Joe McPhee Trio
Blue Tomato
03.11.2005




Joe McPhee - ts, tp
Fred Lonberg-Holm - cello
Michael Zerang - dr

 


Kammermusik - manchmal etwas lauter

Das Geburtstagskind Joe McPhee ist mit seinem neuen Trio auf einer Kurztournee in Europa unterwegs. Leider muss er wegen kurzfristiger Terminverschiebungen dafür ziemliche Reisestrapazen auf sich nehmen. Der 66-jährige ist jedoch fit, guter Dinge und frohen Mutes. Er macht seine charakteristischen Knarzgeräusche auf der Pockettrumpet, mit allen möglichen raffinierten Anblas-und Atemtechniken; spielt den freien Blues auf dem Tenor (zeigt dabei, dass die Zirkularatmung mehr als nur ein technisches Kunststück ist) und lässt seinen Mitstreitern in der Band genug Raum, um sich entfalten zu können. So wünscht man sich einen Leader. Egomanen wie Miroslav Vitous werden zwar reicher, kommen aber sicher nicht in den Himmel, das steht hoffentlich fest! Michael Zerang, Rastaman an den Fellen, ist für alle möglichen und scheinbar unmöglichen rhythmischen Grundierungen zuständig. Wenn man das nicht live hört und sieht, dann wird man es kaum glauben, dass diese vielfältigen 'Geräusche' akustisch von einem (man meint gleich mehrere Perkussionisten zu hören) Musiker erzeugt werden. Dabei vergißt er nie für seine Kollegen zu spielen, ihnen Mut zu machen und der Antreiber zu sein, wenn es zwischendurch einmal etwas elegischer geworden ist. Fred Lonberg-Holm ist von seiner Mitarbeit beim Brötzmann Tentet und der Territory Band von Ken Vandermark bekannt. Er hat natürlich all die großen Cellisten der letzten Jahre verinnerlicht. Erinnere hier nur an Tom Cora, Tristan Honsinger oder Ernst Rejseger. Der Skandinavier findet aber seinen eigenen Ton mit den Zupf-Streich-Klopftechniken auf seinem Instrument und bringt in dieses Trio seine schrägen Kauzigkeiten ein, ist der intellektuelle Scharfrichter, mit dem untrüglichen Gespür für die Sezierung der freien Spielräume. Joe McPhee ruht mit (all seiner), in den langen Jahren seiner Karriere erworbenen, Souveränität über dem Geschehen und sorgt immer wieder selbst für überraschende Pointen und musikalische Tollkühnheiten. Eine kammermusikalische Improvisationsdarbietung der besonderen Art. Wunderbar!

Ernst Mitter