Die Enttäuschung

Porgy & Bess
12.03.2004

4. Konzert, Zyklus - Jeunesse




Rudi Mahall (bcl, geboren 1966 - das wurde im Programmheft verschwiegen), Axel Dörner (tp),
Jan Roder (b), Uli Jenneßen (dr, perc)

Die Konzerte der Jeunesse sind, weil Aboveranstaltungen, sehr gut besucht. Davon profitieren Veranstalter und natürlich auch die Künstler. Im ersten Set haben alle ein wenig unter einer etwas steifen und reservierten Haltung des Publikums gelitten (wahrscheinlich geprägt durch ausdauernde Lektüre der Tageszeitung 'Die Presse'). Man wußte noch nicht so richtig, ob es erlaubt sei die pointierten Ansagen Rudi Mahalls ernst zu nehmen, das heißt: nicht wirklich ernst, ob er vielleicht nur Unsicherheiten (wegen Probenmangels) der Band 'überreden' wollte oder ob es Teil der Aufführungspraktik dieser Kultband aus Berlin ist, sich dergestalt auf der Bühne zu präsentieren. Der Berliner Humor dieser eingespielten Band war jedoch auch musikalisch hörbar und das führte dann im zweiten Teil des Konzertes zu einer besseren Interaktion zwischen Band & Publikum. Diese Kauzigkeit, das prinzipielle Mißtrauen gegenüber dem Gewohnten, nahe der Anarchie, taten den kurzen Stücken, offenbar streng notiert (man stritt sich sogar um die Noten oder auch wieder nicht...), gut. Obwohl, es kam im ersten Teil nie die entspannte Stimmung auf, die diese Musik verdient und sich normalerweise auch einstellt, wenn Mahall & Co loslegen. Es klang als wollte die 'Enttäuschung' uns durch Konzeptstücke, eilig (Running Gag, die Frage nach der Uhrzeit) durch den Abend führen. Der zweite Set war dann weniger kopflastig. Endlich waren auch größere Spannungsbögen zu hören; das Publikum goutierte die Flapsigkeit und die zappeligen Entertainerqualitäten der Gruppe und wurde dafür mit einem wunderbaren Konzert belohnt. Man bekam eine Ballade zu hören, die keine Ballade war aber wie eine Ballade klang. Ein Stück hieß 'Selbstkritik No.2'
und stellte den Bassisten Jan Roder in den Mittelpunkt des musikalischen Geschehens. Die groovigen längeren Titel vermittelten ein weniger stressiges und spannenderes Hörerlebnis. Schade, daß das Versprechen der Band, Titel am Ende des Programms zu wiederholen, nicht verwirklicht wurde und so der Höhepunkt, nämlich das Stück 'Wer kommt mehr vom Sozialamt' nur einmal zu hören war. Ist aber bestimmt auf dem nächsten Tonträger der Band, versprach ein gut gelaunter Rudi Mahall. 

(Ernst Mitter)