergebnis: kann sie kann es nicht. „Vivid“ (1988), „Time’s
Up“ (1990) und „Stain“ (1993) waren noch grandiose Ton-Dokumente. Sie
kreierten ein ganzes Genre mit: Crossover. Man hätte erwarten dürfen, dass
10 Jahre musikalischer Uptempo-Entwicklung in Rock, Jazz, Blues, Funk etc.
sich auch konzepotionell widerspiegeln ließen. Etwa, indem man mit
Dynamiken, Lautstärken, aber auch anderen Stilmitteln als dem Reggae oder
verballhornten Country-Einsprengseln hantierte. „Live“ wurde jedoch nur
das neueste Album reproduziert, überdies mit bedauerlicher Akustik,
Glover schrie mehr als er denn sang, Vernon Reid kam aus dem eingefahrenen
Bett nicht heraus und damit nicht in ein erinnerungswertes Solo, und so
musste man sich im Ergebnis mit dröge-straighten Rock-Nummern wie „Song
Without Sin“ oder „Lost Halo“ aus dem Studioalbum halb-belustigen. Was
musikalisch fehlte, die Band arbeitete einfach nicht bzw. über mit dem
Material, sie reproduzierte bloß, wurde durch Lautstärke kompensiert. Das
galt leider auch für die alten Songs aus den 1990er Jahren. Corey Glover
wirkte outriert bis zum Abwinken, Vernon Reid gab sich als Meister der
Emotionslosigkeit, der zufällig vor Publikum spielt. Das altersmäßig
erstaunlich gemischte Publikum war gleichwohl begeistert.
Marktwirtschaftlich im Verständnis von Angebot und Nachfrage gesehen ein
Erfolg; musikalisch gesehen eine vergebene Chance.
Nikolaus Dimmel
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